Vom Säen und Ernten in Palästina

Subcomandante Moises

Redaktion. Subcomandante Insurgente Moisés der EZLN (Ejército Zapatista de Liberación Nacional) äusserte sich aus den Bergen Mexicos zum Krieg Israels gegen Palästina. Wir veröffentlichen sein Schreiben, in dem er an eine Rede des verstorbenen Supcomandante Marcos aus dem Jahr 2015 erinnert, als Palästina einmal mehr bombardiert wurde.

Vor fast 15 Jahren, genauer am 4.Januar 2009, wurde in unseren Worten vor diesem Alptraum in Palästina gewarnt. Es war während eines Seminars – und es war durch die Stimme des verstorbenen SupMarcos, dass wir sprachen. Los dann, erinnern wir uns an seine Worte:

Vielleicht hat das, was ich sagen werde, nichts mit dem zentralen Thema dieser Arbeitsgruppe zu tun, vielleicht aber doch. Vor zwei Tagen, als unsere Worte sich auf die Gewalt bezogen, erklärte die unsägliche Condoleezza Rice, Funktionärin der nordamerikanischen Regierung, das was in Gaza geschehe, sei die Schuld der Palästinenser – wegen ihres gewalttätigen Wesens. Was wir jetzt hören, ist der Gesang von Krieg und Mühsal. Nicht weit von hier, in einem Ort, der Gaza genannt wird, in Palästina, im Mittlerer Osten, hier um die Ecke, setzt eine stark bewaffnete und ausgebildete Armee – die Armee der Regierung Israels – ihren Vormarsch des Todes und der Zerstörung fort.
Die Schritte, die bisher erfolgt sind, sind die eines militärisch-klassischen Krieges der Eroberung: Zuerst eine intensive und massive Bombardierung, um die militärischen «neuralgischen Punkte» (so lautet es in den militärischen Handbüchern) zu zerstören (…). Dann kommt der Sturm-Angriff, der die Stellungen erobern soll, indem der Feind vernichtet wird; daraufhin erfolgt «die Säuberung» der möglichen «Nester des Widerstandes». Schritt für Schritt folgen die eindringenden militärischen Kräfte dem militärischen Handbuch des modernen Krieges, mit einigen Variationen und Ergänzungen.
Wir verstehen von alldem nicht viel, und sicherlich gibt es Spezialisten des sogenannten «Konflikts im Mittleren Osten». Aus diesem Winkel hier müssen wir jedoch etwas dazu sagen: Nach den Fotos der Nachrichtenagenturen sind die von der Luftwaffe der Regierung Israels zerstörten «neuralgischen« Punkte» Wohnhäuser, Hütten, zivile Gebäude. Wir haben zwischen all dem Zerstörten keinen Bunker, keine Kaserne, keine Geschützbatterien gesehen. Somit denken wir, entschuldigt unsere Unwissenheit, dass die Bordschützen der Flugzeuge schlecht zielen oder dass in Gaza diese militärischen «neuralgischen« Punkte» nicht existieren.
Wir haben nicht die Ehre, Palästina zu kennen, wir nehmen jedoch an, dass in diesen Häusern, Hütten und Gebäuden Leute gelebt haben: Männer, Frauen, Kinder, Alte – und keine Soldaten. Wir haben auch keine Befestigungsanlagen des Widerstands gesehen – nur Trümmer und Schutt (…).
Jedoch wartet. Es ist uns gerade eingefallen: Vielleicht sind diese Männer, Frauen, Kinder und Alten für die Regierung Israels feindliche Soldaten – und als solche stellen die Häuser, Hütten, Gebäude, die sie bewohnen, Kasernen dar, die zerstört werden müssen.
Das Artilleriefeuer, das heute in der Morgendämmerung über Gaza niederging, diente also sicherlich dazu, den Vormarsch der Bodentruppen der Armee Israels vor diesen Männern, Frauen, Kindern und Alten zu schützen. Und die feindliche Garnison, die sie mit der Einkreisung und Belagerung rund um Gaza schwächen möchten, bedeutet nichts anderes als die palästinensische Bevölkerung, die dort lebt. Und dass der Angriff versuchen wird, diese Bevölkerung zu vernichten. Und dass jeder Mann, jede Frau, jedes Kind oder jeder alte Mensch – der/die es geschafft hat, diesem vorhersehbar blutigen Angriff zu entkommen oder sich zu verbergen – danach «gejagt» wird, damit die Säuberung vollständig ist und der militärische Befehlshaber der Operation seinen Vorgesetzten melden kann: «Wir haben die Mission erfüllt.»
