Solidarität gegen das Verbot der Kommunistischen Partei Böhmen und Mährens!

Der vorwärts solidarisiert sich mit der Stellungnahme der Kommunistischen Partei Österreichs (KPÖ) gegen die Kriminalisierung der Kommunistischen Partei Böhmen und Mährens (KSCM). Gegen das Verbot der KSCM braucht es eine breite Bewegung der Solidarität. Hier die Stellungnahme der KPÖ im Wortlaut:

 

Österreichische ParlamentarierInnen müssen Kriminalisierung zurückweisen

Neuerlich bekräftigt die KPÖ ihre Solidarität mit der Kommunistischen Partei Böhmens und Mährens (KSCM) die seit Jahren durch verschiedene Vorstöße der Regierung der Tschechischen Republik von einem Parteiverbot bedroht ist.

Mit solchen Attacken versuchen die konservativen und liberalen Parteien des Nachbarlandes die ihr unbequeme Oppositionspartei zu kriminalisieren um damit ihre neoliberale unsoziale Politik zu rechtfertigen: «Für uns ist es eine Selbstverständlichkeit, dass wir uns mit der KSCM, mit welcher wir über die Europäische Linke mit 27 Mitglieds- und elf Beobachterparteien aus 24 Ländern verbunden sind solidarisch erklären, schließlich geht es dabei um sehr wohl international akkordierte Attacken gegen linke Parteien», stellt KPÖ-Bundessprecher Mirko Messner fest.

In einer Resolution hat daher der letzte Parteitag der KPÖ im Februar 2011 die antikommunistische Kampagne in osteuropäischen Ländern zurückgewiesen, die sich in Verbotsdrohungen gegen linke Parteien und Organisationen bis hin zum Verbot kommunistischer Symbole äußert. Es ist bezeichnend, dass gleichzeitig rechtsextreme und neonfaschistische Gruppierungen Freiraum für ihre Betätigung erhalten.

In Tschechien hat im Juli 2011 der Innenminister Jan Kubice einen neuen Auftrag zur Bespitzelung der KSCM als Grundlage für ein Verbot zu sammeln, nachdem ähnliche Bestrebungen in den letzten Jahren letztlich immer wieder gescheitert waren. Vizepremier Alexandr Vondra bekräftigte diese Stoßrichtung der Regierung im November 2011 neuerlich. Aber wie selbst der sozialdemokratische Senator Jiri Dienstbier bestätigen musste, gefährdet die KSCM das demokratische System in keiner Weise.

Bereits 2006 hat die KPÖ einen Antikommunismus-Beschluss des Europarates als weiteren Versuch zur Kriminalisierung kommunistischer, linker und überhaupt gesellschaftskritischer Aktivitäten sowie eine Gleichsetzung von Faschismus und Kommunismus nach der so genannten Totalitarismusdoktrin vorzunehmen zurückgewiesen.

Die KPÖ fordert daher neuerlich das österreichische Parlament sowie die österreichischen Abgeordneten im Europaparlament und die VertreterInnen in der parlamentarischen Versammlung des Europarates sowie die österreichischen Vertretungen in OSZE und UNO auf, sich strikt gegen alle Bestrebungen zur Kriminalisierung gesellschaftskritischer Parteien, Organisationen und Bewegungen auszusprechen.

Quelle: www.kpoe.at

 

 

 

 

 

Zurück in die Vergangenheit?

Im Berner Grossrat fordern Parlamentarierinnen und Parlamentarier aus der SVP, der EVP und der EDU, dass der Kanton sich aus der Sexualerziehung für Kinder verabschiede, so wie sie im Lehrplan 21 vorgesehen ist. Sexualerziehung sei in erster Linie Sache der Eltern. Was dagegen die Schule anbieten solle, grenze an Pornografie. Auch in andern Kantonen regt sich Widerstand.

Konservativen und besonders fundamentalistischen christlichen Kreisen geht die Sexualerziehung an der Schule, so wie sie der Lehrplan 21 vorsieht, zu weit. Es wird auch schon von einer Verschwörung der Schwulen in diesem Zusammenhang geredet. Anstoss nehmen die Fundamentalchristen unter anderem auch an den expliziten Anschauungsobjekten, die altersgerecht die Kinder mit dem Thema Sexualität in Kontakt bringen sollen. Über 91’000 Personen haben zudem eine nationale Petition unterzeichnet „gegen die Sexualisierung der Volksschule“, die von Politikerinnen und Politikern aus SVP, CVP, FDP, EVP und EDU lanciert worden war.

Pink Cross, der nationale Dachverband der schwulen Männer in der Schweiz und die Lesbenorganisation Schweiz LOS unterstützen die Bestrebungen zur Sexualpädagogik, welche im Auftrag des Bundesamtes für Gesundheit erarbeitet werden und in dessen Zusammenhang auch die Arbeiten für eine neue Sexualerziehung in der Schule stehen. Es geht darum, dass alle Menschen ein selbstbestimmtes Sexualleben führen können. Es kann nicht sein, dass fundamentalistische christliche Kreise bestimmen, wie Menschen ihre Sexualität leben dürfen. Es geht bei dem Schulprojekt nicht darum, Kinder zu Schwulen und Lesben zu erziehen, wie dies dem Schulprojekt auch vorgeworfen wird, sondern es geht darum, dass Kinder, die sich ihrer Sexualität bewusst sind, sich auch gegen Übergriffe besser wehren können.

Jede Gesellschaft muss ihr Verhältnis zur Sexualität selber und immer wieder neu bestimmen. Die Vorstellungen des prüden viktorianischen Jahrhunderts hatten im 20. Jahrhundert ausgedient. Und das noch junge 21. Jahrhundert wird wieder andere gesellschaftliche Entwicklungen im Bereich Sexualität sehen. Vielleicht hilft ja zur Abkühlung der Gemüter ein Besuch der Ausstellung „Sex, Drugs und Leierspiel“ im Antikenmuseum Basel. Was die Griechen Jahrhunderte vor Christus auf Keramik darstellten, die öffentlich aufgestellt wurde, würde heute den Staatsanwalt auf den Plan rufen. Da sind die Entwürfe für eine künftige Sexualerziehung an den Schulen bei uns von einer geradezu beschämenden Harmlosigkeit.

Qulle: Gemeinsame Medienmitteilung PinK Cross und Lesbenorganisation Schweiz LOS

Tunesien: Selbstkritik der Genossen

Nach den grossen Erhebungen dieses Jahres im nordafrikanischen und nahöstlichen Raum kam es inzwischen auch zu Neuwahlen in Tunesien und Ägypten. Wenig überraschend dominierten dabei überwiegend islamisch orientierte Parteien und Kräfte. Vor kurzem äusserten sich führende Vertreter der Kommunistischen Arbeiterpartei Tunesiens (PCOT) in einem Interview selbstkritisch zu dem Ausgang und dem für sie unbefriedigenden Ergebnis der tunesischen Wahlen zu einer verfassunggebenden Versammlung Ende Oktober.

Wie schätzen Sie die Ergebnisse der PCOT bei den Wahlen ein? Meinen Sie, dass der Wahlkampf erfolgreich die Sachverhalte thematisierte, die Sie anstrebten?

Hamma Hammami: Einige Zeitungen vertraten die Ansicht, dass die Wahlen am 23. Oktober aussergewöhnlich und einzigartig waren, ja mehr noch dass sie vollkommen waren. Das ist eindeutig eine Übertreibung. Wir müssen blinden Optimismus über die Wahlergebnisse vermeiden und sie stattdessen mit mehr Kritik betrachten.

Es gab viele Vorwürfe gegen einige Wahllisten, und ich denke nicht, dass die Justiz diese rüde zurückweisen würde. Trotz unserer Kritik fordert die PCOT aber weder eine Wiederholung noch eine Annullierung der Wahlen. Allerdings haben wir einige Anmerkungen.

Die erste betrifft die geringe Zahl der Teilnehmer an den Wahlen: gemäß Angaben der Wahlleitung haben nur 48,9% der Wahlberechtigten abgestimmt. (Anm.: Das oben verlinkte Wahlergebnis weist 42% Nichtwähler und 18% ungültiger Stimmen aus!) Solche Zahlen sind Besorgnis erregend und ihre Auswirkungen auf die politische Zukunft der Konstituierenden Versammlung wäre bedeutend – denn auf dieser Basis spiegelt die (dort zu verabschiedende) Verfassung nicht die Meinung der Mehrheit des Volkes wider. Um dieses Problem zu lösen, fordert die PCOT, den Verfassungsentwurf dem Volk im Rahmen eines Referendums vorzulegen. So könnte dann die ganze tunesische Bevölkerung die Verfassung bestätigen oder ablehnen.

Zweitens war politisches Geld (welches die Parteien in ihren Wahlkampagnen einsetzten) ein erheblicher Faktor für die Wahlergebnisse. Niemand kann leugnen, dass es deutliche Unterschiede gibt zwischen durchschnittlichen Ausgaben von 25 Dinar pro Wähler und 500 Dinar pro Wähler.

Drittens hat die Benutzung religiöser Rhetorik in Moscheen und in öffentlichen Bereichen direkt oder indirekt das Volk beeinflusst. Der größte Mangel diesbezüglich war, dass Menschen, die eigentlich den Versuchen zur Beeinflussung der Wähler hätten entgegen treten müssen, dies nicht taten und sich so passiv verhielten, wie unter Ben Alis Regime. Es war fast so, als gäbe es verborgene Mächte, die danach trachteten, Atheisten und Gläubige zu trennen.

Viertens spielten die Medien, vor allem die öffentlichen, eine armselige Rolle. Damit ist gemeint, dass sie dem Volk nicht dabei halfen zu unterscheiden, auszuwählen und zu verstehen, was die Verfassung bewirkt und welche Bedeutung ihrem Inhalt zukommt.

Fünftens gab es gegenseitige Angriffe zwischen den Parteien, die manchmal ein erbärmliches Niveau erreichten.

Sechstens wurden in den Wahllokalen viele Verstöße gegen die Wahlvorschriften begangen, was von einer grossen Zahl der Wahlbeobachter bestätigt wurde.

Abschliessend ist festzustellen, dass niemand leugnen kann, dass die tunesischen Wahlen durch internationale Kräfte (hauptsächlich die USA und seitens der EU) mit dem Ziel manipuliert wurden, die tunesische Revolution auf kleinere Reformen und Veränderungen zu begrenzen und das frühere Machtsystem, sowie die pro-kapitalistische Wirtschaft mit ihrer politischen und sozialen Orientierung aufrecht zu halten. Diese ausländische Einmischung wurde durch die Übergangsregierung und einige Parteien erleichtert, indem während der Wahlkampagne ein reger politischer Reiseverkehr von und nach Tunesien stattfand. Es waren auch von verschiedenen Parteien immer wieder Zusicherungen zu hören, dass Tunesien an den alten politischen und wirtschaftlichen Grundsätzen festhalten würde.

Wie bewertet die PCOT ihre eigene Teilnahme an den Wahlen?

