Gegenmacht herstellen!

Maximilien Dardel. Welche Bilanz zieht die Partei der Arbeit Belgiens (PTB) aus der Erfahrung von Syriza in Griechenland? Wie ist dem politisch-medialen Einfluss des Establishments zu begegnen? Wann wird die PTB regieren? Zweiter Teil des Interviews mit David Pestieau, Vizepräsident der PTB.

Die PTB erfreut sich im Moment an guten Umfragewerten, zumindest im französischsprachigen Teil. Ein wichtiger Vertreter der Partei, Raoul Hedebouw, erklärte aber: «Wir werden frühestens in 10 oder 15 Jahren an der Macht sein.» Ihre Partei scheint immer wieder die Frage einer Machtübernahme zu vermeiden. Welche Vision haben Sie gegenüber diesem Szenario?
David Pestieau: Ich denke, dass eine Regierung heute nicht die reale Macht in einer kapitalistischen Gesellschaft widerspiegelt. Die Macht des Staates ist ein Ensemble, wo es die Regierung gibt, aber auch die extrem grosse Zahl der LobbyistInnen der multinationalen Konzerne, welche quasi direkt oder indirekt am Kabinettstisch sitzen. Wir sagen, dass das derzeitige Spiel von Wahlen uns in Situationen bringt, in denen wir an der Regierung sein, aber keine wirkliche Macht ausüben könnten. Das ist sehr wichtig, denn es bestimmt unsere Strategie als linke Kraft. Wenn Sie die Gesellschaft von Grund auf verändern wollen, wenn Sie auch nur eine andere Verteilung des Reichtums wollen und kein Verständnis dieser Realität entwickeln, werden Sie die falsche Strategie verfolgen.
Die radikale Linke in Europa hat diese Erfahrung mit Griechenland erlebt. Es gab eine Regierung, die mit fast absoluter Mehrheit der Sitze gewählt wurde, Syriza, mit einem relativ radikalen Anti-Austeritätsprogramm, das sie aber nicht umsetzen konnte. Das praktische Resultat war, dass sie an der Regierung waren, aber nicht die Macht hatten. Man hat erlebt, dass von den ersten Tagen dieser Regierung an alle Entscheidungen der griechischen Regierung Angela Merkel und der EU-Kommission zur Kenntnis gegeben wurden, weil die hohen griechischen Beamten für das europäische Establishment arbeiteten. Es war zu sehen, dass das griechische und europäische Establishment auf die Regierung von Alexis Tsipras durch eine wirtschaftliche Strangulierung Druck ausübten, insbesondere gerade vor dem Anti-Austeritätsreferendum vom Juli 2015. Die in Griechenland praktizierte Strategie war, zu regieren, ohne wirklich über reale Macht zu verfügen. Sie mussten ein Programm verwirklichen, welches das Gegenteil des Programms war, mit dem sie gewählt worden sind.
Man kann nur feststellen: Wenn wir eine Strategie wollen, die die Probleme unserer Zeit wirklich anpackt, dann muss die Macht in ihrer Gesamtheit infrage gestellt werden. Wenn wir in der Lage sein wollen, diese Macht auch nur ein wenig zu erschüttern, muss es eine genügend starke Gegenmacht geben. Und diese Gegenmacht bedeutet nicht nur, ein gutes Wahlergebnis zu haben. Es muss auch eine Bewegung in der Gesellschaft geben und eine Organisation, eine Fähigkeit, eine gewisse ideologische Hegemonie herzustellen, um ausreichend starke Positionen zu haben, um auf die Strasse gehen zu können, wenn es wirtschaftliche Erpressung gibt. Man muss alternative Medien haben, um eine andere Tonart zu Gehör zu bringen. Man muss Leute haben, die den Kampf auch innerhalb der Institutionen führen können. Wenn wir nicht in der Lage sind, ein Minimum an Gegenmacht auf die Beine zu stellen und die Möglichkeit haben, die Bedingungen zu schaffen, um eine gewisse Anzahl unserer politischen Positionen durchzusetzen, laufen wir Gefahr, genau so wie Syriza zu enden.
Richten wir uns also nicht an den Umfragen aus. Selbst wenn wir den Wahlerfolg haben würden, den uns diese Umfragen prognostizieren, müssen wir in der Lage sein, eine gänzlich andere Politik zu verwirklichen.
Ausserdem haben wir in Belgien ein System von Regierungskoalitionen. Und hier sehen wir im Moment keine Veränderungen bei den anderen Kräften, die sich links nennen. Wir haben eine sozialdemokratische Partei, welche die politische Szene seit Jahrzehnten dominiert, und wir haben eine grüne Partei. Doch diese beiden Parteien verharren heute immer noch in demselben Joch, dem sie sich seit 30 Jahren unterworfen haben.
Der Historiker Enzo Traverso sagte, dass die Sozialdemokratie in gewisser Weise ein Nebenprodukt der Oktoberrevolution sei. Ich würde nicht so weit gehen, aber auf jeden Fall ist der Erfolg, den die Sozialdemokratie hatte, mit einem sehr spezifischen Moment des Kapitalismus verbunden, der keineswegs sein wahres und normales Gesicht zeigt. Wenn man genau hinsieht, hat der Kapitalismus seit dem 19. Jahrhundert mehr Krisen erlebt als Stabilität. Diese berühmten goldenen Jahre zwischen 1945 und 1980, die die glorreichen Tage der europäischen Sozialdemokratie waren, sind mit einem besonderen Zeitabschnitt des Wiederaufbaus einer starken ArbeiterInnenbewegung und der Existenz eines konkurrierenden Systems verbunden.
In den neunziger Jahren hat die Hinwendung zum Sozialliberalismus den sozialdemokratischen Parteien eine Zeit lang einen Wechsel ermöglicht, mit der sogenannten Politik des kleineren Übels: «Ohne uns wäre es schlimmer.» Heute ist seit einiger Zeit eine grosse politische Krise der traditionellen politischen Kräfte, insbesondere der Sozialdemokratie, zu sehen. Es war also logisch, dass dieses Phänomen auch Belgien treffen würde. Die Besonderheit im französischsprachigen Belgien ist, dass dieser Absturz der Sozialdemokratie nicht zugunsten der extremen Rechten erfolgte, sondern auch zugunsten der Kräfte der radikalen Linken.

