Schweizer Danzer-Konzern verletzt Menschenrechte

Dieser Fall steht exemplarisch dafür, dass immer wieder auch in der Schweiz angesiedelte Konzerne im Ausland an sozialen Unruhen und ökologischem Raubbau beteiligt sind. Der neue NGO-Verbund «Recht ohne Grenzen» will dies ändern.

Der Greenpeace-Report «Stolen future: Conflicts and logging in Congo’s rainforests – the case of Danzer» beruht auf gesammelten Beweisen und Zeugenaussagen. Diese besagen, dass in der Nacht vom 2. Mai 2011 ungefähr 60 Soldaten und Polizisten die Waldgemeinde Yalisika im Dorf Bosanga (im Gebiet von Bumba – Équateur Province), angegriffen haben. Der Dorfbewohner Frederic Moloma Tuka kam dabei ums Leben und mehrere Frauen einschliesslich minderjährige Mädchen wurden vergewaltigt. Eine Reihe weiterer Personen wurde geschlagen und abgeführt.

Karine Jacquemart, Kongo Projektleiterin Greenpeace Forests Network, betont: «Die Erkenntnisse zeigen, dass das Unternehmen direkt in diese ernsten Menschenrechtsverletzungen verwickelt ist. Die Tochtergesellschaft der Danzer Group lieferte die Logistik, einschliesslich einen Lastwagen mit Fahrer und bezahlte die Soldaten- und Polizeitrupps, die diese Vergeltungsmission gegen die Dorfbewohner ausführten.» Sie fährt fort: «Dies ist nicht das erste Mal, dass solche Schreckenstaten ans Licht kommen . Holzeinschlagunternehmen wie Danzer haben schon häufig gegen Vereinbarungen mit den örtlichen Gemeinden verstossen, grundlegende Infrastrukturen wie Schulen oder Gesundheitszentren im Austausch gegen den gewinnträchtigen Zugang zu den Wäldern bereitzustellen. Diese traurige Geschichte steht beispielhaft dafür, wie das Geschäft mit dem Holzeinschlag in der Demokratischen Republik Kongo funktioniert.»
In der Folge dieser Vorkommnisse haben die Dorfbewohner ihren Kampf gegen das Unternehmen fortgesetzt und Ende August offiziell Klage erhoben: ein nie dagewesener Moment im Kampf gegen die Straflosigkeit von Unternehmen in der Demokratischen Republik Kongo (6). Greenpeace würdigt den Mut dieser Dorfbewohner. Danzer scheint derweil über eine aussergerichtliche Einigung der ihm zur Last gelegten Straftaten zu entgehen wollen und sich so aus seiner Verantwortung zu stehlen.

Greenpeace deckt auch die Rolle der Geberländer wie Frankreich und Deutschland auf, die Unterstützung leisten, beispielsweise durch Darlehen und Zuschüsse für Holzfirmen wie Danzer. Irene Wabiwa, Forest-Campaignerin für Greenpeace Afrika erklärt: «Die Ereignisse in Yalisika und die vielen weiteren Konflikte im Abholzungssektor zeigen deutlich, dass industrieller Holzeinschlag weder für den Schutz der Wälder noch für die nachhaltige Entwicklung innerhalb der ansässigen Gemeinschaften als Lösung angesehen werden kann.» Sie ergänzt: «Geberländer müssen dringend ihre Verbindungen zu Unternehmen wie Danzer in der Demokratischen Republik Kongo beenden und aufhören, öffentliche Gelder zur Unterstützung des industriellen Holzeinschlags einzusetzen.»

Immer wieder kommen Schweizer Unternehmen bei ihren Aktivitäten im Ausland mit Menschenrechten und Umweltstandards in Konflikt.  Greenpeace Schweiz hat sich deshalb mit anderen Nichtregierungsorganisationen zusammengeschlossen, um mit der Kampagne «Recht ohne Grenzen» (7) von Bundesrat und Parlament zwingende ökologische und soziale Bestimmungen für Firmen mit Sitz in der Schweiz einzufordern. Menschenrechte und Umweltschutz sind zu wichtige Anliegen, um sie einfach dem Gutdünken der Konzerne zu überlassen.

Quelle und weitere Informationen unter www.greenpeace.ch

Aber wirklich fair, please!

An einer anschliessenden Protestaktion vor dem FIFA-Hauptsitz in  Zürich informierten die Gewerkschafter/innen über die in den Gesprächen  erreichten Resultate.

Vasco Pedrina, nationaler Sekretär  der Unia und Vize-Präsident der Bau- und Holzarbeiter Internationale (BHI),  verlangte dabei, dass die FIFA im Vorfeld einer jeden Fussball-WM für die  Einhaltung der Arbeitnehmerrechte sorge: «Fussball ohne Fairness funktioniert  nicht. Das gleiche gilt aber auch für die Arbeit. Wenn die Rechte der  Arbeitnehmenden verletzt werden, müssen wir die rote Karte ziehen.» Die FIFA  müsse im Hinblick auf die Weltmeisterschaften in Brasilien 2014, Russland  2018 und Katar 2022 an die positiven Resultate der Arbeitnehmerschutzkampagne  anlässlich der WM 2010 in Südafrika anknüpfen.

Insbesondere müsse der  Weltfussballverband dafür sorgen, dass bei der öffentlichen  Auftragsvergabe für den Bau der WM-Infrastrukturen die ILO-Sozialklausel  eingehalten werde, dass – vorab in Brasilien – ein echter  sozialer Dialog zwischen den Sozialpartnern in Gang komme und gemeinsame  Inspektionen auf den Baustellen stattfänden. Pedrina: «Wenn die FIFA hohe  Ansprüche an die Infrastruktur einfordert, verlangen wir unsererseits einen  hohen Standard für die Arbeitnehmenden, die diese Infrastruktur erst bauen  und dann bedienen.»

Der ebenfalls anwesende  Generalsekretär der BWI, Ambet Yuson, verlangte, dass die FIFA die Einhaltung  der Menschen- bzw. der sozialen Rechte bereits als zentrales Kriterium bei  der Vergabe einer jeden Fussball-WM berücksichtigt.

 

Internationale Kampagne: Ohne  Arbeitnehmerrechte keine Fussball-WM in Katar

Sharan Burow, Generalsekretärin des Internationalen  Gewerkschaftsbundes (IGB), übergab einen an FIFA-Präsident Sepp Blatter  gerichteten Brief, in dem der IGB und die BHI ihre tiefe Besorgnis über die  Vergabe der WM 2022 an Katar ausdrücken. Ein im Mai 2011 erschienener Report  des IGB hatte «unmenschliche Arbeitsbedingungen» insbesondere für Migrationsarbeitskräfte in Katar  kritisiert. Falls die FIFA die Einhaltung elementarer Menschen-, Arbeits- und  Gewerkschaftsrechte in Katar nicht garantieren könne, müsse der Verband auf  seinen Entscheid zurückkommen und die WM 2022 neu «an ein Land, das diese  Rechte respektiert» vergeben.

Konkrete Ergebnisse
Im Anschluss an die einstündige, sehr  intensive Unterredung informierten Pedrina und Yuson eine Gruppe  protestierender Arbeitnehmender und Gewerkschafter/innen vor dem  FIFA-Hauptgebäude über die in der Unterredung erreichten Resultate. Die FIFA-Vertreter stellten in Aussicht, dass die Einhaltung von  Arbeitnehmer- und Gewerkschaftsrechten bei künftigen WM-Vergaben eine  wichtigere Rolle spielen solle. Zudem bekräftigen sie ihr Interesse an einem  sozialen Dialog mit den Gewerkschaften einerseits und den  brasilianischen Behörden und dem brasilianischen Fussballverband  andererseits. Schliesslich sagten sie zu, sich in den nächsten Monaten für Gespräche  zwischen den Gewerkschaften und Regierungsvertretern Katars einzusetzen. Sollten in diesem letzten  Punkt in den nächsten sechs Monaten keine Fortschritte erzielt werden, wollen  die Gewerkschaften eine internationale Kampagne gegen die Durchführung der  Fussballweltmeisterschaften 2022 in Katar beginnen. Mit 308 nationalen  Dachverbänden aus 153 Ländern besitzt der IGB über die nötigen Mittel, um  zusammen mit der BHI, der Unia und anderen Akteuren eine erfolgreiche  Protestkampagne zu führen.

Quelle: unia.ch

Massiver Abbau bei der IV geplant

Massiver Abbau bei den  IV-Leistungen geplant

 

Die Sozialkommission des Ständerats hat an ihrer Sitzung  vom 15.November weitere
massive Sparmassnahmen bei der  Invalidenversicherung beschlossen. Geht es nach dem Willen der Kommission, sollen die IV-BezügerInnen bluten und buchstäblich hungern.

Die Kinderrenten für IV und AHV sollen von 40 auf 30 Prozent gekürzt werden. Weiter sollen nicht nur über 55-Jährige von Rentenkürzungen verschont werden. Jüngeren IV-Bezügern soll die Rente zwar gekürzt werden können, aber nur dann, wenn sich ihr Invaliditätsgrad um mindestens 5 Prozent verändert. Eine
Verbesserung der Gesundheit der Betroffenen IV-BezügerInnen , welche die Sozialkommission zynisch als «erheblich» bezeichnet. Bei einer Wochenarbeitszeit von 42 Stunden beträgt eine Verbesserung  gerade mal 2.1 Stunden pro Woche? Wie kann eine Verbesserung der Arbeitsfähigkeit von rund 25 Minuten pro Tag «erheblich» sein? Hinzu kommt, dass die IV künftig bei Integrationsmassnahmen nur noch die
Unterkunft- und Reisekosten, jedoch nicht mehr die Verpflegungskosten übernehmen werden. Dies um  5 Millionen pro Jahr zu sparen.

