Parteitag der PdA Schweiz

Die Partei der Arbeit Schweiz (PdAS) hat am 1. und 2. November 2008 ihren 19. ordentlichen Parteitag in Zürich abgehalten.

Im Quartierzentrum Aussersihl in Zürich haben die 60 Delegierten und mehr als 40 Freunde und Gäste der PdAS mit einer scharfen Kritik an der medialen und politischen Abhandlung der aktuellen Finanzkrise den Parteitag geöffnet. „Es handelt sich hierbei nicht um ein Problem des Kapitalismus, sondern um einen weiteren Beweis, dass der Kapitalismus selbst das Problem ist“, so die Präsidentin der PdAS Nelly Buntschu.

Die Botschafter aus Vietnam und Kuba überbrachten die Grüsse der kommunistischen Parteien ihrer Länder. Ausserdem haben mehrere Migranten-Organisationen sich für die unermüdliche Unterstützung der PdAS bedankt.

Der für alle interessierten Personen abgehaltene Parteitag war durch die Teilnahme von über 100 Personen ein grosser Erfolg. In verschiedenen kreativen Arbeitsgruppen haben sich die Teilnehmer mit folgenden Themen befasst: politische Kämpfe der Zukunft, politische Ausbildung, Partei-strukturen, Wahrnehmung und auftritt der Partei, usw.

Am Sonntag den 2. November wurden die statuarischen Wahlen abgehalten (Parteileitung, Zentralkomitee). Die Präsidentin der PdAS, Frau Nelly Buntschu aus Genf wurde per Akklamation wiedergewählt.

Der Kongress hat folgende Resolutionen angenommen:

– Solidaritätserklärung für Rolf Zbinden (Anhang)

– Geplante Senkung der 2. Säule: PdAS kündigt Referendum an

Bürgerliche gegen Verbot von Kriegsmaterial-Exporten

Die Sicherheitspolitische Kommission des Nationalrats SiK-N hat die Eidgenössische Volksinitiative „Für ein Verbot von Kriegsmaterial-Exporten“ abgelehnt. Die Gruppe für eine Schweiz ohne Armee GSoA kritisiert diesen Entscheid.

„Die Argumentation der Mehrheit der Sicherheitspolitischen Kommission, die heutige Gesetzgebung sei ausreichend, ist an Zynismus kaum zu überbieten. Die schweizerische Kriegsmaterialexportgesetzgebu

ng ist alles andere als vorbildlich“, sagt Tom Cassee, GSoA-Sekretär und Mitglied des Initiativkomitees. Die GSoA erinnert daran, dass der Bundesrat in den vergangenen Jahren immer wieder Waffenausfuhren in Länder bewilligt hat, welche in Konflikten stehen oder die Menschenrechte schwerwiegend verletzen. Aus Sicht der Sicherheitspolitischen Kommission ist es offenbar verantwortungsvoll, Länder wie Pakistan, Indien oder Saudi Arabien mit Schweizer Waffen zu beliefern. Zudem gelangen fast drei Viertel aller Waffenexporte in Länder, welche sich am sogenannten „Krieg gegen den Terror“ beteiligen. Damit unterstützt die Schweiz diesen blutigen Krieg um Ressourcen..

Dass ausgerechnet Bruno Zuppiger die Ablehnung der Volksinitiative gegenüber der Öffentlichkeit erläuterte, ist aus Sicht der GSoA äusserst fragwürdig. Zuppiger vertrat 2006 die Bauer Associates Limited, welche Schweizer Panzerfäuste in die Vereinigten Arabischen Emirate verkaufen wollte. Die Aussage von Bruno Zuppiger anlässlich der Presskonferenz, die Schweiz trage „ethischen Bedenken genügend Rechnung“ ist deshalb völlig unglaubwürdig.

Die GSoA verurteilt zudem die Ablehnung der parlamentarischen Initiative „Pilatus-Militärflugzeuge als Kriegsmaterial behandeln“ durch die SiK-N. Damit nimmt die bürgerliche SiK-Mehrheit in Kauf, dass sich Skandale wie der Tschad-Skandal wiederholen. Die vom Bundesrat letzte Woche vorgeschlagene Änderung des Güterkontrollgesetzes verhindert nicht, dass auch zukünftig Pilatus-Militärflugzeuge gegen die Zivilbevölkerung eingesetzt werden.

Die Eidgenössische Volksinitiative „Für ein Verbot von Kriegsmaterial-Exporten“ wird voraussichtlich Ende 2009 zur Abstimmung kommen. Die GSoA ist zuversichtlich, dass die Schweizer Stimmberechtigten bei Waffenexporten höhere ethische Standards ansetzen als die bürgerliche Mehrheit in der Sicherheitspolitischen Kommission.

Mehmet Esiyok als Fluechtling anerkannt

Der kurdische Politiker Mehment Esiyok wurde heute aus der Auslieferungshaft entlassen. Das Bundesamt für Migration wird ihn als politischen Flüchtling vorlaeufig aufnehmen.

Esiyok war im Dezember 2005 in die Schweiz eingereist und kurz darauf auf Ersuchen der türkischen Behörden verhaftet worden. weil die Türkei Esiyok vorwirft 1994 als Mitglied und Teil des Kaders der kurdischen Arbeiterpartei (PKK) den Auftrag zur Tötung eines Dorfvorstehers gegeben zu haben.

Das Bundesamt für Justiz hatte 2006 seine Auslieferung bewilligt, die effektive Ausweisung machte es aber vom Ausgang des Asylverfahrens abhängig. Das Bundesamt für Migration (BFM) wies sein Asylgesuch erstmals 2006 ab, dies wurde aber vom Bundesverwaltungsgericht moniert.

Nach weiteren Abklärungen wies das BFM das Asylgesuch von Esiyok im vergangenen Mai wiederum ab. Mit Entscheid vom 17. Oktober hat das Bundesverwaltungsgericht nun aber seine Flüchtlingseigenschaft festgestellt.

34 Monate Auslieferungshaft

Das Bundesamt für Migration wird ihn als politischen Flüchtling vorlaeufig aufnehmen. Aus diesem Grund darf er nicht an die Tuerkei ausgeliefert werden. Mehmet Esiyok sass 34 Monate in  der Schweiz in Auslieferungshaft, ohne jegliche Hafterleichterung. Deshalb werden seine Anwaelte die maximale Haftentschädigung fordern.

Sofortige Sanktionen gegen Steueroasen

Attac fordert sofortige Sanktionen gegen Steueroasen. Das globalisierungskritische Netzwerk Attac hat das Ergebnis der OECD-Ministerkonferenz zu Steuerparadiesen in Paris als vollkommen unzureichend kritisiert.

„Steueroasen spielen eine zentrale Rolle für die entfesselten Finanzmärkte und haben entscheidenden Anteil an der gegenwärtigen Krise. Sie sind schwarze Löcher im Finanzsystem, mit deren Hilfe die Banken und andere Finanzakteure Regulierung umgehen. Angesichts dessen ist das, was in Paris vereinbart wurde, mickrig. Der Berg kreisste und gebar ein Mäuslein“, stellte Detlev von Larcher, Steuerexperte im Attac-Koordinierungskreis, fest.

Ausser der Absicht der Europäischen Union, in den nächsten Monaten eine neue  Zinsrichtlinie gegen Steuerflucht vorzubereiten, die schwarze Liste der Steuerparadiese der OECD bis zum Sommer 2009 zu aktualisieren und markiger Worte sei bei der Konferenz von 20 Staaten nichts herausgekommen. „Das reicht bei Weitem nicht: Auf die Staaten auf der Schwarzen Liste muss massiv Druck ausgeübt werden, unter anderem durch Wirtschaftsanktionen“, sagte Detlev von Larcher.

