Demo – Nothilfe abschaffen!

Seit 2008 sind im Kanton Zürich mehr als 1000 Asylsuchende in den Notunterkünften im sogenannten Nothilfe-Programm. Diese Unterkünfte sind ausserhalb der Städte, sichtbar sind sie für die meisten der heimischen Bevölkerung nicht.

Es ist klar und auch offen deklariert, dass alle Massnahmen dem Zweck dienen sollen, dass die Flüchtlinge, deren Gesuche abgelehnt oder gar nicht erst bearbeitet wurden (Nichteintretensentscheid NEE), die Schweiz „freiwillig“ verlassen. Diese grobschlächtige und brutale bürokratische Verfahrensweise hat erwiesenermassen nicht funktioniert.

Die Situationen in den Herkunftsländern sind immer noch dieselben, auchwenn die Dikatatoren neue Gesichter haben. Die Menschenrechte werden immer noch missachtet, Menschen willkürlich verfolgt, eingesperrt und ermordet.

Wir glauben, dass das Nothilfe-Regime nicht nur versagt hat, sondern selber die Menschen quält und depressive, aggressive und kranke isolierte Individuen produziert.

Darum stehen wir zusammen und fordern die damit beauftragten Beamten auf, für eine Lösung einzustehen: Sollen die Notunterkünfte neben den Flüchtlingen auch das Flüchtlingsproblem bloss unter Verschluss halten? Was, wenn sie nur einer Foltermaschine dienen?

Kommt zahlreich! Für eine starke Demo

Refugees Welcome

Im Staate der Eidgenossen

Die Kantone machen dank der «Nothilfe» mit Menschen in Not ein fettes Geschäft. Während der Bund sich «antizyklisch» verhält, würden sich viele Familien gerne «zyklisch» verhalten. Doch Kapitän Rudolf wird uns aus der Krise segeln! Aus dem vorwärts, der am 10. Junli erscheint!

Am 30. Juni wird in der NZZ akribisch genau aufgezeigt, wie in der Schweiz mit Menschen Geld gemacht wird. Genauer gesagt mit Asylsuchenden und AsylbewerberInnen, die hierzulande immer weniger wie Mensche und immer mehr wie unerwünschte Exportware behandelt – beziehungsweise gehandelt – werden. Jene mit dem Strichcode «Asylsuchende mit einem rechtskräftigen Nichteintretensentscheid» bekommen seit 2004 und die jene mit dem Stempel «abgewiesene Asylbewerber» seit 2008 keine Sozialleistungen mehr. Dafür gibt es die so genannte «Nothilfe». Im letzen Jahr belief sich die Stückzahl der unerwünschten Ware «Asylant zum Ausschaffen» auf 4308. Bei 56 Prozent, genau 2401 Stücke, musste die Wartung «Nothilfe» durchgeführt werden. Dies kostete dem Bund 47 Franken pro Tag und Stück. Viel? Abgesehen davon, dass ein Manager das Doppelte, Dreifache oder noch mehr pro Stunde «verdient», tippen Sie mal in den Taschenrechner die Zahl 68 und neun Nullen ein. Das ergibt 68 Milliarden. Teilen Sie nun durch 365. Das Resultat lautet 186’301’369.86… Genau so viel hat uns die Rettung der UBS pro Tag gekostet.

Doch zurück zum Exportgeschäft: Der Bund zahlt den Kantonen eine Pauschale von 6000 Franken pro Stück, das aus der humanitären Schweiz abgeschoben werden soll, was im 2008 ein Total von 25.8 Millionen ergab. Da aber nur bei 56 Prozent Wartungsarbeiten durchgeführt wurden, mussten die Kantone dafür 9.5 Millionen Franken ausgeben und erzielten somit einen Mehrwert von rund 16.3 Millionen. Dies entspricht einer Rendite von 37 836.58 Franken pro «Asylant zum Ausschaffen». Ein äusserst lukratives und einfaches Geschäft für die Kantone: Je mehr Ausschaffungen, desto mehr Kohle.

Ahoi Kapitän

Viel grössere Sorgen als um die Menschen, die hier bei uns Hilfe suchen, macht sich die NZZ wenige Tage später über den Haushalt des Bundes, der nach einigen fetten Jahren nun «tief in die roten Zahlen» versinken wird. Im kommenden Jahr dürfte das Defizit rund 2.5 Milliarden betragen, dies bei Einnahmen von 58.1 und Ausgaben von 60.4 Milliarden Franken. Für die Jahre 2011 bis 2014 sind gar Löcher «von über vier Milliarden» Franken prognostiziert. Voll krass diese «tiefrote» Summe, finden Sie nicht auch? Vor allem dann, wenn man sie in Verhältnis mit den 68 Milliarden für die UBS setzt und auch noch weiss, dass im Jahr 2008, als das Geldinstitut gerettet werden musste, die Bundeseinnahmen bei etwa 60 Milliarden Franken lagen. Wie soll ich nun meiner Tochter erklären, dass sie für ihr Schleckzeug nicht zwei Franken ausgeben kann, wenn sie nur einen Franken in ihrem rosaroten mit Schmetterlingen beschmückten Kinder-Portemonnaie hat?