All diese Massnahmen sind für die PdAS ein unakzeptabler Angriff auf die IV-BezügerInnen. Voraussichtlich werden die Räte in der Wintersession über den weiteren Abbau der IV entscheiden. Es ist ein schwacher Trost, dass die Sozialkommission einen Abbau von jährlich (!) 250 Millionen Franken vorschlägt,
statt den vom Bundesrat geforderten 325 Millionen.

Die PdAS ruft alle fortschrittlichen Kräfte auf, sich mit allen demokratischen Mitteln gegen einen weiteren Sozialabbau in der Schweiz zu wehren.

Partei der Arbeit der Schweiz

Räumung des Lindenhofs

Die Partei der Arbeit Zürich (PdAZ) verurteilt sowohl die Räumung des Occupy-Camps auf dem Lindenhof wie auch die angewandte Gewalt seitens der Polizei.

Der Polizeieinsatz wirft ein fragwürdiges Licht auf die rot-grüne Stadtregierung. Zudem beweist es einmal mehr, dass die Polizei die Interessen der Grossbourgeoisie, der Banker und Grossaktionären verteidigt.

 

Folgend der Ablauf und eine Rekonstruktion der Polizeiübergriffe, welche wir anhand von Gesprächen mit AktivistInnen rekonstruiert haben.

Ziviler Ungehorsam

Die Polizei gab den AktivistInnen 20 Minuten Zeit, um das Gelände zu verlassen. Rund 26 AktivistInnen verharrten im Camp und leisteten aus Protest friedlich Widerstand. Sie bildeten am Boden sitzend zwei Kreise. Einen äusseren mit rund 22 Personen und einen inneren mit vier Personen.

Laut Betroffenen wurden die AktivistInnen, welche nicht freiwillig gingen, am Kiefer gepackt und ihr Kopf mit Druck auf die Nase nach hinten gedrückt. Beim inneren Kreis setzte die Polizei ohne Vorwarnung zweimal Pfefferspray ein und sprühte einem am Boden sitzenden Aktivisten aus nächster Nähe ins Gesicht. Dieser gewaltsame Übergriff wurde von einem Polizisten in schwarzer Uniform mit der Nummer 68 verübt.

Ein anderer Aktivist hat eine 5-Franken-Stück grosse Wunde am Kopf, weil er von der Polizei mit dem Kopf am Boden zum Transporter entlang geschleift wurde. Zudem hat er zwei Hämatome unter den Augen. Demselben jungen Mann wurde die Fotokamera weggenommen und auch bei der Haftentlassung nicht zurückgegeben. Gemäss unseren Informationen wurde dies ebenfalls vom Polizisten mit der Nummer 68 veranlasst.

Wir fordern eine offene Untersuchung  bezüglich der polizeilichen Übergriffe.

 

Partei der Arbeit Zürich

Die ETA setzt die Entwaffnung auf die Agenda

Drei Wochen nach der Erklärung der baskischen Untergrundorganisation, den bewaffneten Kampf gegen Spanien einzustellen, hat die ETA nun im Interview verkündet, die «Entwaffnung auf der Verhandlungs-Agenda» zu haben. Sie interveniert nicht mit tödlichen Anschlägen in den Wahlkampf wie 2008, sondern bietet eine weitere Geste zur Entspannung an. Die linke Unabhängigkeitsbewegung hatte derlei Schritte von ihr gefordert. Nach einer 52-jährigen Existenz zeigt sich die ETA nun zur «Zerstörung der Waffen» bereit. Damit will sie Spanien und Frankreich an den Verhandlungstisch zwingen, wie es die «Internationale Friedenskonferenz» Mitte Oktober forderte.

In den Verhandlungen soll nach Meinung der ETA nicht nur über die Entwaffnung nach irischem Vorbild verhandelt werden, sondern auch über die «Rückkehr der Gefangenen und Exilierten» und über die «Demilitarisierung des Baskenlands». Dazu müsse ein Dialog unter allen Parteien, Gewerkschaften und sozialen Organisationen im Baskenland beginnen, um zu einer definitiven Friedenslösung zu kommen, an dem die ETA nicht teilnehmen will. Dieser Prozess müsse frei von jeglicher Einmischung und Gewalt sein und das Recht auf Selbstbestimmung der Basken einschliessen. Bisher hat sich die spanische Regierung zu keiner Geste durchringen können, um den Friedensprozess zu fördern. Alle baskischen Parteien und Gewerkschaften fordern aber, nicht länger zu warten. Als erste Geste sollten schwerkranke Gefangene entlassen und mit den Verlegungen der 800 politischen Gefangenen ins Baskenland begonnen werden, was spanische Gesetze ohnehin vorsehen. Doch Zapatero, der 2006 und 2007 mit der ETA verhandelte, will alles der neuen Regierung und damit wohl den Konservativen überlassen, die bisher jede Verhandlungslösung torpediert haben. Deren Spitzenkandidat Mariano Rajoy hält nun die Türen offen. Er forderte seine Partei auf, «bedachtsam» zu sein und «unfruchtbare Debatten» zu vermeiden. Ungewöhnlich wären solche Gespräche nicht, denn auch die PP-Regierung hatte 1999 mit der ETA in Zürich verhandelt.

Eine Fahne für den Frieden

Zapatero hat seine Chance verpasst und die abstürzenden Sozialdemokraten können damit im Wahlkampf nicht punkten. Sein Verhalten führt auch zu Widersprüchen in den eigenen Reihen. Der Druck auf die sozialdemokratische PSOE nimmt nach der ETA-Erklärung zu, doch sie spielt weiter auf Zeit. Nun fordert sie, die ETA müsse ihre Opfer anerkennen. Der  Präsidentschaftsminister Ramón Jáuregui meinte, die ETA versuche nur, «eine Prämie bei den Wahlen zu erhalten». Tatsächlich dürfte die PSOE im Baskenland für ihre Taktik schwer abgestraft werden, während die Koalition «Amaiur», in der die gesamte baskische Linke antritt, für ihren Friedenseinsatz belohnt werden dürfte.

Halleluja, Silvio ist weg!

«Halleluja, Silvio Berlusconi ist zurückgetreten», schreibt die kommunistische Tageszeitung «il manifesto» in ihrer Ausgabe vom Sonntag, 13. November 2011. Endlich, nach 17 Jahren, verlässt der Medienzar und Multimillionär die politische Bühne Italiens. Sein letzter Gang zum Staatspräsidenten Giorgio Napoletano, bei dem Berlusconi seinen formellen Rücktritt einreichen musste, wurde zum Spiessrutenlauf: Sein Auto und er wurden von wütenden BürgerInnen mit Münzen beworfen. Auf Schildern und Transparenten war zu lesen: «Fertig gehurt», «Game over», «Fertig Party», oder «Danke für den Bankrott», um der Ironie auch noch etwas Platz zu lassen.

Silvio, der das Land wie sein Medienimperium führen wollte, hinterlässt einen Scherbenhaufen, nachdem sein Traum zum schrecklichen Albtraum für Millionen von ItalienerInnen geworden ist. Seine Erbschaft ist ein durch seine privaten Interessenkonflikte völlig entstelltes Land, zerrissen in den elementarsten Regeln des zivilen Zusammenlebens und gedemütigt durch die Prostitution, nicht nur der sexuellen. Etwas ist hier jedoch hinzuzufügen: Es war die Mehrheit der ItalienerInnen, die den ständig lächelnden kleinen Zwerg dreimal zum Chef ihres Landes gewählt haben! Geblendet durch seine populistische, gewaltige Propagandamaschinerie ist das Volk dem Rattenfänger blind hinterher gelaufen – die Quittung dafür ist desaströs.

Ein EU-Vorzeigesoldat übernimmt

Gibt es in Italien eine grössere Tragödie als Berlusconi selbst? Ja, die gibt es. Und wie, auch wenn es schwer zu glauben ist. Es war nicht die sozialdemokratische Opposition im Parlament oder gar eine breite Massenprotestbewegung, die Berlusconis politisches Grab schaufelte. Diese Tatsache spricht Bände. Abdanken musste Silvio wegen dem Diktat des Marktes, genauer: durch den Befehl der EU, für die Berlusconi schlicht nicht mehr tragbar war. Über seine sexuellen Eskapaden mit minderjährigen Mädchen konnten die EU-Mächtigen noch lächeln (vielleicht waren einige graumelierte Herren in EU-Kreisen sogar eifersüchtig und blickten mit Neid auf den dauergeilen Premierminister Italiens), doch die Tatsache, dass er das Land nicht auf den befohlenen EU-Blutsaugerkurs führen konnte, wurde ihm nicht verziehen. Brüssel wünscht sich nun, das dies Mario Monti tun soll. 1995 wurde Monti EU-Kommissar für den Binnenmarkt. Dieses Amt hatte er bis 1999 inne, dann wurde er bis 2004 Kommissar für Wettbewerb. Der 68-jährige Vorzeigesoldat der EU, ausgezeichnet mit dem europäischen «Eisernen Kreuz des Neoliberalismus», wurde in einer Nacht- und Nebelaktion zum Senator auf Lebzeiten gewählt. Ja, denn selbst in Italien muss man Mitglied einer Parlamentskammer sein, um Regierungschef zu werden. Und da es Mario Monti bis zum 10. November nicht war, musste diese kleine Nebensächlichkeit noch schnell korrigiert werden. Bananenrepublik, dein Name sei Italien!

