Bundesweiter Schulstreik in Deutschland geplant

Die SchülerInnen-Initiative „Bildungsblockaden einreissen!“ rüstet zum bundesweiten Schülerstreik in Deutschland am 12. November.Die Initiative fordert kostenlose Bildung von der KiTa bis zur Volkshochschule.

Politiker aller etablierten Parteien haben ihr Herz für Bildung entdeckt. Angela Merkel versucht mit ihrer Bildungstour zu punkten, die SPD will „Bildungspartei“ Deutschlands werden und die Grünen fordern gar die „Bildungsrevolution“. „Doch sie reden über unsere Köpfe hinweg. Statt warmen Worten und tollen PR-Veranstaltungen brauchen wir mehr Geld und ausreichend Lehrerinnen und Lehrer. Schulen dürfen nicht zu Lernfabriken verkommen!“ sagt Jenny Trost von der SchülerInnen-Initiative „Bildungsblockaden einreissen!“

Die SchülerInnen-Initiative „Bildungsblockaden einreissen!“ fordert unter anderem kostenlose Bildung von der KiTa bis zur Volkshochschule. Das Bündnis setzt sich ein für die Begrenzung der Klassengrösse auf maximal 20 SchülerInnen und als ersten Schritt dorthin die sofortige Einstellung von 100.000 LehrerInnen bundesweit. Der Forderung des DGB nach 30 Milliarden Euro Mehrausgaben im Bildungswesen schliesst sich „Bildungsblockaden einreissen!“ an.

„Wir wissen, dass diese Forderungen erst durchgesetzt werden, wenn die Schülerinnen und Schüler lautstark auf ihre Situation aufmerksam machen. Deshalb rufen wir bundesweit zu einem Schülerstreik am 12. November auf. Zur Vorbereitung wird es eine bundesweite SchülerInnenkonferenz vom 10. – 12. Oktober geben. Den Aufruf dazu haben bereits 209 Organisationen und Einzelpersonen unterschrieben. Unter anderem René Rudolf, DGB Bundesjugendsekretär, DGB-Jugenden Sachsen, Niedersachsen, Berlin-Brandenburg, GEW-Berlin, Linksjugend [’solid] Baden-Württemberg, NRW, Sachsen, Stuttgart, das Aktionsbündnis gegen Studiengebühren sowie zahlreiche Schülervertretungen und Schüleraktionsgruppen aus vielen Städten.“ so Jenny Trost.

Auf der Konferenz wird mit mehreren hundert SchülerInnen und VertreterInnen aus der ganzen Bundesrepublik gerechnet. Gemeinsam werden sie die Vorbereitung des Streiks und die nächsten Schritte der SchülerInnenbewegung diskutieren.

Deutsche Autobranche vor massivem Jobabbau

Die deutsche Automobilindustrie steht vor einem drastischen Produktionsrückgang und vor Stellenstreichungen. „Die Automobilnachfrage wird im nächsten Jahr deutlich zurückgehen. Das wird den deutschen Herstellern erhebliche Einbussen bescheren“, sagte Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer gestern der Berliner Zeitung. Noch zehre die Branche von den Verkäufen in den ersten acht Monaten, „aber nächstes Jahr wird es schwer“.

Die Krise der amerikanischen Autowirtschaft habe Deutschland und Westeuropa voll erwischt. Selbst Wachstumsmärkte wie China und Brasilien würden nicht mehr „automatisch laufen“, sagte Dudenhöffer der Berliner Zeitung. Dies werde erhebliche Auswirkungen auf die Arbeitsplätze haben. „Ich schätze, dass allein im nächsten Jahr vermutlich 10 000 bis 20 000 Arbeitsplätze bei deutschen Automobilherstellern gestrichen werden.“ Europaweit würden „ganze Werke davon betroffen sein, unter anderem das Ford-Motorenwerk in Köln. „Das ist nicht mehr zu retten, das ist nach meiner Einschätzung weg“, sagte Dudenhöffer. „Auch bei den Zulieferern wird es zu Schliessungen kommen.“

Die aktuelle Finanzkrise habe die Situation deutlich verschärft. „Die bringt das Fass zum Überlaufen.“ Zu den vorhandenen Problemen kämen nun Finanzierungsschwierigkeiten beim Autokauf und eine allgemeine Kaufzurückhaltung. Dies alles zusammen ergebe einen „teuflischen Cocktail“.

Nachdem zahlreiche Autohersteller bereits sinkende Absatzzahlen für den vergangenen Monat verkündet hatten, reihte sich gestern auch die General-Motors-Tochter Opel ein: Der Autobauer musste einen Absatzeinbruch für September von mehr als 14 Prozent verkünden. Der schwedische Hersteller Volvo kündigte an, in einer neuen Entlassungsrunde rund 3 300 Stellen streichen zu wollen. Bereits im Juni hatte Volvo mitgeteilt, 1 500 Arbeitsplätze zu kürzen. Der japanische Autobauer Toyota muss Berichten zufolge seine Ergebnisprognose für das laufende Geschäftsjahr um 40 Prozent senken.

Faschismus in Italien kein Tabu mehr

Am vergangenen Montag schlugen sieben Jugendliche, die offenbar bevorzugt montags auf die Jagd nach Migranten geht, in Rom unter wüsten Beschimpfungen einen chinesischen Migranten zusammen. In Parma traf es einen Einwanderer aus Ghana.In Mailand kam es lediglich zwei Wochen nach dem tödlichen Übergriff auf Abdul Abba Guibre erneut zu einem rassistischen Angriff. Ein Senegalese wurde mit Baseballschlägern überfallen. Der Mob schlug auf ihn ein, weil er den weissen ItalienerInnen Arbeit stehlen würde.

Die Zahl der dokumentierten Übergriffe seit dem Jahr 2006 (pdf und Landkarte) nähert sich nun mehr 400 an. Weit über 70 Menschen wurden verletzt. Ein Ende ist nicht absehbar. Viel mehr radikalisiert sich die italienische Rechte weiter und schreckt, wie schon 2006, vor Morden nicht zurück. Ausserdem scheint sich nun auch die Camorra zu beteiligen und geht als Teil der faschistischen Bewegung – der Forza Nuova – ebenfalls auf Minderheiten- und Migrantenjagd. Sich offen und ungeniert selbst Faschist zu nennen ist im heutigen Italien keine Problem mehr. Der Skandal blieb auch aus, als in einem Interview mit Sportweek der Milan Keeper Christian Abbiati seine Symphatien mit der italienischen Rechten offenbarte, sich selbst als Faschisten bezeichnete und eine Entdämonisierung des Faschismus forderte.

Es sind zumeist organisierte Nazigruppen, die gezielt Linke, MigrantInnen, Gewerkschafter, Homosexuelle und JournalistInnen angreifen. Auch in diesem Jahr töteten Faschisten schon zweimal. Im Mai traf es Nicola Tommasoli. Er wurde von Nazihooligans des Vereins Hellas Verona erschlagen. Die Stadt betrachtet den Mord, trotz der offensichtlichen Zusammenhänge zu örtlichen, faschistischen Strukturen, lediglich als eskalierte Auseinandersetzung zwischen Jugendlichen. Im Fall des rassistischen Übergriffs auf Abdul Guibre im September in Mailand ist es wiederum lediglich ein eskalierter Streit, der zum Tod führt.

