Viele Dimensionen der Krise

Einen der besten Gründe liefert der Artikel des deutschen Politikwissenschaftler Elmar Altvater. Es genügt jedoch nicht, die Artikel einfach nur zu lesen. Vielmehr muss man sich intensiv mit ihnen beschäftigen und auseinandersetzen, ganz besonders wenn es darum geht, den komplexen Sachverhalt und die verschiedenen Herangehensweisen voll und ganz zu erfassen. An dieser Stelle ist es angebracht, die von Werner Vontobel angeführte fernöstliche Disziplin des Übens zu erwähnen. Auch der Verfasser dieser Rezension musste einige Male über die Bücher gehen. Denn dieses Mal konfrontierte der Widerspruch ihn mit Themen, die zwar zu seinem Metier gehören, aber von ihm bisher schändlich vernachlässigt wurden. Aber gerade das macht den Widerspruch nicht nur zu einer Herausforderung, sondern auch zu einem guten Übungs- und Lehrstück. Ein Buch, das einen nicht geistig herausfordert, mag einfacher zu verdauen sein. Doch dürfte der Nutzen, den man daraus zieht, entsprechend gering sein. Die verschiedenen Perspektiven und Herangehensweisen der Autoren sorgen dafür, dass sich jedem Leser eine neue Sichtweise und neue Erkenntnisse eröffnen.

Grüner Daumen

Nur wer den postulierten Leitspruch «Weniger Staat, mehr Freiheit» unhinterfragt für bare Münze nahm, kann jetzt ernsthaft von der Rückkehr des Staates sprechen. Der Staat war und ist nach wie vor zur Durchsetzung und zum Erhalt des Neoliberalismus notwendig. Auch die strukturkonservativen Rettungspakete und Regulierungen bilden hier keine Ausnahme, zumal sie primär darauf abzielen, die bestehende grundlegende Gesellschaftsordnung zu erhalten. Es ging nie um den Staat als solches, wie die Transformation des Sozialstaates hin zu einem nationalen Wettbewerbsstaat belegt. Doch ist eine Rückkehr zum Sozialstaat, gestützt auf ein keynesianisches Wirtschaftsmodell überhaupt erstrebenswert? Selbst wenn es von einem «green new deal» flankiert würde, wäre das System nach wie vor auf ein permanentes Wachstum angewiesen. «Fast immer ist Grün im XXL-Format eine nicht besonders radikale Variante der herrschenden Politik. […] Am Ende des fossilen Zeitalters müssen wir die Frage aufwerfen, welche nicht-fossile Energie die fossilen Energieträger substituiert und welche Wandlungssysteme ihre Effizienz um den Faktor 10 erhöhen können.» so Elmar Altvater. Und weiter: «Wenn es keine Antwort gibt, wird es auch keine Möglichkeit geben, das Wachstum und den Wohlstand zu steigern und gleichzeitig den Ressourcenverbrauch und die Belastung der Schadstoffsenken zu verringern. Daher ist zu befürchten, dass das Wachstum im grünen Kapitalismus genauso materiell und daher nicht-nachhaltig ist wie in allen bisher realisierten Kapitalismen».

Zwar haben die Linken die verschiedenen Krisen erkannt, doch blieben sie weiterhin gedanklich von einander getrennt. Lösungsansätze zielen fast immer nur auf eine der Krisen ab, und das ungeachtet ihrer Interdependenz. Es ist zwingend notwendig die Finanzkrise mit der Klima-, der Nahrungs- und der unausweichlichen Rohstoffkrise gedanklich zu verbinden, um ganzheitliche Lösungen zu entwickeln. Ein «green new deal» oder eine Rückkehr zum Sozialstaat stellt indes keine Lösung dar. Doch könnte man damit einige Kampffelder und Handlungsspielräume zurückerobern, und die Kräfteverhältnisse nachhaltiger verändern.

Gründliche Analyse

Langfristig können sich Perspektiven nur dann eröffnen, wenn der Kapitalismus wieder als soziale Formation, und der Neoliberalismus sowie die von ihm geschaffenen Strukturen und Allianzen einer gründlicheren Analyse unterzogen werden. Den Neoliberalismus zuvorderst als wirtschaftspolitisches Modell zu betrachten, heisst zugleich die Transformation wesentlicher Bereiche der Gesellschaft zu ignorieren.