Das letzte Geschenkpaket

Das letzte Geschenk von Berlusconi war das so genannte «Stabilitätspaket», das – wen wundert es – von Brüssel befohlen worden ist. Berlusconi machte die Annahme des Pakets zur Bedingung für seinen Rücktritt. Es beinhaltet die Erhöhung des Rentenalters auf 67 Jahre, die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes (unter anderem durch eine Durchlöcherung des Kündigungsschutzes) und den Verkauf von Staatseigentum, der an Schwerreiche verscherbelt werden soll. Dass die «Partito Democratico» (PD), die sozialdemokratische und grösste Oppositionspartei im Parlament, diesen krassen Sozialabbau schlucken musste, um Berlusconi endlich loszuwerden, beweist, in welch jämmerlichem Zustand sich die italienische Linke befindet. Hinzu kommt, dass die PD nun gewillt ist, die Regierung von Mario Monti zu unterstützen, weil die Partei «Verantwortung für das Land übernehmen will». Auf die radikale Linke im Land zu hoffen, ist eine Illusion. Sie ist zersplittert, zerstritten und  seit Jahren damit beschäftigt, sich gegenseitig die Köpfe einzuschlagen – povera Italia!

Jean Ziegler – das Leben eines Rebellen

Neuerdings ist er Vizepräsident des Beratenden Ausschusses der Menschenrechtskommission der Uno, was ihn aber nicht daran hindert, unentwegt den tagtäglichen Skandal des Welthungers in den Medien anzuprangern: soeben ist auf französisch sein neues Buch «Destruction massiv» erschienen, in dem er die neusten Skandale im Bereich der Nahrungsmittelspekulation aufdeckt (siehe unten!). In einem Interview zu seinem 75. Geburtstag, wies er es weit von sich, nun «weise» werden zu wollen. Im Gegenteil: seine Verve in den Diskussionen mit seinen nicht auf den Mund gefallenen GegenspielerInnen und seine Geduld mit BesucherInnen seiner Lesungen nehmen eher noch zu. Wenn er von aggressiven GesprächspartnerInnen unfair angegriffen wird, zieht er höchstens einmal eine Augenbraue hoch oder rückt die riesige, an Frischs und Dürrenmatts Augengläser erinnernde, Brille zurecht: «Monsieur Teflon» hat man ihn auch schon genannt, weil ihn nichts aus der Ruhe bringen kann, er selbst aber die Unruh einer Schweizer Uhr selber ist.

Die erste Ziegler-Biografie

Jürg Wegelin war bestimmt eine gute Wahl für eine erste, summarische Biographie über Jean Ziegler, nach Roger Federer der berühmteste Schweizer. Wegelin, der mit einer Biografie über Nicolas Hayek bekannt geworden ist («Mister Swatch»), war viele Jahre für die «Schweizerische Depeschenagentur» tätig, dann als Ressortleiter beim «Berner Bund» und bei der «Handelszeitung» angestellt, und wurde schliesslich zum Bundeshauskorrespondenten bei der Wirtschaftspostille «Cash» ernannt. Früher war ich schockiert, wenn ich lesen musste, wie Wegelin Ziegler in seinen Kolumnen im Bund in die Pfanne haute; Ziegler hat es ihm offensichtlich verziehen – nicht umsonst hat er sich zum Katholizismus bekehrt – , und Wegelin ist unter anderem dank dieser Gnade vom Saulus zum Paulus geworden. Wie übrigens der Mainstream der Schweizer Intellektuellen, die nach und nach merken, dass Ziegler eigentlich von Anfang an Recht hatte mit seinen Positionen was die Schweiz und den Kapitalismus betrifft. Zu recht positioniert Wegelin Ziegler in seinem Vorwort als politischen Antipoden des rechtspopulistischen Demagogen Christoph Blocher: «Für die einen ist Ziegler ein mutiger Kämpfer für eine bessere, von Hunger und Armut befreite Welt. Für die andern ist er ein Querulant und Nestbeschmutzer, der das Image der Schweiz im Ausland nachhaltig beschädigt.» Zwischen diesen beiden extremen Polen spielen sich die gründlichen Recherchen des versierten Journalisten Wegelin denn auch ab, wobei er auch das Privatleben seines Protagonisten nicht ausser Acht lässt. Zum ersten Mal werden dem staunenden Publikum Fotos preisgegeben, die Hans Ziegler, so sein wirklicher Name – es war Simone de Beauvoir, die in Paris seinen ersten Beitrag für die Zeitschrift «Temps Modernes» mit «Jean» unterzeichnen liess – in seinem persönlichen, ja sogar sehr privaten Umfeld zeigen: eine grosse Bereicherung im Vergleich zu den ewig gleichen Presseschnappschüssen vor Uno-Fahnen und andern Emblemen beim Händedruck mit andern Grossen dieser Welt. Wegelin hat sich für dieses Buch unzählige Male mit Ziegler im «Café des Cheminots» hinter dem Genfer Bahnhof getroffen, wo bis heute GewerkschafterInnen ein- und ausgehen. Aber Ziegler lädt JournalistInnen auch gerne bei sich ein. Sogar bei Zieglers zu Hause im idyllischen Winzerdorf  Russin, hoch über den Mäandern der Rhone gelegen, wo er heute mit seiner zweiten Ehefrau, der Architekturhistorikerin Erica Deuber-Pauli lebt, war Wegelin eingeladen.

Keine heiklen Themen ausgelassen

Das Buch liest sich wie ein Roman, der Roman eines noch lange nicht beendeten Lebens, das aus unzähligen kleinen, aber deswegen nicht unwichtigen Episoden besteht und auch nicht gradlinig verläuft, weder privat noch politisch, sondern immer wieder in den scheinbar stabilen Phasen von überraschenden Sprüngen und Brüchen rhythmisiert ist. Auf einen Lebensabschnitt zur Zeit der Epoche seiner Jugend in der Berner Oberländer Kleinstadt Thun angesprochen, wo er übrigens kürzlich den Preis der Stadt entgegen nehmen durfte, gibt Ziegler heute offen zu, dass er nicht mehr nachvollziehen könne, was damals in ihm vorgegangen sei, als er als Hauptmann der dortigen Kadetten mit einem Säbel an der Seite, flankiert von zwei jugendlichen Offizieren umherstolzierte, wie eine Illustration der Biografie schwarz auf weiss beweist. Und so lässt das interessante Buch von Wegelin keine heiklen Themen, keine gefährlichen Kurven aus, ohne dass der Biograf jeweils wegen des beschränkten Umfangs, der aber dem Nichthistoriker und auch der nicht primär politisch motivierten Leser in entgegenkommt, in die Tiefe sondieren könnte.

Was für Jean Zieglers unermüdlichen Kampfgeist zeugt, ist auch die Tatsache, dass auf französisch bereits sein nächstes Buch erschienen ist: sein Titel «Destruction massive, Géopolitique dela faim» (Seuil, Paris). Es behandelt die sich ununterbrochen zuspitzende Hungerkatastrophe im jetzigen Moment, da die Menschheit auf sieben Milliarden angewachsen ist, die unser Planet alle problemlos ernähren könnte, wenn die Nahrungsmittel endlich gerecht verteilt würden. Denn die Nahrungsmittel würden objektiv ausreichen, um 12 Milliarden zu ernähren, wie Ziegler nachweist.

Jürg Wegelin, Jean Ziegler – das Leben eines Rebellen, Verlag Nagel & Kimche,
Zürich. 192 Seiten, fester Einband,
mit vielen Abbildungen, 25.90 Franken.

vorwärts-Fest

Das Vorwärtsfest findet dieses Jahr zum ersten mal und ausnahmsweise im Mundwerk
in Zürich Oerlikon statt. Ausserdem dauert es zwei Tage, und pro Abend spielen je zwei Bands.

Am Freitag, 09.12.2011 (ab 21:00) sind dies Kulturattentatund Pueblo Criminal und am Samstag,
10.12.2011 (ab 20:00) The Doodes und The Music Monkeys

Ausschaffung trotz Todesgefahr

Elf ganze Jahre lebt Diyara bereits in der Schweiz. Ein Drittel seines Lebens hat er hier verbracht.  Diyara hat sich ein neues Leben in der Schweiz aufgebaut. Er lebt allein in einer kleinen Wohnung, die er selbst finanziert. Denn Diyara arbeitet in einem der grossen Hotels Zürich, zusammen mit 150 anderen KollegInnen. «Sie haben mich in der Zeit alle unterstützt. Viele sind Freunde geworden.» Diyara spricht gutes Deutsch, nicht akzentfrei und nicht ganz ungebrochen, aber man versteht ihn sehr genau.

Flucht aus dem Irak

Wenn man aber nun mit ihm spricht, dann versteht man vor allem eines: Diyara hat Angst. Dabei ist er bestens integriert. Freundeskreis, Spracherwerb, Arbeit. Darüber hinaus engagiert sich Diyara politisch, denn er ist Mitglied der IFIR, der «International Federation of Iranian Refugees», einer Organisation, die sich der Verteidigung von Flüchtlings- und Menschenrechten verschrieben hat. Diyara lebt nicht nur für sich. Ihm ist die Solidarität mit anderen, denen es ähnlich geht wie ihm, wichtig. Denn er kennt die unmenschlichen Zustände und das Gefühl, verfolgt und gehetzt zu werden. «Im Irak hatte ich Probleme mit radikalen Islamisten. Ich habe mit ihnen zusammen studiert, diese Leute kennen mich.» Und sie jagen ihn, denn wenn Diyara etwas nicht ist, dann Islamist. Das ging so weit, dass Diyara sich nicht mehr auf der Strasse zeigen konnte. «Das eine Mal ging ich mit meiner Verlobten durch die Stadt. Wir waren achtlos. Und als sie uns gesehen haben, haben sie nicht nur mich, sondern auch meine Freundin verprügelt. Das andere Mal hatten wir einfach Glück. Ich habe noch gesehen, wie ein Auto angefahren kam. Als Männer ausstiegen mit Kalaschnikows, sind meine Freundin und ich weggerannt ? und sie haben auf  uns geschossen.».