Im Jahr 2006 gab es schon einmal ein Welle der Gewalt gegen linke Projekte, Gewerkschaften, linke Parteibüros und Büros der Associazione Nazionale Partigiani d’Italia (A.N.P.I.), der Organisation ehemaliger Partisanen. Damals wurde Renato Biagetti am 2. August in Fiumicino in der Nähe von Rom von Faschisten getötet. In diesem Jahr gab es einen Angriff auf eine Gedenkfestival zu Ehren von Renato, bei dem eine Person schwer und eine weitere leicht verletzt wurde.

Die Geschichte der Übergriffe auf die linke, soziale Bewegung in Italien kann jedoch nicht losgelöst von staatlicher Repression gesehen werden. 2003 in Genua töteten Polizisten Carlo Giuliani. Im Jahr 2003 verhinderten Carabinieri die medizinische Erstversorgung von Davide Dax Cesare. Die intervenierenden Freunde wurden zusammengeschlagen und gejagt. Im September 2006 wurde Frederico Aldrovandi von Streifenpolizisten getötet. Die Ermittlungsbehörden behindern die Ermittlungen massiv oder verharmlosen die faschistischen Übergriffe als Hooliganismus oder Vandalismus.

Jedoch lässt sich eine Kontinuität in der Zusammenarbeit staatlicher Stellen mit faschistischen, rechtskonservativen und nationalistischen Parteien feststellen. Das 1946 gegründete Movimento Sociale Italiano (MSI) ist die direkte Nachfolge der faschistischen Partei Partito Nazionale Fascista (PSI) Mussolinis.

In den 50iger Jahren bilden sich militante faschistische Gruppen. Eine massgebliche Person ist Giuseppe Pino Rauti. Er gründet den Ordine Nuovo, der sich in der Tradition der Waffen-SS sah. Zusammen mit der Abspaltung Avanguardia Nazionale sind sie für die blutigsten Bombenanschläge in der italienischen Geschichte verantwortlich (Piazza Fontana / Mailand – 1969, Hauptbahnhof Bologna1980). Diese und andere Anschläge wurden jeweils, ganz im Sinne der Strategie der Spannung in Kooperation mit staatlichen Offiziellen den linken und vor allem anarchistischen Gruppen in die Schuhe geschoben.

Ab den 90iger Jahren wandelt sich das MSI zu einer rechtskonservativen, nationalistischen Partei, wobei die Berührungspunkte mit Nazis nicht aufgegeben werden. Die Gründung der Alleanza Nazionale (AN) im Jahr 1995 ebnet den Weg ins Parlament und manifestiert die scheinbare Wandlung. Mit Berlusconis Wahl zum Ministerpräsident sind erstmals Politiker der AN, wie Gianfranco Fini als Aussenminister und stellvertretender Ministerpräsident, und mit ihm faschistische Diskurse ins italienische Parlament eingezogen.

Es kommt wieder einmal zur Spaltung in der Rechten. Der offen faschistische Teil gründet die Fiama Tricolore. Wiederum ist es Rauti, der die inszenierte, jedoch nicht vollzogene, Abkehr vom Faschismus nicht mitragen will. An seiner Seite, die Reihen fest geschlossen, steht die Forza Nuova, die 1997 von Robert Fiore, dem verurteilten Rechtsterroristen, und dem faschistischen Künstler Massimo Marsello in London gegründet wurde. Aus diesen Kreisen wird 2001 ein Bombenattentat auf das Büro der radikallinken Tageszeitung Il Manifesto verübt. Weitere Anschläge auf Gewerkschaften, Hausprojekte und Parteibüros werden folgen.

Die Reibung zwischen Parlamentarismus und offenem Faschismus führte seit Kriegsende zu den verschiedensten Parteien und Bündnissen. Immer wieder gab es jedoch Kontakte zwischen den Strömungen. Berührungsängste zu militanten Aktionsformen und der Beeinflussung staatlicher Organe mit allen Mitteln gab es nie. Der politische Gegner wird diskreditiert, verfolgt und am liebsten vernichtet. Die Bewegungen um die MSI, später die AN, die Lega Nord und Berlusconis Forza Italia kokettieren mal offen, mal weniger deutlich mit faschistischen Ideologien und Diskursen. Damit halten sie diese in der italienischen Gesellschaft am Leben. Mussolinis Bilder und Kalender sind bis heute Teil des italienischen Strassenbildes.

Auf der anderen Seite gab es eine genauso starke, bunte und breit gefächerte antifaschistische Kultur. In den Vereinen ehemaliger Partisanen, in den anarchistischen Zirkeln, den kommunistischen Jugendorganisationen und den Gewerkschaften konnten sich eigene und vor allem feste Organisationsstrukturen entwickeln, die bis heute existent sind und einen Schutzraum bilden. Jedoch ist die Geschichte der Übergriffe auf sie ebenso lang, wie ihre Existenz. Sie werden wahlweise von Nazis, staatlichen Behörden oder Sicherheitsorganen, manchmal auch gemeinsam, angegriffen.

Die Übergriffe mehren sich. Die politische Situation in Italien hat sich massiv verändert. Rassistische Pogrome, Übergriffe auf MigrantInnen und Linke häufen sich und werden zunehmend brutaler geführt. Xenophobie, Homophobie und Antisemitismus sind gesellschaftsfähig und bestimmen den gesellschaftlichen Diskurs auf allen Ebenen. Die Gefährdung alternativer Strukturen ist gewachsen. Die antifaschistischen Strukturen gewährleisten ein Minimum an Offenheit. Der antifaschistische Selbstschutz bleibt aber notwendiger denn je, genauso wie seine internationale Unterstützung.

Quelle: LucaPinoRelli, Analyse, Kritik & Aktion

«Die Wirtschaft vom Kopf auf die Füsse stellen»

Heute Freitagmorgen haben die 400 im Palazzo dei congressi in Lugano tagenden Unia-Delegierten die Diskussion zu verschiedenen Positionspapieren fortgesetzt. Sie verabschiedeten ein neues Leitbild mit den strategischen Hauptleitlinien «Stärke durch Mitgliederwachstum und Mitgliederbetreuung», mehr «Einfluss der aktiven Mitglieder in den Betrieben und Branchen» und «Erfolg durch Mobilisierungsfähigkeit».