Chrif Khraief: Wir schätzen unsere Teilnahme als schwach ein, und wir sind nicht zufrieden, weil drei Sitze von uns in der Versammlung nicht das wahre Gewicht der PCOT auf den Straßen widerspiegeln. Niemand kann die historische Rolle, den historischen Einsatz und den großen Einfluss der PCOT auf die Durchführung der Revolution leugnen. Wir schauen stets kritisch auf uns selbst, um voran zu kommen und unsere Schwäche zu überwinden und uns zu verbessern.

Es ist wahr, dass die PCOT revolutionären Aktivismus gelernt hat und dabei stets recht gut gehandelt hat. Aber wir haben nie Wahlkampagnen gelernt und diesbezüglich Erfahrungen gesammelt. Wir führten einen saubereb Wahlkampf, in dem wir uns auf unser Programm und Vorschläge für die Verfassung und die Übergangsregierung ausrichteten, und wir setzten auf die Energie und Motivation unserer Aktivisten, besonders der jungen. Aber wir litten auch unter unserer schwachen Verankerung in den Städten und auf dem Lande, was die Umwandlung unseres politischen Ansehens in eine gewählte Macht negativ beeinflusste. Und wir verloren viele Stimmen durch den Namenswechsel unserer ‚PCOT‘ in ‚Al Badil‘ (Revolutionäre Alternative), wodurch uns viele Menschen am Wahltag auf den Listen gar nicht erkannten.

Wir machten auch einen schweren Fehler, als wir nicht für jedes Wahllokal einen überwachenden Beobachter organisierten. Das erlaubte einigen Parteien, die Gelegenheit zur Manipulation der Menschen zu nutzen. Wir gingen ferner mit sehr geringen materiellen Mitteln in den Wahlkampf und vertrauten auf die Finanzierung des Wahlkampfes durch die Behörden, die uns aber dann erst sehr spät im Wahlkampf erreichte. Zusätzlich waren unsere Kandidaten wegen unserer Grundsätze und Integrität Ziel einer sehr rüden Angriffskampagne; einige Parteien verbreiteten viel Hetze gegen uns, was ebenfalls dazu beitrug, dass wir unser eigenes Ziel von 10% der Stimmen nicht erreichten.

Obwohl unsere Wahlergebnisse nicht zufrieden stellen, haben wir doch viel aus diesen Erfahrungen gelernt. Wir kennen jetzt unsere Schwächen und wir sind mehr denn je von unseren Grundsätzen überzeugt.

Haben Sie das Gefühl, dass die neue Regierung irgendwelche tiefen sozialen oder wirtschaftlichen Veränderungen vornehmen wird? Wird sie wirkliche Gerechtigkeit hinsichtlich des früheren Regimes verfolgen?

Chrif Khraief: Wir glauben nicht, dass die neue Regierung in ihrer jetzigen Zusammensetzung gewillt ist, radikale und wirkliche Veränderungen an der sozialen und wirtschaftlichen Front vorzunehmen. Bereits vor der ersten Tagung der Verfassunggebenden Versammlung haben Regierungsmitglieder der Welt versichert, dass sie so weiter machen würden, wie das frühere Regime. Dies ist besonders zutreffend hinsichtlich der Wirtschaftspolitik. Sie erklärten, dass sie die Auslandsschulden tilgen werden und an der Marktwirtschaft festhalten wollen, die uns in die politische Diktatur, in wirtschaftliche Depression und in soziale Ungleichheit hineingeführt hat.

An der sozialen Front hat die Verfassunggebende Versammlung kein Interesse für die Armen und die benachteiligten Menschen innerhalb Tunesiens gezeigt, die ja unter Ben Ali lange Zeit verleugnet wurden, was eine der Ursachen für die Proteste und Streiks Anfang des Jahres war. Und selbst wenn die neue Regierung gewisse Entscheidungen träfen, so wäre das angesichts des Fehlens einer Justizreform eher ein Schwindel. Denn wir können keine reale Demokratie praktizieren, wenn die Vertreter des alten Regimes weiterhin aktiv sind, wenn die Justiz weder gerecht noch frei ist, wenn die Medien nicht frei sind, wenn die Verwaltung immer noch korrupt ist, und wenn Menschen noch frei herumlaufen, die in Folter und Korruption verwickelt sind. Man kann nicht von wirklicher Gerechtigkeit sprechen, ohne über frühere Verantwortlichkeiten zu reden und den Opfern von Ben Ali ihre Würde zurück zu geben.

Seit den Wahlen Ende Oktober hat es grosse Streiks im Tourismus, im Transportwesen und anderen Wirtschaftsbereichen gegeben. Waren Mitglieder der PCOT daran beteiligt oder haben sie diese Aktionen unterstützt? Welche Rolle nimmt die All-Union der tunesischen Arbeiter (UGTT) in diesen revolutionären Kämpfen ein?

Chrif Khraief: Die PCOT stand nicht hinter diesen Protesten, aber sie unterstützt sie und wird dies weiterhin stets tun! Wir werden darauf bestehen, dass die Regierung ihre Versprechen einlöst, die sie nach der Revolution machte – wie etwa Abschaffung von tariflosen Gehältern, Unterstützung der zu Festgehältern Arbeitenden, Durchsetzung von transparenten Standards bei Einstellungen.

Die Arbeiter sind derzeit in zwei Gruppen gespalten. Die einen sind die Revolutionäre, die das Ziel anstreben, intern in der Allunion der Tunesischen Arbeiter Demokratie zu verwirklichen und die Arbeiter gegen die Kapitalisten und die Geschäftsführungen zu verteidigen. Dies umfasst Demokraten, Linke, Syndikalisten und andere. Und das war in den glänzendsten Aktionen der UGTT immer deutlich: im Streik vom 26. Januar 1978; im revolutionären Feuer von 1984; in den rechtlichen Kämpfen von 1985; bei der Unterstützung des Iraks im Golfkrieg von 1990 und im Aufstand im Jahre 2008 in Redeyef und Oum Laarayes. Aber hauptsächlich und an erster Stelle waren diese Arbeiter aktiv in der revolutionären Bewegung, die zum Sturz von Ben Ali am 14. Januar 2011 führte.

Alle Aktivisten dieser Art werden sich im Dezember in einer Versammlung zusammenfinden, um den Weg der Revolution fortzusetzen, um reale Demokratie zu schaffen und weiterhin die Rechte der Arbeiter zu verteidigen.

Die zweite Gruppe von Arbeitern sind die Bürokraten, die die konter-revolutionären Kräfte (Gewerkschaft der Bosse) repräsentieren, die lieber Verhandlungen der Gewerkschaften scheitern lassen, als dass sie die Gewerkschaften zu einem Werkzeug der Unabhängigkeit und Macht der Arbeiter machen. Diese Bürokraten waren diejenigen, die Ben Ali bis zum letzten Augenblick unterstützten und die Revolutionäre als Unruhestifter behandelten.

Quelle: kommunisten.de und  Al-Thawra Eyewitness  /  Übersetzung: hth  /  Foto: AndyWorthington

Atomausstieg beschlossen

Mit dem heutigen Entscheid des Nationalrats ist der Atomausstieg der Schweiz auf parlamentarischer Ebene beschlossen. Nun kann der Bundesrat die konkrete Umsetzung vorantreiben. Gleichzeitig ist dieser Entscheid ein klares Signal für die Schweizer Wirtschaft und Gesellschaft, auf eine nachhaltige, zukünftige Stromversorgung der Schweiz hinzuwirken.

Der Nationalrat ist in neuer Zusammensetzung der Linie von Bundesrat, Ständerat und dem ehemaligen Plenum im Nationalrat gefolgt und hat die abgeänderten Motionen zum Atomausstieg klar überwiesen. Diese schliessen im Wortlaut Rahmenbewilligungen für neue Atomkraftwerke aus. Der Bundesrat hat jetzt die breite Abstützung, mit der Energiestrategie 2050 die Stromversorgung der Schweiz ohne neue AKW voranzutreiben.

Restrisiko bleibt bestehen
Die Allianz «Nein zu neuen AKW» ist erfreut über diese konsequente Haltung und gratuliert den Nationalrätinnen und Nationalräten zu diesem Entscheid. Dieser schafft klare Rahmenbedingungen für die Schweizer Stromwirtschaft und gibt den Unternehmen Rechts- und Investitionssicherheit, welche es dringend braucht, um die zukünftige, nachhaltige Stromversorgung der Schweiz in die richtigen Bahnen zu lenken

Damit sind die Probleme der Atomkraft allerdings noch nicht vom Tisch. Die laufenden AKW produzieren weiterhin Atommüll, die Endlagerung ist nach wie vor nicht gelöst. Noch bedenklicher ist, dass alte, gefährliche Risikoreaktoren wie das AKW Mühleberg trotz bekannter Mängel immer noch am Netz sind. Solange diese betrieben werden, ist der Atomausstieg nicht geschafft. Politik und Gesellschaft sind weiterhin gefordert, um Ihre Stimme gegen die Atomkraft und für die Energiewende zu erheben.

Die Allianz «Nein zu neuen AKW»
Die Allianz «Nein zu neuen AKW» setzt auf die Zukunft und damit auf die umwelt- und sozialverträgliche Nutzung neuer erneuerbarer Energien und auf Stromeffizienz. Sie setzt sich gegen den Bau neuer AKW und für den raschen Ausstieg in der Schweiz ein.

Quellle und weitergehende Informationen zur Allianz «Nein zu neuen AKW» und zu Risiken und Gefahren der Atomenergie finden Sie auf der Website www.nein-zu-neuen-akw.ch.

Kleine Geschichte der NGOs

In der vorwärts-Ausgabe vom 2. Dezember klärten wir über den NGO-Schwarm in Haiti auf. Nun erschien im «Tagesanzeiger» ein Bericht über die obskure Spendenpolitik Schweizerischer NGOs. In der eigenen Finanzpolitik geben sich die «wohltätigen» Organisationen reichlich unreflektiert – und deuten damit auf ganz andere Interessen als die der Menschenfreundlichkeit hin.

Sie sammeln für die Wohltätigkeit, aber letztlich ist die Wohltat für sie das Sammeln. Wir sprechen von den NGOs der Schweiz, von jenen Wohltätigkeitsvereinen wie der «Glückskette» oder der «Berghilfe». Schon in der letzten Ausgabe des vorwärts nahmen wir uns dem tatsächlichen Charakter von NGOs in Haiti und ihrer Rolle als «Vorboten des Neoliberalismus» an. Nun berichtet auch der Tagesanzeiger über die Organisationen, die innerhalb der Schweiz agieren. Für uns ist das der Anlass, weitere Überlegungen bezüglich des Wesens von NGOs anzustellen.