Ihre Abgeordneten leisten den Eid in den drei offiziellen Sprachen Belgiens, um ihr Festhalten an der Einheit des Landes zu zeigen. Es ist wichtig zu betonen, dass Sie die einzige gesamtnationale Partei Belgiens sind. Doch wenn der Protest gegen die Sparmassnahmen und die EU in Wallonien sich positiv für die PTB auswirkt, scheint in Flandern die Neue Flämische Allianz (N-VA) Vorteil daraus zu ziehen. Wie erklären Sie das? Ist das das Zeichen eines unüberwindbaren Gegensatzes innerhalb der belgischen Nation?
In Belgien haben wir eine Besonderheit mit drei Sprachen: In Flandern wird Niederländisch gesprochen, in Wallonien hauptsächlich Französisch, in einem kleinen Teil wird Deutsch gesprochen, und in Brüssel spricht man Französisch und Niederländisch. Es gibt die gleiche Situation in einem anderen Land Europas, nämlich der Schweiz. Der Unterschied ist, dass dort alle Parteien nationale Parteien geblieben sind. In Belgien wurden zuerst die Parteien gespalten, bevor die Leute gespalten wurden. Aus Gründen des politischen Opportunismus wurde beschlossen, die Parteien in zwei Teile zu trennen. Wir sind eine nationale Partei geblieben. Es ist schwierig zu sehen, wie man eine internationalistische oder auch nur eine europäische Vision verteidigen könnte, wenn man nicht in der Lage ist, in Belgien eine einzige Partei zu sein und sich unter MarxistInnen zu verständigen, die einfach nur eine andere Sprache sprechen! Wir haben darauf gesetzt und tun es jeden Tag, eine nationale Partei zu sein. Die sprachliche Spaltung in Belgien dient den Interessen der besitzenden Klassen.
In Flandern entwickelte sich die Sozialdemokratie in einem Kontext, in dem die Rechte stärker war und es eine nationalistische Bewegung gab, die sich entwickelte und politisch in die Rechte und sogar extreme Rechte einmündete. Die Besonderheit Belgiens, die die Dinge noch komplizierter macht, ist, dass wir eine faschistische, rechtsextreme Partei haben, der «Vlaams Belang», und zusätzlich noch in der traditionellen flämischen Bewegung das Aufkommen einer «zivilisierten» extremen Rechten, wie man sagt, eine neue Rechte, die N-VA. Wir haben also eine der am besten organisierten faschistischen Parteien in Europa, die neben einer anderen Partei der neuen nationalistischen Rechten existiert, die auf sehr spezifische Art die Anti-Establishment-Stimmung vereinnahmt, obwohl sie selbst Teil davon ist.
Es ist eine schwierige Gleichung, die wir im Norden des Landes zu lösen haben. Diese Situation hat zur Folge, dass wir in Flandern nicht die gleichen Wahlergebnisse wie in Wallonien bekommen. Aber in einer Stadt wie Antwerpen, der grössten Industriestadt des Landes, bekommen wir immerhin neun Prozent, was angesichts dieses Kontextes ein sehr gutes Ergebnis ist, auch im Vergleich zu nicht wenigen anderen Parteien der radikalen Linken in Europa. Aber der Kampf ist schwieriger. Wir glauben nicht, dass die WallonInnen von Natur aus wesentlich linker sind als die FlamInnen, wie ich auch nicht meine, dass die Menschen des französischen Südens genuin mehr rechts sind als die in anderen Regionen Frankreichs. Wir meinen, dass es mit besonderen politischen Kontexten zusammenhängt und dass der Kampf überall geführt werden muss, mit dem Gedanken geführt werden muss, dass die Werktätigen vereint werden müssen. Das ist unsere Aufgabe.