Finanzmarktkrise nicht auf Kosten der einfachen Leute bewältigen

In einer Resolution forderte der Kongress anschliessend die Stärkung der Realwirtschaft gegen die Folgen der Finanzmarktkrise. Dies soll mit einem Sofort-Programm erreicht werden, das eine konkjunkturfördernde Ausgabenpolitik der öffentlichen Hand, Zinssenkungen, eine die Beschäftigung stärkende nicht-restriktive Währungspolitik der Nationalbank, das Einfrieren der Strompreise und eine stärkere Besteuerung der Millionärslöhne beinhaltet. Zudem fordert die Unia kräftige Lohnerhöhungen, ein energietechnisches Sanierungsprogramm des Bundes, ein Förderprogramm für erneuerbare Energien, eine Weiterbildungsoffensive sowie die Rücknahme der Strommarktliberalisierung. Es könne nicht sein, dass einige wenige Milliardengewinne abkassierten und die Allgemeinheit für die Verluste einstehen müsse, wenn die Spekulationsblase platze. Der Staat müsse die entfesselte Finanzindustrie an die kurze Leine und insbesondere derivate Geschäfte (Hedge Founds u.ä.) verbieten.

Die Unia will sich mit aller Kraft dafür einsetzen, dass die Folgen der Krise nicht auf dem Buckel der einfachen Leute ausgetragen würden. Die neoliberale Politik sei gescheitert. Jetzt gelte es eine Wirtschaftsordnung aufzubauen, welche die sozialen Bedürfnisse der Menschen und die Arbeit ins Zentrum stelle und nicht das Kapital: «Es ist höchste Zeit, die Wirtschaft vom Kopf auf die Füsse zu stellen», heisst es in der Resolution.

Couchepin: Gewerkschaften als Schule des Lebens

Auch Bundespräsident Pascal Couchepin beschäftigte sich in seiner Intervention vor dem Unia-Kongress mit der aktuellen Krise. Diese werde zweifellos Einfluss auf die Realwirtschaft haben. Man müsse sich ohne Vorurteile Gedanken über die Auswirkungen der Globalisierung machen. Der Bundespräsident bezeichnete die Gewerkschaften als eine ausserordentliche Schule des Lebens. Sie trügen dazu bei, die Arbeitsbedingungen zu verbessern und die direkte Demokratie zu verwirklichen – zum Wohl des ganzen Landes. Er zolle den Gewerkschaften für ihr Engagement grossen Respekt.

Der Bundespräsident hob zudem die hohe Bedeutung der Sozialpartnerschaft für die Schweiz hervor. 1,5 Millionen Menschen unterstünden in der Schweiz heute einem der 611 existierenden Gesamtarbeitsverträge – so viele wie noch nie zuvor. Dies komme nicht von ungefähr, denn die Sozialpartner seien immer wieder bereit gewesen Lösungen zu finden, wo sich neue Probleme gestellt hätten.

Unia Jugend verlässt aus Protest den Saal

Nach einer Meldung der Online Zeitung 20min.ch haben ein Teil der rund 400 Anwesenden am Freitag den Saal beim Eintreffen von Bundesrat Couchepin verlassen. Unter jenen, die den Saal verliessen, waren viele junge Unia-Mitglider. Am Donnerstag hatten sie einen Vorstoss einer Delegierten begrüsst, der sich gegen den Auftritt des Bundespräsidenten am Kongress wandte.

Erster Unia-Kongress in Lugano eröffnet

Heute Nachmittag um 14 Uhr hat im Palazzo dei congressi, dem Kongresszentrum von Lugano, der erste Unia-Kongress begonnen. Die 400 Unia-Delegierten haben den Tätigkeitsbericht der Unia-Geschäftsleitung abgenommen und die Debatte um die strategische Ausrichtung der Grossgewerkschaft eröffnet. Die Tessiner Regierungsrätin Patrizia Pesenti sprach zur Eröffnung vom Scheitern der neoliberalen Rezepte und rief zu einem Ja zur gewerkschaftlichen AHV-Initiative auf.

In seiner Einleitungsrede zur Diskussion über den ersten Unia-Vier-Jahresbericht zog Co-Präsident Renzo Ambrosetti eine positive Bilanz. Die Unia habe die Fusion erfolgreich abgeschlossen und sich als starker Sozialpartner und aktive Kraft in der schweizerischen Politik etabliert. Die Unia habe wichtige neue Gesamtarbeitsverträge vereinbart – z.B. für die Temporärbeschäftigten oder für das Reinigungsgewerbe – und bestehende Gesamtarbeitsverträge verbessert. Wo immer möglich setze sie die Interessen ihrer Mitglieder im Dialog mit den Arbeitgebern durch. Doch, so Ambrosetti, «wo nötig, waren und sind wir auch bereit, Arbeitskämpfe zu unterstützen und zu führen».

Unia Co-Präsident Andreas Rieger eröffnete die Debatte um die künftige gewerkschaftspolitische Strategie der Unia. «Wir wollen eine Welt, in welcher die sozialen Bedürfnisse der Menschen im Zentrum stehen, nicht das Kapital», rief Rieger den Unia-Delegierten zu. Mit Blick auf das Desaster der Finanzmärkte sprach Rieger von «harten Zeiten», welche starke Gewerkschaften nötig machten. Die Unia werde sich dafür einsetzen, dass nicht die kleinen Leute einmal mehr die Zeche für das Versagen des «bankrotten Abzockerkapitalismus» zahlen müssten. Die Unia sei eine «Gewerkschaft der Tat», eine «Mitmach-Gewerkschaft», in der die Mitglieder darüber bestimmten, welchen Kurs die Organisation einschlage.

Auch die Tessiner Regierungsrätin Patrizia Pesenti, welche den ungefähr 750 anwesenden Delegierten, Gästen und Unia-Mitarbeitenden einen Willkommensgruss entboten hatte, sprach in ihrer stark applaudierten Rede vom Scheitern der neoliberalen Rezepte. Es sei höchste Zeit, dass die Politik wieder das Heft in die Hand nehme – zu lange habe man auf Kräfte des freien Marktes vertraut. Mit scharfen Worten kritisierte Pesenti auch die zunehmende soziale Ungleichheit in der Schweiz und rief dazu auf, mit einem Ja zur gewerkschaftlichen AHV-Initiative Gegensteuer zu geben. Die Unia ermunterte sie, ihre Kampfkraft und das System Gesamtarbeitsverträge weiter zu stärken: «In dieser historischen Phase haben wir starke Gewerkschaften nötiger denn je», bekräftigte Pesenti.

Die sichere AHV stärken

In der Tat beteiligten sich die Delegierten bereits am ersten Tag aktiv an der Debatte und brachten zahlreiche Änderungsanträge ein. Ihnen steht bis Samstag ein intensives Programm bevor, das unter anderem Abstimmungen über sieben Positionspapiere, 120 Anträge und die Wahl einer neuen Geschäftsleitung beinhaltet. Heute Nachmittag verabschiedeten die Delegierten zudem eine Resolution für die Annahme der AHV-Initiative am 30. November. Gemäss den Unia-Delegierten ist die Initiative gut finanzierbar und ein grosser Schritt in Richtung einer sozial gerechten und sicheren Altersvorsorge. Der flexible Altersrücktritt ab 62 mache angesichts der zunehmenden Schwierigkeiten älterer Arbeitnehmer, einen Job zu finden, Sinn und solle für alle sozialen Schichten möglich gemacht werden. Das Debakel der Finanzmärkte macht nur allzu deutlich klar, dass jetzt die sichere 1. Säule gestärkt werden muss.