Das sind Zustände, die für Diyara real sind. Für das Migrationsamt gilt das als «nicht glaubwürdig». «Ich habe dann mehr als einen Monat nicht mehr das Haus meiner Eltern verlassen. Und dann bin ich geflüchtet.» Aber so eine Flucht ist teuer, Diyaras ganze Familie musste ihm helfen, ein Onkel musste seinen Laden verkaufen. Und so eine Flucht ist gefährlich, sie dauert lange, sie lässt sich nur mit der Hilfe von Menschenschleppern organisieren. Über den Iran ging die Reise für Diyara, bis er schliesslich in der Schweiz ankam. «Ich konnte es niemandem sagen. Meine Familie wusste es, und meine Verlobte wusste es auch. Aber all meine Freunde und Bekannten musste ich zurücklassen, ich durfte ihnen nichts sagen. Es war zu gefährlich.» Seine Verlobte hat er da zum letzten Mal gesehen. Später floh auch sie nach Syrien. «Für eine kurze Zeit hatten wir noch Kontakt. Aber dann auf einmal nicht mehr. Ich weiss nicht, was aus ihr geworden ist.» Es ist ein ganzes Leben, dass Diyara aufgeben musste, um zu überleben. Und Diyara weiss, dass es im Irak nicht besser geworden ist. «Diese Leute sind immer noch da. Und sie kennen mich. Und auch im Irak ist nichts besser geworden. Meine Familie erzählt es mir immer wieder, es ist durch den Krieg dort alles nur noch schlimmer geworden. Nichts hat sich gebessert.»

Verhaftet und entwürdigt

In der Schweiz angekommen, bemühte sich Diyara um Asyl. Und er erhielt die F-Aufenthaltsbewilligung. An sein altes Leben konnte er dennoch nicht anknüpfen. Im Irak war er Student und hatte drei Jahre lang als Bauingenieur studiert. Nur ein Jahr fehlte ihm bis zum Abschluss. In der Schweiz verweigerte man ihm die Fortführung seines Studiums. So begann er, in einem Hotel zu arbeiten. Vermutlich würde Diyara mit diesem Leben glücklich werden, aber man lässt ihn nicht. 2007 entzog man ihm die Aufenthaltsbewilligung und kündigte seine Ausschaffung an. Er legte Rekurs ein, vor vier Monaten wurde dieser abgelehnt. Und vor zwei Wochen holte man ihn. «Ich war am arbeiten, da kamen die Polizisten ins Hotel. Sie legten mir Handschellen an und führten mich vor allen Leuten und Arbeitskollegen ab.» Eine Demütigung: «Sie müssen doch glauben, ich sei ein Verbrecher. Dabei habe ich einfach keine Papiere.» Von der Arbeit brachte man Diyara zuerst auf eine Polizeistation, dann in das «provisorische» Gefängnis am Kasernenareal. Dabei handelte die Polizei unverantwortlich. «Ich bin krank und habe Schmerzen. Ich habe eine Prostataentzündung und muss regelmässig Medikamente nehmen.» Medikamente, die man Diyara nicht mehr ausreichend zur Verfügung stellt. Die Entzündung flackerte innerhalb von nur zwei Tagen wieder auf, sein Zustand verschlechterte sich rapide, bis man ihn schliesslich ins Unispital einweisen lassen musste. «Die Ärzte sagen, dass ich eine weiche Fläche brauche. Im Gefängnis gab es nur einen harten Holzstuhl, man hatte nicht mal eine Decke über den Tag und es war kalt.» Indem die Polizei allerdings fahrlässig die Gesundheit von Diyara riskierte, sorgten sie immerhin dafür, dass er aus der Haft kam. Man entliess Diyara anfangs November aus dem Krankenhaus. Er durfte gehen, aber er muss – auch dank der Polizei – noch mindestens weitere vier Wochen Medikamente einnehmen.

Momentan ist Diyara frei. Er arbeitet wieder. An ein irgendwie normales Leben ist aber nicht zu denken. Man hat ihm seine Hausschlüssel weggenommen, er muss also bei einem Freund unterkommen. Noch dazu verfolgt ihn die Angst. «Natürlich habe ich Angst. Es geht mir schlecht, ich habe Schmerzen. Ich habe Angst, dass ich wieder ins Gefängnis komme und dass sie mich in den Irak schicken.» Auf die Frage, was dort mit ihm wohl passieren würde, gibt Diyara eine lapidare Antwort: «Sie würden mich zu Tode jagen.» Es gibt nur Unverständnis, auch Diyara kann es nicht verstehen. «Dabei bin ich doch kein Verbrecher. Ich habe nie etwas getan.»

Vom Tellerwäscher zum Sozialfall

Freiheit und die Chance aufzusteigen, die Möglichkeit, zu?«denen da
oben» zu gehören und die Aussicht, dass harte Arbeit mit gutem Lohn vergolten  wird – das ist das Versprechen des Kapitalismus.

Doch die Wirklichkeit der kapitalistischen Gesellschaft ist eine andere. Sogar im reichen Land Schweiz werden Zehntausende in die Armut geworfen. Sogar die,  die arbeiten, müssen um ihre Existenz und die ihrer Familie bangen. Mehr als 160000 Working-Poor zählt die Schweiz. Sie sind Beweis dafür, dass die Menschen im Kapitalismus Zwängen unterliegen, dass ihr Schicksal nicht an ihrem
Arbeitswillen oder ihrer «Leistungsbereitschaft» hängt, sondern an ökonomischen
Umständen, die völlig ausser ihrer Reichweite liegen.

Die Partei der Arbeit richtet sich gegen dieses System, in dem der Lebensweg vieler Menschen sprichwörtlich vom Tellerwäscher zum Sozialfall vorgezeichnet ist. Um auf diese unmenschlichen Realitäten des
Kapitalismus aufmerksam zu machen, haben wir am Stauffacherplatz in Zürich, am
13. Oktober eine symbolische Transparent- und Stellaktion durchgeführt.

Protest vor dem Zürcher Kantonsrat

Heute Morgen. 3. Oktober 2011,  haben rund 60 Mitarbeitende der EB Zürich – sowie von anderen betroffenen Schulen – die KantonsrätInnen vor dem Rathaus mit einer Protestaktion empfangen. In einem Flugblatt wird das Parlament aufgefordert, den Fehlentscheid des Amt für Wirtschaft und Arbeit  rückgängig zu machen.

Das Amt für Wirtschaft und Arbeit (AWA) hat in einem neuen Submissionsverfahren die Deutsch- und Alphabetisierungskurse für Stellenlose nur noch an zwei private Kursanbietende vergeben – bis jetzt hatten acht verschiedene Anbieter diese diversen Kurse aufgeteilt und angeboten. Ein Grossteil der Kurse im Bereich Deutsch und Alphabetisierung für Stellenlose wurde seit über 14 Jahren erfolgreich von der kantonseigenen EB Zürich angeboten und gemeinsam mit dem AWA weiterentwickelt. Dies soll sich nun ändern. Die Zusammenarbeit wird aufgekündigt und in einem aufwändigen Submissionsverfahren will das AWA alle zwei Jahre neu entscheiden, welche Schulen diese Kurse anbieten sollen.

Diese neue Praxis ist ineffektiv und ineffizient, sie gefährdet Stabilität und Qualität und führt heute zu Massenentlassungen. Durch das teure Submissionsverfahren werden sämtliche Kosten – sowohl für den Kanton wie auch für die Bildungsanbieter – in die Höhe getrieben. Denn die beiden ausgewählten Schulen müssen nun ihre Infrastruktur stark ausbauen während dem die leer ausgegangenen Schulen, die über Jahre solche Kurse angeboten haben, ihre Infrastruktur und die personellen Ressourcen massiv reduzieren müssen.

Von der SP gab es dazu heute eine Fraktionserklärung, in welcher geäussert wurde, dass die Kundgebung unterstützt wird und dass die SP erwartet, dass die staatlichen Schulen mit einem Grundkontingent ausgestattet werden und von der Submission ausgenommen werden.

Quelle: Medienmitteilung des vpod

Antikapitalistische Demo in Bern

Mitte des 19. Jahrhunderts in Manchester, England: Die Urform des Kapitalismus setzt sich durch. In den Produktionsstätten gilt das Prinzip, aus der Arbeitskraft der Leute das Maximum herauszuholen. Wer unter den physischen und psychischen Belastungen zu Grunde ging, mit dem vorgegebenen Arbeitstempo nicht mithielt, oder am Ende des bis zu 16 Stunden langen Arbeitstages nicht genug Produkte gefertigt hatte, war leicht zu ersetzen. Der Lohn reichte meist nicht für genug Nahrung oder Kleider. Überarbeitung, Obdachlosigkeit, Unfall- und Hungertod waren unmittelbare Bedrohungen.
Diese Epoche ging unter dem Begriff  «Manchesterkapitalismus»  in die Geschichte ein. Die Zeiten scheinen längst überwunden. Heute – gut 150 Jahre später – hat sich so einiges verändert, doch im Kapitalismus leben wir noch immer. Und nein, es stimmt nicht, dass der Kapitalismus das beste aller Systeme ist! Dass er auch heute für die Natur und die meisten Menschen schädlich ist, lässt sich leider an unzähligen Beispielen zeigen:

– Die Lohnarbeiter_innen sind gezwungen ein Leben lang ihre Arbeitskraft zu veräussern und müssen dabei (Berufs-)krankheiten, Unfälle und psychische Erkrankungen in Kauf nehmen.