In letzter Zeit scheint die grossen belgischen Medien eine echte Angst vor Rot ergriffen zu haben. Wie gehen Sie damit um, dass ein Teil der Presse Sie ständig mit dem Bild des Kommunisten mit einem Messer zwischen den Zähnen darstellt?
Wenn Sie einen Kampf führen, bei dem Sie eine Reihe von neoliberalen Dogmen in Frage stellen, werden Sie angegriffen werden. Und Sie können dabei irgendeine Farbe haben; wenn Ihre Botschaft auch nur ein wenig den Neoliberalismus in Frage stellt, werden Sie für alles Mögliche beschimpft. Ich habe einmal eine Rede von Berlusconi gelesen, in der Romano Prodi als Kommunist beschimpft wurde! Man hat schon alles erlebt. Das ist die Angst vor einem herbeiphantasierten Rot, die als politisches Argument benutzt wird, um kurzfristig Wahlen zu gewinnen. Aber das ist unvermeidlich! Wenn Sie nicht auf diese Weise angegriffen werden, bedeutet das vor allem, dass Sie nicht damit beschäftigt sind, das System infrage zu stellen. Alle AnführerInnen von Streiks und sozialen Bewegungen werden zu bestimmten Zeiten verunglimpft und karikiert.
Ich denke, dass sich in gewissen Kreisen eine echte Angst vor der PTB zu entwickeln beginnt, über die übliche Karikatur hinaus. Man sieht es, wenn man die Erklärungen der UnternehmerInnen liest. Die schreiben, dass es absolut notwendig sei, dass die PTB nicht regiert oder die politischen Entscheidungen beeinflusst. Seit einiger Zeit spürt man also, dass dieses Phänomen, das vor allem in politischen Auseinandersetzungen genutzt wird, zu einer echten Angst geworden ist. Denn die PTB steigt auf und könnte andere politische Parteien beeinflussen. Die UnternehmerInnen reagieren und fordern, die PTB als nicht salonfähige Partei einzustufen.
Wie kann man es vermeiden, ein Etikett verpasst zu bekommen? Man muss damit anfangen, seine eigenen Ideen zu verteidigen und zu erklären. Alle Kommunikationsmittel nutzen, um es zu tun und nicht allein von traditionellen Informationskanälen abhängig sein. Man darf der Karikatur auch keine Flanke öffnen. Ich denke, dass es in gewisser Weise eine tiefe politische Krise und eine antikommunistische Botschaft gibt, die vor 20 Jahren sehr viel leichter durchging als heute. Es gibt heute ein tiefes Misstrauen der einfachen Leute gegenüber der Botschaft der dominierenden Medien. Wenn wir also über den Aufbau einer Gegengesellschaft sprechen, schliesst das auch ein, ein Netzwerk von Informations- und Diskussionsmöglichkeiten zu haben. Und da bin ich optimistischer als in der Vergangenheit, wenn ich die Entwicklung der alternativen Medien und der neuen Technologien sehe.