Deutsche Bahn verschiebt Börsengang

Die Finanzkrise macht der Deutschen Bahn einen Strich durch die Rechnung: Der für Ende Oktober geplante Börsengang wird verschoben. Er soll frühestens im November stattfinden. Die weltweite Finanzmarktkrise hat somit auch die seit langem geplante und äusserst umstrittene Privatisierung des letzten grossen deutschen Staatskonzerns gestoppt.

Das globalisierungskritische Netzwerk Attac begrüsst die Entscheidung, den Börsengang der Deutschen Bahn auszusetzen. „Zusammen mit unseren Partnern im Bündnis ‚Bahn für Alle‚ haben wir mehr als zwei Jahre lang gegen den Wahnsinn einer Bahnprivatisierung gekämpft. Heute lassen wir die Sektkorken knallen“, sagte Carl Waßmuth, Bahnexperte von Attac.

Noch am Dienstag hatten Aktivistinnen und Aktivisten von Attac vor dem Bundesverkehrsministerium in Berlin unter dem Motto „Das Casino schließen – die Bahn nicht verzocken!“ gefordert, den geplanten Börsengang zu stoppen. Den Börsengang mitten in einer Jahrhundertkrise der Finanzmärkte durchzuziehen, hieße nichts anderes, als die Bahn zu verzocken. Diese gigantische Verschleuderung von öffentlichem Eigentum dürfe es nicht geben.

Wie in den vergangenen Tagen bekannt wurde, würde der für den 27. Oktober geplante Börsengang der Bahn-Tochter DB Mobility voraussichtlich nur 4,5 Milliarden statt der von Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee versprochenen acht Milliarden Euro bringen. Interne Berechnungen des Verkehrsministeriums setzten 2007 für ein Viertel der DB Mobility noch einen Wert von 14 Milliarden Euro an.

Attac forderte die Bundesregierung auf, die Privatisierungspläne für die Bahn nun ein für allemal zu beerdigen. „Wir erleben gerade, wie mit der Finanzkrise das ganze neoliberale Kartenhaus in sich zusammen stürzt. Der freie Markt hat versagt. Wer es jetzt nicht begreift, hat in der Politik nichts verloren: Zentrale Elemente der Daseinsvorsorge gehören unter demokratische Kontrolle und dürfen nicht den Renditeinteressen der Aktionäre unterworfen werfen“, stellte Detlev von Larcher vom bundesweiten Attac-Koordinierungskreis fest. Von einer Privatisierung der Bahn würden nur die privaten Investoren profitieren –  auf Kosten der Steuerzahler, der Kunden, der Beschäftigten und der Umwelt.

Diese Position teilt auch die große Mehrheit der Bevölkerung: Bereits bei einer Forsa-Umfrage im Juli 2007 sprachen sich 64 Prozent der Befragten für eine verbesserte Bahn in öffentlicher Hand aus. Detlev von Larcher: „Diesen Willen der Bürgerinnen und Bürger muss die Bundesregierung endlich respektieren. Die Pläne für einen Bahn-Börsengang gehören in den Mülleimer der Geschichte.“

CO2-Ausstoß nach wie vor zu hoch

Die verkauften Autos von Audi, Porsche und Volkswagen sind in den vergangenen Jahren klimaschädlicher geworden – statt niedrigere CO2-Emissionen zu erreichen. Das berichtet das Greenpeace Magazin in seiner neuesten Ausgabe unter Berufung auf Daten der Europäischen Kommission und des Kraftfahrtbundesamtes (KBA).

Der durchschnittliche Kohlendioxid-Ausstoß der 2007er Neuzulassungen der Marke Audi in Deutschland lag demnach bei 185,4 g/km, vor fünf Jahren waren es nur 180,9 g/km gewesen. Der Flottendurchschnitt von Porsche stieg von 274,4 g/km (2002) auf 287 g/km (2007). Fahrzeuge der Marke Volkswagen emittierten im vergangenen Jahr durchschnittlich 166,7 g/km, 2002 hatte VW bei 162,5 g/km gelegen.

Das Greenpeace Magazin veröffentlicht damit erstmals detaillierte Daten über die CO2-Bilanz der deutschen Autohersteller, bisher gab es nur Durchschnittswerte für die europäische Ebene, einen Pauschalwert aller deutschen Neuzulassungen. Deutlich gesunken ist den Zahlen zufolge der CO2-Ausstoß der BMW-Flotte: Die Münchner kamen 2007 auf 173,1 g/km (2002: 196,4 g/km). Ihre Klimabilanz verbessern konnten auch Ford (2007: 155,9 g/km, 2002: 167,9 g/km), Mercedes-Benz (2007: 183,7 g/km, 2002: 202,5 g/km) und Opel (2007: 158,6 g/km, 2002: 171,5 g/km). Nach wie vor liegen aber alle Marken (außer Smart) weit über dem Limit von 140 g/km, das sie 1998 in einer „freiwilligen Selbstverpflichtung“ für das Jahr 2008 zugesagt hatten.

Die zum Teil frappierenden Unterschiede dürften – neben unterschiedlichen Schwerpunkten in der technologischen Entwicklung – aus der Modellpolitik der Marken resultieren: BMW und Mercedes-Benz haben in den vergangenen Jahren ihr Angebot mit der verkaufsstarken 1er-Reihe bzw. der A- und B-Klasse nach „unten“ ausgeweitet. Dagegen hat Audi auf PS-starke Wagen und Fahrzeuge wie den SUV „Q7“ gesetzt (bis zu 257 g/km CO2), bei Volkswagen kamen beispielsweise Touareg, Tiguan und Phaeton neu ins Programm. Mittlerweile steht Audi damit schlechter da als Mercedes.

Die Recherchen des Greenpeace Magazins ergaben außerdem, dass die deutschen Marken im westeuropäischen Ausland deutlich klimaschonendere Fahrzeuge absetzen – die Flotten-Durchschnittswerte von Audi, BMW & Co. liegen demnach deutlich unter denen im Inland. Getrieben wird der Trend zu großen und schweren und damit klimaschädlichen Modellen in Deutschland ganz offensichtlich auch durch die Regeln zur Dienstwagenbesteuerung: Anders als etwa in Großbritannien sind hierzulande Fahrzeugkosten unbegrenzt als Betriebsausgaben steuerlich absetzbar.

Wenig verwunderlich ist deshalb, dass unter den Neuzulassungen mit mehr als 150 PS besonders viele Dienstwagen zu verzeichnen sind (2007: 68,8 Prozent), in der Klasse unter 95 PS waren es nur 54 Prozent. Im vergangenen Jahr wurden beispielsweise 88,1 Prozent aller 7er-BMW-Neuwagen von nichtprivaten Haltern zugelassen. Mercedes-Benz verkaufte sogar hundert Prozent seiner Maybach 57 S (612 PS, 390 g/km CO2-Ausstoß) an Firmenkunden.

Das neue Greenpeace Magazin mit dem Bericht „Die CO2-Champions“ und allen Zahlen gibt es hier.