Attac forderte Bundesfinanzminister Peer Steinbrück auf, ab sofort Banken zu sanktionieren, die in Steueroasen Niederlassungen haben oder Geschäfte mit dort ansässigen Instituten machen. „Die Umsetzung ist denkbar einfach: Schliesslich benötigen alle Banken eine Lizenz“, sagte Detlev von Larcher. Ähnlich unkompliziert seien Sanktionen auf EU-Ebene einzuführen, etwa indem nur noch diejenigen Banken ein Konto bei der Europäischen Zentralbank EZB einrichten dürfen, die der Steuerflucht keinen Weg bieten. Dies würde den Steuer- und Justizparadiesen unmittelbar ihre Existenzgrundlage entziehen.

„Immerhin scheinen Steinbrück, der französische Haushaltsminister Eric Woerth und OECD-Chef Angel Gurría der Schliessung der Steueroasen nun endlich Priorität einzuräumen“, sagte Detlev von Larcher. Auch bezüglich der neuen Zinsrichtlinie habe sich Steinbrück einige Forderungen zu eigen gemacht, die Attac und das internationale Netzwerk für Steuergerechtigkeit (Tax Justice Net) seit Jahren erheben. Bereits seit Bekanntwerden des ersten Entwurfes der derzeitigen Zinsrichtlinie verlangt Attac, dass sie auch Kapitaleinkünfte erfasst, für Stiftungen und Körperschaften gilt und mehr Länder als bisher umfasst.

„Dass Steinbrück bis zur Verabschiedung der neuen Zinsrichtlinie nur die nationale Finanzmarktaufsicht sowie die Zusammenarbeit von Zoll und Finanzaufsicht verbessern will, ist viel zu wenig“, kritisierte Detlev von Larcher. Zudem bleibe vollkommen unklar, wie die steuerrechtlichen Maßnahmen aussehen sollen, die der Finanzminister als dritte Massnahme genannt hat.

Wer bezahlt die Krise?

Wer bezahlt die Krise?

Sicher nicht die Herren in den Chefetagen der Grossbanken, selbst wenn sie einen Teil ihrer Boni zurückzahlen. Im Gegenteil, es sind die heutigen und zukünftigen Rentnerinnen, denen die Krise das Kapital der Pensionskassen wegfrisst und die Entlassenen der Banken, sowie die Angestellten der KMU, deren Arbeitsplätze zerstört werden, weil die Betriebe keine Kredite mehr erhalten.

Vor allem aber sind es die hiesigen Armutsbetroffenen, denen die ohnehin schon mageren Sozialleistungen weiter gekürzt werden und die Menschen in den Entwicklungsländern, denen die 14 Milliarden USD vorenthalten werden, welche für die Programme zur Armutsbekämpfung notwendig wären. Der Bundesrat stellt der UBS 60 Milliarden Franken zur Verfügung. Das ist 4- mal mehr, als alle Länder der Erde im Rahmen der UNO-Milleniumsziele versprochen haben, um bis 2015 die Armut zu halbieren.

Die Partei der Arbeit der Schweiz ist schockiert über die stattfindende Sozialisierung der Verluste des Finanzplatzes, während das Prinzip der privaten Aneignung der Gewinne nicht angetastet wird. Dies ist nicht die Lösung der PdAS. Wir schlagen statt dessen vor, das Bankenwesen zu vergesellschaften und einer demokratischen Kontrolle zu unterstellen. Die Schwächen und Grenzen der heutigen eidgenössischen Bankenaufsicht sind offensichtlich geworden. Sie muss daher ersetzt werden durch eine wirklich demokratische und partizipative Kontrolle durch die gesamte Bevölkerung.

Die Partei der Arbeit der Schweiz ist erstaunt, wie wenige Vorschläge eingebracht werden, die zu grundsätzlichen, strukturellen Änderungen führen, insbesondere

  • von einem System der Rentenkapitalisierung in der zweiten Säule, zu einer existenzsichernden AHV überzugehen,
  • weltweit die Grundlagen der menschlichen Existenz zu ersetzen, die derzeit auf Geld und Profit beruhen.

Jede Krise bietet die Chance für Erneuerungen; es ist Zeit, dass alle Verlierer-innen des Systems (und sie sind zahlreich), sich mobilisieren, um die Grundlagen einer gerechteren und solidarischen Gesellschaften zu schaffen.

Quelle: Pressemitteilung der Partei der Arbeit der Schweiz (PdAS)

Armut in der Nähe

Foto: Tristan Dzikowski

Der UNO-Welttag gegen Armut wurde in Bern mit Veranstaltungen begangen. Dazu gesellte sich mittags eine ad-hoc-Demonstration vor einer UBS-Filiale.

„Die Menschenrechte haben uns noch nicht erreicht“, sagt eine schweizerische Armutsbetroffene. Zum Uno-Welttag am 17. Oktober 2008 gegen Armut veranstalteten die beiden Bewegungen Amnesty International und ATD Vierte Welt ein Treffen in der Heiliggeistkirche in Bern. Hans-Peter Furrer, Präsident der Armutsbewegung ATD Vierte Welt, zeichnete die Zusammenhänge auf: „Armut, wenn sie nicht gewählt ist, sondern einen Menschen überfällt und bezwingt, verletzt Menschenrechte, und grosse Armut verletzt sie kumulativ: Sie schliesst den Menschen aus und wird zum Gefängnis.“ Furrer äusserte sich zufrieden darüber, dass Amnesty International auch diese Gefängnis nennt.

Im Mikrokosmos

Armut hat sehr viel mit sozialer Distanz zu tun. Die Gefahr besteht, nur die Armut in der Ferne, in der Dritten Welt näher anzuschauen. Soziale Distanz wird so von geografischer Distanz überlagert. Die ganze Welt als Makrokosmos der sozialen Ungerechtigkeit? Wieviel mehr Verbindlichkeit braucht es jedoch, die Armut in unserer Nähe aufzudecken, anzugehen und zu bekämpfen. Dies bedingt konkrete Politik – und den Willen zur Veränderung von Machtstrukturen.

Edith Olibet, Gemeinderätin der Stadt Bern und Direktorin für Bildung, Soziales und Sport meinte am Treffen in der Heiliggeistkirche Bern, dass es keine Armut in der Schweiz gäbe, wenn ebensoviel Kraft, politischer Willen und Ressourcen in die Armutsbekämpfung gesteckt würden, wie dies heute zum Beispiel für die Rettung einer Grossbank oder zur Debatte über Missbräuche im Sozialwesen geschieht. Sie erinnerte an die Tatsache, dass im Kanton Bern jeder/e dritte BezügerIn von Sozialhilfe erwerbstätig ist, davon 42% in einem 100%-Job. Das Lohndumping für die working poor erzwingt von der Öffentlichkeit Sozialleistungen, über deren Missbräuchlichkeit kaum debattiert wird, weil sie eine versteckte Form der Wirtschaftsförderung darstellt.

Familienarmut

Rund ein Drittel der Sozialhilfebeziehenden in der Stadt Bern sind zwischen 0 und 17 Jahren jung. Zu dieser Zahl gesellt sich eine grosse Dunkelziffer. Olibet: „Viele Menschen leben weit unter der Armutsgrenze und melden ihre Not nicht an. Sie wollen sich und ihre Kinder nicht dem öffentlichen Blick aussetzen.“ Es ergibt sich die Gefahr der Vererbung von Armut durch fehlende oder ungenügende Ausbildung von Kindern in armen Familien. Olibet stellte Forderungen zur Ursachenbekämpfung von Armut vor: Existenzsichernde Löhne, Förderung sozial benachteiligter Kinder im Vorschulalter, Beseitigung von Kinder-, Jugendlichen- und Elternarmut, Förderung des Überganges nach der obligatorischen Schule und Beendigung der Ausbildung, Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit und Beseitigung der steuerlich bedingten Armutsfalle beim Austritt aus der Sozialhilfe.