Der Tagesanzeiger scheint einem Skandal auf der Spur: Da gibt es doch tatsächlich Organisationen, die auf Geldbergen sitzen und für sich die Wohltätigkeit beanspruchen. So stellte sich heraus, dass NGOs wie Glückskette oder Heilsarmee nicht nur über Millioneneinnahmen verfügen, sondern dass diese Millionen auch beim Eingenommenen bleiben – sie werden eben nicht weitergereicht. Die Glückskette verfügt beispielsweise über 140 Millionen Franken an Kapital, die Heilsarmee über 226 Millionen. Ein Grossteil der Millionen sind dabei in Fonds angelegt. Die Organisationen selbst begründen diese unausgezahlten Gewinne mit dem Reservebedarf einer Wohltätigkeitsorganisation, denn man wolle unabhängig vom schwankenden Spendenmarkt sein und auch in Zeiten der Not nichts an Liquidität einbüssen. Tatsächlich verfügen die genannten NGOs allerdings über Geldberge, die einem vielfachen der ausgegebenen Jahresbeträge entsprechen. Und so kommt auch der Tagesanzeiger zur Frage: «Wozu also braucht die Berghilfe 129 Millionen Reserven, mehr als fünfmal den Gesamtaufwand?»

Der Spendenmarkt

Spendenorganisationen wollen Wohltäter sein; wohltätig ist man auch mit ihnen: Sie sind von Steuern oder zu zahlenden Dividenden befreit. Darin, das erkennt auch der Tagesanzeiger, liegt «wohl mit ein Grund, warum erfolgreiche Spendensammler solche Überschüsse anhäufen können». Was aber versäumt, weil nicht offen benannt wird, dem wollen wir hier nachgehen. Nähern wir uns also der Frage, die der Tagesanzeiger stellte. Wozu brauchen NGOs Reserven in Millionen und Abermillionenhöhe? Zuerst erscheint diese Tatsache zutiefst widersprüchlich. So sagt der ehemalige Wirtschaftsprofessor Max Boemle: «Der Spendenmarkt ist viel stabiler als die Wirtschaft mit ihren Umsatzschwankungen.» Und es heisst im Tagesanzeiger auch: «Die Gesamteinnahmen der Branche stiegen im 2009 um 8,3 Prozent auf 2,8 Milliarden Franken.» Wozu also gewaltige Reserven aufbauen?

Die Antwort ist bereits gegeben. Der stabile Spendenmarkt setzt eines voraus: Einen Markt um und für Spenden. Wachsende Einnahmen einer Branche beruhen auf der Existenz einer Branche – der Spendenbranche. Allerdings folgt der Markt seinen und nicht den Gesetzen der Menschlichkeit. Eben weil NGOs wie die Glückskette oder die Berghilfe Unternehmen sind, die ein Feld – den Spendenmarkt – bewirtschaften, folgt es ihrer inneren Logik, die Ausgaben zu senken und den Profit zu steigern. Die Ausgaben, das sind natürlich die tatsächlichen Aktivitäten, etwa die Unterstützungsleistungen der Berghilfe. Und in der gleichen Zeit, in der die Spenden stiegen, kürzte man die Ausgaben auf 20 Millionen. Der Profit, das ist jener magische «Reservenberg», den der Tagesanzeiger überrascht und bewundernd beim Wachsen betrachtet.

Die wohltätige Leistung ist eine Ware; die NGO ihr Produzent. Wie jeder Betrieb verschenkt die NGO ihre Ware nicht, sondern tauscht sie – gegen die Spende. Da ist es ganz gleich, ob es die Hilfe für in Bergnot geratene ist oder der renaturalisierte Bach; das Schema von NGOs in der letzten Etappe ihrer Entwicklung ist immer das selbe. Wir sind weit davon entfernt, zu sagen, dass jede NGO zu jedem Zeitpunkt diesem Muster entspricht. Wir sagen aber, dass ihre Entwicklung auf diesen Zustand zuläuft. Und notwendig auf ihn zulaufen muss.

Von der Entwicklungsgeschichte der NGOs

Die meisten NGOs werden mit dem guten Willen ihrer AktivistInnen gegründet. Es gibt die Idee, nach der man sich richtet. Allein: Die Idee – Hilfe für Menschen in Haiti, bessere Bedingungen für Tiere im Zoo – verändert die Welt noch nicht, sie muss in Taten übersetzt werden. Diese Übersetzung bedarf; wo man Reisen muss, Geräte braucht und derlei mehr; der Vermittlung. Das Instrument der Vermittlung, welches den schönen Gedanken auch Wirklichkeit werden lässt, ist Geld. Die harte Währung – für NGOs tritt sie in Form der Spende auf. Und während die meisten NGOs wohl anfangs von der guten Idee beseelt sein dürften, ist die Spende doch zu jedem Zeitpunkt ihr materieller Kern, ihre Grundlage. Und wie sie ihre Grundlage ist, bringt die Spende die NGO in ihre Abhängigkeit. Es ergibt sich die Erkenntnis, dass, will ich mehr tun, ich auch mehr Geld, also mehr Spenden brauche. Noch ist die Spende Mittel zum Zweck. Je weiter aber die NGO wächst, je mehr die Abhängigkeit vom Spendengeld hervortritt (weil nämlich die Aktivität engagierter AktivistInnen nicht mehr reicht, um immer grössere Projekte zu leisten, um auch noch die notwendige Medienarbeit zu machen), desto mehr tritt die Spende selbst in den Vordergrund. Das Mittel entwickelt sich zum Zweck, der Zweck wird zum Mittel herabgewürdigt: Die gute Tat vollbringt man noch, aber um der Spende willen.

Dieser Wechsel der Prioritäten schlägt sich in die innere Struktur der NGO durch. Wo anfangs AktivistInnen die notwendige Arbeit selbst und handwerklerisch verrichten, «profressionalisiert» sich die Arbeit der NGO mit ihrer zunehmenden Grösse. Die Arbeitsteilung, die Anfangs noch wenig ausgeprägt ist, setzt sich durch. Es gibt Abteilungen für das Generieren neuer Mitglieder, Medienabteilungen etc. Zuletzt werden gewisse Arbeiten ausgelagert; «outsourcing» macht auf vor wohltätiger Arbeit nicht halt. Deutlich wird das in der Schweiz etwa daran, dass diejenigen, die neue Mitglieder werben, oftmals gar nicht mehr bei oder in der Organisation selbst arbeiten. Ein ganz neuer Dienstleistungsbereich hat sich entwickelt: das Fundraising. So gibt es etwa «Corris», die für beliebige Organisationen die mühsame Mitgliedersuche übernehmen – natürlich gegen Bezahlung. Und wie die innere Arbeitsteilung wächst, so wächst auch die innere Hierarchie der NGO, die Administration. Wir wissen es: die Administration erhält sich selbst und ist gleichzeitig nicht kostenlos erhältlich. Deutschland hat seine Skandale in dieser Hinsicht schon seit längerem; etwa Porsche-fahrende Chefs der Wohltätigkeit; in der Schweiz ist zumindest die Berichterstattung über sie noch nicht weit ausgeprägt.

Zum Angriff auf die Gesellschaft

Aber warum entwickeln sich die NGOs so und nicht anders? Weil es kein richtiges Leben im falschen gibt. Oder länger: Weil die NGOs der Versuch sind, die Verhältnisse nicht gegen den, sondern im Kapitalismus zu verbessern. Sie arbeiten in einem Gesellschaftssystem, dessen Mechanik sie nicht oder selten reflektiert haben und bei dem sie sich, bestenfalls, gegen einige Äusserungen seiner selbst richten. Die NGOs wollen nicht die Gesellschaft ändern, sondern nur ihre Auswüchse – also ändert die Gesellschaft sie. Selbst zum Auswuchs geworden, nehmen sie die Mechanik der schlechten Gesellschaft an. Wohl notwendig, denn wo die NGO davon lebt und profitiert, steuerbefreit zu sein, da ist die Gesellschaft, die sie von den Steuern befreite, bereits zu ihrer Voraussetzung geworden. Und wie die NGO die kapitalistische Gesellschaft zu ihren Voraussetzungen zählt, zählt sie auch deren Logik, die profitorientierte Logik des Kapitalismus, zu ihren Bedingungen. So verkommt der Umgang mit Geld im Kapitalismus zum kapitalistischen Umgang mit Geld.

Für uns folgt aus all dem vor alle dem die Erkenntnis, dass die Spende an den wohltätigen Verein nicht das Mittel ist, die Gesellschaft zu verändern. Und das sagen wir auch in dem Bewusstsein, dass der vorwärts selbst auf die Spenden seiner Leser angewiesen ist – aber ihm wird man zu Gute halten müssen, dass er einerseits die Gesellschaft gesamtheitlich angreift und dass er andererseits eine Einsicht in die Notwendigkeit besitzt.

Baumeister drohen, Arbeiter streiken


Der Kampf der Bauarbeiter um einen besseren Landesmantelvertrag (LMV) spitzt sich zu. Nach dem Protesttag der Arbeiter am 25. November, organisiert von Unia und Syna, schloss der Schweizerische Baumeisterverband (SBV) gestern, am 1. Dezember die Unia von allen weiteren Verhandlungen aus. Die Antwort erhielten die Baumeister heute im Tessin: 2 000 Arbeiter streikten und gingen auf die Strasse.

Sie handeln nach einem altbekannten Motto: Teile und herrsche. Gestern, am 1. Dezember verkündete der SBV, man werde in Zukunft nicht mehr mit der Unia verhandeln. Der SBV begründet diesen Schritt mit den «rechtswidrigen Handlungen von Unia-Leuten» und der Verletzung der Friedenspflicht durch die Protestaktionen am 25. November. Es ist die alte Litanei der Baumeister im Besonderen und Arbeitgeber im Allgemeinen: Agiert die Gewerkschaft militant und organisiert sie einen Streik, so überhäuft man sie mit Klagen und ruft die Friedenspflicht – die immer nur der einen Seite nutzt –in Erinnerung. In diesem speziellen Fall verfolgt der SBV allerdings ein konkretes Ziel: Die Gewerkschaften Unia und Syna gegeneinander auszuspielen.

Bislang organisierten Unia und Syna den Kampf der Arbeiterschaft gegen den SBV und für einen besseren LMV gemeinsam. In dem Ausschluss der Unia von den Verhandlungen sehen die Baumeister nun die Möglichkeit, die Bewegung zu spalten und zu schwächen. Man bietet der Syna die verführerische Chance, die Arbeiterschaft allein zu vertreten – im Wissen darum, dass sie die schwächere (sowohl zahlenmässig wie auch vom Gesichtspunkt ihres Kampfeswillen her) der beiden Gewerkschaften ist. Offenbar erhoffen sich die Baumeister so, einen für sie günstigeren Ausgang in den Verhandlungen um den LMV zu erreichen.

Der Kampf um den LMV im Detail

Und die Baumeister haben viel zu verlieren, nämlich Teile ihrer Profite. Der LMV, der nun neu ausgehandelt werden muss, betrifft bekanntlich das gesamte Bauhauptgewerbe – er regelt die Arbeitsbedingungen von etwa 100 000 Arbeitern. Entsprechend ist das Interesse der Baumeister gross, die festgelegten Bedingungen im LMV möglichst zu drücken. So wollen die Baumeister unter anderem die Möglichkeit, die vereinbarten Mindestlöhne unterschreiten zu können und den Kündigungsschutz zu lockern. Und nach zwei Jahren ohne Lohnerhöhung bieten die Baumeister nur magere 1,5 Prozent mehr Lohn für 2012 an. Zu wenig für die Gewerkschaften, die mindestens 1,8 Prozent mehr Lohn gefordert hatten.