Städte-Initiative Stadt Zürich eingereicht

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"Foto umverkehR"

In Zürich wurde heute die erste Städte-Initiative mit 7309 Unterschriften eingereicht. «Diese hohe Zahl in Zürich ist ein unmissverständliches Zeichen der Stadtbevölkerung, welche genug von Lärm, Gestank und Staus hat», so Thomas Stahel, Geschäftsleiter von umverkehR. «Die Leute in den  Städten und Agglomerationen wollen sich heute mit dem ÖV, Fuss- und Veloverkehr fortbewegen. Die Stadtbehörden sollen sich dementsprechend für klimafreundliche Verkehrsmittel stark machen und einen Ausbau der Strassenkapazität mit allen Mitteln verhindern.»

«Die Städte ersticken immer mehr im Verkehr. Es wundert deshalb nicht, dass alle fünf Städte-Initiative auf grosses Interesse stossen», sagt Nadia Bischof, Kampagnenleiterin bei umverkehR, an der Lancierung. «Die Leute sind heute wieder vermehrt bereit auf ihr Auto zu verzichten. Damit aber diese Leute auch einen Sitzplatz im Tram finden, muss der ÖV ausgebaut werden und die Velowegnetze verbessert. Die Städte-Initiative, welche neben Zürich auch in Basel, Luzern, St. Gallen und Winterthur lanciert worden ist, will den Anteil des ÖV, Fuss- und Veloverkehrs erhöhen. Wie umverkehR mitteilt seien in dicht besiedelten Agglomerationen die Voraussetzungen dazu ideal.

Borregaard-Direktion lässt Verhandlungen scheitern

Der Konflikt um die Schliessung der Zellulosefabrik Borregaard/Atisholz in Luterbach SO verschärft sich. Die Direktion liess am Dienstag die erste Verhandlung mit Vertretern der Gewerkschaft Unia, des Papier- und Kartonarbeitnehmerverbandes (SPV), der Syna und der betrieblichen Arbeitnehmervertretung scheitern. Sie weigerte sich, auf die Forderung nach einer Verlängerung der Konsultationsfrist einzugehen, wie sie vergangene Woche an sehr gut besuchten Betriebsversammlungen von der Belegschaft nahezu einstimmig beschlossen wurde.

Die Borregaard-Direktion wies nicht nur die Verlängerung der Konsultationsfrist um eins bis zwei Monate kategorisch zurück. Sie weigerte sich zudem, den Gewerkschaften und der Arbeitnehmervertretung Daten zum Betrieb und zur Betriebsschliessung zu liefern. Bis heute erhielten die Gewerkschaften auch keine Auskünfte, wer von den 440 Beschäftigten in welcher Weise von der Betriebsliquidierung betroffen sein wird.

„Das unverantwortliche Verhalten der Direktion zeigt, dass Borregaard den Betrieb in Atisholz möglichst rasch dicht machen und sich Richtung Norwegen aus der sozialen Verantwortung stehlen will“, kritisiert der zuständige Unia-Branchenverantwortliche Corrado Pardini den Verhandlungsabbruch.

Angesichts der Gesprächsverweigerung seien die Gewerkschaften nun gezwungen, eine Gerichtsklage gegen Borregaard zu prüfen. Die Frage müsse geklärt werden, ab wann genau die gesetzlich vorgeschriebene Konsultationsfrist von 30 Tagen zu laufen beginne: Bei Bekanntgabe des Schliessungsentscheides oder effektiv erst dann, wenn alle relevanten Fakten auf dem Tisch sind.

Zudem wollen die Gewerkschaften und SPV in den nächsten Tagen die Belegschaft eingehend informieren und zum Protest mobilisieren.

Attac Bahn Protest in Berlin

Bei einer Protestaktion unter dem Motto „Das Casino schliessen – die Bahn nicht verzocken!“ haben Aktivisten des globalisierungskritischen Netzwerkes Attac am Dienstag vor dem Bundesverkehrsministerium in Berlin gefordert, den geplanten Börsengang der Deutschen Bahn zu stoppen.

“Die Bundesregierung muss jetzt endlich die Notbremse ziehen. Den Börsengang mitten in einer Jahrhundertkrise der Finanzmärkte durchzuziehen, hieße nichts anderes, als die Bahn zu verzocken. Diese gigantische Verschleuderung von öffentlichem Eigentum darf es nicht geben”, sagte Stephan Schilling, Finanzmarktexperte im bundesweiten Attac-Koordinierungskreis. “Nicht genug, dass der Staat mit dem Geld der Steuerzahler Banken retten muss – jetzt will die Bundesregierung auch noch die Bahn in dieses bodenlose Loch werfen.”

Wie in den vergangenen Tagen bekannt wurde, würde der für den 27. Oktober geplante Börsengang der Bahn-Tochter DB Mobility voraussichtlich nur 4,5 Milliarden statt der angepeilten acht Milliarden Euro bringen. Damit nicht genug: Zwei der vier mit dem Börsengang betrauten Konsortialführer, Morgan Stanley und Goldman Sachs, sind wesentliche Akteure der Finanzkrise und nun in Folge ihres unseriösen Geschäftsgebarens selbst in Existenznot geraten. “Spätestens jetzt haben sich diese Banken als Berater der Politik diskreditiert. Ihnen weiterhin das Feld zu überlassen, wäre Wahnsinn”, sagte Stephan Schilling.

Dennoch drängt vor allem Bahn-Chef Hartmut Mehdorn weiter auf den Börsengang, während Bundesfinanzminister Peer Steinbrück erste Zweifel äußerte. “Mehdorn weiß genau, dass die große Mehrheit der Bevölkerung gegen die Bahnprivatisierung ist. Deshalb will er den Börsengang im Hauruck-Verfahren durchziehen, um nur ja keine erneute Diskussion über ihn aufkommen zu lassen”, sagte Chris Methmann, ebenfalls Mitglied im Attac-Koordinierungskreis.

Sollte die Bundesregierung diesem Drängen nachgeben, käme dies nach Ansicht von Attac einem Offenbarungseid gleich. “Noch deutlicher könnte die Bundesregierung nicht machen, dass es bei dem geplanten Verkauf eben nicht – wie von ihr immer behauptet – darum geht, die Bahn mit mehr Kapital auszustatten und den Staatshaushalt zu entlasten, sondern um pure Ideologie: Privatisierung um der Privatisierung willen – koste es die Steuerzahler, die Kunden, die Beschäftigten und die Umwelt, was es wolle”, betonte Chris Methmann. Attac lehnt jede Privatisierung der Bahn ab und setzt sich im Bündnis “Bahn für Alle” für eine verbesserte Bahn in öffentlicher Hand ein. Diese Position teilt die große Mehrheit der Bevölkerung: Bereits bei einer Forsa-Umfrage im Juli 2007 lehnten 64 Prozent der Befragten eine Privatisierung der Bahn ab. Chris Methmann: “Man braucht keine prophetische Gabe, um zu vorauszusagen, dass die Mehrheit gegen einen Bahn-Börsengang in einer aktuellen Umfrage noch deutlich größer ausfallen würde.”