Als allein erziehende Familienmutter meldete sich sodann Sarah Moser sehr eindrücklich zu Wort. Sie stellte den Wunsch nach Ferien am Meer – zusammen mit ihren drei Kindern – der harten Wirklichkeit entgegen. Wie findet sie sich in einer von Prospekten verklärten Welt zurecht, ohne für Ferien Ressourcen einsetzen zu können? Dazu stellen sich nicht nur Fragen nach der Finanzierung von Reise und Aufenthalt, sondern von Ausrüstung, Kleidung, Statussymbolik und gesellschaftlichem Habitus. Die Ausgrenzung wird greifbar. Kommt noch dazu, dass bestenfalls für Kinder Ferienlager bezahlt werden, aber kaum für die ganze Familie Ferien am Meer. Gemäss einem weit verbreiteten gesellschaftlichen Vorurteil, dass Armutsbetroffene keinen Alltagsstress haben und darum auch nicht Ferien bräuchten.

Kundgebung

Gleichentags fand gegen Abend auf dem Münsterplatz in Bern eine Kundgebung gegen Armut und Ausgrenzung statt, welche vom Komitee der Arbeitslosen und Armutsbetroffenen (KABBA) in Bern und der IG Sozialhilfe in Zürich organisiert worden war.

Der Soziologe Kurt Wyss stellte die Frage, wer heute die Welt unsicher mache, die diskriminierten Armutsbetroffenen oder die Exzesse des neoliberalen Kapitalismus? Während Banken im maroden Finanzsystem global eine Party auf Kosten der Steuerzahlenden feiern, gibt es kein Geld für die Armutsbetroffenen. Beat Ringger vom Denknetz Schweiz erinnerte an die Grundlügen in unserer Gesellschaft und an die Verwirrung der Finanzleute, die zusehen müssen, wie ihr System zusammenbricht. Die beiden Schweizer Grossbanken haben mehr als 10 Milliarden Franken an Boni ausbezahlt. Nun stopft der Staat die Löcher. Ringger skizzierte die Idee einer Erwerbsversicherung: Keine zeitliche Begrenzung der Taggelder, kein Zwang zu prekären Arbeitsverhältnissen und gesellschaftliche Anerkennung der Betreuungsarbeit für Kinder.

Für Thomas Näf vom KABBA steht die Missbrauchsdebatte im Zusammenhang mit den bevorstehenden Gemeindewahlen in Bern. Das Misstrauen und der Generalverdacht gegenüber den untersten Schichten werden mit politischer Absicht geschürt. Doch Armut wird vom kapitalistischen System erzeugt. Die Lebenssituation der Armutsbetroffenen erinnert Branka Goldstein von der IG Sozialhilfe an eine Apartheid. Die Gesellschaft wird in zwei Teile getrennt. Auch wies Goldstein an der Kundgebung auf die Folgen der Kinderarmut und der irreparablen Schäden für die Gesellschaft hin. Aus Basel war Avji Sirmoglu von der Liste 13 gegen Armut und Ausgrenzung zugegen. Sie kritisierte die neuen Asyl- und Ausländergesetze, wonach Menschen B- und C-Ausweise und somit das Recht auf Verbleiben in der Schweiz verwirken können, wenn sie der Sozialhilfe zu sehr zu Last fallen.

In einer Resolution forderten die KundgebungsteilnehmerInnen von Bundespräsident Couchepin und von der Kommission für soziale Sicherheit der eidgenössischen Räte: Einklagbare soziale Rechte in der Bundesverfassung, Erhöhung des Existenzminimums, Demokratisierung des Sozialwesens, Abschaffung der Verwandtenunterstützungs- und Rückzahlungspflicht und einen vollständigen Datenschutz auch für SozialhilfebezügerInnen.

«Die Wirtschaft vom Kopf auf die Füsse stellen»

Heute Freitagmorgen haben die 400 im Palazzo dei congressi in Lugano tagenden Unia-Delegierten die Diskussion zu verschiedenen Positionspapieren fortgesetzt. Sie verabschiedeten ein neues Leitbild mit den strategischen Hauptleitlinien «Stärke durch Mitgliederwachstum und Mitgliederbetreuung», mehr «Einfluss der aktiven Mitglieder in den Betrieben und Branchen» und «Erfolg durch Mobilisierungsfähigkeit».

Finanzmarktkrise nicht auf Kosten der einfachen Leute bewältigen

In einer Resolution forderte der Kongress anschliessend die Stärkung der Realwirtschaft gegen die Folgen der Finanzmarktkrise. Dies soll mit einem Sofort-Programm erreicht werden, das eine konkjunkturfördernde Ausgabenpolitik der öffentlichen Hand, Zinssenkungen, eine die Beschäftigung stärkende nicht-restriktive Währungspolitik der Nationalbank, das Einfrieren der Strompreise und eine stärkere Besteuerung der Millionärslöhne beinhaltet. Zudem fordert die Unia kräftige Lohnerhöhungen, ein energietechnisches Sanierungsprogramm des Bundes, ein Förderprogramm für erneuerbare Energien, eine Weiterbildungsoffensive sowie die Rücknahme der Strommarktliberalisierung. Es könne nicht sein, dass einige wenige Milliardengewinne abkassierten und die Allgemeinheit für die Verluste einstehen müsse, wenn die Spekulationsblase platze. Der Staat müsse die entfesselte Finanzindustrie an die kurze Leine und insbesondere derivate Geschäfte (Hedge Founds u.ä.) verbieten.

Die Unia will sich mit aller Kraft dafür einsetzen, dass die Folgen der Krise nicht auf dem Buckel der einfachen Leute ausgetragen würden. Die neoliberale Politik sei gescheitert. Jetzt gelte es eine Wirtschaftsordnung aufzubauen, welche die sozialen Bedürfnisse der Menschen und die Arbeit ins Zentrum stelle und nicht das Kapital: «Es ist höchste Zeit, die Wirtschaft vom Kopf auf die Füsse zu stellen», heisst es in der Resolution.

Couchepin: Gewerkschaften als Schule des Lebens

Auch Bundespräsident Pascal Couchepin beschäftigte sich in seiner Intervention vor dem Unia-Kongress mit der aktuellen Krise. Diese werde zweifellos Einfluss auf die Realwirtschaft haben. Man müsse sich ohne Vorurteile Gedanken über die Auswirkungen der Globalisierung machen. Der Bundespräsident bezeichnete die Gewerkschaften als eine ausserordentliche Schule des Lebens. Sie trügen dazu bei, die Arbeitsbedingungen zu verbessern und die direkte Demokratie zu verwirklichen – zum Wohl des ganzen Landes. Er zolle den Gewerkschaften für ihr Engagement grossen Respekt.

Der Bundespräsident hob zudem die hohe Bedeutung der Sozialpartnerschaft für die Schweiz hervor. 1,5 Millionen Menschen unterstünden in der Schweiz heute einem der 611 existierenden Gesamtarbeitsverträge – so viele wie noch nie zuvor. Dies komme nicht von ungefähr, denn die Sozialpartner seien immer wieder bereit gewesen Lösungen zu finden, wo sich neue Probleme gestellt hätten.