– Die kapitalistische Produktion nimmt auf die Umwelt als Lebensgrundlage keine Rücksicht und zerstört sie zu grossen Teilen1.
– Das Dasein als Lohnabhängige bedeutet für viele Menschen ständig abzuwägen, ob ein Bedürfnis befriedigt werden kann oder darauf verzichtet werden muss. Existenzängste gehöre zum  Alltag vieler Menschen.
– Den herrschenden Gegensätzen dieser Gesellschaft sind die Menschen andauernd ausgesetzt. Die Konkurrenz macht vor niemandem Halt und durchdringt alle Lebensbereiche2.

Diese Härten kommen nicht von ungefähr und sind erst Recht nichts Natürliches. Weil im Kapitalismus nach dem Kriterium des Profits produziert wird, bleibt so manches Bedürfnis der Leute auf der Strecke. Und wer kein Geld oder Eigentum hat, kommt in diesem System kaum dazu auch nur ein Bedürfnis zu befriedigen3. Für die meisten Leute bedeutet dies ein Leben als Lohnarbeiter_in und abhängige Variabel der Eigentümer_innen über die Produktionsmittel4. Und damit die ganze Chose auch ordentlich funktioniert, wacht der Staat mit Gesetz, Gewalt5 und seinen blauen Repräsentanten_innen6.
Dieses System wollen wir nicht! Auch nicht mit irgendwelchen reformistischen Änderungen. Wir wollen eine Wirtschaft, die für die Bedürfnisse der Leute produziert, die Natur nicht zerstört und für jeden genügend hergibt7. Wir wollen eine selbstorganisierte, herrschaftslose Gesellschaft.
Wir wissen, dass wir von diesem Ziel noch weit entfernt sind; wir wissen, dass wir viele sein müssen um eine andere Welt zu realisieren und wir wissen vor allem, dass wir dazu die soziale Revolution machen müssen und machen wollen! Darum rufen wir zu dieser antikapitalistischen Kampagne auf. Sie soll einen Beitrag dazu leisten, dass sich die Menschen Gedanken machen über das System in dem täglich Tausende verhungern oder burnouten, während andere Golf spielen und Milliarden anhäufen; wir wollen die Menschen davon überzeugen, sich gegen das kapitalistische System zu erheben.

Weitere Infos: www.ak-kampagne.ch

Solidarität mit Andi

Solidaritätserklärung mit Andi von der Partei der Arbeit Zürich

Für die Partei der Arbeit Zürich (PdAZ) ist der Prozess gegen Andi eine Farce. Da werden waghalsige Konstruktionen gebastelt, da gibt es Material, dass nur einer Seite zur Verfügung steht, da werden Methoden missbraucht, die eigentlich nur der Entlastung von Angeklagten dienen dürften. Eine politisch motivierte Bundesstaatsanwaltschaft lässt nichts unversucht, um eine Genossin mit revolutionärer Gesinnung wegzusperren.

Für die PdAZ zeigt sich genau hier, in seiner konkreten Anwendung,  der Klassencharakter des geltenden Rechts. Nun wendet er sich gegen Andi, weil sie ihn erkannt und über Jahre bekämpft hat. Ob sie die ihr vorgeworfenen Taten wirklich begangen hat, ist dabei unwichtig. Es ist offenbar, dass mit dem Prozess ein perfides politisches Ziel umgesetzt werden soll: Die Schwächung der revolutionären Elemente dieser Gesellschaft.

Auch für uns ist es unwichtig. Eine Verurteilung durch ein bürgerliches Gericht würde für uns nichts bedeuten. Andi hat sich ganz praktisch, ganz konkret als Genossin, als kämpfende Kommunistin bewährt. Die PdAZ drückt Andi ihre Solidarität aus und hofft auf ihren Freispruch. Aber so oder so, Andis Kampf, der Kampf für den Kommunismus, geht weiter!

Partei der Arbeit Zürich

«Die Ketten sprengen»

Am 28. und 29. September fand im Bundesstrafgericht Bellinzona der Prozess gegen Andrea Stauffacher statt. Der vorwärts war anwesend und hat die politische Verfolgung von Andi im Gerichtssaal miterlebt.

Es ist anders, als man es sich vorstellt; es ist kleiner, als man glauben würde. Das Bundesstrafgericht in Bellinzona hat seinen Sitz in einem alten, wenig spektakulärem Gebäude. Da ist nichts furchteinflössendes, nichts pompöses, wo Schweizer Recht gesprochen wird. Weiss und verwittert prangen zwei Worte über dem Gebäude: «Aequitas» und «Justitia». Gleichheit und Gerechtigkeit. Aber es gibt keine Gleichheit, es gibt nur Klassen – und wo es nur Klassen gibt, da ist Gerechtigkeit immer die Gerechtigkeit der Herrschenden gegen die Beherrschten. Aequitas und Justia: In Bellinzona steht das für einen nie eingelösten, niemals einlösbaren Anspruch dieser Gesellschaft. Alt, verwittert, kleinlich.

Politische Angriffe

Diesmal sollte es Andi treffen. Wegen Waffenbesitzes, wegen Sprengstoffanschlägen, Sachbeschädigung, wegen Brandstiftung und dem Verstecken von Sprengstoff wurde Andrea Stauffacher am Bundesgericht angeklagt. Gleich fünf «Anschläge» wurden ihr zur Last gelegt. «Anschläge» auf das Staatssekretariat für Wirtschaft, auf das Spanische Konsulat, auf die Neue Börse in Zürich, gegen den Dienst für Analyse und Prävention – damals noch unter NDB bekannt. Angriffe also, die erstens einen politischen Charakter tragen, die nicht irgendwelche wahllosen Ziele haben, sondern die sich klar gegen Staat und kapitalistische Ordnung richteten. Angriffe aber auch, die, zweitens, niemanden ernsthaft gefährden konnten, weil sie mit handelsüblichen Silvesterraketen durchgeführt wurden, die, ergo, mehr einen symbolischen denn einen wirklich zerstörerischen Charakter haben. Was da in Bellinzona verhandelt wurde, waren politische Akte. Ausdrücke politischen Widerstands. Und sie wurden nicht neutral, nicht unter dem Diktum «reiner Objektivität» verhandelt, sondern von einer politisch motivierten Bundesstaatsanwaltschaft vorgebracht.

Politischer Prozess

«Das ist kein politischer Prozess», so zu hören vom Bundesstaatsanwalt Stadler. Zu glauben ist das nicht. Da steht der Anwaltschaft etwa das Material von Jahren, von Dutzenden Abhörungen und Observationen zur Verfügung – ein Material, über das sie beliebig waltet, von dem sie der Verteidigung nur das herausgibt, was ihr selbst nützlich erscheint. Der Rest, das möglicherweise Entlastende, wird nicht freigegeben. Interessant auch, wie die Staatsanwaltschaft illegal an DNA von Andi gekommen ist, die eigentlich längst hätte zerstört sein müssen und die nur durch Kooperation eines Gerichts, dass sich früher mit Andi befasste, erhältlich war. Dieses Verschwimmen von Grenzen und die Aufweichung der Zuständigkeit (etwa auch, dass die Bundesanwaltschaft Fälle an sich zog, die in der Jurisdiktion des Kantons Zürich lagen) zeigen recht eindeutig, wie man nicht einfach gegen eine «Verdächtige» ermittelte, für die die Unschuldsvermutung gilt, sondern dass man eine eine politische Feindin im Visier hatte.

Dann im Gerichtssaal. «Das ist kein politischer Prozess», danach ein viertelstündiges Referat über Motivation und Ziel des Aufbaus, die Bemerkung, dass die Frau Stauffacher sich doch als «moderne Marxistin» sähe. Dazu weite Auszüge aus Bekennerschreiben und das immer unterstellte Motiv der Solidarität und des Klassenkampfes als Auslöser für die Anschläge. Das spricht Bände, das spricht den einen Satz: «Das ist ein politischer Prozess».

Politische Beweise

Versucht wurde, jede Kleinigkeit in die «geschlossene Indizienkette» einzufügen. So wird es etwa zum Indiz für Andis Beteiligung an den Anschlägen, dass sie am Tag nach einem Anschlag (!) zur Haft in Zürich erscheinen musste – also sei sie offenbar zur Tatzeit in der Nacht zuvor (!!) in der Gegend um Zürich gewesen. Aus Mangel an wirklichen Beweisen – denn es gibt nur in einem Fall eine einigermassen haltbare DNA-Spur – bastelte Stadler kleine Kunstwerke. Einige Notizen, gefunden in Andis Zimmer, deuten da wahlweise auf «Racheabsichten» oder frühes Ausspionieren von Anschlagszielen hin. Vergessen wird, dass sich im Aufbau-Archiv ihres Hauses mehrere Tausend solcher Zettel und Notizen befinden. Wer so bemüht sucht, der macht auch Fehler. Da ist es dem Staatsanwalt unterlaufen, Andi für den Besitz von Sprengstoff anzuklagen. Jedoch ist der «Sprengstoff» – eine Silversterrakete – allein nach EU-Recht überhaupt als solcher klassifiziert. In der Schweiz ist besagte Rakete für jede Person über 18 Jahren im Handel frei erhältlich.