“Bahn für Alle” hat einen Aufruf an die Bundesregierung gestartet, den Bahn-Börsengang auszusetzen. Der Aufruf kann im Internet unterschrieben werden.

Im Internet:
* Attac-Sonderseite “Das Casino schließen!”: www.casino-schliessen.de

* “Bahn für Alle”-Aufruf zur Aussetzung des Börsengangs: http://bahn-fuer-alle.de

Unia kritisiert Verantwortliche der Finanzmarktkrise

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Die Gewerkschaft Unia hat heute Vormittag in Bern an einer Medienkonferenz die Bilanz ihrer ersten vier Jahre seit der Fusion 2004 gezogen und einen entsprechenden Tätigkeitsbericht vorgestellt. Mit klaren Worten kritisierte Unia-Co-Präsident Andreas Rieger die Verantwortlichen der Finanzmarktkrise und forderte eine 6-Punkte Sofortprogramm, um die Schweizer Realwirtschaft vor den Auswirkungen zu schützen.

«Die Unia ist gut gestartet und heute aus der Schweiz nicht mehr wegzudenken». Mit diesen Worten eröffnete Unia-Co-Präsident Renzo Ambrosetti die Bilanzpressekonferenz. Die Fusion sei überraschend reibungslos verlaufen und die 200’000 Unia-Mitglieder hätten sich erstaunlich schnell mit der neuen Gewerkschaft identifiziert. Einige Arbeitgebervertreter hätten auf die erfolgreiche Fusion zuerst mit Abwehrreflexen reagiert, doch habe sich die anfängliche Aufregung auf Arbeitgeberseite mit der Zeit gelegt. Seither habe die Unia wichtige neue Gesamtarbeitsverträge – z.B. für Temporärbeschäftigte oder für das Reinigungspersonal – aushandeln können. In der grossen Mehrheit der Fälle habe die Unia am Verhandlungstisch und im Dialog mit den Arbeitgebern Verbesserungen für die Arbeitnehmenden erreicht, so Ambrosetti, «doch wo nötig, war die Unia auch bereit, Arbeitskämpfe zu unterstützen und zu führen.»

Sofortprogramm und nachhaltiger Umbau der Wirtschaft

Als «wichtiges Gegengewicht zu den entfesselten Märkten» bezeichnete Andreas Rieger, ebenfalls Co-Präsident der Unia, die Gewerkschaft. Mit klaren Worten kritisierte er die zerstörerischen Folgen der seit den 90er Jahren grassierenden Deregulierungsideologie, deren Scheitern mit der aktuellen Finanzmarktkrise unübersehbar geworden sei. Statt mit Steuermilliarden die faulen Papiere der Spekulanten aufzukaufen, müssten diese Mittel nun sinnvoll in die Realwirtschaft investiert werden, um diese vor den Auswirkungen der Krise zu schützen. Rieger stellte ein entsprechendes 6-Punkte Sofortprogramm vor, das Zinssenkungen durch die Nationalbank sowie die Kantonal- und Raiffeisenbanken, eine die Konjunktur stimulierende Ausgabenpolitik der öffentlichen Hand, ein Stopp der Preistreiberei der Elektrizitätsbarone, eine Besteuerung der Manager-Topsaläre (über 1 Million Franken) als Unternehmensgewinne und substanzielle Lohnerhöhungen im bevorstehenden Lohnherbst beinhaltet.

Falls die Schweizer Wirtschaft durch die Finanzkrise ernsthaft getroffen werde, müssten zudem bereits beschlossene Investitionsvorhaben der öffentlichen Hand, insbesondere im Bereich der Infrastruktur und des Transports, beschleunigt umgesetzt werden. «Werden diese Massnahmen nicht ergriffen», so Rieger, «dann macht sich die Politik an einem Abschwung mitschuldig». In jedem Fall aber müsse die Schweiz langfristig in einen ökologisch und sozial nachhaltigen Umbau der Wirtschaft investieren. Dazu gehörten namentlich ein energiepolitisches Sanierungsprogramm des Bundes (Bonus für Gebäudesanierung und Förderung von Spartechnologien) sowie ein Förderprogramm für erneuerbare Energien und entsprechende Technologien.

Erster Unia-Kongress am kommenden Wochenende

Im weiteren Verlauf der Pressekonferenz stellte Unia-Geschäftsleitungsmitglied Rita Schiavi die Unia als «Mitmach-Gewerkschaft» vor. Die Unia verstehe sich als soziale Bewegung: «Aktive Mitglieder und ein breites Bündnis mit anderen sozialen Bewegungen machen die Kraft und die Ausstrahlung der Unia aus.» André Daguet, ebenfalls Mitglied der Unia-Geschäftsleitung, bezeichnete seine Gewerkschaft als «aktive Kraft in der politischen Landschaft der Schweiz». Sie habe bei zahlreichen Referendums- und Abstimmungskampagnen zu sozialpolitischen Themen und gegen die Deregulierungsoffensive eine wichtige Rolle gespielt. «Die Gründung der Unia hat den gewerkschaftlichen Widerstand gegen die Deregulierung gestärkt.»

Unia-Geschäftsleitungsmitglied Fabienne Blanc-Kühn verwies schliesslich auf die besonders starke Verankerung der Unia in der lateinischen Schweiz, in der fast die Hälfte der Unia-Mitglieder wohnt. Sie lud die Medienvertreter zum bevorstehenden ersten Kongress der Unia in Lugano ein, an dem sich ab Donnerstag nebst mehreren hundert Gästen (darunter Bundespräsident Couchepin) 400 Delegierte treffen, um eine neue Leitung zu wählen und die gewerkschaftspolitischen Schwerpunkte für die kommenden vier Jahre festzulegen.

Welttag für menschenwürdige Arbeit

Gewerkschaften in über 100 Ländern, von Fidschi bis nach Alaska, beteiligen sich heute an Aktionen, um zu einem Zeitpunkt, zu dem die Finanzkrise die Existenzgrundlage von Millionen Menschen weltweit bedroht, eine Neuausrichtung der Weltwirtschaft zu fordern.

„Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben genug von einer Politik, die einer kleinen Minderheit durch eine laxe oder nicht existente Regulierung der Finanzmärkte zu enormem Wohlstand verholfen hat, während die Löhne derjenigen, die die Waren oder Dienstleistungen in der realen Wirtschaft tatsächlich produzieren, stagnierten oder zurückgegangen sind. Der Gründungskongress des IGB im Jahr 2006 hat zu diesem weltweiten Aktionstag aufgerufen, um eine grundlegende Umgestaltung der Globalisierung zu fordern und die neoliberale Politik des freien Marktes zu beenden, die uns an den Rand einer katastrophalen weltweiten Rezession getrieben hat. Die Zeit für diese Neuausrichtung ist jetzt gekommen“, erklärte IGB-Generalsekretär Guy Ryder.

Der Tag wird mit einem Treffen jugendlicher Gewerkschafter/innen in Fidschi beginnen, gefolgt von Versammlungen, Demonstrationen, Bildungs-, Kultur- und Medienveranstaltungen in mehr als 500 Städten und Dörfern überall auf der Welt, bevor schließlich ganz im Osten Alaskas die letzte Aktivität zu Ende geht.