Unia Jugend verlässt aus Protest den Saal

Nach einer Meldung der Online Zeitung 20min.ch haben ein Teil der rund 400 Anwesenden am Freitag den Saal beim Eintreffen von Bundesrat Couchepin verlassen. Unter jenen, die den Saal verliessen, waren viele junge Unia-Mitglider. Am Donnerstag hatten sie einen Vorstoss einer Delegierten begrüsst, der sich gegen den Auftritt des Bundespräsidenten am Kongress wandte.

Erster Unia-Kongress in Lugano eröffnet

Heute Nachmittag um 14 Uhr hat im Palazzo dei congressi, dem Kongresszentrum von Lugano, der erste Unia-Kongress begonnen. Die 400 Unia-Delegierten haben den Tätigkeitsbericht der Unia-Geschäftsleitung abgenommen und die Debatte um die strategische Ausrichtung der Grossgewerkschaft eröffnet. Die Tessiner Regierungsrätin Patrizia Pesenti sprach zur Eröffnung vom Scheitern der neoliberalen Rezepte und rief zu einem Ja zur gewerkschaftlichen AHV-Initiative auf.

In seiner Einleitungsrede zur Diskussion über den ersten Unia-Vier-Jahresbericht zog Co-Präsident Renzo Ambrosetti eine positive Bilanz. Die Unia habe die Fusion erfolgreich abgeschlossen und sich als starker Sozialpartner und aktive Kraft in der schweizerischen Politik etabliert. Die Unia habe wichtige neue Gesamtarbeitsverträge vereinbart – z.B. für die Temporärbeschäftigten oder für das Reinigungsgewerbe – und bestehende Gesamtarbeitsverträge verbessert. Wo immer möglich setze sie die Interessen ihrer Mitglieder im Dialog mit den Arbeitgebern durch. Doch, so Ambrosetti, «wo nötig, waren und sind wir auch bereit, Arbeitskämpfe zu unterstützen und zu führen».

Unia Co-Präsident Andreas Rieger eröffnete die Debatte um die künftige gewerkschaftspolitische Strategie der Unia. «Wir wollen eine Welt, in welcher die sozialen Bedürfnisse der Menschen im Zentrum stehen, nicht das Kapital», rief Rieger den Unia-Delegierten zu. Mit Blick auf das Desaster der Finanzmärkte sprach Rieger von «harten Zeiten», welche starke Gewerkschaften nötig machten. Die Unia werde sich dafür einsetzen, dass nicht die kleinen Leute einmal mehr die Zeche für das Versagen des «bankrotten Abzockerkapitalismus» zahlen müssten. Die Unia sei eine «Gewerkschaft der Tat», eine «Mitmach-Gewerkschaft», in der die Mitglieder darüber bestimmten, welchen Kurs die Organisation einschlage.

Auch die Tessiner Regierungsrätin Patrizia Pesenti, welche den ungefähr 750 anwesenden Delegierten, Gästen und Unia-Mitarbeitenden einen Willkommensgruss entboten hatte, sprach in ihrer stark applaudierten Rede vom Scheitern der neoliberalen Rezepte. Es sei höchste Zeit, dass die Politik wieder das Heft in die Hand nehme – zu lange habe man auf Kräfte des freien Marktes vertraut. Mit scharfen Worten kritisierte Pesenti auch die zunehmende soziale Ungleichheit in der Schweiz und rief dazu auf, mit einem Ja zur gewerkschaftlichen AHV-Initiative Gegensteuer zu geben. Die Unia ermunterte sie, ihre Kampfkraft und das System Gesamtarbeitsverträge weiter zu stärken: «In dieser historischen Phase haben wir starke Gewerkschaften nötiger denn je», bekräftigte Pesenti.

Die sichere AHV stärken

In der Tat beteiligten sich die Delegierten bereits am ersten Tag aktiv an der Debatte und brachten zahlreiche Änderungsanträge ein. Ihnen steht bis Samstag ein intensives Programm bevor, das unter anderem Abstimmungen über sieben Positionspapiere, 120 Anträge und die Wahl einer neuen Geschäftsleitung beinhaltet. Heute Nachmittag verabschiedeten die Delegierten zudem eine Resolution für die Annahme der AHV-Initiative am 30. November. Gemäss den Unia-Delegierten ist die Initiative gut finanzierbar und ein grosser Schritt in Richtung einer sozial gerechten und sicheren Altersvorsorge. Der flexible Altersrücktritt ab 62 mache angesichts der zunehmenden Schwierigkeiten älterer Arbeitnehmer, einen Job zu finden, Sinn und solle für alle sozialen Schichten möglich gemacht werden. Das Debakel der Finanzmärkte macht nur allzu deutlich klar, dass jetzt die sichere 1. Säule gestärkt werden muss.

Unia kritisiert Verantwortliche der Finanzmarktkrise

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Die Gewerkschaft Unia hat heute Vormittag in Bern an einer Medienkonferenz die Bilanz ihrer ersten vier Jahre seit der Fusion 2004 gezogen und einen entsprechenden Tätigkeitsbericht vorgestellt. Mit klaren Worten kritisierte Unia-Co-Präsident Andreas Rieger die Verantwortlichen der Finanzmarktkrise und forderte eine 6-Punkte Sofortprogramm, um die Schweizer Realwirtschaft vor den Auswirkungen zu schützen.

«Die Unia ist gut gestartet und heute aus der Schweiz nicht mehr wegzudenken». Mit diesen Worten eröffnete Unia-Co-Präsident Renzo Ambrosetti die Bilanzpressekonferenz. Die Fusion sei überraschend reibungslos verlaufen und die 200’000 Unia-Mitglieder hätten sich erstaunlich schnell mit der neuen Gewerkschaft identifiziert. Einige Arbeitgebervertreter hätten auf die erfolgreiche Fusion zuerst mit Abwehrreflexen reagiert, doch habe sich die anfängliche Aufregung auf Arbeitgeberseite mit der Zeit gelegt. Seither habe die Unia wichtige neue Gesamtarbeitsverträge – z.B. für Temporärbeschäftigte oder für das Reinigungspersonal – aushandeln können. In der grossen Mehrheit der Fälle habe die Unia am Verhandlungstisch und im Dialog mit den Arbeitgebern Verbesserungen für die Arbeitnehmenden erreicht, so Ambrosetti, «doch wo nötig, war die Unia auch bereit, Arbeitskämpfe zu unterstützen und zu führen.»

Sofortprogramm und nachhaltiger Umbau der Wirtschaft

Als «wichtiges Gegengewicht zu den entfesselten Märkten» bezeichnete Andreas Rieger, ebenfalls Co-Präsident der Unia, die Gewerkschaft. Mit klaren Worten kritisierte er die zerstörerischen Folgen der seit den 90er Jahren grassierenden Deregulierungsideologie, deren Scheitern mit der aktuellen Finanzmarktkrise unübersehbar geworden sei. Statt mit Steuermilliarden die faulen Papiere der Spekulanten aufzukaufen, müssten diese Mittel nun sinnvoll in die Realwirtschaft investiert werden, um diese vor den Auswirkungen der Krise zu schützen. Rieger stellte ein entsprechendes 6-Punkte Sofortprogramm vor, das Zinssenkungen durch die Nationalbank sowie die Kantonal- und Raiffeisenbanken, eine die Konjunktur stimulierende Ausgabenpolitik der öffentlichen Hand, ein Stopp der Preistreiberei der Elektrizitätsbarone, eine Besteuerung der Manager-Topsaläre (über 1 Million Franken) als Unternehmensgewinne und substanzielle Lohnerhöhungen im bevorstehenden Lohnherbst beinhaltet.