Übersetzung: Georg Polikeit

Noch unterwegs: die MEGA

Georg Fülberth. Für das Studium der Lehren von Marx und Engels ist die MEGA unabdingbar. Die Marx-Engels-Gesamtausgabe war nach dem Untergang der DDR gefährdet, konnte gerettet werden und wird bis heute fortgesetzt.

Als Friedrich Engels 1895 starb, war der wissenschaftliche Nachlass von Karl Marx noch weitgehend unerschlossen. Gewiss: nach dessen Tod war 1885 der zweite und 1894 der dritte Band des «Kapital» erschienen. Aber das waren nur Teile aus der ungedruckten Textmasse. Engels wies Eduard Bernstein und Karl Kautsky in Marx‘ Handschrift ein, damit sie seine Herausgebertätigkeit fortsetzen konnten.

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Blutbad im Gazastreifen

Georg Polikeit. Parallel zu den Festivitäten zur Einweihung der nach Jerusalem verlegten Botschaft der USA veranstaltete das israelische Militär am Montag, den 14. Mai, das blutigste Massaker im Gazastreifen seit dem Krieg von 2014.

Mindestens 52 PalästinenserInnen, die im Gazastreifen entlang der Sperrzone für das Recht auf Rückkehr der seit 1948 aus dem israelischen Staat vertriebenen PalästinenserInnen und gegen die totale Abriegelung des Gazastreifens durch das israelische Militär demonstrierten, wurden an diesem einzigen Tag von israelischen ScharfschützInnen erschossen. mehr als 2400 weitere durch Schüsse und Tränengaseinsätze teilweise schwer verletzt.
Zur gleichen Stunde verkündete USA-Präsident Trump, der seine Tochter Ivanka plus Schwiegersohn als Vertretung nach Jerusalem geschickt hatte, dass die Verlegung der US?Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem ein «grosser Tag für Israel» sei. Israels rechtslastiger Regierungschef Benjamin Netanjahu erhob erneut den Anspruch Israels auf ganz Jerusalem als Hauptstadt des «jüdischen Staates» und nannte die Verlegung der US?Botschaft dorthin einen «historischen Tag». Vermutlich weil er darin die Möglichkeit sieht, nun weltweit andere Staaten unter Druck zu setzen, dem US-amerikanischen Beispiel zu folgen und damit die Oberhoheit Israels über die «heilige Stadt» dreier Religionen anzuerkennen, was die Verwirklichung einer Zwei-Staaten-Lösung für den israelisch-palästinensischen Konflikt für immer torpediert würde.
Insgesamt haben die israelischen Streitkräfte seit Beginn der palästinensischen Demonstrationen am 30. März nach Angaben des palästinensischen Sanitätsdienstes mindestens 90 PalästinenserInnen erschossen, obwohl sie völlig unbewaffnet gewesen waren. Etwa 10 500 weitere wurden durch scharfe Schüsse und Tränengaseinsatz so verletzt, dass sie medizinisch behandelt werden müssten, manche davon so schwer, dass sie lebenslang behindert sein werden.

Tag der Katastrophe
Die palästinensischen Protestdemonstrationen am 14. Mai waren der vorgesehene abschliessende Höhepunkt der seit sieben Wochen anhaltenden Protestaktionen unter der Bezeichnung «Marsch der Rückkehr». Sie waren bewusst einen Tag vor dem Tag angesetzt worden, den die PalästinenserInnen als «Nakba» (Tag der Katastrophe) bezeichnen und der zugleich der Gründungstag des Staates Israel ist (15. Mai). Damals waren in einer Kampagne der ethnischen «Säuberung» rund 700 000 PalästinenserInnen gewaltsam aus dem Staat Israel vertrieben und ihr Land und anderes Eigentum beschlagnahmt worden.
Nun hatten sich an diesem 14. Mai erneut Zehntausende PalästinenserInnen an sieben Stellen in der Nähe des von Israel auf palästinensischem Territorium errichteten Grenzzauns und «Sicherheitsstreifens» versammelt. Einige Beteiligte hatten erneut Autoreifen in Brand gesetzt, um einen Rauchvorhang zwischen dem israelischen Militär und den DemonstrantInnen zu erzeugen, und auch brennende Reihen in Richtung Grenze ins Rollen gebracht. Manche versuchten auch, Steine und Flaschen Richtung Grenze zu schleudern oder sich unter Gefahr ihres Lebens dem Grenzzaun zu nähern, um dieses Zeichen ihres Eingeschlossenseins einzureissen. Das israelische Militär nahm dies wiederum zum Anlass, um die Protestdemonstrationen generell als «terroristische Operation» zu bezeichnen und entsprechend unter Beschuss zu nehmen.
Einige palästinensische Protestdemonstrationen fanden auch noch am 15. Mai statt, wobei erneut ein Demonstrant getötet wurde.