Selbstverständlich hat die NZZ auf diese einfache Frage eines offensichtlich mit der Erziehung überforderten Vaters eine Antwort. So ist in Krisenzeiten nach den «Grundsätzen der antizyklischen Finanzpolitik» für den Bund das Sparen ein «Tabu». Der Bund passt sich so der grossen Mehrheit seines Volks an, die auch nicht spart. Zwar würden sich gerne viele Familien «zyklisch» verhalten und in der Krise sparen. Doch die Grundsätze der Finanzpolitik sind gnadenlos und gelten auch bei der Milchbüchlein-Rechnung von Familien der Normalsterblichen. Und da sieht es oft so aus, dass die Zahl auf der Seite der Ausgaben höher ist als jene auf der Seite der Einnahmen. Genau so wie beim Bund, also wieder eine Parallele, die doch zeigt, wie volksnah der Bundesrat politisiert.

Und schliesslich sitzen wir hier in der Schweiz zwar etwas eng wegen den vielen Bergen aber doch alle im gleichen Boot. Unser gemeinsamer Kapitän, der viel Zuversicht und noch mehr Vertrauen ausstrahlt, heisst Rudolf Merz. Er wird uns mit grossem Navigationsgeschick aus dem Krisensturm segeln. Den Kurs hat er schon eingeschlagen und das Steuerrad hält er fest in seinen tapferen Händen. So soll baldmöglichst wieder gespart werden. Und zwar «durch Verzicht auf Subventionen für Schweizerschulen im Ausland, Museen oder für den sozialen Wohnungsbau». Wer geht mit mir eine Gegenwette ein, dass das «oder» zu einem «und» wird. Die NZZ schlägt unserm Kapitän Rudolf weiter vor, keine neue Projekte anzupassen, die zu «zusätzlichen Milliardenlöcher führen», wie etwa ein «Fonds für Solarenergie» oder das Stopfen von «Ertragslöcher bei der Leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe (LVSA)». Ahoi mein Volk!

Der Weg zur «Gefangenen Kunst»

Ayo (Name geändert) übergibt uns die ersten Bilder an einem trüben Tag. Es regnet, der Himmel ist grau, ebenso der Betonklotz, in welchem die Übergabe stattfindet. Unsere Schuhe sind nass, der Spaziergang hierhin war nicht schön, nur passend…

Da sitzen wir im ungemütlichen Besucherraum des Flughafengefängnisses Kloten und sind berührt vom Lachen, welches Ayo noch immer zustande bringt. Seit mehreren Monaten ist Ayo hier in Ausschaffungshaft. Vor mehr als zwei Jahren ist Ayo, damals 25 Jahre alt, in die Schweiz gekommen. Mit nicht viel mehr als einem gültigen Flugticket und seinen Sportschuhen hat Ayo sein afrikanisches Heimatland verlassen, um an einem Marathonlauf in Zermatt teilzunehmen, zu welchem er eingeladen worden ist. Und weil Ayo Hoffnung in seinem Herzen und Träume in seinem Kopf hatte, ist er nicht wieder ins Flugzeug gestiegen, nicht in seine Heimat zurückgeflogen. Bald hat er gemerkt, wie das hier läuft, beziehungsweise nicht läuft, denn ohne Asylantrag läuft gar nichts… Also hat er einen Asylantrag gestellt, sich nicht wohl dabei gefühlt, denn Asyl brauchte er ja nicht. Auf seinen Antrag wurde nicht eingegangen, ein «Nichteintretensentscheid», kurz NEE. Ayo hätte gehen müssen, doch er blieb. Alle paar Wochen ist er in eine neue Notunterkunft gezogen, hat das Nötigste bekommen, mehr nicht. Dann, acht Monate später, ist Ayo in eine Polizeikontrolle geraten und mitgenommen worden, zuerst in die Kaserne, dann ins Flughafengefängnis, in Ausschaffungshaft.

Eine Stimme geben!