Falls die Schweizer Wirtschaft durch die Finanzkrise ernsthaft getroffen werde, müssten zudem bereits beschlossene Investitionsvorhaben der öffentlichen Hand, insbesondere im Bereich der Infrastruktur und des Transports, beschleunigt umgesetzt werden. «Werden diese Massnahmen nicht ergriffen», so Rieger, «dann macht sich die Politik an einem Abschwung mitschuldig». In jedem Fall aber müsse die Schweiz langfristig in einen ökologisch und sozial nachhaltigen Umbau der Wirtschaft investieren. Dazu gehörten namentlich ein energiepolitisches Sanierungsprogramm des Bundes (Bonus für Gebäudesanierung und Förderung von Spartechnologien) sowie ein Förderprogramm für erneuerbare Energien und entsprechende Technologien.

Erster Unia-Kongress am kommenden Wochenende

Im weiteren Verlauf der Pressekonferenz stellte Unia-Geschäftsleitungsmitglied Rita Schiavi die Unia als «Mitmach-Gewerkschaft» vor. Die Unia verstehe sich als soziale Bewegung: «Aktive Mitglieder und ein breites Bündnis mit anderen sozialen Bewegungen machen die Kraft und die Ausstrahlung der Unia aus.» André Daguet, ebenfalls Mitglied der Unia-Geschäftsleitung, bezeichnete seine Gewerkschaft als «aktive Kraft in der politischen Landschaft der Schweiz». Sie habe bei zahlreichen Referendums- und Abstimmungskampagnen zu sozialpolitischen Themen und gegen die Deregulierungsoffensive eine wichtige Rolle gespielt. «Die Gründung der Unia hat den gewerkschaftlichen Widerstand gegen die Deregulierung gestärkt.»

Unia-Geschäftsleitungsmitglied Fabienne Blanc-Kühn verwies schliesslich auf die besonders starke Verankerung der Unia in der lateinischen Schweiz, in der fast die Hälfte der Unia-Mitglieder wohnt. Sie lud die Medienvertreter zum bevorstehenden ersten Kongress der Unia in Lugano ein, an dem sich ab Donnerstag nebst mehreren hundert Gästen (darunter Bundespräsident Couchepin) 400 Delegierte treffen, um eine neue Leitung zu wählen und die gewerkschaftspolitischen Schwerpunkte für die kommenden vier Jahre festzulegen.

Schwarzes Schaf gegen SVP

Gestern fand in Bern das Fest zum 1. alljährlichen Anti-SVP-Tag statt. Veranstaltet wurde es vom «Bündnis Schwarzes Schaf».

«Mit einem kleinen Fest auf dem Bahnhofplatz wollen wir daran erinnern, wie es uns vor einem Jahr gemeinsam gelang, den als SVP-Wahlkampfhöhepunkt geplanten ‹Marsch auf Bern› zu verhindern», schreibt das Bündnis in der Medienmitteilung. Rund 200 Personen haben erneut ein starkes Zeichen gegen die menschenverachtende Politik der SVP gesetzt. Aus diesem Anlass wurde ein Konzert des Rappers Oli Second veranstaltet. «Ausserdem wurde ein antifaschistischer Jahrmarkt aufgestellt» schreiben die VeranstalterInnen, und «so konnte mensch zum Beispiel einem Papp-Nazi auf die Füsse treten oder politische Gefangene befreien.» Viele PassantInnen, besonders durch die SVP-Politik benachteiligte Menschen, reagierten äusserst positiv auf dieses Fest..

Auf dem Flugblatt, der am Anlass verteilt wurde ist unter anderem zu lesen: «Das erlösende Signal hat auch auf andere gewirkt: Blocher wurde abgewählt, die SVP ist mittlerweile nicht mehr im Bundesrat vertreten und viele eher ‹moderate› SVPlerInnen haben der Partei den Rücken gekehrt. Aber damit ist der Kampf noch lange nicht gewonnen. Die Politik der SVP ist populärer denn je. Denn der SVP ist es gelungen einen Rechtsrutsch zu verursachen, der weit über ihren Wählerstimmenzuwachs hinaus geht. Die SVP hat es geschafft, dass mehr oder weniger alle Parteien, sogar die sogenannten SozialdemokratInnen, auf ihren Kurs aufgesprungen sind – und das schon vor dem 6.Oktober 2007!»

Und das «schwarze Schaf» kündigt auch weiterhin den Kampf an: «Trotz Rot-Grün-Mitte Mehrheit: In Bern und in der restlichen Schweiz wurde und wird ‹beste› SVP-Politik betrieben! Nicht etwa die, die einen rassistischen und fremdenfeindlichen Wahlkampf führ(t)en, wurden und werden von schweizer Medien, Politik und Justiz verurteilt, sondern AntifaschistInnen, die sich der SVP in den Weg stell(t)en.In Bern und anderswo gibt es – mit Ausnahme von einigen kleinen Parteien – keine linken Kräfte mehr im Parlament! Aber es gibt sie auf der Strasse! Es ist die Diktatur des Kapitals! Wir werden nicht einfach aufhören und klein bei geben. Wir werden nicht leiser. Wir werden nicht weichen! Aber wir entlarven diese Diktatur! Und darum geht der Kampf weiter: Auf der Strasse, in den Quartieren, in den Fabriken, auf den Baustellen, in den Betrieben!

Sektionsanträge an den PdA-Parteitag

Am 1. und 2. November hält die PdA ihren nationalen Parteitag ab. Zu den wichtigsten statutarischen Traktanden gehört die Behandlung der Anträge der Sektionen. Neben einem Ordnungsantrag betreffend Parteitagspapiere sind eine ganze Reihe Anträge inhaltlicher Art eingereicht worden:

Die Sektion Bern der Partei der Arbeit verlangt in einem ersten Antrag die Klärung der PdA-Haltung in der Frage des EU-Beitritts der Schweiz. Die Sektion Bern vermisst eine einheitliche, fundierte Position der Partei zur Europäischen Union. Dabei macht die Berner Sektion kein Geheimnis aus ihre Ablehnung eines Beitritts der Schweiz zu dieser imperialistischen, neoliberalen und militaristischen Staatengemeinschaft. In der Begründung wird von den Bernern am Beispiel der sogenannten Personenfreizügigkeit gezeigt, wie sehr die EU-Politik im Interesse des Grosskapitals und der kapitalistischen Monopole steht. Den Intentionen der Berner Sektion würde es auch entsprechen, wenn die PdA ihre Mitgliedschaft in der Europäischen Linkspartei aufgeben würde.

Ein weiterer Berner Antrag verlangt die Umbenennung der Partei der Arbeit der Schweiz in Kommunistische Partei der Schweiz (KPS). Den Sektionen wäre es danach freigestellt, ihren angestammten Namen zu behalten. Sie bezeichnen sich jedoch als «Sektion der KPS».

Die Sektion Zürich verlangt in einem Antrag die Bildung einer Arbeitsgruppe zur Erarbeitung eines neuen Parteiprogramms. Ziel ist es, das neue Programm am Parteitag 2010 zu verabschieden.

Die organisatorische Zukunft der Partei der Arbeit betreffen Anträge der Sektion Waadt und Jura. Die Waadtländer postulieren in einem Resolutionsantrag die Gründung einer neuen Partei im Sinne einer mittel- und langfristigen Vision. Die neue Partei soll nicht einfach ein Zusammenschluss der aktuellen Formationen der «kämpferischen Linken» sein, sondern eine gemeinsame Widerstandsfront einzelner Menschen. Als eine Art Gegenantrag zum Resolutionsentwurf der Waadtländer ist ein Antrag der Sektion Jura zu verstehen, schwebt ihr doch statt einer neuen Partei eine «Föderation der kämpferischen Linken» vor. Die Sektion Jura verlangt von der Parteileitung, entsprechende Gespräche mit andern politischen Gruppierungen aufzunehmen. Die jurassische PdA stellt sich dabei vor, dass alle Gliederungen der Partei in der Föderation durch die PdAS vertreten würden.