Man kann diese «Beweisführung» nicht besser zusammenfassen, als Marcel Bosonnet es getan hat. Der Verteidiger von Andi führte aus, dass die «Indizienkette nur mit Einbeziehung der Gesinnung» geschlossen sei, und «dann sind wir da, wo doch die Staatsanwaltschaft auch nicht hin will: bei der Gesinnungsjustiz, beim politischen Prozess». Der Unterschied: Die Verteidigung fordert den Freispruch. Die Staatsanwaltschaft will Andi für viereinhalb Jahre ins Gefängnis stecken lassen.

Politische Ziele

Im Gerichtssaal gab es zweierlei politische Absichten. Die Absicht des Staatsanwaltes wurde von ihm selbst klar benannt. «Generalprävention». Herr Stadler hat es sich nicht nehmen lassen, einen Ausdruck der RJZ-Seite ins Gericht mitzubringen, um darauf hinzuweisen, dass der Aufbau offenbar ein Jugendplenum unterhalte. Deshalb sei Andi mit harter Strafe zu belegen, damit Anhänger der RJZ abgeschreckt würden. Deutlicher hätte Stadler seine politische Agenda, seine Zielsetzung für den ganzen Prozess, gar nicht ausdrücken können.

Doch es gibt auch Solidarität. Die Solidarität von mehr als fünfzig Genossinnen und Genossen, die nach Bellinzona reisten, um für und mit Andi zu kämpfen. Eine Solidarität, die weder vor den Türen eines morschen Gerichts halt macht, noch vor der «abschreckenden Wirkung» einer Klassenjustiz. Mit Fahnen und mit Anwesenheit, mit Reden und mit Rufen, mit dutzenden von Transpis wurde da gezeigt, auf wessen Seite man steht. Es ist schon bewundernswert, dass da junge und ältere Menschen aus RJZ und Aufbau, aber nicht nur, aus der ganzen Schweiz, aber nicht nur, gekommen sind; bewundernswert, dass Leute um 9 Uhr am Morgen sich aufmachten, um ihre Solidarität zu bekunden; bewundernswert, dass es Solidaritätserklärungen aus Belgien und Griechenland und Deutschland gab. Und es ist ein deutliches Zeichen, wenn das gesammelte Publikum dem Gericht die Ehrerweisung verweigert, sich aber freiwillig bei der Erklärung von Andi erhebt, applaudiert, skandiert.

Politische Antwort

Auf den politischen Prozess braucht es eine politische Antwort. Diese ist von Andi: «(…) Die Legitimität der Auseinandersetzungen mit dem kapitalistischem Staat, ob in Zürich, London oder Athen, steht für uns ausser Frage. (…) [Es] geht um die Perspektive des revolutionären Prozesses – jetzt und morgen, konkret! (…) Es geht darum, in einem konkreten Prozess das objektiv Notwendige mit dem subjektiv Möglichen zu verbinden; sich auf eine Widerspruchsfront raus zu wagen, auf der nicht alle Fragen eine Antwort finden, nicht immer Lösungen für sich stellende Probleme griffbereit sind, wo Fehler tatsächlich Teil des Aufbauprozesses sind; wo experimentiert und erkämpft wird. Hier, jetzt und konkret – zusammen mit anderen revolutionären Kräften weltweit. Und dieser langdauernde Kampf für einen revolutionären Prozess kann auch durch die bürgerlichen Gerichtssäle und Gefängnisse führen, die eben auch unausweichlich Passagen für Militante darstellen können, die sich entschlossen und bewusst in diesem weltweit stattfindenden Kampf entwickeln! (…) [Kämpfende AnarchistInnen und KommunistInnen sind vereint] in der grundsätzlichen Haltung, dass kein bürgerliches Gericht die Legitimität zugesprochen bekommt, diesen Kampf zu be- geschweige denn zu verurteilen. (…) ‹Diejenigen, die sich nicht bewegen, bemerken nicht ihre Ketten.› Und ich füge hinzu: Diejenigen, die ihre Ketten bemerkt haben, werden Wege finden, sie zu sprengen!» Und wir fügen aus Solidarität zu Andi und ihrem Kampf hinzu: FÜR DEN KOMMUNISMUS!

Solidaritätserklärung der PdA Zürich

Prozesserklärung von Andi

Berichterstattung des Aufbau über den Prozess

Prozesserklärung von Andi

«Du wirst nicht bestraft für das, was du getan hast oder nicht, sondern für das, was du bist.»

Warum stehen wir heute da?
Sicher nicht, wegen des angebrannten Göppels oder ein paar Knallern! Das kann es ja nicht sein!

Die Strafuntersuchung wegen dieses Göppels hatte die Staatsanwaltschaft Zürich schon vor vielen Jahren eingestellt. Der damals zuständige Staatsanwalt meinte im Originalton: «Wir haben gegen niemanden, nicht mal gegen Sie , Ermittlungshandlungen eingeleitet, obwohl sie immer allen zuerst in den Sinn kommen, wenn es irgendwo tätscht!» Und aufdie Frage nach der Bedeutung des Biometrischen Messens: «Das wenden wir nicht an, das ist nur in Indiz um bestenfalls auszuschliessen.»

Nur in Klammern sei erlaubt zu fragen, warum denn das Auto, wenn der Staatschützer ad doch so angriffsrelevant gewesen sein soll, vollbepackt nachts im Freien auf dem Parklplatz steht? Das präziöse Feriengepäck kostete die Versicherung soviel wie das Auto selber! Na ja, nicht so wichtig, es erinnert einfach an die 80er Jahre, wo so mancher mit der gleichen Methode seine Ferien dank Versicherung finanzierte!

Aber kommen wir zur Ausgangsfrage zurück warum wir heute hier sind und fragen uns weiter:
Warum wühlt der Bundesberner Staatsschutz in den Archiven der diversen Staatsanwaltschaften?
Warum beordert mittels vertraulichem Schreiben alle, längst verstaubten und ungelösten
Dossiers politisch motivierter sogenannter «Delikte» in ihre mysteriös arbeitenden Büros, die aus einem üblen Mix zwischen Nachrichtendienst und Polizeiarbeit bestehen ?
Warum ist der Staatsschutz BKP in seinen älteren Sicherheitsberichten, schon fast des Lobes voll über die Militanz der revolutionären Linken, die darauf bedacht sei, im Unterschied zu den damals erstarkten Faschos, nie Menschenleben zu gefährden? Anders heute: Entsprechend ihren Interessen kann aus dem knallenden Lausbubenstreich ein hoch gefährlicher Sprengstoff gezaubert werden.
– Also je nach Bedarf und im Dienste der nachrichtendienstlichen Lageeinschätzern und sogenannte Sicherheitsstrategen!

Der aktuell stattfindende Prozess hat eine lange Vorgeschichte im internationalen, das betrifft unter anderem auch die Rote Hilfe International, wie im nationalen Rahmen. Ob es
ein Resultat der 2006 beschlossenen «neuen Strategie» ist,  «die lange Serie der bereits verübten und der zukünftigen noch zu erwartenden «Angriffe» zu unterbrechen» (Bericht über die gerichtspolizeilichen Ermittlungen, H. Uhlmann BKP/Staatsschutz 31.10.2006), entgeht unserer Kenntnis, ist auch nicht so wichtig. Viel wichtiger ist, dass es hier einzig und alleine um revolutionäre Politik, respektive ihre Kriminalisierung geht.
Gestern hat die Bundesanwaltschaft eingangs zwar noch versucht, explizit zu erklären, dass es sich hier nicht um einen politischen Prozess handle. Offensichtlich aber glaubt der BA seinen eigenen Aussagen nicht wirklich. In seinem Plädoyer macht er keinen Hehl daraus, um was es wirklich geht. Haben wir doch gestern von Stadler ausführlich gehört, was auf der Homepage des Aufbaus zu lesen ist, was in den Anschlagserklärungen steht, was ich im Interview in der WOZ formulierte, was für politische Texte bei mir zu finden sind, mit welchen politische Inhalten, revolutionären Gefangenen und ihren Organisationen ich mich beschäftige, und, dass ich eine moderne Marxistin bin.

Damit wird klar, dass es überspitzt gesagt, ihm um das gleiche geht wie mir: um den politischen Kampf! Was uns trennt: eine dazwischen liegende Barrikade.
Unser politische Kampf hat eine lange Kontinuität. Es ist der Kampf um eine Revolutionäre Alternative zum krisengeschüttelten, maroden Kapitalismus, die sich weder stoppen noch unterbrechen lässt! Im Gegenteil. Immer mehr Menschen haben ein System satt, in dem tagtäglich Leute auf die Strasse gestellt werden, die Arbeitshetze für die am Job Verbliebenen steigt und die Sozialleistungen abgebaut werden. Diese Angriffe des Kapitals rücken nicht nur in Griechenland, Spanien, Italien, Israel oder im arabischen Raum ins Zentrum, wo die kapitalistische Krise zu explosionsartigen Ausbrüchen des Klassenzorns führt.

Auch in der Schweiz hat sich die Lage der arbeitenden respektive aus dem Arbeitsprozess Ausgeschlossenen, von den MigrantInnen oder AsylantInnen ganz zu schweigen, in den letzten Jahren dramatisch verschlechtert, wenn auch nicht, noch nicht in dem Masse, wie zum Beispiel In London. Doch auch hier haben sich die gesellschaftlichen Probleme unter der Oberfläche der heilen CH-Welt längst in breite soziale Felder gefressen. Wenn’s in Zürichs Strassen knallt, wenn da Massen kämpfen, dann staunen wir immer wieder über die Ratlosigkeit der Herrschenden und ihren bizarren Erklärungsversuchen (in London waren es alles Kriminelle, in Zürich ist die Analyse besonders differenziert: aufgeteilt wird in Party, Secondos, Krawalltouristen und 1 Mai-Randalierern!).