Entschuldigt noch einmal unsere Unwissenheit, vielleicht ist das, was wir sagen, in der Tat nicht der Fall oder die Sache, je nach dem. Und anstatt das Verbrechen, das gerade geschieht, zurückzuweisen und zu verurteilen – als Indígenas und Krieger, die wir sind – sollten wir diskutieren und Position beziehen innerhalb der Diskussion, ob «Zionismus», ob «Antisemitismus» – oder dass am Anfang die Bomben der Hamas standen.
Vielleicht ist unser Denken sehr simpel, und es fehlen uns die bei Analysen so notwendigen Nuancierungen und Randbemerkungen – denn für uns Frauen, Männer, Zapatistas, gibt es in Gaza eine professionelle Armee, die eine wehrlose Bevölkerung ermordet.
Wer von unten und von links könnte weiterhin schweigen? Nutzt es, etwas zu sagen? Halten unsere Schreie irgendeine Bombe auf? Unser Wort, rettet es irgendeinem palästinensischen Kind das Leben? Wir denken, ja, es ist nützlich – auch wenn wir keine Bombe aufhalten, unser Wort sich nicht in ein Schutzschild verwandelt, welches verhindert, dass eine Kugel mit den am Boden eingravierten Buchstaben «IMI» (Israelische-Militär-Industrie) – in die Brust eines Jungen oder eines Mädchens eindringt. Aber wir denken, dass es nützlich ist, weil vielleicht unser Wort es erreicht, dass Andere in Mexiko und in der Welt sich versammeln. Und vielleicht verwandelt es sich zuerst in ein Raunen, Flüstern und dann in einen Schrei, den sie in Gaza hören.
Ansonsten wird passieren, was passieren wird: Die Regierung Israels wird erklären, sie hat dem Terrorismus eine schweren Schlag versetzt, sie wird ihrer Bevölkerung das Ausmass des Massakers verbergen, die grossen Waffenproduzenten werden eine ökonomische Atempause erhalten, um der Krise zu trotzen und die «weltweite öffentliche Meinung» – dieses gefügige und immerzu gefällige Wesen – wird wieder wegschauen. Jedoch nicht nur. Es wird auch geschehen, dass der palästinensische Pueblo widerstehen und überleben wird und fortfährt zu kämpfen, und er wird für seine Sache weiterhin die Sympathie von unten erhalten. Und vielleicht überleben ja auch ein Junge oder ein Mädchen von Gaza. Vielleicht wachsen sie heran, und mit ihnen der Mut, die Empörung, die Wut. Vielleicht machen sie sich zu Soldaten und Milizionären einiger Gruppen, die in Palästina kämpfen. Vielleicht stellen sie sich kämpfend (dem Staat) Israel entgegen. Vielleicht mit einem Gewehr schiessend. Vielleicht mit einem Dynamit-Gürtel um die Hüften sich selbst opfernd.
Dann werden sie dort oben über das gewalttätige Wesen der Palästinenser schreiben, werden Erklärungen herausgeben, die diese Gewalt verdammen und es wird erneut diskutiert: ob Zionismus, ob Antisemitismus. Und somit wird niemand fragen, wer das gesät hat, was geerntet wird.

So die Worte von SupMarcos. Diejenigen, die damals vor fast 15 Jahren Kinder waren, und überlebt haben, nun… Es gibt welche, die für das, was gesät wurde und heute geerntet wird, verantwortlich sind – und es gibt jemand, der ungestraft die Aussaat, das Säen wiederholt. Diejenigen, die noch vor wenigen Monaten die Invasion der Ukraine durch Putins Russland mit dem Hinweis auf «das Recht, sich gegen eine potenzielle Bedrohung zu verteidigen» gerechtfertigt und verteidigt haben, müssen nun jonglieren (oder auf Vergessen setzen), um dieses Argument angesichts Israels für nichtig zu erklären. Wie auch vice versa, umgekehrt.
Heute gibt es in Palästina und Israel – und überall auf der Welt – Kinder und Jugendliche, die das am Lernen sind, was der Terrorismus lehrt: Es gibt weder Begrenzungen noch Regeln, weder Gesetze noch Beschämen. Keinerlei Verantwortungen, keinerlei Haftung. Weder Hamas noch Netanyahu. Der Pueblo Israels wird weiterleben. Der Pueblo Palästinas wird weiterleben. Sie müssen sich nur eine Möglichkeit geben und darauf hartnäckig bestehen.
Indessen wird jeder Krieg weiterhin nur das Vorspiel des folgenden Krieges sein: noch grausamer, zerstörerischer und unmenschlicher.