Proteste auch in Jerusalem
Protestaktionen anlässlich der Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem gab es am Montag (14. Mai) auch in Jerusalem und anderen Städten Israels selbst, u. a. in Haifa, Jaffa, Nazareth, Sachnin, Kafr Yassif, und Tamra.
Zu gewaltsamen Auseinandersetzungen mit der Polizei kam es dabei in Jerusalem, als sich einige hundert Israelis und PalästinenserInnen im Jerusalemer Stadtteil Amona in der Nähe der Stelle trafen, wo die US-Botschaft eröffnet wurde. Als die DemonstrantInnen parallel zur Ankunft der Gäste für die Botschaftseinweihung palästinensische Fahnen und Transparente gegen die Botschaftseröffnung hochhoben, rissen PolizeioffizierInnen den TeilnehmerInnen die Fahnen teilweise mit brutaler Gewalt aus den Händen. Obwohl das als Veranstalter fungierende «High-Follow Up Committee for the Arab Citizens of Israel» eine Genehmigung für die Aktion erhalten hatte, ging die Polizei gegen die TeilnehmerInnen vor. In den sozialen Netzwerken verbreitete Videos zeigen PolizistInnen, die an der Demonstration teilnehmende Mitglieder der Knesset, also Abgeordnete des israelischen Parlaments angriffen, herumschubsten und anschrien. Es handelte sich um Abgeordnete der in der Knesseth mit rund einem Dutzend Abgeordneten vertretenen «Vereinten Liste», darunter alle Abgeordneten der «Hadash» (Demokratische Front für Frieden und Gleichheit), zu der auch die Abgeordneten der Kommunistischen Partei Israels gehören.

«Kampf fortsetzen»
Ayman Odeh, der Vorsitzender der «Vereinten Liste», hatte in einem Tweet vor der Demonstration geschrieben: «Da ist nichts Feierliches bei der Verlegung der Botschaft … Die Mobbing-Allianz von Netanjahu-Trump vertieft weiter den Konflikt, schürt den Rassismus und verbreitet Hass und Gewalt.» Nach der Protestaktion sagte der Vorsitzende des High-Follow Up Committee und frühere Hadash-Abgeordnete Muhammad Barakeh: «Wir werden unseren Kampf fortsetzen. Obwohl wir eine Genehmigung für den Protest hatten, gebrauchte die Polizei extreme Gewalt. Als ob das, was in Gaza passiert, noch nicht genug wäre, sind sie auch hinter uns her … Das Hochkomitee organisierte diesen Protest, um unsere Stimme gegen die US?Politik zu erheben, die die Besatzungs- und Siedlungspolitik Israels unterstützt und die Möglichkeit der Schaffung eines unabhängigen palästinensischen Staates innerhalb der Grenzen von 1967 mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt zerstört.»
Die Hadash-Abgeordnete Aida Touma-Sliman sagte, dass palästinensisches Blut an den Händen von Premierminister Netanjahu und US?Präsident Trump klebt. Sie nannte die zwei Politiker «zwei Hooligans, die das Gebiet in Brand setzten». Trump und Netanjahu seien «verantwortlich für jegliche Eskalation, und genau das hatten sie schon im Voraus geplant, um jeden Versuch zu torpedieren, eine diplomatische Vereinbarung und Frieden zu erreichen».