Dieser Ratlosigkeit der Herrschenden versucht die BA Herr zu werden. Sie versucht es Beispielsweise mit diesem Verfahren. Denn in diesem Verfahren geht es nicht darum mich als Person für paar Jahre wegzusperren, sondern darum einen Keil zu treiben zwischen den aktiven Revolutionären und der sich politisierenden Jugend.
Auch in diesem Punkt scheint der BA mit uns einig zu gehen. Warum würde er sonst sagen, ich zitiere: «Generalpräventiver Gesichtspunkt … Aus dem eingereichten aktuellen Internetausdruck …rjz.ch geht hervor, dass ein Jugendplenumg des Revolutionären Aufbaus unter dem Namen «Revolutionäre Jugend Zürich» besteht. Es gilt unbedingt zu verhindern, dass zu milde Strafen potentieller Straftäter oder etwa Jugendliche aus der RJZ zu ähnlichen Delikten ermuntern. Dieser generalpräventive Aspekt zeigt sich aktuell in der Medienberichterstattung im Anschluss an sogenannten Partys!»

Als letztes Aktenstück den Internet-Auszug der RJZ-Homepage ins umfangreiche Dossier legen lassen.
Widerspiegelt wird damit nur eines: Das unlösbare Dilemma der Bourgeoisie, statt rasant wechselnde Krisenbewältigungsszenarien zu erfinden, die Wahre Ursache zu benennen:
den Kapitalismus selbst! Der Kapitalismus, der keine Probleme hat, sondern das Problem IST.

Offensichtlich In keinem Dilemma steckt die Bourgeoisie hingegegen, wenn die Nato der Scharia-Herrschaft in Libyen den Weg frei bombt, dafür im Gegenzug offene Erdölhähne anzapfen darf, bevor der letzte Schuss gefallen ist! Keine Zeile wert ist der Widerspruch zwischen dem Hochjubeln der aufständischen Massen in Tunesien, die angeblich für eine «freiheitliche Demokratie» à la Europa kämpfen würden, und wenn die gleichen TunesierInnen, die nicht bereits auf der Flucht vor Lampedusa ertrunken sind, dann in ihren Lagern beginnen für ihre Rechte zu revoltieren, von den Schergen der Frontex massakriert werden. Wie dies zum wiederholten Male letzte Woche geschah.

Auch in den Metropolen, also in Europa gibt es Revolten, bei denen Leute kriminalisiert, pathologisiert und verunglimpft werden. Auch wenn die Beteiligten zu Beginn oft aus einem Reflex auf die objektiven Bedingungen auf die Strasse gehen und über die gesellschaftlichen Zusammenhänge und politische Ziele im Moment wenig zu sagen haben:
Die Legitimität der Auseinandersetzungen mit dem kapitalistischem Staat, ob in Zürich, London oder Athen steht für uns ausser Frage. Die konkrete und permanente Verbindung dieser und zukünftiger Revolten, der immer wieder aufflackernden Strassenkämpfe, des Widerstands und der Klassenkämpfe mit revolutionären Inhalten, Projekten und Perspektiven ist die wahre explosive Kraft, vor der sich die Herrschenden zurecht fürchten.

Wenn die BA in ihrem Plädoyer zur RJZ von «Generalprävention» spricht, dann meint sie genau das. Das Wegsperren soll genau an dieser Schnittstelle einen Keil treiben! Wir sind uns sehr wohl bewusst, dass die aktuelle gesellschaftliche Situation nicht im Ansatz als revolutionäre Situation bezeichnet werden kann. Das wäre vermessen, idealistisch und weit weg von einer realen Klassenkampfanalyse. Die sozialistische Revolution steht nicht vor der Türe. Nein, es geht um die Perspektive des revolutionären Prozesses – jetzt und morgen, konkret!

Es geht darum, aus der politischen Defensive raus zukommen, in die Offensive zurück zu finden und die Verantwortung in der aktuellen historischen Situation, in der der Kapitalismus mit einer nicht vermuteten Rasanz in den Bankrott rasselt, im revolutionären Prozess zusammen mit anderen Kräften wahrnehmen zu können.
Bankrott bedeutet übrigens leider nicht zwingend den Zusammenbruch, sondern oft Krieg und Elend, wie ein Blick in die Vorgeschichte der zwei Weltkriege zeigt. Oder die Tatsache, dass heute Krieg als Lösung internationaler Widersprüche wieder ins Zentrum imperialistischer Politik gerückt ist. Raus aus der historischen Defensive heisst auch, der Rechtsentwicklung ihren gesellschaftlichen Boden zu entziehen, hinein in die Offensive heisst, unter anderem erstmals starke und konkrete Präsenz entwickeln, aus der heraus eine grundsätzliche und konkrete Kapitalismuskritik die Verbindung zur revolutionären Alternative fassbarer wird.

Es geht darum, in einem konkreten Prozess das objektiv Notwendige mit dem subjektiv Möglichen zu verbinden; sich auf eine Widerspruchsfront raus zu wagen, auf der nicht alle Fragen eine Antwort finden, nicht immer Lösungen für sich stellenden Probleme griffbereit sind, wo Fehler tatsächlich Teil des Aufbauprozesses sind; wo experimentiert und erkämpft wird. Hier, jetzt und konkret – zusammen mit anderen revolutionären Kräften weltweit.
Und dieser langandauernde Kampf für einen revolutionäre Prozess kann auch durch die bürgerlichen Gerichtssäle und Gefängnisse führen, die eben auch unausweichliche Passagen für Militante darstellen können, die sich entschlossen und bewusst in und mit diesem weltweit stattfindenden Kampf entwickeln!

Das ist der wahre Grund, warum ich, als Kommunistin heute (einmal mehr) hier, im Oktober anarchistische Militante in Athen, später wiederum kommunistische Genossen und eine Genossin, in Brüssel vor den Schranken der Klassenjustiz stehen. Jede/r aus einer ihm eigenen politischen-ideologischen Position und eigenen Wahl der Kampfinstrumente heraus, aber bestimmt vereint in der grundsätzlichen Haltung, dass kein bürgerliches Gericht die Legitimität zugesprochen bekommt, diesen Kampf zu be- geschweige denn zu verurteilen. Vereint auch in der Erkenntnis : «Mi – en- leh nannte viele Bedingungen für den Umsturz, aber er wusste keine Zeit, wo nicht an ihm zu arbeiten war» (Bert Brecht)

Mit einem Zitat von Rosa Luxemburg beende ich meine Prozesserklärung und wende ich mich mit ihm an die jungen Zornischen, Widerständischen, politisch Interessierten und ganz speziell an die jungen Militanten der RJZ: «Diejenigen, die sich nicht bewegen, bemerken nicht, ihre Ketten» Und ich möchte dazu fügen: «Diejenigen, die dies erkennen, hingegen versuchen sich aus ihnen zu befreien.»

Bellinzona, 29. September 2011

Andrea Stauffacher

Demo: «Kein Mensch ist illegal!»

Rund 5000 Personen nahmen am Samstag, dem 1. Oktober, an der  gesamtschweizerischen Sans-Papiers-Demo in Bern teil. Der Zusammenschluss der  schweizerischen Sans-Papiers-Bewegung forderte dabei eine Abkehr von der  heuchlerischen Politik im Umgang mit Sans-Papiers.

Über 100 000  Sans-Papiers leben in der Schweiz. Deren Arbeitskraft nimmt man gerne in  Anspruch – essentielle Grundrechte werden ihnen aber verwehrt. Seit Jahren  verweigert sich die Schweiz einer Politik, welche die irreguläre Situation der
Sans-Papiers beenden könnte. Stattdessen illegalisiert sie die Menschen völlig
unnötig.

Entgegen dem mehrmaligen Aufruf des Europarates hat die  Schweiz eine kollektive Regularisierung von Sans-Papiers immer wieder  abgelehnt. Stattdessen hat sie die individuelle Härtefallregelung eingeführt,
deren Handhabung seit Jahren einer Lotterie gleich kommt. Mit der heutigen
Rechtssprechung sind individuelle Regularisierungen somit praktisch unmöglich.
Und die Schweiz tut nichts, um das Los der Sans-Papiers zu verbessern.

Die schweizerische Sans-Papiers-Bewegung forderte an der  heutigen Demo deshalb zum wiederholten Male die kollektive Regularisierung der  in der Schweiz ansässigen Sans-Papiers. Weitere Forderungen macht sie in der  Petition «Schluss mit der Heuchelei!» geltend, welche Mitte Oktober an den
Bundesrat übergeben wird.

An der Demo nahmen auch mehrere hundert SomalierInnen teil,  welche auf die enormen Probleme von vorläufig aufgenommenen Personen aufmerksam  machten. Ihre Teilnahme schloss an eine Kundgebung von vor drei Wochen an, seit  derer sie vergeblich auf eine Reaktion der Behörden bezüglich ihrer Forderungen
warten.

Unsere Schönheit bestimmen wir!

Seit Samstag 24. Septemberist die Liegenschaft an der
Hohlstrasse 485 im Labitzke Areal besetzt. In diesen drei Tagen haben sich mehr
als 50 Personen engagiert, um aus den ungenutzten und zugemüllten Räumen ein
Kulturzentrum zu schaffen, den AutonomenBeautysalon (ABs). Es haben verschieden
Aktivitäten im ABs stattgefunden. Konzerte mit internationalen Bands,
Volxküchen, Vorträge und Kunstaktionen. Nicht zuletzt sind wir und das Areal
schon viel schöner geworden. Mehr als 300Personen haben den ABs bis jetzt besucht,
ohne Konsumzwang oder rassistische Türsteher und bis jetzt ohne Tränengas oder
Gummischrot. Der ABs ist ein offener und alternativer Raum.