Auch die anderen Forderungen von Unia und Syna, die nach einer Umfrage unter den Arbeitern aufgestellt  wurden, missachteten die Baumeister einfach. So wollen die Gewerkschaften vor allem mehr Schutz für die Arbeiter bei Schlechtwetterbedingungen. Der SBV will das nicht – und sagt damit deutlicher als mit Tausend Worten, wie viel ihm die Gesundheit «seiner» Arbeiterschaft wert ist. Auch die andere grosse Forderung, die Solidarhaft, wird abgelehnt. Die Solidarhaft würde die Baumeister für alles verantwortlich machen, was auf ihrer Baustelle geschieht – also auch für die Unterscheitungen der Mindestlöhne durch Subfirmen, an die man den Bauauftrag ausgelagert hat. Verständlich, dass die Baumeister hier dicht machen: Die Solidarhaft würde dem Lohndumping auf dem Bau einen Riegel vorschieben.

Und so ist es von einer bezeichnenden Offenherzigkeit, wenn der SBV nun im gleichen Atemzug, in dem er die Unia von allen Verhandlungen ausschliesst, die Fortführung des alten LMV «ohne Vorbedingungen» bis zum Abschluss eines neuen Vertrags fordert. Das wäre allerdings ganz im Sinne der Baumeister. Im Angesicht der Tatsachen (volle Auftragsbücher, im letzten Jahr mehr als 3 Prozent erhöhter Umsatz und stetiges Branchenwachstum) ist es für den SBV schwierig, seine Kürzungsforderungen durchzubringen. Da wäre er mit dem Beibehalten des alten Vertrages – es stünde zu befürchten, dass die Verhandlungen um einen neuen Vertrag fast beliebig gestreckt würden – gut bedient. Es gibt also viel Taktik und wenig «Solidarpartnerschaft» auf Seiten der Baumeister.

Streik im Tessin 

Aufforderungen zu neuen Verhandlungen haben die Baumeister bereits zurückgewiesen. Zwei Gesprächsangebote von Unia und Syna wurden abgelehnt. Da der LMV im Januar abläuft und die Bedingungen des SBV erpresserisch sind, droht also der vertragslose Zustand – und damit der offene Arbeitskampf der Bauarbeiter. Im Tessin konnte man von der Arbeiterschaft, die den Kampf ausfechten müsste, bereits einen Eindruck erhalten. Am heutigen Tag, entsprechend dem Protesttag am Freitag vor einer Woche, legten mehr als 2 000 Bauarbeiter im Tessin ihre Arbeit nieder und demonstrierten lautstark und kämpferisch für ihre Rechte. Und gegen die Baumeister. Der vorwärts war anwesend und begleitete solidarisch das Heer der Arbeiter.

In Bellinzona sammelte sich so die Wut der Arbeiter. Für etwa zwei Stunden gehörten die Strassen denen, die sie tatsächlich auch bauen. Ein rot-orangenes Fahnenmeer aus Unia- und Syna-Flaggen (im Tessin: «Organizzazione Cristiano-Sociale Ticinese») tauchten Bellinzona auch bei grau-trübem Wetter in Farbe. Die Stimmen von Tausenden Arbeitern waren weithin unüberhörbar.

Allerdings wurden die bedeutendsten Worte des heutigen Tages nicht direkt von Arbeitern, sondern von einem Syna-Funktionär gesprochen. Dieser wies den Angriff der Baumeister zurück und betonte die Einheit der beiden Gewerkschaften im Kampf um den LMV. Man werde nur gemeinsam verhandeln und werde gemeinsam kämpfen. Das ist eine Absage an den Spaltungsversuch des SBV und als solche sehr zu begrüssen. In diesem Fall ist die Haltung der Syna im Arbeitskampf also eine solidarische – noch kann man sagen: Sie hat der Verführung widerstanden.

Was darüber hinaus überraschte, war eine Aussage, die man von der Syna so nicht gewohnt ist. Würden die Baumeister nicht endlich die Forderungen der Arbeiter erfüllen und liessen sie es auf den vertragslosen Zustand ankommen, so werde man zum Generalstreik aufrufen. Das sind sehr neue Töne, die man ausserhalb des Tessins kaum gewohnt ist. Sie deuten darauf hin, dass sich der Arbeitskampf zuspitzt und dass die Gewerkschaften, eben auch die Syna, gewillt sind, ihn endlich kämpferisch zu führen. Es bleibt abzuwarten, ob die Syna Wort hält. Daran ist ihr Wert als Gewerkschaft zu messen.

 

Kampfjetkauf: Typenentscheid gefallen

Gestern entschied der Bundesrat den Kauf von Kampfjets des Typs Gripen. Damit ist nach längerem hin und her klar, für welche Fliegerart man das Steuergeld zu versenken gedenkt. Es werden Anschaffungskosten von gut fünf Milliarden und Unterhaltskosten im Umfang von etwa zehn Milliarden Franken entstehen. Unklar ist, ob der Entscheid per Referendum angefochten werden kann. Doch schon jetzt formiert sich der Widerstand gegen den Kampfjetkauf.

Es werden also die Schweden sein. Am gestrigen Mittwoch, 30. November, entschied der Bundesrat Kampfjets des Typs Gripen anzuschaffen. Dieser wird vom schwedischen Anbieter Saab hergestellt. Der Bundesrat begründet seinen Entscheid mit dem «guten» Kosten-Nutzen-Verhältnis: der Gripen ist der günstigste zur Auswahl stehende Fliegertyp. Veranschlagt werden 3,1 Milliarden Franken für die Anschaffung von 22 Gripen. Tatsächlich spricht Bundesrat Maurer sogar von Spielräumen für weitere Anschaffungen, die durch den «günstigen» Kauf vorhanden sein. Denn in der Logik des Militaristen ist klar: «Die beste Armee der Welt besteht nicht aus dem weltbesten Flugzeug plus Hellebarden.»

Während sich Maurer also seine beste Armee der Welt herbeifantasiert, gibt es ganz reale Probleme. So ist klar, dass bei derlei Grossanschaffungen selten der ursprüngliche Kaufpreis auch das ist, was der Staat am Ende zahlt. Von Seiten der GSoA kann man bereits hören, dass sich die tatsächlichen Kosten für den Fliegerkauf auf fünf Milliarden Franken belaufen werden – plus Unterhaltskosten, die im Laufe der Jahre nochmals mit dem doppelten Betrag zu Buche schlagen werden.

Auch hat der Bundesrat ein Händchen für interessante Bündnispartner. Rund um den Gripen reiht sich ein Korruptionsskandal an den nächsten. Nach Ungarn, Tschechien und Südafrika verkaufte Hersteller Saab den Gripen bisher. Und jedesmal wurde der Kauf von Korruption und Schmiergeldern begleitet. In Tschechien wurde etwa durch Zahlungen an Mittelsmänner ein Lobbyismus der direktesten Art betrieben: Die Zustimmung von Parteien und Politikern zum Gripen wurde schlichtweg gekauft. Da wird man sich schon fragen dürfen, wie viel Maurer und Co für ihren Gripen-Entscheid bekommen haben.

 

Unklare Finanzierung, deutlicher Widerstand

Bislang wurde alles versucht, um das Volk aus der Entscheidung herauszuhalten und so ist es noch unklar, ob es zu einem Referendum über den Kaufentscheid kommen wird. Diese Unklarheit liegt auch in der völligen Verwirrung um die Finanzierung der Kampfjets. Niemand kann genau sagen, woher das Geld für den Kauf eigentlich stammen soll. Angedacht ist, es aus dem reinen Militärbudget zu bezahlen. Da dies aber selbst bei kaum mehr als fünf Milliarden für die gesamten Armeeausgaben liegt, ist dieser Weg hochgradig illusorisch. So schreibt auch die bürgerliche Presse, dass mindestens 600 Millionen eingespart oder mehr eingenommen werden müssten, um die Kampfjets zu finanzieren. Während Mehreinnahmen kaum zu finden sind (wo sollten sie auch herkommen, da das Bürgertum sich beständig weigert,  die Steuern zu erhöhen?), könnten Sparmassnahmen die Bildung, Forschung und Infrastruktur der Schweiz treffen. Der einzige Vorteil hieran: Ein solches Sparpaket wäre Referendumspflichtig.

Klar ist hingegen schon jetzt der Widerstand gegen den Kampfjetkauf. Er ist auf der Strasse spürbar, wo die Menschen das undemokratische, unsinnige Aufrüstungsprogramm nicht verstehen. So zeigte auch eine repräsentative Umfrage letzthin, dass gute 93 Prozent der Schweizerischen Bevölkerung gegen eine Erhöhung der Militärausgaben sind.

Politisch formiert sich ebenfalls eine Front gegen die Kampfjets. So ruft die GSoA schon jetzt zu einem «breiten Bündnis» gegen die Kampfjets auf. Die Grünen und Sozialdemokraten haben bereits angedeutet, an diesem teilnehmen zu wollen. Und auch die Partei der Arbeit der Schweiz (PdAS), traditionsgemäss dem Antimilitarismus verpflichtet, wird sich gegen die Kampfjets stellen. So hat das Zentralkomitee der PdAS entschieden, eine etwaige Initiave oder ein entsprechendes Referendum personell und mit mehreren Tausend Unterschriften zu unterstützen. Kämpferisch hiess es:  «Kampf den Kampfjets!»

 

Weitere Informationen der GSoA.

Streik für eine Nacht


Am 29. November traten die Arbeiter und Arbeiterinnen des Valrhône-Verteilzentrums bei Bussigny in den Streik. 70 ArbeiterInnen der Nachtschicht legten ihre Arbeit nieder, um gegen die Streichung von Gratifikationen und die Verschlechterung der Arbeitspläne Druck aufzubauen. Mit der Anreise des Finanzchefs Yann Cornec unterbrachen die ArbeiterInnen ihren Streik noch am selben Tag, um in Verhandlungen einzutreten.

Wer im Verteilzentrum der Valrhône Logistics AG in Bussigny arbeitet, der weiss um den Wert der Mindestlohninitiative. Viele der ArbeiterInnen verdienen weniger als 4 000 Franken im Monat. Aufgebessert wurde das kümmerliche Gehalt bislang durch Gratifikationen, die in etwa einem 13. Monatslohn entsprachen. Doch genau hier, bei den am wenigsten Verdienenden, will das Management sparen: Die Gratifikationen sollen bei denen gestrichen werden, die unter 4 000 Franken im Monat verdienen. Durch die enge Verwebung von Valrhône Logistics und der Westschweizer Detailhandelskette PAM betrifft diese Streichung die Belegschaften beider Firmern – von 870 Angestellten müssten 550 auf die Gratifikationen zukünftig verzichten.

Gleichzeitig hat man die Arbeitspläne der Belegschaft auf sechs anstelle von fünf Tagen gestreckt. Das folgt einer zynischen Logik, denn im Vorfeld gab es Entlassungen, sodass sich die Arbeitsdichte für die verbleibenden ArbeiterInnen erhöhte. Dass dann auch noch die Lohnzahlungen verspätet eintrafen, brachte das Fass zum überlaufen.

