Nein zum Rentenklau

Eine Senkung der Renten gegenüber heute um gegen 10 Prozent ist schlicht unzumutbar. Heute lebt jede siebte Rentnerin und jeder siebte Rentner in der Schweiz unter der Armutsgrenze. Mit einer Senkung der Renten würde sich diese Zahl deutlich erhöhen. Das wissen auch die Befürworter des Umwandlungssatzes. «Die Renten aus der staatlichen und beruflichen Vorsorge decken in der Regel nur ca. 40-60 Prozent des bisherigen Einkommens ab. Schliessen Sie diese Lücke mit einer privaten Vorsorge.» Dies schreibt die AXAWinterthur, eine der grössten Lebensversicherer der Schweiz, wortwörtlich in ihrem jüngsten Prospekt.

Die Ziele der Versicherer sind klar: Erstens wollen sie die Renten senken, um ihre Profite zu erhöhen. Die privaten Versicherungsgesellschaften haben in den vergangen Jahren Milliarden an Gewinnen und überhöhten Verwaltungskosten mit der beruflichen Vorsorge verdient. In Zukunft sollen es noch mehr sein. Und zweitens wollen sie den Arbeitnehmenden nach der Rentensenkung eine dritte Säule verkaufen können und dabei nochmals profitieren.

Der Präsident der economiesuisse Gerold Bührer ist gleichzeitig Vizepräsident der grössten Versicherungsgesellschaft SwissLife. Kein Wunder versucht er alle Arbeitgeber für eine Senkung der Renten zu mobilisieren. Darum ist Gerold Bührer der oberste Rentenklauer der Schweiz. Völlig unglaubwürdig ist, wenn die economiesuisse an ihrer Medienkonferenz mit einem Stiftungsratsmitglied aus einer Pensionskasse versucht den Eindruck zu erwecken, die Arbeitnehmer seien in dieser Frage gespalten. Alle Arbeitnehmerorganisationen lehnen den Rentenklau geschlossen ab.

Senkung ist unnötig

Inhaltlich gibt es keine Gründe für eine Senkung des Umwandlungssatzes. Der Deckungsgrad der privatrechtlichen Pensionskassen liegt im Schnitt wieder bei rund 105 Prozent. Die durchschnittliche Rendite einer Pensionskasse betrug 2009 gemäss Pictet Index LPP25 +11,74%. Wer im vergangenen Jahr also vernünftig anlegte und kein hohen Summen in Hedge Founds versenkte, wie das die Versicherungsgesellschaften zum Teil gemacht haben, kann die Renten problemlos sichern.

Die steigende Lebenserwartung wurde bereits bei der BVG-Revision 2003 eingebaut – damals aber gleichzeitig mit den notwendigen flankierenden Massnahmen, um unzumutbare Rentensenkungen zu verhindern. Eine erneute Anpassung ist heute nicht nötig. Sollte sich mittelfristig eine Finanzierungslücke öffnen, dann müssen dafür Lösungen gesucht werden und nicht einfach den Arbeitnehmenden unzumutbare Rentenkürzungen auferlegt werden. Aus diesem Grund lehnt die Gewerkschaft Unia den Rentenklau ab und ist zuversichtlich, dass dies auch eine Mehrheit der StimmbürgerInnen tun wird.

Auf Kosten der Rentner

Die bürgerliche Mehrheit im Parlament möchte das Rentenalter für Frauen erhöhen und die Renten in Krisenzeiten kurzfristig kürzen. Aus dem vorwärts, der am 10. Juni erscheint.

Die eine grosse Sparmassnahme, die der Ständerat nun beschloss, ist die Angleichung des Rentenalters für Frauen auf 65 Jahre. Auf dem Buckel der Frauen möchte das Parlament so rund 800 Millionen Franken jährlich einsparen. Dies wird unter dem Vorwand der Gleichberechtigung verkauft. Der Bundesrat sprach in seiner Botschaft zum Gesetzestext davon, dass mit der Erhöhung «eine der beiden noch bestehenden Ungleichbehandlungen der Geschlechter in der AHV eliminiert» würde. (Bei der anderen handelt es sich um die unterschiedlichen Voraussetzungen für Witwerinnen- und Witwer-Renten.) Die armen, armen Männer… Würde sich der Bundesrat doch bloss auch mal so ins Zeug legen, wenn es um die Diskriminierung der Frauen ginge, beispielsweise bei der Angleichung der Löhne.

Rita Schiavi, bei der Gewerkschaft Unia für die Rentenpolitik zuständig, fragt sich, warum man unter dem Gesichtspunkt der Geschlechtergleichheit immer nur verschlechtert: «Wenn man schon anpassen muss, könnte man das auch in die andere Richtung tun. Man könnte auch das Rentenalter der Männer senken.» Dies sei angesichts der wirtschaftlichen Entwicklung eh sinnvoller: «Mittelfristig müssen wir die Arbeitszeit reduzieren, wenn wir noch genügend Arbeit für alle Leute haben möchten.»