Auf der speziell für den Welttag eingerichteten Internetseite (www.wddw.org.) wird live über die verschiedenen Aktivitäten in aller Welt berichtet, mit Videos, Fotos und Berichten. Gewerkschaftsorganisationen aus 115 Ländern haben ihre Aktivitäten anlässlich des 7. Oktober bereits auf dieser Internetseite angegeben, und diese Informationen werden den ganzen Tag über kontinuierlich aktualisiert. Geplant sind u.a. groß angelegte Mobilisierungen in verschiedenen Ländern, einschließlich öffentlicher Kundgebungen und betrieblicher Veranstaltungen, Demonstrationen vor Parlamentsgebäuden, Konzerte, persönliche, telephonische oder E-Mail-Kontakte unter Gewerkschaftsmitgliedern, Seminare unter Beteiligung von Gewerkschaftern, Wissenschaftlern und Politikern sowie groß angelegte Veranstaltungen auf öffentlichen Plätzen und anderswo.

In einer Reihe von Ländern sind von der Gewerkschaftsjugend organisierte Veranstaltungen geplant, und auf allen Kontinenten werden die Gewerkschafterinnen ihre Kampagne „Menschenwürdige Arbeit und ein menschenwürdiges Leben für Frauen“ intensivieren, bei der es um die Hauptanliegen sowohl von Frauen als auch von Männern bei der Arbeit geht, darunter Lohngleichheit und Mutterschaftsrechte. Diese und andere Aktionen auf nationaler Ebene werden mit den drei Hauptthemen des Welttages verknüpft: Rechte bei der Arbeit, Solidarität sowie Armut und Ungleichheit beenden. Bei zahlreichen nationalen Aktionen wird es schwerpunktmäßig um internationale Solidarität mit Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern gehen, die in Ländern wie Birma, Kolumbien, Swasiland und Simbabwe unter schweren Repressionen zu leiden haben.

„Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in aller Welt werden bei der ersten Mobilisierung dieser Art gemeinsam ihre Stimme erheben, um gegen die Ergebnisse der mehr als zwei Jahrzehnte währenden Deregulierung zu protestieren: wachsende Unsicherheit, enorme Ungleichheiten und eine Abwärtsspirale im globalen Wettbewerb, bei dem die Profite mehr zählen als die Grundrechte der Menschen. Wir wollen mit diesem Aktionstag wirkliche Veränderungen bewirken“, so Ryder.

Live mitverfolgt werden können die Aktionen zum Welttag für menschenwürdige Arbeit hier: www.wddw.org

Die Videos zum 7. Oktober finden sich hier: http://www.youtube.com/ITUCCSI

Schwarzes Schaf gegen SVP

Gestern fand in Bern das Fest zum 1. alljährlichen Anti-SVP-Tag statt. Veranstaltet wurde es vom «Bündnis Schwarzes Schaf».

«Mit einem kleinen Fest auf dem Bahnhofplatz wollen wir daran erinnern, wie es uns vor einem Jahr gemeinsam gelang, den als SVP-Wahlkampfhöhepunkt geplanten ‹Marsch auf Bern› zu verhindern», schreibt das Bündnis in der Medienmitteilung. Rund 200 Personen haben erneut ein starkes Zeichen gegen die menschenverachtende Politik der SVP gesetzt. Aus diesem Anlass wurde ein Konzert des Rappers Oli Second veranstaltet. «Ausserdem wurde ein antifaschistischer Jahrmarkt aufgestellt» schreiben die VeranstalterInnen, und «so konnte mensch zum Beispiel einem Papp-Nazi auf die Füsse treten oder politische Gefangene befreien.» Viele PassantInnen, besonders durch die SVP-Politik benachteiligte Menschen, reagierten äusserst positiv auf dieses Fest..

Auf dem Flugblatt, der am Anlass verteilt wurde ist unter anderem zu lesen: «Das erlösende Signal hat auch auf andere gewirkt: Blocher wurde abgewählt, die SVP ist mittlerweile nicht mehr im Bundesrat vertreten und viele eher ‹moderate› SVPlerInnen haben der Partei den Rücken gekehrt. Aber damit ist der Kampf noch lange nicht gewonnen. Die Politik der SVP ist populärer denn je. Denn der SVP ist es gelungen einen Rechtsrutsch zu verursachen, der weit über ihren Wählerstimmenzuwachs hinaus geht. Die SVP hat es geschafft, dass mehr oder weniger alle Parteien, sogar die sogenannten SozialdemokratInnen, auf ihren Kurs aufgesprungen sind – und das schon vor dem 6.Oktober 2007!»

Und das «schwarze Schaf» kündigt auch weiterhin den Kampf an: «Trotz Rot-Grün-Mitte Mehrheit: In Bern und in der restlichen Schweiz wurde und wird ‹beste› SVP-Politik betrieben! Nicht etwa die, die einen rassistischen und fremdenfeindlichen Wahlkampf führ(t)en, wurden und werden von schweizer Medien, Politik und Justiz verurteilt, sondern AntifaschistInnen, die sich der SVP in den Weg stell(t)en.In Bern und anderswo gibt es – mit Ausnahme von einigen kleinen Parteien – keine linken Kräfte mehr im Parlament! Aber es gibt sie auf der Strasse! Es ist die Diktatur des Kapitals! Wir werden nicht einfach aufhören und klein bei geben. Wir werden nicht leiser. Wir werden nicht weichen! Aber wir entlarven diese Diktatur! Und darum geht der Kampf weiter: Auf der Strasse, in den Quartieren, in den Fabriken, auf den Baustellen, in den Betrieben!

Sektionsanträge an den PdA-Parteitag

Am 1. und 2. November hält die PdA ihren nationalen Parteitag ab. Zu den wichtigsten statutarischen Traktanden gehört die Behandlung der Anträge der Sektionen. Neben einem Ordnungsantrag betreffend Parteitagspapiere sind eine ganze Reihe Anträge inhaltlicher Art eingereicht worden:

Die Sektion Bern der Partei der Arbeit verlangt in einem ersten Antrag die Klärung der PdA-Haltung in der Frage des EU-Beitritts der Schweiz. Die Sektion Bern vermisst eine einheitliche, fundierte Position der Partei zur Europäischen Union. Dabei macht die Berner Sektion kein Geheimnis aus ihre Ablehnung eines Beitritts der Schweiz zu dieser imperialistischen, neoliberalen und militaristischen Staatengemeinschaft. In der Begründung wird von den Bernern am Beispiel der sogenannten Personenfreizügigkeit gezeigt, wie sehr die EU-Politik im Interesse des Grosskapitals und der kapitalistischen Monopole steht. Den Intentionen der Berner Sektion würde es auch entsprechen, wenn die PdA ihre Mitgliedschaft in der Europäischen Linkspartei aufgeben würde.

Ein weiterer Berner Antrag verlangt die Umbenennung der Partei der Arbeit der Schweiz in Kommunistische Partei der Schweiz (KPS). Den Sektionen wäre es danach freigestellt, ihren angestammten Namen zu behalten. Sie bezeichnen sich jedoch als «Sektion der KPS».