Siehe auch:Blog PdA

Unterstützung für Rettungsplan der Gewerkschaften

Die Angestellten der Zellulosefabrik Atisholz in Luterbach SO wollen die vom norwegischen Borregaard/Orkla-Konzern angekündigte Schliessung nicht kampflos hinnehmen. An einer sehr gut besuchten Betriebsversammlung beschlossen sie am Donnerstagvormittag nahezu einstimmig, zusammen mit den Gewerkschaften Unia und SPV gegen das rücksichtslose «Todesurteil» und für die Erhaltung der 440 Arbeits- und Ausbildungsplätze zu kämpfen.

Die Mitarbeitenden fordern den Rückzug des Schliessungsentscheids, die Verlängerung der Konsultationsfrist bis 31. Januar 2009 und die sofortige Aufnahme von Sozialplan-Verhandlungen. Die Unia präsentierte an der Versammlung bereits erste Projekte eines Rettungsplans für die Erhaltung der 440 Arbeits- und Ausbildungsplätze.

«Wir lassen uns nicht mit einer menschenverachtenden Politik der fertigen Tatsachen abspeisen», rief der Unia-Branchenverantwortliche Corrado Pardini die Belegschaft zum Widerstand auf. Pardinis Forderung: «Borregaard muss unverzüglich an den Verhandlungstisch sitzen und alle Unterlagen offenlegen, die für die Erarbeitung und Prüfung alternativer Lösungen erforderlich sind.» Dabei wird die Unia auch vom Schweizerischen Papier- und Kartonarbeitnehmerverband (SPV) unterstützt.

Pardini verwies an der Betriebsversammlung zudem auf zwei konkrete Alternativ-Projekte («Hefe Süd» und «Austria»), welche von Kadermitarbeitern der Borregaard entwickelt und vorangetrieben werden. Mit diesen Projekten könnten nahezu die Hälfte der bedrohten Arbeitsplätze gerettet werden. Diese Pläne verdienen eine echte Chance und dürfen nicht durch eine überstürzte Schliessung zunichte gemacht werden.

Die Borregaard-Belegschaft in Luterbach verlangt daher eine Verlängerung der Konsultationsfrist bis Ende Januar 2009. Zudem müssten die Borregard-Mitarbeitenden mit einer Durchhalteprämie im Betrieb gehalten werden. Gefordert werden Lohnzuschläge von 50 % ab Oktober, 100 % ab Dezember und 150 % ab Januar. Mit Blick auf die fälligen Sozialplanverhandlungen verlangt die Belegschaft zudem die Offenlegung der Zahlen der Wohlfahrtstiftung. «Die Gelder, mit denen uns die Direktion billig abspeisen will, gehören sowieso uns» heisst es in der Entschliessung der aufgebrachten Belegschaft.

EURO 08: Grundrechte-Bilanz liegt vor

Gemäss grundrechte.ch vorliegenden Angaben sind während der EURO 08 nicht – wie die Verantwortlichen in ersten Bilanzen behauptet haben – 550 sondern 1000 Personen festgenommen oder  verhaftet worden.

Diese und zahlreiche weitere Informationen sind in der Auswertung des Beobachtungs- und Rechercheprojekts, das grundrechte.ch anlässlich der Euro lanciert hatte enthalten. Die fundierte Bilanz der Einschränkung von Grundrechten während der EURO 08 erscheint als Beilage der WOZ-Ausgabe vom 2. Oktober.

Ein offensichtliches Fazit aus Grundrechte-Sicht ist, dass die Polizei und die Sicherheitsdienste gegenüber ausgelassenen ausländischen EURO-Fussballfans eine wesentlich grössere Toleranz zeigten als gegenüber „einheimischen“ BesucherInnen oder anlässlich von Kundgebungen und schweizerischen Club-Fussballspielen. Die zahlreichen, bei grundrechte.ch und anderen Basisgruppen eingegangenen Erlebnisberichte zeigen die Zwiespältigkeit polizeilicher Gastfreundschaft eindrücklich auf. In diesem Zusammenhang setzt grundrechte.ch ein grosses Fragezeichen hinter die von diversen Polizeien nun geltend gemachten Überstunden.

grundrechte.ch fordert nun die Verantwortlichen in der Politik auf, genau zu prüfen, in wie weit Teile dieser Überstunden nicht hausgemacht sind – zum Beispiel anlässlich der unverhältnismässigen Polizeiaktionen im Vorfeld der EURO 08, die von der Polizei selbst als Euro-Testaktionen bezeichnet wurden (Grosseinsätze und flächendeckende Festnahmen von unbeteiligten oder friedlich demonstrierenden Personen in Basel, Bern, Luzern etc.) oder durch unnötige Personenkontrollen abseits jeglicher Euro-Fanmeilen.

EvB fordert Moratorium für industrielle Agrotreibstoffe

Im Boom-Bereich Agrotreibstoffe braucht es eine politische Vollbremsung. Zu gross sind die negativen Auswirkungen auf Ernährungssicherheit und Umwelt. Zu diesem Schluss kommt die Erklärung von Bern (EvB) in ihrer umfassenden Analyse „Bis zum letzten Tropfen: Wie Agrotreibstoffe den Kampf um Ressourcen verschärfen“. Darin dokumentiert die Entwicklungsorganisation diverse aktuelle Fakten, die gegen eine industrielle Produktion von Ethanol oder Diesel aus Pflanzen spricht.

Mit Agrotreibstoffen werden weder die Probleme des Klimawandels noch der Energieversorgung gelöst. Im Gegenteil, sie schädigen die Umwelt, konkurrieren mit der Nahrungsmittelproduktion und verursachen darüber hinaus soziale Konflikte. Einzige Profiteure sind transnationale Grosskonzerne, darunter das Schweizer Agrounternehmen Syngenta und die Schweizer Grossbanken. Leidtragende sind all jene, deren Zugang zu Boden, Wasser und Nahrungsmitteln durch die neue Konkurrenz geschmälert wird.

Die Erklärung von Bern zeigt in ihrer neuen Analyse die ganze Bandbreite der Problematik und fordert politische Konsequenzen: Die Schweizer Regierung soll in unserem Land möglichst schnell ein Moratorium für die industrielle Produktion und den Import von Agrotreibstoffen einführen, um diese Fehlentwicklung zu stoppen, bevor sie weiteren Schaden anrichtet. Für ein solches Moratorium soll sich die Schweiz auch international stark machen. Jegliche staatliche Förderung von Agrotreibstoffen muss so schnell wie möglich beendet werden.

Weitere Informationen auf www.evb.ch/agrotreibstoffe

Massive Lohnkürzungen bei Siemens (Update)

Seit Anfang September hat die Betriebsleitung der Siemens Building Technologies (SBT) in Volketswil 20 Mitarbeitenden eine Lohnkürzung von um die 20 Prozent angekündigt. Dies obwohl die Siemens-Mitarbeitenden keineswegs überdurchschnittliche Löhne beziehen. So wird etwa der Monatslohn einer Produktionsmitarbeiterin von 4500 Franken auf 3700 Franken gesenkt. Durchschnittlich sollen die Löhne nach dem Willen des Managements um etwa 1000 Franken im Monat sinken. Zudem hat Siemens angekündigt, sieben Arbeitsplätze abzubauen, obwohl heute im Betrieb etliche temporär Beschäftigte arbeiten.