Internationale Kritik
Auch international hat die hohe Zahl palästinensischer Opfer in verschiedenen Ländern erneut Kritik, teilweise auch von hochrangigen PolitikerInnen, an der «Unverhältnismässigkeit» des israelischen Vorgehens ausgelöst, zumal von den palästinensischen Demonstrationen im Gazastreifen zu keiner Zeit eine reale Gefahr für Israel und seine Bevölkerung ausgegangen sind. Uno-Generalsekretär Antonio Guterres (Portugal) erklärte sich am Montag «besonders beunruhigt» über die Situation im Gazastreifen. «Wir sehen eine Vervielfältigung der Konflikte, alter Konflikte, die niemals zu sterben scheinen. Ich bin heute besonders besorgt im Hinblick auf die Nachrichten darüber, was im Gazastreifen passiert, mit einer hohen Zahl von getöteten Personen», erklärte er vor der Presse bei seinem Besuch in Wien. Er trat dabei übrigens ein weiteres Mal für die Beibehaltung des Atomabkommens mit dem Iran ein, das von den USA einseitig aufgekündigt worden ist.
Saeb Erekat, ein hochrangiger palästinensischer Politiker und ehemaliger palästinensischer Chefunterhändler bei den bisherigen Verhandlungen mit Israel, hat am Montag im Hinblick auf die Botschaftseröffnung der USA in Jerusalem von einem «Akt notorischer Feindseligkeit gegen das Völkerrecht und das Volk von Palästina» gesprochen, «mit dem sich die USA auf die Seite der Besatzungsmacht Israel gestellt haben». Der Sprecher der im Westjordanland installierten palästinensischen Regierung, Jussuf al-Mahmoud, forderte «ein sofortiges internationales Eingreifen, um das in Gaza von den israelischen Besatzungstruppen verübte abscheuliche Massaker gegen unser heroisches Volk zu stoppen».

CH-Unternehmen führen Krieg

tai. Zunehmend werden militärische Aufgaben von den Nationalstaaten an Privatunternehmen ausgelagert. In der Schweiz sind die boomenden privaten Söldnerfirmen schlecht reguliert. Nun möchte das Militärdepartement sie in die kommenden Armeeübungen einbinden.

Die Schweiz hilft mit bei den imperialistischen Kriegen dieser Welt. Dass sie an alle möglichen KriegstreiberInnen Waffen liefert, ist eine bekannte Tatsache. Egal ob an die USA, die auf allen Erdteilen Menschen morden, ob Saudi-Arabien, das den Jemen malträtiert, oder die Türkei, die gezielt die kurdische Minderheit meuchelt, die Schweizer WaffenproduzentInnen liefern ihnen Kriegsmaterial, wenn es sich für sie lohnt. » Weiterlesen

Mexiko: Traumrenditen für CH-Multis

Marcelino Velasco (Mitte) an einer Veranstaltung

Philipp Gerber. Mitten im mexikanischen Wahlkampf, in dem die umstrittenen Strukturan-passungsmassnahmen der Regierung Peña Nieto heiss diskutiert werden, machte «Méxicoleaks» einen ungleichen Deal zwischen Pemex und dem Schweizer Multi Trafigura publik. Es geht um Milliarden von Dollars, aber auch um die Vorherrschaft der Unternehmen vor Ort.

Mit den Worten «Öl von Pemex spottbillig einkaufen und nachher an Pemex in teuren Dollars zurückverkaufen», fasste staunend die Journalistin Carmen Aristegui das Geschäft zusammen. In Aristeguis regierungskritischem Radioprogramm erklärte Claudia Ocaranza von der NGO Project Poder, was genau ihnen über die Whistleblower-Plattform Mexicoleaks «zugeflüstert» wurde: » Weiterlesen

Widersprüche klaffen weiter

dab. Die 68er-Bewegung war Protest, politische Radikalisierung und Aktion, Aufbruch, sie suchte Emanzipation und alternative, selbstbestimmte Kultur, wollte verkrustete kapitalistische, konservative und antikommunistische Strukturen und Haltungen aufbrechen. Rebellion fand statt, Revolution nicht. Was fünfzig Jahre danach von all dem noch da ist.

1968 erlebte ich nicht live und direkt, sondern die Auswirkungen auf die bürgerliche Gesellschaft der 70er Jahre. Von Marxismus, Demos, Aktionen, Happenings und Auseinandersetzungen wusste ich noch nichts; ich war in der dritten Primarschulklasse, spielte mit anderen Kindern im Quartier und im nahen Wald und träumte vom Töfflifahren, das erst ab 14 Jahren erlaubt war. » Weiterlesen

Zur Zukunft von EàG

GenossInnen der PdA Genf

Alexander Eniline. In Genf ist von einem «Big Bang der radikalen Linken» die Rede. Wie steht es nach den kantonalen Wahlen tatsächlich um das Bündnis Ensemble à Gauche und um ihr Mitglied, die Partei der Arbeit?