Aus den Bergen des Südosten Mexikos.
Subcomandante Insurgente Moisés.,
Oktober 2023.

Ein falsches Zeichen!

sit. Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) hat die finanzielle Unterstützung israelischer und palästinensischer Nicht-Regierungsorganisationen suspendiert. Davon betroffen sind auch Partnerorganisationen von Medico International Schweiz.

«Wir sind konsterniert über den Entscheid des Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA), seine finanzielle Unterstützung für elf palästinensische und israelische NGOs auszusetzen», schreibt die Organisation für Entwicklungszusammenarbeit Medico International Schweiz in seiner Medienmitteilung vom 27.Oktober.

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Die Partei als moderner Fürst?

Kurt Seifert. Einst löste das «Reich der Mitte» gerade auch bei Linken eine grosse Faszination aus. Heute dominieren die kritischen Stimmen. Um den Weg Chinas besser zu begreifen, benötigen wir fundierte Analysen. Das Buch von Michael Brie leistet einen wichtigen Beitrag dazu.

Demokratien contra autoritäre Regime – damit scheint die heutige Weltlage auch für manche Linke ausreichend erklärt zu sein. Zu den reaktionären Mächten wird nicht nur ein aggressiv-imperialistisches Russland gerechnet, sondern auch ein vielen hier im Westen bedrohlich erscheinendes China. Kein Zweifel: Die geopolitischen Karten werden neu gemischt. Die nach dem Ende der alten Sowjetunion einzig verbliebene Supermacht USA erhält Konkurrenz. Wie ist diese Entwicklung aus emanzipatorischer Sicht zu deuten?

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Die westliche Unterstützung für die Ukraine bröckelt

dom. Die neusten Entwicklungen in Polen, der Slowakei und den USA zeigen: Im Westen wachsen die Zweifel an einer bedingungslosen Unterstützung des ukrainischen Staates. Weil dahinter kein Gesinnungswandel, sondern national-ökonomische Überlegungen stehen, ist dies gar kein Grund zur Freude.

Der Krieg in der Ukraine ist längst zum Abnutzungskrieg geworden: Das Gerede von mal mehr, mal weniger erfolgreichen Offensiven und Gegenoffensiven ändert nichts an der Tatsache, dass es seit vielen Monaten zu keinen nennenswerten Verschiebungen der Fronten mehr gekommen ist. Währenddessen reist Selenskyj durch die Staaten des Westens und sucht nach Unterstützung, Geld und Waffen. Doch er wird nicht mehr mit denselben offenen Armen empfangen wie noch vor einem Jahr. In den Regierungen und Parlamenten der EU und der USA wird die Kritik an den westlichen Sanktionen und der finanziellen Unterstützung des ukrainischen Staates lauter. » Weiterlesen

Die Massen im Kreuzfeuer

Bild: hosnysalah_pixabay

flo. Am 7.Oktober durchbrachen etwa 1500 Militante der Hamas die Sperranlage rund um den Gazastreifen an mehr als 20 Orten. Es folgten mehrere Massaker an schutzlosen Zivilist:innen. Und auch in Gaza wird unter den Vergeltungsschlägen vor allem die Zivilbevölkerung leiden.