Die angekündigten Massnahmen sind auch angesichts des guten Geschäftsganges von Siemens völlig unverständlich. Im ersten Halbjahr des laufenden Geschäftsjahres (Oktober bis März 2008) erhöhte die Siemens Schweiz AG, zur der auch die SBT gehört, den Umsatz von 1,29 auf 1,39 Mrd. Franken; und der Auftragseingang stieg von 1,25 auf 1,42 Mrd. Franken. Diese positive Entwicklung ist gemäss Siemens allen Geschäftsbereichen zu verdanken.

Die betroffenen Mitarbeiter haben sich in ihrer Verzweiflung an die Gewerkschaft Unia gewandt. „Die Belegschaft der Siemens Building Technologies in Volketswil wehrt sich und verlangt von der Geschäftsleitung, die Massnahmen zurückzunehmen und Gespräche mit der Unia zu beginnen“, schreibt die Gewerkschaft Unia in ihrer Medienmitteilung. Trotz einem Klima der Angst haben gestern Abend über 30 Mitarbeitende an einer Belegschaftsversammlung teilgenommen und eine Resolution verabschiedet.

Bei den betroffenen Angestellten handelt es sich in der Regel um langjährige Mitarbeitende, davon viele um und über 50. Sie sind über die Absicht des Unternehmens und die Vorgehensweise des Managements empört. Bis gestern wurden keine Änderungskündigungen ausgesprochen, aber die Betroffenen unter Druck gesetzt, selber zu künden. Auch die Sozialpartner wurden über die Lohnkürzungen und Entlassungen nicht informiert.

UPDATE 26.09.2008:

In der Zwischenzeit hat Siemens die angekündigten Lohnkürzungen in Volketswil vorläufig gestoppt. Zuerst wird nun mit den Gewerkschaften gesprochen. Die Gewerkschaft Unia warf Siemens vor, den Betroffenen keine Änderungskündigungen ausgestellt zu haben, um so die Sozialpartner nicht miteinbeziehen zu müssen. (Unia)

Braucht es eine neue Partei?

(sit) Der Parteitag der PdAS ist um ein Dokument reicher. Genauer um die Resolution der PdA Waadt, welche die Gründung einer neuen Partei fordert. Dies als logische Folge der Erfahrungen mit «A Gauche Toute!». Statt einer neuen Partei bräuchte die radikale Linke aber eher ein sozialistisches Gegenprojekt. Hier muss die PdAS ansetzen. Ein Diskussionsbeitrag.

«Die enttäuschenden Resultate der letzten Wahlen in verschiedenen Kantonen haben mehr den je gezeigt, dass die kämpferische Linke nur eine Zukunft hat, wenn sich ihre verschiedenen Komponenten zusammenschliessen.» Mit dieser Feststellung beginnt die Resolution der GenossInnen aus dem Kanton Waadt. Sie hat zum Ziel den Prozess einzuleiten, der zur Gründung einer neuen Einheitspartei links von Grünen und SP führen soll. Das Dokument endet mit drei Anträgen: Erstens soll die PdAS mit allen Parteien, die in Frage kommen, Kontakt aufnehmen. Zweitens die Bedingungen für die Gründung einer neuen linken Einheitspartei evaluieren und drittens einen Fahrplan erarbeiten werden. Für Diskussionsstoff ist somit gesorgt.

Das Ende im Debakel

Das Papier entsteht aus den Erfahrungen, die mit «A Gauche Toute!» (AGT) im Kanton Waadt gemacht wurden. AGT sei eine «positive Etappe bezüglich der Annäherung» der verschiedenen linken Gruppierungen gewesen: Erstens weil es zu gemeinsamen Aktionen gekommen sei und zweitens wegen der Bildung von einheitlichen Listen bei Wahlen auf kommunaler und kantonaler Ebene. Etwas wenig, um eine positive Bilanz zu ziehen. Und da es sich um die Gründung einer nationalen Partei handelt, fehlt eine Analyse des Versuchs, AGT auf nationaler Ebene aufzubauen. Dieser begann im Jahr 2003 ausgehend von den drei  NationalrätInnen Marianne Huguenin, Josef Zysiadis (beide PdA-Waadt) und Pierre Vanek (Solidarites Genf). In der Deutschschweiz wurde dieser  Versuch «Linke Alternative» getauft. Doch gab es nie gemeinsame Aktivitäten unter diesem Namen. Von Beginn an konzentrierten sich die ganzen Bemühungen praktisch ausschliesslich auf Wahlen und den Parlamentarismus.

In einigen Sektionen der PdA wurde das Projekt AGT/Linke Alternative teilweise so empfunden, als müsse es auf Biegen und Brechen von den Nationalräten durchgesetzt werden. Es wurde auch nie klar, was denn diese «Linke Alternative» konkret sein soll. Ein Bündnis? Ein Wahlbündnis? Eine neue Organisation? Womöglich gar an Stelle der PdA? Die Stunde der Wahrheit kam dann an den Nationalratswahlen 2007. Das Minimalziel war, die die drei Sitze links von SP und Grünen zu behalten, geträumt hat man von einer linken Fraktion im Nationalrat. Die Realität ist bekanntlich ein ganz andere. Was 2003 begann, endete vier Jahre später in einem Debakel: Alleine Marianne Hugenin wurde wiedergewählt, die dann die Wahl ablehnte und ihren Sitz Josef Zysiadis überliess. Dieser entschied sich – ohne Absprache mit niemanden – der Fraktion der Grünen beizutreten.

Der  Aufbau einer neuen Partei wird auf die ähnlichen Schwierigkeiten stossen, wie der gescheiterte Aufbau von «AGT/Linke Alternative». Eine davon ist die Auseinadersetzung über die Rolle des Parlamentarismus. Welchen Stellenwert soll dieser einnehmen? Wie wichtig sind die Wahlen und Parlamentsarbeit für den Aufbau einer radikal linken Partei? Fragen, auf welche die einzelnen Gruppierungen links von SP und Grünen seit Jahrzehnte teilweise komplett verschiedene Antworten liefern. Eine Neugründung verlangt einen minimalen Kompromiss in diesen zentralen Fragen. Wie dieser erreicht werden kann, steht ebenfalls in den Sternen.

Neu und somit einfacher?

Die Resolution der Waadtländer GenossInnen hält selbstkritisch fest, dass das Funktionieren von «AGT» weit «vom Idealen entfernt ist.» Drei Gründe werden genannt: Erstens kam es auf der organisatorischer Eben zu Doppelspurigkeiten, die viel Energie und Zeit kosteten. Zweitens führte AGT zu einem Durcheinander auf der Ebene des Verständnisses der Militanten und der Öffentlichkeit. Es war oft unklar, ob man die eigene Organisation/ Partei oder die AGT vertrat. Somit wird bestätigt, dass AGT ein schwer zu definierendes «Ding» ist. Ein Bündnis? Ein Wahlbündnis? Eine neue Organisation? Und drittens verhindert das verschiedenen Funktionieren der einzelnen Organisationen innerhalb AGT das Erreichen von Personen, die für die Bildung einer «linken, kämpferischen Front» offen sind, aber sich nicht in der Identität der einzelnen Gruppierungen wieder finden. Gehen wir vom besten Falle aus (Wunschdenken sei an dieser Stelle erlaubt), dass eine neue Partei die Doppelspurigkeit abschafft und die Identitätsfrage klärt. Die Ausgangslage wäre dann sicher besser als jetzt, doch deswegen sind die Menschen für eine «linke, kämpferische Front» noch lange nicht erreicht. Wie dies geschehen soll und die Gründe, warum es einer neuen Partei einfacher gelingen soll, werden im Papier nicht erwähnt.