Bei den kantonalen Wahlen in Genf, die vor wenigen Wochen stattfanden, konnte das Wahlbündnis Ensemble à Gauche das Quorum von sieben Prozent überwinden, allerdings mit einem tieferen Stimmenanteil als 2013 und nur knapp oberhalb des Quorums.

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Stoppt den Hass!

red. Hass und Gewalt gegen Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transmenschen (LGBT) sind in der Schweiz Realität. Der Bericht «Hate Crime» zeigt, dass im vergangenen Jahr zwei Angriffe gegen LGBTs pro Woche stattgefunden haben. Die Dunkelziffer dürfte sehr viel höher liegen.

«Als ich über einen anderen Weg nach draussen wollte, knallte es plötzlich und dann weiss ich bloss noch, dass ich heftige Schmerzen im Gesicht hatte und die 112 gewählt habe. Durch die Notrufstelle wurde auch die Ambulanz aufgeboten, welche mich ins Spital zur Kontrolle fuhren.» Dies meldete eine anonyme Person der LGBT+-Helpline, als sie zum Opfer eines Hassdelikts wurde.

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Für sofortige Veränderungen

 

Joël Depommier. An der Urne hatten die Gewerkschaften mit Initiativen wie AHVplus oder Mindestlohn wenig Erfolg. Was steht für die Unia in nächster Zeit auf der Agenda? Ein Gespräch mit Vania Alleva, der Präsidentin der Unia, der grössten Gewerkschaft der Schweiz.

In den letzten Jahren haben die Gewerkschaften, darunter die Unia, mehrere Initiativen lanciert wie AHVplus und zum Mindestlohn, die an der Urne gescheitert sind. Welche politischen Konsequenzen ziehen Sie daraus?
Vania Alleva: Die Unia hat mit grossem Engagement diese Initiativen unterstützt und darin eine bessere Verteilung des Arbeitsertrags gesehen.

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Sparen für die Unternehmen

sit. Im Kanton Zürich kommen am 10. Juni zwei Vorlagen zur Abstimmung, die Ausdruck neoliberaler Politik in ihrer Reinkultur sind: Steuergeschenke in Millionenhöhe für Banken, Versicherungen und Immobilienhaie auf der einen Seite, Sparmassnahmen beim Öffentlichen Verkehr auf der anderen. Die PdA ruft auf, zweimal Nein zu stimmen.

Sparen für die Unternehmen. So und nicht anders müssen die zwei Vorlagen auf den Punkt gebracht werden, die am 10. Juni im Kanton Zürich zur Abstimmung kommen. Da ist zum einem das «Steuergesetz», genauer die Frage über die Verrechnung von Geschäftsverlusten bei der Grundstückgewinnsteuer, und zum anderen das «Gesetz über den öffentlichen Personenverkehr», sprich die Höhe der obligatorischen Mittelzuweisungen in den kantonalen Verkehrsfonds. » Weiterlesen

Kampf für Freiheit und Demokratie

HDP-Europavertreter Eyyüp Doru

Civaka Azad. Seit 2015 sind die KurdInnen und die prokurdische Partei HDP in der Türkei grösster Repression des Staates ausgesetzt. Nun stehen Wahlen an, wobei die HDP den noch immer inhaftierten Selahattin Demirtas als Kandidat aufstellt. Interview mit dem HDP-Europavertreter Eyyüp Doru.

Nach der Ankündigung vorgezogener Wahlen in der Türkei gibt es nun heftige Debatten über die Gründe und den Verlauf. Warum wurden Ihrer Ansicht nach die Wahlen vorgezogen und was sagt dies über den aktuellen Zustand der Türkei aus?
Exxüp Doru: Vor dem Hintergrund der zunehmenden wirtschaftlichen und politischen Krise der Türkei wurde von allen Seiten zu Wort gebracht, dass die gegenwärtige reaktionäre Regierungskoalition der AKP und MHP in dieser Situation keine zukunftsträchtige Politik entwickeln kann.

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Wahlen im Ausnahmezustand

Seyhan Karakuyu. Der türkische Präsident Erdogan zieht die Wahlen, die ursprünglich im November 2019 vorgesehen waren, auf den 24. Juni 2018 vor. Anstoss dafür war der Vorschlag von Devlet Bahcelis, Parteipräsident der nationalistischen Partei MHP, sowie die Lage in Syrien, Irak und Iran. Die Oppositionsparteien werden an den Wahlen teilnehmen.