Der Kibbuz von Be‘eri hat aufgehört zu existieren. Die landwirtschaftliche Gemeinschaft, die nur wenige Kilometer vom Gazastreifen entfernt liegt, wurde bei den Angriffen der Hamas auf Israel am 7.Oktober besonders schwer getroffen. Bei einer Bevölkerung von gerade einmal 1200 Personen wurden mindestens 112 ermordet. Noch schlimmer gegen die Bevölkerung wütete die Hamas bei ihrem Angriff einzig beim Musikfestival Re‘im, bei dem sie das opferreichste Massaker in der Geschichte Israels verübten. Dort wurden nicht weniger als 270 Menschen ermordet. Zu weiteren Massakern kam es in Kfar Aza, Netiv HaAsara, Nir Oz sowie Ein Hashloa.

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Streik im Hamburger Zoo

Gaston Kirsche. Seit dem 28.August wird im privaten Hamburger Tierpark Hagenbeck für einen Gesamtarbeitsvertrag gestreikt. Die Geschäftsführung des privaten Zoos verweigert Verhandlungen und geht mit diversen Drohungen gegen das Personal vor, das sich aber nicht einschüchtern lässt.

«Die Streiktage reduzieren anteilig die freiwilligen Urlaubstage» steht auf einem an die «Lieben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter» adressierten internen Aushang von Mitte August, für den «Ihr Dirk Albrecht» verantwortlich zeichnet, der Geschäftsführer der «gemeinnützigen Tierpark GmbH». Der Tierpark ist der einzige Grosszoo Deutschlands, der in privater Hand ist und keinen betrieblichen Gesamtarbeitsvertrag (GAV) hat.

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Deutsche Einheit: Nix zu Feiern

Gaston Kirsche. Am 2. und 3.Oktober fanden in Hamburg die diesjährigen Einheitsfeiern statt. Rund 2000 Personen nahmen an einer Gegendemonstration statt, die Teil der «Nix-zu-Feiern-Kampagne» war. Die Polizei ging massiv gegen den Protest vor.

«Hamburg ist eine internationale Metropole des Fortschritts und der Vielfalt», erklärte Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) bei der Vorstellung der Planungen für die Feier zum Tag der Deutschen Einheit 2023. Die fanden in Hamburg statt, weil das Bundesland turnusmässig die Bundesratspräsidentschaft innehat. Tschentscher will «gemeinsam neue Horizonte öffnen».

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Um Ustica niemals zu vergessen

Gerhard Feldbauer. Am 7.Juni 1980 stürzte eine Passagiermaschine ins Tyrrhenische Meer, alle 81 Insassen kamen ums Leben. Sie war von einem Nato-Kampjäger abgeschossen worden. Die Nato und Italien taten alles, um ihre Schuld zu vertuschen.

Mit seiner Äusserung in der Zeitung La Repubblica am 3.September, dass die Pa­ssa-gie­­rmaschine der italienischen Flug­gesell­schaft Aerolinee Itavia irrtümlich wä­h­rend eines Nato-Manövers von einem franz­ösischen Piloten abgeschossen worden sei, hat der ehemalige italienische Ministerpr­­­­äsident Giuliano Amato die Diskussion über diese Katastrophe neu entfacht.

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Kubas Staatspräsident in New York

sit. Der kubanische Staatspräsident Díaz-Canel nahm an der 78.UN-Vollversammlung teil. In New York kam es auch zu einem positiven Treffen mit verschiedenen Akteur:innen der US-Gesellschaft. Fast gleichzeitig wurde die kubanische Botschaft in Washington DC mit Brandsätzen angegriffen.

Einen Staatspräsidenten auf der Strasse zu sehen, inmitten einer jubelnden Menschenmenge, ist auch für das schrille New York alles andere als alltäglich, doch so geschehen am 23.September. Die Rede ist vom kubanischen Staatspräsidenten Miguel Díaz-Canel. Im Video, aufgenommen von einem Smartphone, ist zu sehen, wie er auf eine Menschenmenge mit Plakaten und Fahnen zugeht, die lautstark «Bloqueo no, Cuba si» ruft.

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Flucht aus Bergkarabach

dom. Die Situation in Bergkarabach hat sich, auch nachdem die militärischen Handlungen vorerst eingestellt wurden, nicht entspannt. Die Bewohner:innen der Region müssen fürchten, aus ihrer Heimat vertrieben zu werden oder weiteren Kriegshandlungen zum Opfer zu fallen.

Die armenischen Bewohner:innen von Berg­kara-bach ergreifen massenweise die Flucht. Die Truppen Aserbaidschans haben die Region umstellt, während ihr Präsident Ilham Alijew sich enger mit seinem türkischen Amtskollegen Erdogan zusammentut.