Welche ideologische Grundlage?

Unerwähnt bleibt auch die politische, ideologische Grundlage, auf die ein gemeinsames Funktionieren aufgebaut werden soll. Das Dokument beschränkt sich auf zwei schwammige «Prinzipien». Es sind dies die «Ablehnung der Strategie einer Linken, die begleitet» und «die Opposition zum Kapitalismus». Die Überwindung des Kapitalismus wird in einem Nebensatz erwähnt. Dies genügt bei weitem nicht für eine Partei, die sich als Alternative zu SP und Grünen versteht. Mehr noch: Fehlt der Anspruch auf eine sozialistische, kommunistische Gesellschaft und somit die revolutionäre Perspektive, ist eine Partei links von SP und Grünen – egal ob neu oder alt – schlicht überflüssig! Und genau in diesem Punkt liegt die Alternative, welche die PdAS wählen sollte: Statt Kräfte bei der Quadratur des Kreises zu verpuffen, sprich bei der Gründung einer neuen Partei, muss die Energie für den Aufbau eines Gegenprojekts eingesetzt werden.

Der radikalen Linken in der Schweiz fehlt es nicht an einer Einheitspartei, sondern an revolutionären Lösungsansätzen und Perspektiven, mit dem Ziel das Bestehende zu überwinden. Hier muss die PdAS ansetzen. Zuerst in den eigenen Reihen und innerhalb der Linken, aber auch in der Gesellschaft eine breite Diskussion darüber anstreben. Möglichkeiten dazu bieten die verschiedenen aktuellen Kämpfe gegen die aggressive, neoliberale Politik der Bürgerlichen. Kämpfe, die selbstverständlich gemeinsam mit allen zu führen sind, die sich in «Opposition zum Kapitalismus» verstehen. Diese gemeinsamen Kämpfe eröffnen gleichzeitig Raum für die dringend notwendige «innerlinke» Diskussion. Dieser Raum ist die Chance, gemeinsam mit den verschiedensten Kräften an einem revolutionären Gegenprojekt zu arbeiten. Was ist revolutionär? Diskutieren wir darüber, anstatt über die Statuten einer neuen Partei.

So wie «Die Linke» in Deutschland?

In der Resolution wird auch auf eine mögliche Organisationsform der neu zu schaffende Partei eingegangen. So sollen interne Strömungen (associations) und die Bildung von thematischen Arbeitsgruppen «nicht nur gebilligt, sondern gefördert werden». Als Beispiel wird hier «Die Linke» in Deutschland mit ihren verschiedenen Plattformen (Reformistische, Kommunistische, Umwelt) genannt. Wie schwierig und konfliktgeladen eine solche Parteistruktur ist, zeigt leider die Geschichte von Rifondazione Comunista in Italien. Mit ihrer Gründung im Jahre 1991 schlossen sich verschiedene linke Gruppierungen zu einer neuen Partei zusammen, die durch diesen Zusammenschluss zwingend aus Strömungen bestand. Diese Vielfalt wurde nie zu einer Stärke. Vielmehr wurden die parteiinternen Flügelkämpfe erbittert geführt, lähmten die Partei und warfen sie zurück. So erlebte Rifondazione in ihrem siebzehnjähriges Bestehen sieben grössere und kleinere Abspaltungen. Heute ist die Partei, nach der historischen Wahlschlappe im April dieses Jahres, in zwei Lagern geteilt. Die aktuelle Führungscrew mit Paolo Ferrero als nationalem Sekretär verfügt über eine hauchdünne Mehrheit im Zentralkomitee. Ob eine erneute Spaltung verhindert werden kann, die das definitive Ende von Rifondazione besiegeln würde, wird sich in den nächsten Monaten zeigen.

Abbau von 110 Arbeitsplätzen in Uzwil

Die Benninger Textil AG hat gestern den Abbau von 110 Arbeitsplätzen in Uzwil bekannt gegeben, wovon 60 Stellen nach Deutschland verlagert werden sollen. «Die Benninger Textil AG versucht sich ihrer sozialen Verantwortung zu entziehen Missachtung des GAV, Verletzung der gesetzlichen Mitwirkungsrechte, nicht einmal ein Sozialplan für langjährige, verdiente Mitarbeitende: Die Vorgehensweise des Benninger-Managements ist skandalös.», schreibt die Gewerkschaft Unia in ihrer Medienmitteilung. Sie fordert die Rücknahme der angekündigten Betriebsauslagerung und eine Weiterführung der Produktion in Uzwil.

Die Gewerkschaft Unia verurteilt den Abbauentscheid der Unternehmensleitung: „Sie hat mit ihrer Vorgehensweise die gesetzlichen und die gesamtarbeitsvertraglichen Bestimmungen verletzt. Es ist absolut skandalös wie sich die Verantwortlichen, mit der Behauptung, die Zahl der Kündigungen sei noch offen, ihrer sozialen Verantwortung zu entziehen versuchen und ihren langjährigen verdienten Mitarbeitenden nicht einmal ein Sozialplanangebot machen.“

Die Unia fordert das Benninger-Management jetzt auf, das vorgeschriebene Verfahren bei Massentlassungen korrekt anzuwenden. Insbesondere sind die Vorinformationspflicht des Unternehmens und das Mitwirkungsrecht der Arbeitnehmenden und ihrer gewerkschaftlichen Vertreter zu respektieren. Letztere haben das Recht innerhalb der gesetzlichen Frist von 14 Tagen Alternativen vorzulegen. Die Unia fordert die Benninger Textil AG auf über solche Alternativen zu verhandeln, damit eine Weiterbeschäftigung der bisherigen Belegschaft am Standort Uzwil garantiert bleibt.

Mindestlohn-Initiative in Genf

In Genf hat solidaritéS eine Initiative für die Einführung von Mindestlöhnen eingereicht. Die Partei hinterlegte bei der Staatskanzlei 12 300 Unterschriften. Damit soll endlich die Zahl der Working-Poor sinken.

Damit in Genf eine Initiative zustande kommt, braucht es mindestens 10 000 Unterschriften. solidaritéS wertete am Montag die recht kurze Sammelfrist als Hinweis dafür, dass das Anliegen in breiten Kreisen positiv aufgenommen wird. Die Unterschriften kamen innerhalb von drei Monaten zusammen und somit einen Monat vor dem Ende der Sammelfrist.

Im Initiaitvtext ist nicht geregelt, wie hoch der Mindestlohn sein muss. Ziel sei es, in der Verfassung zuerst den Grundsatz von Minimallöhnen zu verankern, erklärte der solidaritéS Vertreter Pierre Vanek. Danach könne das Kantonsparlament die Details in einem Gesetz festschreiben.

Mindestlöhne seien gerade in Genf dringend nötig, sagte Vanek weiter. Das Tieflohnsegment sei in der Rhonestadt viel grösser als anderswo in der Schweiz. Die Zahl von «working poors» – also Menschen, die trotz 100 Prozent Erwerbstätigkeit finanziell nicht über die Runden kommen – sei in Genf «viel zu hoch».

Genf ist nicht der einzige Kanton, der in nächster Zeit über eine Mindestlohninitiative debattieren muss. Erst vor kurzem wurden in den Kantonen Waadt und Tessin ähnliche Begehren eingereicht. Diskutiert wird die Frage auch in den Kantonen Neuenburg und Wallis.

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