Die gereizte ArbeiterInnenschaft entschied sich zum Streik. Am frühen Morgen des 29. Novembers, gegen 1 Uhr, legten 70 Angestellte der Nachtschicht ihre Arbeit nieder. So mussten die Lieferwagen der Westschweizer Detailhandelskette PAM, die hauptsächlich von Valrhône beliefert wird, unverrichteter Dinge wieder abfahren. Nichts ging mehr im Verteilzentrum.

Forderungen und Erfolg

Es sind die willkürlichen Massnahmen der Geschäftsleitung, gegen die sich der Unmut der Streikenden richtet. Entsprechen sind die Forderungen der ArbeiterInnen auf mehr Sicherheit in den Arbeitsbedingungen gerichtet. Man will einen GAV, der solche Irrsinnsentscheide des Managements unterbindet. Und gleichzeitig kämpft die Belegschaft gegen die Streichung der Gratifikationen. Dabei setzt sie nun auf Verhandlungen.

Noch am am selben Tag wurde der Streik wieder unterbrochen. Den Forderungen der Streikenden entsprach das Management, indem sie Yann Cornec, den Finanzchef des Unternehmens, schickte. Nun tritt die Belegschaft – wohl vermittelt durch die Unia – in Verhandlungen ein. Dem Vermittlungsverfahren ist ein «Erfolg» sicher: Die ArbeiterInnen streiken nicht mehr.

 



			
		

US-Tränengaslieferung verweigert

US-Tränengas gegen die Revolution

Die Hafenarbeit in Suez verweigert die Entgegennahme und Unterschrift einer ersten Lieferung von sieben Tonnen US-Tränengas für das ägyptische Innernministerium. Offenbar müssen dringend die Lagerbestände – nach sechstägigem Beschuss der Protestierenden letzte Woche – wieder aufgefüllt werden.

Eine Gruppe ägyptischer Zollbeamter in Suez brachte an Tageslicht, dass das ägyptische Innenministerium in der USA 21 Tonnen Tränengas zur Aufstockung der Lagerbestände bestellt hat. Die brisanten Dokumente des Zolls wurden dem bekannten Aktivisten Medhat Eissa aus der Küstenstadt zugespielt.
Die betreffenden Zollbeamten wurden unterdessen einvernommen, weil sie die Annahme und die Unterschrift für die Tränengaslieferung verweigerten hatten.

 

Eine weitere Gruppe Hafenarbeiter des «Adabiya Seaport» in Suez besitzt zudem Dokumente, welche beweisen, dass vom US-Hafen Wilmington aus drei Frachter mit insgesamt 21 Tonnen Tränengas in Richtung Ägypten gestartet sind.
Die Hafenarbeiter sagen, dass das Containerschiff «Danica», welches mit sieben Tonnen Tränengas der US-Firma «Combined Systems» beladen ist, bereits den Hafen von Suez erreicht hat. Zwei weitere Containerschiffe der gleichen Firma sollen Ende Woche ebenso in Suez eintreffen.

Quelle: Ahram online, Dienstag, 29. November 2011

Das Ziel ist klar!

Auf der Traktandenliste standen die Punkte «Bilanz der Nationalratswahlen» und «Organisation und Zukunft der Partei». Die beiden Themen wurden an der ZK-Sitzung gemeinsam diskutiert, da sie durchaus einen Zusammenhang haben. Der Präsident Norberto Crivelli eröffnete die Diskussion mit der Feststellung: «Wir sind eigentlich schon daran gewöhnt, dass wir keinen Nationalrat und keinen Kontakt dorthin mehr haben, da Joseph Zisyadis schon einen Monat nach seiner letzten Wahl  vor vier Jahren die Partei faktisch verlassen hat.» Wie wahr, doch in seinen Worten steckt auch die bittere Tatsache, dass die Partei keine Antworten fand, um den Weggang von Zisyadis schadlos zu überstehen, sprich mindestens einen Sitz im Nationalrat zu halten. Es entwickelte sich eine lange Diskussion über das Funktionieren, die Strukturen und die Identität der Partei. So kontrovers und teilweise auch hitzig die Diskussion war, kann sie mit dem Votum der Genossin Delya aus Neuenburg zusammengefasst werden: «Wir haben wirklich ein Problem mit der Disziplin. Die Zukunft unserer Partei hängt davon ab, dass wir über das neue Programm diskutieren. Das sollte bewirken, dass auch nicht mehr von ‹Sektierern› gesprochen wird.» Sie fügte aber auch hinzu: «Unsere Ideen werden oft  von anderen Kräften der Linken geklaut. Das zeigt doch, dass wir gar nicht so schlecht sind.» Der Weg der PdAS ist für die nächsten Monaten vorgegeben: Es braucht eine gut organisierte Diskussion über ein neues Parteiprogramm, das die Identität klar definiert. Ein schwieriger Prozess, der im Spätherbst 2012 mit dem Parteitag abgeschlossen werden soll, so die einstimmige Meinung im ZK.

Le Locle als Vorbild

Die Diskussion im ZK zeigte aber eine weitere Tatsache auf, die widersprüchlich und gleichzeitig positiv ist: Während die PdAS nur mit Mühe gemeinsame, landesweite Aktionen organisieren und durchführen kann, gibt es aus den einzelnen Sektionen sehr positive Zeichen. So zogen vier der sechs Sektionen, die an den Wahlen teilnahmen, eine durchaus positive Bilanz der Wahlkampagne. Im Tessin hat die Partei im Vergleich zu den Nationalratswahlen 2007 gut 300 NeuwählerInnen gewonnen. «Keine grosse Zahl», sagte Leo aus dem Tessin, «aber doch ein klares Zeichen, dass wir auf dem richtigen Weg sind.» Er erinnerte auch daran,  dass die Partei im Tessin vor allem von jungen GenossInnen getragen wird, die um «eine weitere, wichtige Erfahrung» reicher geworden sind.

Ähnliches gilt für Zürich: «Wir haben an den Wahlen teilgenommen, um die Entwicklung innerhalb der Sektion zu verstehen. Konkret: Wie gut können wir eine Kampagne organisieren und umsetzen?» Die Frage stellte sich, weil die Sektion Zürich in den letzen Monaten einige neue, junge und aktive GenossInnen gewonnen hat. Siro: «Wir ziehen eine gute Bilanz. Einige Sachen müssen wir korrigieren, aber wir sind für den nächsten Schritt bereit.»

In Bern hat sich «die Sektion durch den Wahlkampf bekannter gemacht», erklärte Rolf. Nicht zuletzt durch die Tatsache, dass in über 700?000 Haushalte die PdA-Informationen geliefert wurden. Spannend auch die Tatsache, dass in den Medien der Stadt Bern die Partei totgeschwiegen, sie jedoch «eine gewisse Präsenz im Jura und im Berner Oberland» hatte. Auch die Berner Genossen ziehen eine positive Bilanz und sprachen von «einer wichtigen und guten Erfahrung für die Zukunft», vor allem weil «die Mobilisierung sehr erfreulich war».

Mit dem Genossen Denis de la Reussille, dem Stadtpräsidenten von Le Locle, «hatten wir einen Spitzenkandidaten, der bei der Bevölkerung sehr beliebt ist», erklärte German, der kantonale Sekretär der PdA-Neuenburg. In Le Locle erreichte die Partei 27.8 Prozent der Stimmen (!) und Denis bekam mehr Stimmen als die gewählte Vertreterin der Grünen. Da aber die Grünen leicht mehr Listenstimmen als die PdA schafften, wurde der Sitz grün und nicht rot. Schade, weil die GenossInnen die gute Kampagne im ganzen Kanton unterstrichen und ihren Wähleranteil dadurch auch steigern konnten – es reicht trotzdem ganz knapp nicht. Doch: «Wir haben die Erkenntnis, eine gute Arbeit geleistet zu haben – und das ist für uns wichtig».

Den Sitz geklaut

Nur die GenossInnen aus Genf und dem Kanton Waadt hatten nichts Gutes zu berichten. Genau jene beiden Sektionen, die über Jahren die Flaggschiffe der PdA-Flotte waren, sind in einer tiefen Krise. Die Genfer GenossInnen gaben ihren Frust und ihre Enttäuschung über das schlechteste Wahlergebnis ihrer Geschichte offen zu. Nun soll die Arbeit in den verschiedenen Stadtquartieren verstärkt und mit konkreten Forderungen nahe bei der Bevölkerung politisiert werden.

Ausführlicher wurde der Genosse aus dem Kanton Waadt. Er erklärte, dass «eine Reihe von Gründen» für die Wahlschlappe verantwortlich waren, welch die Partei «in einen Teufelskreis» hineingezogen hat. Doch einer der Hauptgründe liegt bereits vier Jahren zurück, die Wirren um den Nationalratssitz im 2007: Gewählt wurde damals Marianne Huguenin, der zweite Sitz ging verloren. Auf Druck von Joseph Zysiadis verzichtete Huguenin auf den Sitz. Dies löste eine Welle der Empörung aus. Marianne bekam Hunderte von Protestbriefen, vor allem von Frauen, die sie gewählt hatten. So erklärte der Genosse: «Es haben die Wahllokomotiven gefehlt, Marianne hat nicht mehr kandidiert, weil sie sich durch ihren Sitzverzicht vor vier Jahren selbst abgesägt hat.» Hinzu kam, so der Genosse, dass «Zysiadis uns den Sitz dann geklaut hat». Da die SP im Kanton Waadt linke Positionen vertritt wie sonst kaum eine andere SP-Sektion, wurden die GenossInnen während der Wahlkampagne oft mit der Frage der «nützlichen Stimme» konfrontiert. Warum die PdA wählen, wenn die SP im Parlament viel mehr bewirken kann? Weil wir Kommunisten sind!

Diese  Frage schliesst so quasi den Kreis der Diskussion mit der Erkenntnis, dass die PdA ein neues Programm und eine klare Identität braucht. Eine schwierige Aufgabe, wie bereits erwähnt, aber ein Ding der Unmöglichkeit ist es nicht. So nannte Larry, ein junger Genosse aus dem Kanton Waadt, das Beispiel aus Portugal: «Der KP Portugal ist es gelungen, die GenossInnen hinter einem Programm zu scharen. Es ist daher kein Zufall, dass sie wieder recht erfolgreich ist.» Das Ziel ist klar!

«Die Körper unserer Kinder sind verkohlt»

Bild aus der Dokumentation der KNK

Es sind verstörende Fotos, an Grausamkeit, Brutalität und Unmenschlichkeit kaum zu übertreffen. Fotos von verkohlten Leichen, die kaum noch als solche zu erkennen sind. Der Vater der gefallenen PKK-Kämpferin Ebru Muhikanc? erklärte, nachdem ihm der Leichnam seiner Tochter in Malatya übergeben worden war, dass alles darauf hindeutet, dass Ebru mit Chemiewaffen umgebracht wurde – genauso wie die 23 weiteren PKK-KämpferInnen, die zwischen dem 22. bis 24. Oktober in der Nähe der kurdischen Kleinstadt Çelê (Çukurca) bei schweren Luft- und Bodenangriffen der türkischen Armee ihr Leben verloren. Der Vater von Ebru sagte: «Die Körper unserer Kinder sind verkohlt.»