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«Spaltung der Eliten»: Hoffnung und Mythos

Ewgeniy Kasakow. Die Spekulationen über Spaltungen der russischen Eliten ist zur Lieblingsbeschäftigung der russischen Opposition geworden. Die These von den zwei Türmen des Kremls geht um – doch ist sie zu einfach? Und wie stehen Putins Eliten zur Kriegsfrage?

Es ist nicht ganz geklärt, wer die Redewendung von den «zwei Türmen des Kremls» in die Welt gesetzt hat. Einer der Anwärter ist der nationalistische Schriftsteller Alexander Prochanow, Redakteur der Querfront-Zeitung «Sawtra». Spätestens seit 2013 gebraucht sie auch Gennadi Andrejewitsch Sjuganow, der Chef der Kommunistischen Partei der Russländischen Föderation (KPRF). Der Sinn der Metapher: In der Führung Russlands herrscht ein andauernder Kampf zwischen den prowestlich-liberalen und etatistisch-imperialen Fraktionen.

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Ein historischer Sieg!

sah. Reproduktive Wahlfreiheit für Mexiko – nach einem Urteil des Obersten Gerichts sind in Mexiko Schwangerschafts­abbrüche legal. Der Kampf ist zwar noch nicht zu Ende, doch während Lateinamerika zunehmend die Abtreibungen entkriminalisiert, geschieht in den USA das Gegenteil davon.

Endlich! Der mexikanische Oberste Gerichtshof (SCJN) hat Anfang September den Paragrafen des Strafgesetzbuches, der Schwangerschaftsabbrüche unter Strafe stellt, für ungültig erklärt. Das Urteil erfolgte einstimmig. Es ist ein historischer Sieg der Frauenbewegung, nach einem langen, harten Kampf.

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Neuwahlen in Spanien?

Ralf Streck. Selbst zwei Monate nach den Wahlen scheint die Regierungsbildung in Spanien der Quadratur des Kreises zu gleichen. Für die Sozialdemokraten hängt alles von katalanischen Unabhängigkeitsparteien ab. Doch sie müssen warten, denn der König hat die Volkspartei als Wahlsiegerin beauftragt, eine Regierung zu bilden.

Die Regierungsbildung in Spanien nach den Wahlen vom 23.Juli gestaltet sich sehr zäh, da keine Partei einen klaren Auftrag erhalten hat. Der König hat mit der Bildung einer neuen Regierung zunächst den Chef der rechten Volkspartei (PP) beauftragt. Das war zu erwarten, auch da der Staatschef der postfaschistischen PP nahesteht. Deren Problem ist aber,

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Völkerrecht oder Staatsinteressen?

Elisabeth Bäschlin. Die Westsahara steht seit Jahrzehnten unter der völkerrechtswidrigen Besatzung von Marokko. Ihre Bewohner:innen, die Sahrauis, haben ein Recht auf Selbstbestimmung, doch wen kümmert es… Eine werteorientierte Politik scheint international abgedankt zu haben.

Ein grosser Teil der Westsahara, der ehemaligen spanischen Kolonie Sahara, wird seit 1975 von Marokko widerrechtlich besetzt. Bereits 1963 hatte die UNO von Spanien verlangt, die Bevölkerung über ihre Zukunft bestimmen zu lassen. 1973 haben dann junge Sahrauis die «Frente Polisario» als Befreiungsbewegung gegen die spanische Kolonisierung.

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Im Chile der Unidad Popular: Das Land denen, die es bestellen!

Redaktion. Sechs Monate nach Amtsantritt hat die Regierung Allende bereits 750000 Hektar Land enteignet. Am Beispiel der Agrarreform zeigen sich die Ziele, Schwierigkeiten und Hoffnungen, die mit dem Wahlsieg 1971 von Salvador Allende in Chile verbunden waren. Und somit auch, warum es am 11.September 1973 zum blutigen Militärputsch unter der Führung des US-Imperialismus kam.