Die Sektion Zürich verlangt in einem Antrag die Bildung einer Arbeitsgruppe zur Erarbeitung eines neuen Parteiprogramms. Ziel ist es, das neue Programm am Parteitag 2010 zu verabschieden.

Die organisatorische Zukunft der Partei der Arbeit betreffen Anträge der Sektion Waadt und Jura. Die Waadtländer postulieren in einem Resolutionsantrag die Gründung einer neuen Partei im Sinne einer mittel- und langfristigen Vision. Die neue Partei soll nicht einfach ein Zusammenschluss der aktuellen Formationen der «kämpferischen Linken» sein, sondern eine gemeinsame Widerstandsfront einzelner Menschen. Als eine Art Gegenantrag zum Resolutionsentwurf der Waadtländer ist ein Antrag der Sektion Jura zu verstehen, schwebt ihr doch statt einer neuen Partei eine «Föderation der kämpferischen Linken» vor. Die Sektion Jura verlangt von der Parteileitung, entsprechende Gespräche mit andern politischen Gruppierungen aufzunehmen. Die jurassische PdA stellt sich dabei vor, dass alle Gliederungen der Partei in der Föderation durch die PdAS vertreten würden.

Siehe auch:Blog PdA

Streik für mehr Kaufkraft in Belgien

Der landesweite Aktionstag, mit dem die drei grössten belgischen Gewerkschaften für mehr Kaufkraft demonstrieren, hat am frühen Montag weite Teil des Landes lahmgelegt.

Vor allem die Züge, die bereits seit Sonntagabend 22 Uhr bestreikt wurden, sowie der Nahverkehr in den grossen Städten waren betroffen. Die auf die Eisenbahn angewiesenen Berufspendler waren wohl »mitverantwortlich« dafür, dass bereits gegen 7.45 Uhr 280 Kilometer Stau allein in Flandern gemeldet wurden.

Besonders gut befolgt wurde der Aufruf der Arbeitnehmerorganisationen in Lüttich, wo kein einziger Bus fuhr. Zudem lagen alle grossindustriellen Betriebe still und der Zugang zu den meisten Industriezonen und Geschäftszentren war versperrt. Während der Flugverkehr am Nationalflughafen in Zaventem zunächst normal verlief, waren in Bierset weder Starts noch Landungen möglich.

Seit dem frühen Morgen war auch Verviers durch protestierende Gewerkschaftsmitglieder praktisch von der Aussenwelt abgeschnitten. Auch im Hafen von Antwerpen verhinderten Arbeiter den Beginn der Frühschicht.

Die Gewerkschaften zeigten sich über die Befolgung des Streikaufrufs zufrieden. Arbeitgeberorganisationen haben den Streik als wirtschaftlich schädlich kritisiert.

Italien: Tausende demonstrieren gegen Rassismus

Nach den gewaltsamen und zum Teil tödlichen Angriffen auf Ausländer haben in Italien tausende Menschen gegen Rassismus demonstriert. Bei einer Kundgebung in der Nähe des Kolosseums in Rom erinnerten am Samstag Hunderte chinesische Demonstranten an einen 36-jährigen Landsmann, der in der italienischen Hauptstadt am Donnerstag von Jugendlichen attackiert worden war.

Demonstrationen auch in Caserta

15.000 Menschen auf der Demonstration in Caserta, die übergroße Mehrheit von ihnen Immigranten, sehen sich dagegen als Opfer einer systematisch von oben geschürten fremdenfeindlichen Stimmung im Land. Die Einwanderer erbittert eine Fülle weiterer Übergriffe, in der mal brave Bürger, mal Staatsbeamte sich gehen lassen.

In der letzten Woche wurde in Parma ein 22-jähriger Abendschüler aus Ghana von einem Greiftrupp von Stadtpolizisten in Zivil festgenommen. Die Polizisten glaubten, einen Drogendealer vor sich zu haben. Schon im Wagen, dann im Kommissariat verprügelten sie ihn. Drogen fanden sie nicht. Nach fünf Stunden entließen sie ihn mit einem zugeschwollenen Auge. Dazu erklärten die Beamten, der Junge sei „hingefallen“. Außerdem händigten sie ihm einen Umschlag mit dem Verhörprotokoll aus; obendrauf hatte ein Beamter „Emmanuel Neger“ geschrieben.

Parallel dazu wurde in Rom bekannt, dass Polizisten am Flughafen Ciampino eine 50-jährige Frau aus Somalia mit italienischem Pass stundenlang festgehalten und nackt ausgezogen hatten. Auch sie war als Drogenkurier verdächtigt, auch sie sprach hinterher von üblen rassistischen Beleidigungen.

Die von Berlusconis Rechtsregierung angeheizte „Immigranten-Notstand“-Stimmung im Land findet aber auch willige Nachahmer unter einfachen Bürgern. Ebenfalls in der letzten Woche schlugen Minderjährige einen chinesischen Arbeiter an einer Bushaltestelle nieder. Ehe ein Faustschlag ihm das Nasenbein brach, brüllte der Schläger „Drecks-Chinese“. In Neapels Stadtviertel Pianura kam es zu wütenden Einwohnerprotesten gegen etwa 200 Afrikaner, die seit Jahren dort leben. In Mailand ging ein Marktverkäufer mit einem Baseballschläger auf einen Senegalesen los, weil auch der seine Ware feilbieten wollte.

Erstmals meldete sich mit Gianfranco Fini – dem Frontmann der postfaschistischen Alleanza Nazionale und Präsidenten des Abgeordnetenhauses – ein Politiker der Berlusconi-Koalition zu Wort. Fini hält es für „verfehlt, die Gefahr des Rassismus zu leugnen“. Doch er verlor kein Wort über die Politik der Regierung, die systematisch die „illegalen Immigranten“ zum Sicherheitsproblem Nummer eins erklärt hat und die das Ausländergesetz verschärfen will.

Quellen: Taz.de / Global Project

Finanzkrise stranguliert Massenkaufkraft

Der Umsatz der japanischen Autoindustrie ist im laufenden Jahr auf den tiefsten Stand seit 34 Jahren gefallen. Das teilte der Händlerverband des Landes mit. In der ersten Hälfte des Geschäftsjahres gab es einen Rückgang von knapp drei Prozent auf 1,54 Millionen Fahrzeuge. So wenig Autos wurden letztmals 1974 verkauft. Besonders Nissan und Toyota leiden. Der Nachfrageeinbruch wird mit der schwachen Konjunktur begründet.

«Der japanische Autobauer Nissan rechnet angesichts der Finanzkrise für 2008 und 2009 mit einer weiter sinkenden Nachfrage in Europa», meldet handelsblatt.com. Eine Folge «schmaler Portemonnaies» bei den Kunden werde sein, dass noch mehr kleine Autos verkauft werden. Das Fazit der Zeitung, dass auf bevorstehende «Umstrukturierungen» hinweist: «Den Herstellern stünden deshalb weitere Kostensenkungen ins Haus.»

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