Dem vorwärts liegt eine Dokumentation des «Congrès National du Kurdistan» (KNK) mit Sitz in Brüssel vor. Darin ist die folgende Zeugenaussage eines PKK-Kämpfers zu lesen, der den Angriff überlebt hat: «Die türkische Armee hat das internationale Abkommen und das Kriegsrecht durch den Einsatz etlicher illegaler Waffen gebrochen. Bei tagelangem, pausenlosem Beschuss durch Kampfflugzeuge, Kobra-Hubschrauber, Panzer, Artillerie und Mörser wurden auch Napalmbomben eingesetzt. Es wurden ausserdem selbst nach tagelangen Regen- und Schneefällen noch Spuren chemischer Waffen entdeckt, die mittlerweile ein Klassiker beim türkischen Militär sind.»

Als wäre es ein Scherz

Nachdem am 24. Oktober 2011 in den Medien bekannt geworden war, dass die 24 Leichname in der Leichenhalle des staatlichen Krankenhauses Malatya liegen, ist eine Kommission bestehend aus Vertretern von BDP (Partei für Frieden und Demokratie), IHD (Insan Haklar? Dernegi – Menschenrechtsverein) und MEYA-DER (Verein der Angehörigen von Verschwundenen) der Sache nachgegangen und hat ihren Bericht der Öffentlichkeit vorgestellt. Laut Angaben der Kommission wurden sie trotz all ihrer Bemühungen von den zuständigen Behörden nicht aufgeklärt. Und dies deutet darauf hin, dass die Personen tatsächlich unbewaffnet gewesen waren. Die Mitglieder der Kommission und die betroffenen Familienangehörigen, die Bilder der Leichname zu Gesicht bekommen haben, waren «von diesem unmenschlichen Anblick entsetzt. Denn die Leichname waren zerfetzt und verbrannt».

Die BDP schreibt weiter in ihrer Medienmitteilung: «Diese Tatsache bekräftigt die Vermutung, dass es sich um den Einsatz chemischer Waffen handelte. Das Stillschweigen der Medien trotz dieser Vermutungen ist ein Beweis dafür, dass sie die Anweisungen Ministerpräsident Erdogans an die Medien genau befolgen.» Und die Partei fügt hinzu: «Man schweigt: Die Zuständigen schweigen, die Medien schweigen, die Justiz schweigt… Als ob die 24, die ihr Leben verloren haben, keine Menschen gewesen wären. Und alle schweigen, als ob die Annahme, dass Chemiewaffen im Einsatz gewesen waren, ein Scherz wäre. Aber es sollte nicht vergessen werden, dass dieses unselige Schweigen nur denjenigen dient, die dieses Land ins Chaos stürzen wollen.»

Über 400 Tote durch Chemiewaffen

Mit dem Einsatz von Chemiewaffen bricht die Türkei das internationale Übereinkommen über das Verbot chemischer Waffen. Das Abkommen wurde am 13. Januar 1993 beschlossen, von der Türkei einen Tag später unterzeichnet und trat am 29. April 1997 in Kraft. Laut Artikel 1 des Chemiewaffenabkommens unterliegen die Unterzeichnerstaaten folgenden Verpflichtungen: «Jeder Vertragsstaat verpflichtet sich, unter keinen Umständen jemals chemische Waffen zu entwickeln, herzustellen, auf andere Weise zu erwerben, zu lagern oder zurückzubehalten oder chemische Waffen an irgend jemanden unmittelbar oder mittelbar weiterzugeben; chemische Waffen einzusetzen; militärische Vorbereitungen für den Einsatz chemischer Waffen zu treffen; irgend jemanden in irgendeiner Weise zu unterstützen, zu ermutigen oder zu veranlassen, Tätigkeiten vorzunehmen, die einem Vertragsstaat aufgrund dieses Übereinkommens verboten sind.» Als Unterzeichnerstaat der ersten Stunde ist die Türkei verpflichtet (!), sich an die Bestimmungen des Abkommens zu halten und umzusetzen. Sie tut es offensichtlich nicht. So drängt sich die Frage auf: Warum schweigt dazu Europa, warum schweigt dazu die ganze Welt?

Höchst bedenklich ist die Tatsache, dass der Einsatz von chemischen Waffen durch die türkische Armee nichts Neues ist. Der IHDin Amed/Diyarbak?r hat einen Bericht über den Einsatz chemischer Waffen durch die türkischen Streitkräfte veröffentlicht. Der Bericht enthält wichtige Informationen über Militäroperationen der türkischen Armee, bei denen sie nachweislich Chemiewaffen eingesetzt haben: «Von 1994 bis 2011 wurden bei 39 Militäroperationen Chemiewaffen eingesetzt und dabei kamen 437 PKK-KämpferInnen ums Leben.»

Immer wieder bestätigt

Am 12. August 2010 veröffentlichte «spiegel-online» einen Bericht über «Fotos von verbrannten, verstümmelten und verätzten Körperteilen, Leichen, die kaum noch als solche zu erkennen sind». Laut türkisch-kurdischen MenschenrechtlerInnen soll es sich bei den Toten um «acht Angehörige der kurdischen Untergrundbewegung PKK handeln, die im September 2009 getötet worden sind».

MenschenrechtsaktivistInnen übergaben die Bilder im März 2010 einer deutschen Delegation aus Türkei-ExpertInnen, JournalistInnen und PolitikerInnen der Linkspartei. Im Bericht ist weiter zu lesen: «Inzwischen hat Hans Baumann, ein deutscher Bildfälschungsexperte, die Authentizität der Fotos verifiziert – und ein rechtsmedizinisches Gutachten des Hamburger Universitätsklinikums bestätigt den ursprünglichen Verdacht: Die acht Kurden starben ‹mit hoher Wahrscheinlichkeit› durch den Einsatz chemischer Substanzen.» Der Artikel im «spiegel-online» schlug in Deutschland hohe Wellen. «Die neuerlichen Ereignisse sind so eklatant, dass die türkische Seite sie dringend aufklären muss», gab die «die Grünen»-Vorsitzende Claudia Roth zu Protokoll. Und sie fügte hinzu: «Es ist nicht nachvollziehbar, warum eine Obduktion der Leichen von PKK-Kämpfern angeordnet wird, aber die Ergebnisse unter Verschluss gehalten werden.» Ähnlich auch die Reaktion des CDU-Bundestagsabgeordneten Ruprecht Polenz, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses: «Die Türkei muss diese Vorwürfe dringend aufklären. Der beste Weg dazu ist sicherlich, dies unter internationaler Beteiligung zu tun», wird er im «spiegel-online» zitiert. Gisela Penteker, Türkei-Beauftragte der Organisation «Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkriegs», weist darauf hin, dass der Verdacht über den Einsatz von Chemiewaffen seitens der türkischen Armee seit vielen Jahren besteht. «Die Menschen vor Ort sagen das immer wieder.» Doch ein Nachweis sei allerdings schwierig, denn die Leichen würden oft erst spät freigegeben, so sei eine gründliche Obduktion oft kaum mehr möglich.

Die Frage sei an dieser Stelle wiederholt: Warum schweigt Europa, warum schweigt die Welt? Jede ungesehene und ungeahndete Menschenrechtsverletzung ist eine Einladung zur wiederholten Menschenrechtsschuld. Brechen wir das Schweigen!

Brauner Terror

Schon seit Jahren warnen Rechtsextremismus-ExpertInnen, dass sich hinter der bieder-friedlichen Fassade einer NPD oder «freien Kameradschaft» im Untergrund rechte Terrorzellen am Formieren sind. Es bleibt befürchten, dass die Infos, welche nun tröpfchenweise zur braunen Terrorzelle preisgegeben werden, nur die Spitze des Eisbergs sind. Neonazistische Todesschwadrone, vom deutschen Geheimdienst finanziert und mit Pässen ausgestattet, morden unbemerkt über die Jahre hinweg. Wer dachte, so etwas sei in Deutschland nie mehr möglich, der ist zu Recht schockiert.

Und in der Schweiz? Offenbar leidet man auch hier unter Sehschwäche auf dem rechten Auge, wie der etwas gar wirre Verlauf der Strafuntersuchung gegen den «Rütlibomber» zeigt. Und die antikommunistische Killermaschine Breivik scheint sich schon wieder aus dem öffentlichen Bewusstsein verabschiedet zu haben. Wie sehr die Gesellschaft in den letzten Jahren nach rechts gerutscht ist, zeigt der Umstand, dass selbst die SP, schon mal über die Leichen der eigenen GenossInnen geht. Nur kurz nach dem Massaker in Norwegen  debattierte die SP auf dem Lenzburger Schlossberg pseudokontrovers ihr Parteiprogramm, moderiert vom geistigen Attentäter und Brandstifter Roger Köppel. Kritische Stimmen zur Einladung Köppels gab es keine. Daran änderte auch die Tatsache nichts, dass auf dem Cover der Weltwoche, die einen Tag vor den Anschlägen in Norwegen erschien, von der «Scharia in der Schweiz» gefaselt und gleich noch eine Liste der hässlichsten Gebäude zum-in-die-Luft-sprengen präsentiert wurde. Liebe SP: Über schlechten Geschmack lässt sich streiten, über Zivilcourage und Linkspopulismus nicht.

Die völkisch-heidnische Avalongemeinschaft

Neonazis stehen im Kontakt mit der Avalon

Die Avalongemeinschaft ist eine seit 1990 bestehende rechtsextreme Organisation, die quasi als geheimer Bildungszirkel funktioniert. Ihre Tätigkeiten «beschränken» sich weitgehend auf das Durchführen ideologischer Bildungsveranstaltungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit, denn Zutritt erhalten nur geladene Gäste. In seinem Buch «Rechtsextremismus in der Schweiz» aus dem Jahr 1996 beschreibt Jürg Frischknecht die Aktivitäten der Avalongemeinschaft treffend wie folgt: «Sie fördern die geistige Schulung und führen einen Kampf um (vereinzelte) Köpfe. […] Diese Kräfte versuchen die Grenze dessen, was man öffentlich sagen kann, stetig nach rechts zu verschieben, weil sie nationalsozialistische Ideologie wieder salonfähig machen wollen».

Inhaltlich knüpft die Gemeinschaft mit ihrem völkisch-nationalen Weltbild und dem Glauben an eine germanische Herrenrasse direkt am Nationalsozialismus Hitlers an. Neben den symbolträchtigen nordisch-germanischen Feiertagen werden vor allem Vorträge mit Rednern der internationalen Elite rechtsextremer und nationalsozialistischer Strömungen durchgeführt. Dazu gehören unter anderem Holocaust-LeugnerInnen, rechtsextreme PublizistInnen und GeschichtsrevisionistInnen aus aller Welt.