Die andere beschlossene Einsparung betrifft die Höhe der Renten. Derzeit werden die Renten mittels eines so genannten Mischindexes alle zwei Jahre an die Lohn- und Preisentwicklung angepasst. Geht es nach dem Willen der Bürgerlichen, soll diese Anpassung künftig in wirtschaftlich schlechten Zeiten ausgesetzt werden können. «Das ist faktisch eine Kürzung, weil so die Kaufkraft der Rentnerinnen und Rentner sinkt», hält Schiavi fest. Gerade in Zeiten der Krise würde dies die wirtschaftliche Situation noch zusätzlich verschlimmern.

Dass diese Kürzung die betroffenen Rentnerinnen und Rentner je nach herrschender Teuerung empfindlich treffen könnte, beweist folgendes Rechenbeispiel (beruhend auf den Angaben aus der Botschaft des Bundesrates zur Gesetzesänderung): Bei einer Aussetzung des Mischindexes im Jahr 2006 hätten BezügerInnen einer Mindestrente auf das Jahr gesehen 480 Franken weniger erhalten. Bei einer Mindestrente von knapp über 1000 Franken monatlich ist das keine Kleinigkeit.

 

Alter Wein in neuen Schläuchen

Der Nationalrat hat den Kürzungen im Grundsatz bereits in der Frühjahrssession zugestimmt. Nur noch in Detailfragen besteht Uneinigkeit zwischen den beiden Kammern. Das Gesetz dürfte somit spätestens Ende Jahr verabschiedet werden. Damit beweist die bürgerliche Mehrheit in Parlament und Regierung einmal mehr ihre Dreistigkeit. Während man ohne mit der Schulter zu zucken der UBS ihr Versagen mit Steuergeldern in Milliardenhöhe versüsst, verlangt man von den Rentnerinnen und Rentnern empfindliche Einsparungen – und das nicht zum ersten Mal. Bereits anfangs Jahr beschloss das Parlament die Senkung des Umwandlungssatzes für die Pensionskassen. Dies reduziert die Renten für künftige BezügerInnen um über zehn Prozent. (Ein von der PdA initiiertes und von Gewerkschaften sowie anderen linken Parteien unterstütztes Referendum gegen diese Senkung ist bereits hängig.)

Das Vorgehen der Bürgerlichen erscheint umso dreister, wenn man bedenkt, dass genau die nun beschlossenen Kürzungen bei der AHV 2003 bereits schon einmal von den Stimmberechtigten in Bausch und Bogen verworfen wurden. Damals versprach die Regierung, dass es diese Sparmassnahmen nur im Einklang mit einer sozial ausgestalteten Flexibilisierung des Rentenalters gebe. Ansätze zu einer Flexibilisierung des Rentenalters sind nun zwar – soviel muss man zugestehen – in der Vorlage des Bundesrates drin. Allerdings nicht in einer «sozialen Ausgestaltung», sondern als reine Alibiübung.

Folgerichtig hat der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) bereits das erneute Referendum gegen die 11. AHV-Revision angekündigt. «Diese unsoziale Revision wird dann spätestens da scheitern, wo schon ihre Vorgängerin gescheitert ist: an der Hürde des Volkes», wie der SGB in seiner Medienmitteilung schreibt.

Unia für Referendum gegen Rentenkürzungen

Der Zentralvorstand der Gewerkschaft Unia hat sich heute deutlich dafür ausgesprochen, ein Referendum gegen die Revision des Gesetzes über die berufliche Vorsorge zu ergreifen. Die Gesetzesänderung sieht massive Rentenkürzungen vor.

Die Gewerkschaft Unia spricht sich dagegen aus, dass die Arbeitnehmenden mit tieferen Renten nun die Folge der Krise der Finanzwirtschaft ausbaden sollen. Für Unia ist es auch unverständlich, dass der Bundesrat von den Pensionskassen zukünftig noch höhere Investitionen in unsichere Hedge Fonds verlangt. Unia ruft alle sozialen Kräfte auf, sich an diesem Referendum zu beteiligen.

Die vereinigte Bundesversammlung wird diesen Freitag voraussichtlich die Revision des Gesetzes über die berufliche Vorsorge beschliessen. Dies sieht vor, bis 2015 den Versicherten massive Rentenkürzungen zuzumuten. Gemeinsam mit der bereits beschlossenen letzten BVG-Revision würden die Renten um mehr als 10 Prozent gesenkt.

Renten sichern statt Hedge Fonds fördern
Verschiedene Pensionskassen haben sich mit Investitionen in hochriskante Hedge Fonds verspekuliert. Die Gewerkschaft Unia wehrt sich dagegen, dass die Arbeitnehmenden dafür nun die Zeche zahlen sollen und die aktuelle Finanzkrise zum Anlass genommen wird, die Kaufkraft der zukünftigen Rentnerinnen und Rentner massiv anzugreifen.
Noch unverständlicher ist, dass der Bundesrat von den Pensionskassen verlangt, noch mehr Geld in unsichere Finanzderivate anzulegen. Dies legt die auf den 1. Januar 2009 in Kraft tretende Anlageverordnung 2 fest. Die Gewerkschaft Unia fordert den Bundesrat auf, auf die Inkaftsetzung dieser Verordnung zu verzichten.
Falls die Bundesversammlung am kommenden Freitag die Revision des Gesetzes über die berufliche Vorsorge beschliesst, wird die Gewerkschaft Unia dagegen das Referendum ergreifen. Sie ruft alle sozialen Kräfte auf, sich am Referendum gegen Rentenkürzungen zu beteiligen.