Im Gefängnisalltag ist keine Beschäftigung für die Inhaftierten vorgesehen, im Gegenteil: möglichst langweilig soll es sein, zermürbend, die Leute sollen genug davon bekommen, sollen gehen wollen, sollen zurück, zurück in Hoffnungs- und Perspektivlosigkeit. Schlimmer kann sie ja kaum sein, da wo die Menschen her kommen. Hier, an diesem Ort, wird sie gemacht. Bewusst. Die Menschen sollen von der Schweiz abgeschreckt werden. Aufgeben. Ayo gibt nicht auf; er fängt an, Bilder zu malen. Ayo ist vor der wirtschaftlichen Misere seines Landes geflüchtet, hat nach Schweizer Gesetzgebung kein Anrecht auf Asyl. Trotzdem hat er es versucht, ist seiner Hoffnung auf ein besseres Leben gefolgt. Ist das ein Verbrechen? Unsere Gesellschaft bestraft Menschen wie Ayo mit monatelanger, zermürbender Haft, gibt tausende von Franken aus, um den Menschen die Hoffnung zu nehmen.

Mit der Ausstellung «Gefangene Kunst» möchten wir auf die Menschen aufmerksam machen, die in Ausschaffungshaft sind. Wir möchten ihnen eine Stimme geben und die Möglichkeit, ihr Gefangensein in irgendeiner Art für die Menschen draussen fühlbar, begreifbar zu machen. Da sind Menschen wie Ayo, die sich ein besseres Leben erhofften. Da sind aber auch Menschen, die Kriege erlebt haben. Menschen, die aufgrund unmenschlicher Lebensbedingungen geflüchtet sind. Mit der Hoffnung und dem Mut, in einem ihnen fremden Land einen Neuanfang zu wagen. Manche sind mit Traumas gekommen, in der verzweifelten Hoffnung auf Schutz, andere voller Tatendrang und dem Willen, sich hier ein Leben zu erarbeiten, etwas zum Ganzen beizutragen. Sie alle haben Vertrauen in unser Land gehabt. Vertrauen darin, dass es hier so etwas wie Gerechtigkeit gibt, dass Menschenrechte geachtet werden. Mit zerbrochenen Träumen und orientierungslos, vielleicht voller Angst vor einer Rückschaffung, sitzen sie jetzt in Ausschaffungshaft. Ohne je ein Verbrechen begangen zu haben. Denn: Flucht ist kein Verbrechen! Darf keines sein! Angesichts der gigantischen Herausforderung, welche die weltweite Migrationsbewegung mit sich bringt, hat die Schweiz kapituliert. Anstatt nach menschenwürdigen, gangbaren Wegen zu suchen, nach wirklichen Lösungen, hat sie sich Scheuklappen angezogen. Die verschärften Gesetze zur Asylpolitik sind teilweise menschenverachtend. Es darf nicht sein, dass die Motivation, Menschen zu inhaftieren, eine lebensverachtende ist. Das ist sie aber wenn es darum geht, die Menschen so lange zu zermürben und mit Perspektivlosigkeit zu füttern, bis sie «freiwillig» gehen – wohin auch immer. Wo es um globale Herausforderungen geht, ist es gefährlich, auf solch kurzsichtige, egoistische Weise zu handeln. Die neuen Wege, die es braucht, müssen mitfühlende sein, menschliche, denn es geht um Menschen.

Die Hoffnung nicht ganz verloren

Ayo hält 17 Monate durch. Dann teilt er den Behörden mit, dass er bereit ist, zurück zu kehren. Er hält es nicht mehr aus. Kurz darauf wird er freigelassen, bekommt ein Papier in die Hand gedrückt, auf welchem steht, dass er die Schweiz innerhalb von 24 Stunden verlassen muss. Papiere hat Ayo keine. Nur die Wahl zwischen illegal über die Grenze in ein Nachbarland gehen oder illegal hier bleiben. Ayo bleibt. Kämpft, hofft weiter. Weihnachten feiert er zusammen mit anderen Asylsuchenden und Menschen ohne Aufenthaltsbewilligung in der besetzten Predigerkirche. Kurz danach wird er erneut verhaftet. Fast zwei Monate ist er in Untersuchungshaft. Dann kommt er ins Bezirksgefängnis, wenig später in die Strafanstalt Pöschwies. Angeklagt wegen illegalem Aufenthalt und wiederholtem Fahren ohne gültigem Fahrausweis. Dort ist er jetzt, malt weiter. Die Hoffnung für die Schweiz hat er wohl verloren, die Hoffnung für sich noch nicht ganz. Ayo hat ein kleines Bild gemalt, eine Bleistiftskizze: Gitterstäbe, dahinter ein lachendes und ein weinendes Gesicht. Unter das Bild hat er den Satz geschrieben: «Some people can only see darkness, others can see the stars»

Die Ausstellung «Gefangene Kunst» zeigt Bilder, die von Menschen in Ausschaffungshaft gemalt worden sind. Die Bilder waren bereits letzten September im Café Zähringer zu sehen.

Ausstellung: 3. März bis 30. April 09 im Restaurant Bubbles, Strassburgstrasse 15, 8004 Zürich (beim Stauffacher)

Vernissage: Freitag, 3. April 09 ab 18 Uhr, Veranstaltung mit Betroffenen und Experten um 19 Uhr.