Nazideutschland als Vorbild

Am 12. November 2011 waren die deutschen Referenten Bernd Rabehl und Hans Schmidt Gäste der Avalongemeinschaft. Hans Schmidt zählt zu den Führungspersönlichkeiten der «Artgemeinschaft – germanische Glaubensgemeinschaft wesensgemässer  Lebensgestaltung». Auch diese Organisation knüpft in ihrer Ideologie direkt an die Rassenlehre Nazideutschlands an. Bereits als Student war Schmidt politisch im extremen rechten Lager aktiv. Seine Frau, Edda Schmidt, ist eine der einflussreichsten weiblichen Figuren in der deutschen rechtsextremen Szene. Gemeinsam betreiben sie einen Versand für Schriften aus dem Dritten Reich. Deshalb wurde das Ehepaar bereits wegen «Anstachelung zum Rassenhass»  verurteilt. Weiter gilt Schmidt als Mitautor für das Publikationsorgan der mittlerweile verbotenen «Hilfsgemeinschaft Nationaler Gefangener» sowie der Zeitschrift «Nation und Europa».

Bernd Rabehl war ursprünglich Träger der 68er Revolte in Deutschland und wechselte in den 90er Jahren ins rechtsextreme Lager. Er wandelte sich zum Vertreter eines völkischen Nationalismus und empörte sich immer stärker über die «Überfremdung» und das «Antisemitismus-Tabu». Er engagierte sich für die «Deutsche Volksunion» (DVU) sowie für die «Nationale Partei Deutschland»  (NPD) und wurde 2009 gar als gemeinsamer Kandidat für das Amt des deutschen Bundespräsidenten gehandelt.

Verbindungen zur SD und zur PNOS

Nicht weniger beunruhigend sind die Mitglieder und ihre ZuhörerInnen: Gegründet wurde die Avalongemeinschaft durch Roger Wüthrich, einem seit den 80ern bekannten rechtsextremen Aktivisten. Ursprünglich Vorsitzender der «Wiking Jugend Schweiz» wandte er sich 1991 nach deren Auflösung  voll und ganz der Avalongemeinschaft und damit der Bildung einer «geistigen Elite» zu. Neben diesen Aktivitäten war Wüthrich Mitglied der «Schweizer Demokraten» (SD) und wechselte später zur «Freiheitspartei Schweiz».

Verbindungen zwischen Avalon und politischen Parteien sind keine Seltenheit. So schreibt der ehemalige Neonazi und SD-Parteisekretär Alexander Nyffenegger in einem Manuskript, dass auch Bernhard Hess, ehemaliger SD-Nationalrat sowie weitere ExponentInnen der Partei an Veranstaltungen von Avalon anzutreffen gewesen seien. Nyffenegger bestätigt dies auch in einem Interview mit der «Linkezeitung» im Jahr  2010. An den gleichen Vorträgen nahmen auch gestandene Altnazis und Holocaustleugner wie Bernhard Schaub, Jürgen Graf und der Lausanner Gaston-Armand Amaudruz teil.

Die Brückenfunktion

Nach über zehn Jahren gibt Wüthrich im 2003 die Führung des Zirkels an den bekannten Neonazi Adrian Segessenmann ab. Als ehemaliges Führungsmitglied der «Nationalen Offensive», aktiver Hammerskin und mittlerweile stellvertretender Vorsitzender der «Partei National Orientierten Schweizer» (PNOS) im Emmental mischt Segessenmann seit Jahrzehnten aktiv in der braunen Szene mit. Auch war er als 16jähriger 1995 beim gewalttätigen Überfall auf das Festival der Völker in Hochdorf (LU) beteiligt und pflegt gute Kontakte zu rechtsextremen Gewalttätern. Offiziell hat sich Segessenmann nun der Literatur und Bildung verschrieben. Er betreibt einen nationalen Buchversand und organisiert interne Bildungsveranstaltungen – auch für so genannte «Freie Kameradschaften». An diesen werden nebst dem korrekten Verhalten eines nationalen Aktivisten auch die «Prinzipien des nationalen Kampfes» vermittelt, wie auf der Homepage der PNOS-Berner Oberland zu lesen ist.  An den Aufmärschen in Sempach oder auf dem Rütli gehört Segessenmann zum Inventar und war 2009 in Sempach als Teil des Sicherheitsdienstes vor Ort.

Als Vorsitzender der Avalongemeinschaft und aktives Mitglied rechtsextremer Subkulturen nimmt Segessenmann eine Brückenfunktion wahr. Die Organisation verbindet gestandene Altnazis, Intellektuelle der «Neuen Rechten» und Mitglieder rechter Parteien mit den prügelnden und saufenden Aktivisten der «Freien Kameradschaften». Die Bildungsveranstaltungen bilden einen politischen und kulturellen Überbau für das Selbstverständnis der heutigen Neonazis und vermitteln die Legitimation, ihre kruden Vorstellungen in die Tat umzusetzen. Diese gefährliche Mischung aus ideologischer Verblendung, politischem Rückhalt, jugendlichem Übermut und allgemeiner Affinität zur Gewalt, sollte uns – nicht erst jetzt, aber jetzt erst recht – zu denken geben

ENI-Manager wird Ölminister in Libyen

Die Regierungsbildung hatte sich durch anhaltendes Gefeilsche zwischen den verschiedenen rivalisierenden Stammesmilizen und Fraktionen im Übergangsrat CNT verzögert.

Der neue Regierungschef war bisher weithin unbekannt. 1951 in Tripolis geboren, von Beruf Elektroingenieur, erhielt er seine Ausbildung ab 1973 vor allem in den USA. Dort war er nach dem Studium seit 1985 über zwanzig Jahre lang als Professor tätig. Er verliess die USA nach mehr als dreissigjährigem Aufenthalt, um 2006 am Petroleum Institute in Abu Dhabi (Vereinigte Arabische Emirate) den Chefposten der Abteilung Elektroenergie zu übernehmen. Im Frühjahr 2011 nach Libyen zurückgekehrt und in die libysche Politik katapultiert, wurde der Mann mit doppelter amerikanisch-libyscher Staatsbürgerschaft am 31. Oktober von einer knappen Mehrheit im CNT (26 von 51 Stimmen) zum neuen Chef der „Übergangsregierung“ gewählt.

Zum Aussenminister machte er den ehemaligen libyschen Botschafter in Kanada, Ben Khayal. Die wichtigen Posten des Innen- und Verteidigungsministers in der 24-köpfigen Regierung überliesser zwei Milizen-Chefs, dem Stadtkommandanten der Stadt Sintan und einem „Rebellenführer“ aus Misrata. Bereits einen Tag nach der Regierungsbildung haben mehrere libysche Stammeschefs, darunter die berberischen Amazighs in Westlibyen und die Awagi und Maghariba in Bengasi erklärt, dass sie diese Regierung nicht anerkennen, weil sie sich ungenügend in ihr vertreten fühlen. „Nein zu einer Regierung der Ausländer“ hiess es auf einem Schild bei einer  Demonstration in Bengasi vor dem Hotel, in dem der Übergangsrat seinen Sitz hat.

Reitschule lehnt ab!

Damit will die Reitschule Raum schaffen für konstruktive Gespräche über die Zukunft der Zusammenarbeit zwischen Stadt, Bevölkerung, Behörden und Reitschule – ausgehend von realen Problemen und Zuständen.

In der Reitschule gab es die Bereitschaft einen vierjährigen Leistungsvertrag zu unterschreiben. Dass dieser vom Stadtrat abgewürgt wurde, gibt uns Anlass, über die Gesamtsituation nachzudenken und frischen Wind in die Beziehungen zwischen Stadt und Reitschule zu bringen. Ein einjähriger Vertrag schafft aus Sicht der Reitschule eine unhaltbare Situation. Zum einen ist es so nicht möglich, das umfangreiche kulturelle Angebot zu planen, zum andern will die Reitschule ihre Energie nicht in jährliche Vertragsverhandlungen stecken, sondern diese in ihre kulturelle, soziale und politische Arbeit investieren. Die Reitschule will sich diesem Druck nicht beugen, sucht nun neue konstruktive Lösungen der Zusammenarbeit und wird weiterhin im Dialog mit den Stadtbehörden bleiben.

Mahnwache gegen Ausschaffung

Vor einigen Tagen wurde Saidou Alembo, ein Mitglied des Bleiberecht-Kollektivs Bern, ins Regionalgefängnis Bern gebracht. Er soll demnächst gegen seinen Willen nach Gambia ausgeschafft werden. Mit einer Mahnwache bekunden das Bleiberecht-Kollektiv sowie verschiedene unterstützende Organisationen und Personen nun ihre Solidarität mit ihm und protestieren gegen die menschenverachtende Ausschaffungsmaschinerie.

Die mehrtägige Solidaritätsaktion beginnt am Dienstag dem 29. November 2011. Ab diesem Tag werden die Unterstützer_innen jeden Abend vor dem Regionalgefängnis in Bern eine Mahnwache abhalten. Die Mahnwache richtet sich gegen die Inhaftierung und drohende Ausschaffung des Mitglieds des Bleiberecht-Kollektivs und macht deutlich, dass die Unterstützer_innen diese menschenverachtende Repressions- und Ausgrenzungsmaschinerie nicht tatenlos hinnehmen.

Flüchtlinge aus ehemals kolonialisierten und weiterhin ausgebeuteten Staaten, welche die Schweiz nicht verlasssen wollen, werden durch die Ausschaffungsmaschinerie in einen Status entrechteter Untermenschen gedrängt. Ausschaffungen sind für die betroffenen Menschen mit einer enormen psychischen und physischen Belastung verbunden. Behörden setzen die Betroffenen unter Androhung von Zwangsausschaffungen unter Druck, sich einer so genannten   „freiwilligen Ausreise“ zu unterwerfen. Wenn die Betroffenen trotz Drohungen Widerstand gegen diese „freiwillige Ausreise“ leisten, steht ihnen eine Zwangsausschaffung bevor. Obwohl Zwangsausschaffungen bereits mehrere Todesopfer gefordert haben, wenden die Schweizer Migrationsbehörden diese weiterhin an.

Deshalb protestieren wir gegen jegliche Ausschaffungen und bekunden jeden Abend unsere Solidarität mit Saidou Alembo.

SOFORTIGER STOPP DEN AUSSCHAFFUNGEN! KEIN MENSCH IST ILLEGAL!

Quelle und weitere Infos: www.bleiberechtbern.ch

Die Strassen gehören euch, ihr habt sie gebaut!

Am 25. November gingen mehr als 7 000 Arbeiter auf die Strasse. 4 000 Arbeiter in Genf, 2 000 in Lausanne, 800 in Zürich und 300 in Bern legten ihre Arbeit nieder und schlossen sich dem «Protesttag» an, denn die Verhandlungen um einen neuen Landesmantelvertrag (LMV) mit dem Schweizerischen Baumeisterverband (SBV) drohen zu scheitern.

Unia und Syna organisierten am 25. November einen Protesttag der Bauarbeiter. Die beiden Gewerkschaften, die ansonsten eher in Konkurrenz denn Solidarität zueinander stehen, kämpfen gemeinsam um den LMV. Verständlich, denn die Baubranche ist traditionell eine der Kernbranchen beider Gewerkschaften. Ihre strategische Bedeutung ist in diesem Fall grösser als die Differenzen, die man miteinander hat. Und sowohl Unia wie auch Syna sprechen vom «grossen Erfolg» des Protesttages. Dass es gelungen sei, 7 000 Arbeiter zu mobilisieren, habe auch sie «überrascht». Die Arbeiter legten ihre Arbeit nieder und demonstrierten in Bern, Lausanne, Genf und Zürich. Da Baustellen mittlerweile häufig von weniger als zehn Arbeitern bearbeitet werden, geht man davon aus, dass um die 1 000 Baustellen von Arbeitsniederlegungen ganz oder teilweise betroffen wurden.