Bei zwei Besuchen von Vertretern der Mobimo, der
Eigentümerin, haben wir unsere Gesprächsbereitschaft und unsere Absicht, nicht
kommerzieller Kultur einen Raum zu geben klar unddeutlich kommuniziert. Mobimo
Holding AG, ein BigPlayer im Immobilienmarkt (Mobimo Tower) hat das Labitzke
Areal im Januar vom Rotlicht-ImmobilienhaiFredy Schönholzer übernommen, als
reines Spekulationsobjekt. Ihre konkreten Pläne sind bis jetzt nicht bekannt.

Mobimo spricht von laufenden Mietverträgen mit verschiedenen
Parteien als Räumungsgrund. Was wir jedoch auf dem Areal sehen, sind
heruntergekommene Baracken voller Sondermüll und Schrott des Vorbesitzers
Schönholzer. Eher wäre ein Dankeschön für unsere Aufräumarbeiten angebracht.
Alles in Allem eine dreckige Strategie um die Besetzung loszuwerden.

Wir verlangen von der Stadtpolizei, sich fern zu halten und
auf jede Gewaltanwendung zu verzichten. Ein autonomes Kulturzentrum ist nötig
für ZuReich. Selbstverständlich nicht für die Stadt der Spekulanten. Mit den
echten Mietern und Anwohnern des restlichen, nicht besetzen Areals stehen wir
in Kontakt und sind auch schon freundlich willkommen geheissen worden.

Wir haben das offizielle, staatliche, herrschende und koloniale Schönheitsideal satt. Was die Herrschenden als schöne Stadt verstehen: Teuere Wohnungen, Verdrängung von „unerwünschten“ Bevölkerungsgruppen (MigrantInnen, Arbeitslose, SozialhilfebezügerInnen, nicht profitorientierte Menschen, usw.) aus dem Stadtkern in die Peripherie, rassistische und gewalttätige polizeiliche Kontrolle, saubere und überbewachte Strassen, die von MigrantInnen geputzt und von konsumfähigen Leute belaufenwerden. Diese beauty Stadt wollen wir nicht. Wir teilen die hässliche Weltvorstellung der Kommerzgesellschaft nicht. Mit dieser Art von Beauty können wir nichts anfangen.

Nie mehr schöns Züri. Weniger Gehirnwäsche,
mehrSelbstbestimmung Unsere Schönheit bestimmenwir.

Weitere Aktivitäten werden auf unserem Blog angekündigt:

www.autonomerbeautysalon.wordpress.com

Streikwelle in Ägyptentrotz Ausnahmezustand

Nach der Erstürmung der israelischen Botschaft wurde in Ägypten der Ausnahmezustand wieder in Kraft gesetzt und es wurde angekündigt, mit harter Hand gegen Streikende vorzugehen. Prozesse gegen das alte Regime wurden vertagt.

Am 10. September finden in ganz Ägypten Grosskundgebungen statt. Es sind vorwiegend linke Organisationen, streikende ArbeiterInnen und Jugendgruppen, die auf die Strasse gehen. Auch auf dem Kairoer Tahrirplatz sind es an diesem Tag wieder Zehntausende, unter ihnen viele Ultras der beiden Vereine Zamalek und Al-Ahly. Aus gutem Grund: Die beiden Fanclubs werden an diesem Tag für ihre mutige Rolle während der Tage der Revolution von der Bewegung «geadelt». Gleichzeitig demonstrieren vor der israelischen Botschaft mehrere Hundert Personen. Später stösst ein Teil der DemonstrantInnen vom Tahrirplatz hinzu. Dort soll die gigantische Betonmauer, welche zum Schutz der israelischen Botschaft erst ein paar Tage zuvor errichtet wurde, demontiert werden. Sozusagen als symbolischer Akt, so der Konsens im Vorfeld. Am späteren Nachmittag strömen immer mehr Menschen vor die israelische Botschaft, gleichzeitig kommt es vor dem kilometerweit entfernten Innenministerium zu Krawallen. Und vor dem Kabinett protestieren zeitgleich Zehntausende Lehrer. Es ist viel los, an diesen Tagen am Nil. Später dann der Sturm einer wütenden Menge auf die israelische Botschaft. Während ein Grossaufgebot von Militär und Polizei während mehreren Stunden tatenlos zusieht. Erst als die Situation völlig aus dem Ruder läuft, greifen die Sicherheitskräfte ein. Die Folge sind stundenlange Strassenschlachten, drei Tote und über 1?000 Verletzte. Erst in den frühen Morgenstunden kehrt in Kairo allmählich wieder Ruhe ein.

 

Der Kater danach

Nach dem Botschaftssturm bleibt ein Scherbenhaufen zurück. Der Militärrat nutzt die Gunst der Stunde und setzt den Ausnahmezustand wieder in Kraft. Derweil haben Verschwörungstheorien rund um den Sturm auf die israelische Botschaft Hochkonjunktur. Gemäss verschiedenen Augenzeugen sollen die vier Männer, welche als erste in die Botschaft eindrangen, zuvor von der Militärpolizei zur Botschaft gebracht worden sein. Selbst ein Sprecher der radikal-islamistischen Salafisten, der zunächst den Botschaftssturm noch bejubelte, veröffentliche am Tag darauf die Meldung, dass hinter dem Angriff auf die Botschaft das ägyptische Militär stecken würde. Auch die Jugendorganisation «6.April», welche sich schon im Vorfeld von der Aktion distanzierte, bezichtigt den Militärrat die Proteste für ihre Interessen manipuliert und angeheizt zu haben. So sollen sich eine grosse Anzahl Mubarak-Anhänger und bezahlte Provokateure unter die Menge vor der Botschaft gemischt haben. Zumindest in einem Punkt sind sich alle Akteure einig: Der Botschaftssturm nützt nur den alten Seilschaften und dem Militärrat.

 

Schiessbefehl und Notstandsgesetze

In den folgenden Tagen werden mehrere AktivistInnen von der wieder aktiveren Sicherheitspolizei verhaftet. Die Regierung behauptet, sie seien am Angriff auf die Botschaft beteiligt gewesen und hätten sich deshalb vor einem der neuen Sondergerichte zu verantworten. AktivistInnen hingegen sagen, es handele sich um Oppositionelle, die auf dem Tahrirplatz waren und sich nicht am Botschaftssturm beteiligt hätten. Die ägyptische Redaktion von Al-Jazeera wird geschlossen und die Büros von 16 internationalen TV-Stationen werden durchsucht. Dabei werden Sendegeräte beschlagnahmt und MitarbeiterInnen verhaftet. Mehreren populären Fernsehmoderatoren wird ein Auftrittsverbot erteilt. Und Innenminister Essawy kündigt an, dass ab sofort jeder Angriff auf ein öffentliches Gebäude mit scharfer Munition beantwortet werde. Polizisten, welche sich nicht an den Schiessbefehl halten, sollen hart bestraft werden. Das Notstandsgesetz soll mit grosser Härte vor allem gegen «thugs» (Kriminelle) – so werden die Protestierende oft genannt – und Streikende (!) angewandt werden.

 

Landesweite Streiks

Trotz Ausnahmezustand sowie Demonstrations- und Streikverbot weiten sich die Proteste aus. So rufen die «Revolutionäre Jugendkoalition» und ein breites Bündnis politischer Parteien für Montag, 19. September, zu einem Marsch zum Kabinett in Kairo auf, um gegen die Reaktivierung des Notstandsgesetze, welches die grösste Bedrohung seit der Revolution darstelle, zu demonstrieren. Zuvor hatte schon die «Unabhängige Union der ägyptischen Lehrkräfte» ihre Drohung wahr gemacht. Pünktlich zum Beginn des neuen Schuljahres sind sie, trotz Ausrufung des Ausnahmezustandes, am 17. September landesweit in den Streik getreten. Es ist der erste Lehrerstreik seit 1951. Damals hatten die Briten in Ägypten noch das Sagen. Sie fordern höhere Löhne, kleinere Klassen und den sofortigen Rücktritt von Innenminister Essawy. Tatsächlich ist die Lage für ägyptische LehrerInnen ausgesprochen ungemütlich. So liegt der Monatslohn für eine Lehrperson in den ersten fünf Jahren bei rund 20 Franken. Selbst für ägyptische Verhältnisse ein sehr geringer Lohn. Die staatliche Nachrichtenagentur MENA berichtet, dass nur 140 Schulen (rund 0,6 Prozent) bestreikt würden. Die Realität ist wie immer eine Andere. Landesweit bleiben zu Beginn des neuen Schuljahres 90 Prozent der Schulen geschlossen, in einigen Regionen liegt die Quote gar bei 100 Prozent. Unabhängige ägyptische Medien sprechen von 65 bis 75 Prozent Streikbeteiligungen. Entsprechend aufgebracht ist man bei der Lehrergewerkschaft und wirft der staatlichen Nachrichtenagentur MENA gezielte Desinformation der ägyptischen Öffentlichkeit vor. Vielerorts werden die Lehrkräfte massiv unter Druck gesetzt und mit Gefängnis und den Notstandsgesetzen bedroht. Unterdessen sind in Oberägypten aus Protest gegen den Militärrat und die Wiederinkraftsetzung des Ausnahmezustandes Zehntausende ArbeiterInnen von Zuckerrohrraffinerien in den Streik getreten. Schon zuvor haben die Transportangestellten ihre Arbeit niedergelegt. Angestellte und StudentInnen besetzten am 11. September die «Amerikanische Universität». In Ägypten geht der Kampf um jeden Millimeter Freiheit ungebrochen weiter.

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