Chile 1916. Schon seit Tagen notiert der als Tagelöhner verkleidete Politiker und Publizist Tancredo Pinochet Le-Brun die Zustände des Landlebens auf der Hacienda Camarica in sein Notizbuch. Aus nächster Nähe erlebt er einen Arbeitsalbtraum: «Es wird von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang gearbeitet. Zum Frühstück gibt es ein Stück Brot, ohne Kaffee oder Tee, ohne heisses Wasser; ein Teller Bohnen zum Mittag, ohne Brot; und noch ein Stück Brot am Tagesende. Nach all dem geht das menschliche Tier (…) nicht in ein Schlafzimmer, um sich auszukleiden: Es wirft sich unter freiem Himmel auf einen Strohhaufen. Am nächsten Tag steht es wieder auf, ohne sich zu waschen, streckt sich und beginnt von neuem zu arbeiten, von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang…»
Die Schilderungen des Alltags auf dem Gutssitz des damals amtierenden Präsidenten Juan Luis Sanfuentes sorgen für einen Sturm der Empörung. Für die mehr als zwei Millionen betroffenen Menschen, die ohne ausreichende Grundversorgung und ohne Bildungsmöglichkeiten in quasi-feudalen Verhältnissen auf dem Land leben, ändert sich in den nächsten vier Jahrzehnten jedoch kaum etwas. » Weiterlesen

Der alte Fischer und die Wüste

Klaus Petrus. Eins liebte der Tunesier Chamseddine Marzoug das Meer, heute verflucht er es. Zu viele Tote musste der 60-jährige Mann herausfischen, der vom Fischer zum Totengräber im «Friedhof der Unbekannten» wurde. Und weil auch Tunesien sich als Grenzwächterin Europas einkaufen lies, wird im Land massiv gegen Migrant:innen gehetzt.

Chamseddine Marzoug. Bild: Klaus Petrus

Chamseddine Marzoug hat das Zeug zum Helden. Vor zwanzig Jahren war es, als sich Leichenteile in seinen Netzen verfingen, mal ein Arm, dann ein Stück Bein, ein Kopf, ein paar Finger, auch Kleider, Schuhe und Puppen waren dabei. Habseligkeiten von Migrant:innen, die auf maroden Schiffen von Tunesien über Lampedusa nach Europa fliehen wollten, die kenterten, ertranken und vom Meer an die Küste zurückgeschwemmt
wurden.
2011 waren es besonders viele. Damals tobte in Libyen der Bürgerkrieg, 300’000 flüchteten allein in den ersten Monaten nach Tunesien. Und so stiegen immer mehr in diese Holzboote, Fischerboote, Gummiboote, sie zahlten den Schlepper ordentlich Geld, denn alle wollten sie weg. Als das Meer, das Marzoug einst liebte und heute verflucht, zum Friedhof wurde, begann er die Toten oder was von ihnen übrig war in Säcke zu packen, er hievte sie auf einen Pickup, fuhr in die Wüste hinaus, schaufelte Mulden zwei Meter in die Tiefe, er legte die Leichen hinein und schmückte die Gräber mit Plastikblumen, mit Tafeln aus Ton und Engel aus weissem Porzellan.

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BRICS – eine brauchbare Alternative?

dom. Der diesjährige BRICS-Gipfel in Johannesburg sorgte für viel Aufregung, vor allem in den bürgerlichen Leitmedien des Westens war eine gewisse Verunsicherung spürbar. Doch bleibt von dem Gipfeltreffen mehr als eine Bedrohung für den westlichen Imperialismus?

Die Staatengruppe BRICS wird erweitert: Zu den bisherigen Mitgliedern treten Argentinien, Ägypten, Äthiopien und drei Staaten des Nahen Ostens bei: Saudi-Arabien, der Iran und die Vereinigten Arabischen Emirate. Damit werden die BRICS 37 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung und 46 Prozent der Weltbevölkerung umfassen.
Mit den Staaten des Nahen Ostens stossen drei wichtige Lieferanten von fossilen Brennstoffen zum Bündnis dazu. Bereits jetzt werden 60 Prozent der weltweit geförderten Öl- und Gasvorkommen in BRICS-Ländern gewonnen, nach der Erweiterung wird die BRICS rund 80 Prozent der weltweiten Ölförderung kontrollieren. Ausserdem hat auch Venezuela mit seinen riesigen Ölreserven den Beitritt beantragt. » Weiterlesen

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