 

Repression der Baumeister

7 000 Protestierende sind eine Masse. Sie sind es umso mehr, wenn man die Verhältnisse bedenkt, unter denen sie zusammenkamen. Denn gegen den Kampfwillen der Bauarbeiter steht die entschiedene Repression der Baumeister. Am 25. November zeigte sie sich in vielen Formen. Harmlos aber hinterhältig ist es, wenn viele Baumeister das Weihnachtsessen bewusst auf den 25. November legten, im Kalkül, dass die Arbeiter lieber feiern als streiken. Erpresserisch wirkt es, wenn dem Arbeiter gedroht wird: «Wenn du heute gehst, musst du am Montag gar nicht mehr wiederkommen.» Feige mutet es an, wenn die Securitas geholt wird, um die Baustelle abzuriegeln, damit auch ja niemand das Areal verlässt. Und schliesslich ist es offen illegal, wenn der Baumeister – auch das geschah am 25. November – versucht, seine Arbeiter in der Baracke einzusperren. In ihren Taten diffamieren sich die Baumeister selbst. Dass der Baumeisterverband die Gewerkschaften verklagen wollen und dass das noch am morgen des gleichen Tages, vor der ersten Aktion, bekannt war, darf gleichwohl Einschüchterung gewertet werden. Hier allerdings nicht mehr gegen den Einzelnen, sondern als Repression gegen das Allgemeine, gegen die gewerkschaftlich organisierte Arbeiterschaft.

Aber wer Angst benutzt, der hat sie meist selbst. Und tatsächlich wichen die Baumeister überall da zurück, wo sich die Arbeiter erhoben. Als die Grossbaustelle in Wallisellen besetzt und zum grossen Versammlungsort umfunktioniert wurde, da wagten die Baumeister keinen Widerstand, da schlossen sie die Baustelle kurzerhand. Als 1 000 Bauarbeiter vor dem Gebäude des SBV in Zürich standen, da traute sich kein Baumeister aus dem Haus. Es sind leichte Ansätze, aber sie zeigen, dass die Baumeister einer organisierten Arbeitermacht wenig entgegenzusetzen haben

 

Wütende Arbeiter

Und wütend sind sie, die Arbeiter. In Zürich zeigte sich das, als mit dem Geschrei und Jubel von Hunderten aufgebrachten Arbeitern eine LKW-Ladung voller Eis vor der SBV-Zentrale ausgeleert wurde. Der Mann, der den LKW fuhr, selbst ein Arbeiter, selbst grimmig lächelnd, war der Held der aufgebrachten Masse. Zornig, kämpferisch, zu mehr Taten bereit. So darf zumindest die Zürcher Arbeiterschaft bezeichnet werden – und die Vermutung liegt nahe, dass dem die Genfer und Lausanner und Berner Arbeitsgenossen wenig nachstehen.

Ganz im Gegenteil zur Gewerkschaftsleitung. Hansueli Scheidegger von der Unia und Ernst Zülle von der Syna sind Verhandlungsleiter der Gewerkschaften und leiteten die Medienkonferenz am gleichen Tag. Wir erlauben es uns, ihre Aussagen denen der marschierenden Arbeiterschaft entgegenzustellen. Gewerkschaftsleitung: «Wir glauben immer noch daran, dass mit Respekt und Fairness eine gemeinsame Lösung [mit dem SBV] möglich ist.» Arbeiter: «Sie zeigen nur dann Respekt, wenn wir ihn erkämpfen! Wir werden also auch in Zukunft kämpfen, die Arbeit niederlegen.» Gewerkschaftsleitung: «Wenn keine Einigung Zustande kommt, wären wir gezwungen Kampfmassnahmen, wie man das von ganz früher kennt, durchzuführen. Aber das wäre der falsche Weg. Es braucht jetzt die Vernunft des SBV.» «Verhandlungen sind der bessere Weg, als die schwere Arbeit eines Streiks einzugehen.» Arbeiter: «Wir kehren erst dann an den Verhandlungstisch zurück, wenn die uns mit mehr Respekt behandeln. Erst dann sind wir bereit, mit ihnen zu reden. (…) Und im Januar, ohne LMV, werden wir streiken!» «Illegal ist, wenn die Baumeister vor sieben Portugiesen stehen und Fragen: Wollt ihr für eure Rechte kämpfen oder weiterarbeiten? Das zeigt, wie feige sie sind. Wir haben nicht vergessen, wie die Baumeister unsere Kollegen eingeschüchtert haben. Und wir kommen wieder!»

Der Ton der Gewerkschaftsleitung ist versöhnlich; die Stimmung der Arbeiter, zumindest jenes aktiven Teils auf der Strasse, kämpferisch. Die Gewerkschaften setzen auf den Druck, um Verhandlungen zu erzwingen. Die Wut der Arbeiter könnte aber in einen eigenständigen Kampf umschlagen. Darauf angesprochen sagt Scheidegger: «Das ist etwas Gemeinsames. Ich würde hier nicht von oben und unten [in der Gewerkschaft] sprechen.» Wir weisen auf Altbekanntes hin: «Nicht aufs Wort glauben, aufs strengste prüfen!»

 

Weiterkämpfen!

Klar ist, dass weitergekämpft werden muss. Der Protesttag – das Wort «Streik» will zumindest die Gewerkschaftsleitung noch nicht in den Mund nehmen – lässt in dieser Hinsicht auf Gutes hoffen. Zumal sich im Kampf um den LMV die Ansätze einer Fragestellung zeigten, die weit über den eigentlichen Lohnkampf hinausgeht. Wer die Häuser baut und wer sie besitzt, für wen der Wert, den die Arbeit schafft, bestimmt ist – das wurde in Ansätzen, und musikalisch von der Internationalen unterlegt, angegriffen. In den Worten der Arbeiterschaft:

«Sie wollen die Arbeiter, die heute auf der Strasse stehen, morgen durch billige Arbeitskräfte ersetzen. Aber wir bauen die Schweiz und werden sie bauen. Wir bauen die Tunnel, die Strassen! Das müssen die Baumeister begreifen und endlich mehr Respekt zeigen. Die Arbeiter werden für ihre Rechte auf die Strasse gehen. Zwei Jahre haben wir nicht mehr Lohn bekommen. Jeder Banker und Versicherer hat mehr gekriegt, nur die Bauarbeiter nicht. Wir müssen ihnen zeigen, wie ernst wir es meinen, wie wütend wir sind. Wir streiken.»

An den Arbeitskämpfen teilnehmen!

Der 25. November ist einer der wichtigsten Kampftage der letzten Jahre für die schweizerische Arbeiterklasse. Die beiden Gewerkschaften des Bausektors – Unia und Syna – haben einen landesweiten Aktionstag durchgeführt, um die Angriffe der Arbeitgeber auf den Landesmantelvertrag (LMV), den Gesamtarbeitsvertrag des Bauhauptgewerbes, zu kontern. Der LMV ist einer der wichtigsten, landesweiten Gesamtarbeitsverträge.
Im Vergleich zu den im Gesetz festgeschriebenen Minimalbedingungen regelt und garantiert der LMV weit höhere materielle Rechte wie zum Beispiel einen Mindestlohn, den 13.Monatslohn und die Fortzahlung des Lohnes bei Krankheit oder Unfall.

Die Angriffe der Baumeister im Bausektor sind die Fortsetzung einer Flexibilisierungsdynamik des
Arbeitsmarktes. Seit über zehn Jahren verschlimmern sich die Arbeitsbedingungen auf dem Bau kontinuierlich. Die Bilateralen Abkommen mit der EU spielen dabei eine grosse Rolle und haben diese Dynamik verstärkt. Die Entwicklung der Outsourcing-Systeme, die Anstellung von immer mehr temporären Arbeitskräften statt Festanstellungen sowie die kontinuierliche Fragmentierung des LMV  haben die Konkurrenz zwischen den Arbeitern erhöht. Durch die ständige Steigerung des Arbeitstempos hat der Stress für die Arbeiter auf den Baustellen enorm zugenommen und dadurch wird ihre Arbeit immer
gefährlicher. Die Durchsetzung der festgeschriebenen und durch den LMV und dem Gesetz
garantierten Rechte wird immer schwieriger und somit auch die gewerkschaftliche Organisierung der betroffenen Arbeiter. Dies alles hat ein starkes Lohndumping ermöglicht, das die Lohnerhöhungen seit Jahren bremst.

Der Spekulation den Boden entziehen

Im Kampf um den LMV geht es nicht nur darum,
einige Rechte zu verteidigen, sondern auch um die Rechte und deren materiellen
und kämpferischen Inhalt zu stärken und auszubauen. Gleichzeitig ist eine breite Bewegung
anzustreben, die generell Richtlinien für den Bau von Strassen und Häusern
durchsetzen kann. Dabei soll sich das Bauwesen nach den Bedürfnissen des
Wohnungswesen und der wirtschaftlichen Entwicklung richten und dies selbstverständlich
im Einklang mit der Umwelt.

Die Spekulation auf  Immobilien muss gestoppt werden, denn sie führt dazu, dass zu hohe Mietspreise verlangt werden. Der Kampf um die Arbeitsbedingungen der Bauarbeiter muss daher mit dem Kampf gegen die Spekulation auf Immobilien geführt werden. Denn Bauunternehmungen profitieren oft zweimal: Erstens wenn die Arbeiter die Häuser bauen und zweitens, wenn dieselben Häuser zu hohen Preisen verkauft oder
vermietet werden. Diese doppelte Gewinnmöglichkeit den Spekulanten  auf dem privaten Markt zu entziehen, bedeutet die Spekulation auf dem Bauwesen zu eliminieren. Dies eröffnet die Möglichkeit
nach einer sinnvollen und für die Gesellschaft nützlichen Planung der gesamten Baubranche, die von den Städten und Gemeinden durchgeführt wird und einer demokratischen Kontrolle und Mitbestimmung unterliegt.

Die Protest- und Kampfaktionen auf dem Bau, die Mobilisierungen gegen die Entlassungen in
grossen Unternehmen wie etwa bei der Novartis und der Kampf in einigen Kantonen gegen die Stellenkürzungen im öffentlichen Bereich bilden die wichtigsten, gewerkschaftlichen Kämpfe im Herbst 2011.Es handelt sich dabei nicht um grosse Kämpfe wie in anderen Ländern. Doch für die PdAS ist es von zentraler Bedeutung, diese Kämpfe zu unterstützen und womöglich mitzutragen.

Die PdAS soll aktiv diese Kämpfe mittragen damit ein politisches Kräfteverhältnis zu Gunsten der breiten
Bevölkerung und insbesondere der Arbeiterklasse hergestellt wird.

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