Zusammen mit der Präsidentschaftswahl wird auch das Parlament in der Türkei erneuert. Die Parteien stellen ihre Kandidierenden für das Abgeordnetenamt sowie für die Präsidentschaft zur Wahl.

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Wer steckt hinter den Protesten?

Plünderungen in Nicaragua

Sergio Alejandro Gómez. Angesichts des hohen Grades an Organisation, des Umfangs der Schäden und der Teilnahme von kriminellen Gruppen an den Protesten in Nicaragua stellens sich zwei Fragen: Was ist die Ursache der Demonstrationen? Wer steht hinter den gewalttätigen Gruppen?

Was zunächst als ein einfacher Bürgerprotest erschien wegen des Anstiegs der Beiträge zur Sozialversicherung in Nicaragua, mündete in eine Welle der Gewalt, die wenigstens ein Dutzend Tote und Hunderte von zerstörten Einrichtungen zurückliess.

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Bollwerk gegen die Reaktion

Lilly Zegdoum. In Bern hat am 6. Mai die erste Internationale Constituyente der Schweiz stattgefunden. Mit der Internationalisierung der venezolanischen Constituyente können solidarische Gruppen und Personen Vorschläge für die neue Verfassung machen.

Im Jahr 2018 wird die Bolivarische Revolution in Venezuela 19 Jahre alt. Die Revolution ist schon seit ihren ersten Momenten von der brutalen, terroristischen US-Aggression betroffen gewesen. Coup, Finanzierung von KonterrevolutionärInnen, Embargo, Bestrafungsaktionen: All diese Strategien hat die USA schon in Venezuela angewandt.

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Raketen gegen Syrien

Karin Leukefeld. Israel bombardierte grossflächig Stellungen im Nachbarland. Es handelte sich um den grössten Angriff seit Jahrzehnten. Das israelische Regime hätte sich damit gegen Teheran verteidigt und 50 «iranische» Ziele zerstört. USA und Westeuropa unterstützen die Aggression.

Im Nahen Osten droht ein offener Krieg zwischen Israel und Syrien. In der Nacht auf den 10. Mai hat die israelische Armee (IDF) erneut Ziele im Nachbarland attackiert. Nach Angaben der Tageszeitung «Haaretz» handelte es sich um den grössten Angriff «seit Jahrzehnten».

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Wie viele noch?

Georg Polikeit. Erneut wurden bei den Protestaktionen der PalästinenserInnen im Gazastreifen mehrere Dutzend Menschen von israelischen ScharfschützInnen verwundet und viele weitere durch Schüsse mit Tränengaspatronen verletzt.

Insgesamt sind nach Angaben des palästinensischen Sanitätsdienstes von Ende März bis Ende April, also in nur einem Monat, 45 PalästinenserInnen von israelischen ScharfschützInnen erschossen und rund 5500 verletzt worden. Mehr als 1500 hatten Schussverletzungen, der Rest musste durch das Einatmen von Tränengas medizinisch behandelt werden.

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In der Toilettenschüssel

Lee Camp. Eine US-Investmentbank warnt ihre KundInnen davor, in die Heilung von Krankheiten zu investieren, weil sie damit weniger Geld machen können. Das System der Marktwirtschaft, in dem wir leben, hat einen grotesken Entwicklungspunkt erreicht.

Goldman Sachs hat sich diesmal selbst übertroffen. Das sagt eine Menge aus über eine Investmentbank, die gleichzeitig eine globale Wirtschaftskrise mit ausgelöst und von dieser profitiert hat: Der Reichtum und die Macht des Konzerns vergrösserten sich, während Millionen Menschen in den USA durch ihn aus ihren Häusern geworfen wurden.

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Frankreich: Heisses Frühjahr

Georg Polikeit/red. Während Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron vor dem EU-Parlament und in Berlin für die Beschleunigung des Umbaus der EU in eine noch schärfer an den neoliberalen Dogmen orientiere EU-Konstruktion wirbt, wächst im Land selbst der Unmut gegen seine antisozialen «Reformen» weiter an.

Der gewerkschaftliche Aktionstag am 19. April wurde vom Chef des grössten französischen Gewerkschaftsbundes CGT, Philippe Martinez, als Ausdruck einer «neuen Phase» der Mobilisierungen bewertet.

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