Dass es sich beim Neoliberalismus auch um ein hegemoniales Projekt handelt, welches selbst grosse Teile der Linken integrieren konnte, darf bei der Analyse nicht vergessen werden. Man erinnere sich nur an Schröders «Neue Mitte», oder Blairs «New Labour» um das Ausmass dieser Entwicklung, von der die Schweizer Sozialdemokratie nicht ausgenommen ist – vergleiche hierzu: Willy Spieler, «Zum Theoriedefizit der Sozialdemokratie» in Rote Revue Nr. 4/2009 – zu erkennen.

«Das hat sich an der Schwächung, ja der Auflösung des Klassenbewusstseins gezeigt, an der Anpassung an eine Ideologie der Eigenverantwortung und an der Konsenspolitik im Konkordanzsystem, welche der SVP ermöglicht hat, sich als einzige oppositionelle Kraft im Lande zu etablieren», so Hans Schäppi. Vor allem aber führte der Glaube an die Alternativlosigkeit des Systems zu einer gefährlichen Entpolitisierung der Bevölkerung. Dieser Zustand hat schwere Folgen für die Schweizer Linke, die eigentlich auf einen, wenn auch heimatlosen, latenten Antikapitalismus in breiten Teilen der Bevölkerung bauen könnte. Um dieses brachliegende Potential zu aktivieren, sind radikale Forderungen nötig, die in ihrer Summe die Utopie eine demokratischen und solidarischen Gesellschaft wieder realistisch erscheinen lassen.

Der Widerspruch bietet dafür genug Anregungen und Diskussionsgrundlagen. Wie Schäppi korrekt feststellt, ist «nicht nur eine Erneuerung, sondern ein eigentlicher Wiederaufbau der radikalen politischen Linken» dringend erforderlich. Eine schwierige aber nicht unmögliche Aufgabe, die sich über einen weiten Zeitraum erstrecken wird. Zu gross ist gegenwärtig der Vertrauensverlust der Linken innerhalb der Bevölkerung.

Aus dem vorwärts vom 19. Februar 3009

WIDERSPRUCH 57: Staat und Krise,  208 Seiten, Fr. 25.- / EUR 16.-,  im Buchhandel oder unter:

WIDERSPRUCH, Postfach, CH-8031 Zürich, vertrieb@widerspruch.ch

Über 50’000 am Fest der UZ!

Erneut nahmen mit mehr als 50 000 Besucherinnen und Besuchern am diesjährigen Pressefest der DKP-Wochenzeitung UZ – Fest der Solidarität 2009 in Dortmund mehr Menschen teil als an den vorausgegangenen Festen.

30 kommunistische, Arbeiter- und linke Parteien aus vier Kontinenten beteiligten sich als Gäste. Zahlreiche befreundete Organisationen und Initiativen aus der Bundesrepublik Deutschland, die Zeitung «junge Welt» sowie die Kommunistische Plattform der Partei «Die Linke» präsentierten sich mit Informations-, Verkaufs- und Essensständen.

Kultur und Politik

Begeisternde Höhepunkte waren am Freitagabend die Veranstaltung mit der bekannten chilenischen Gruppe «Inti Illimani» und am Samstagabend mit Konstantin Wecker und Orchester, in dessen Programm ein bewegender Moment der Auftritt von der bekannten Antifaschistin Esther Bejarano mit dem Lied von den «Moorsoldaten» war.

Das Fest der Solidarität stand ganz im Zeichen der Solidarität mit aktuell kämpfenden Schülerinnen und Schülern und Studenten, Erzieherinnen und Erziehern aus Kindertagesstätten. Es wurden vielfältige Themen aktueller Art diskutiert, an denen sich insbesondere viele junge Menschen, die in Bewegungen engagiert sind, beteiligten.

Es fanden zahlreiche Diskussionen und Lesungen mit Schriftstellerinnen und Schriftstellern und Politikern statt sowie ein grosser Kunstmarkt.

Rifondazione Comunista spaltet sich

Zum definitiven Bruch kam es am 11. Januar, als die aktuelle Parteileitung den Chefredaktor Piero Sansonetti der Parteizeitung «Liberazione» entlassen hat. Paolo Ferrero, der nationale Sekretär von Rifondazione nennt die zwei wesentlichen Gründe die Entlassung. «Der Misserfolg der Zeitung, um eine Euphemismus zu gebrauchen» und die politische Divergenz, denn «Piero hat die Zeitung auf der Basis eines Projekts geleitet, das völlig entgegengesetzt zu jenem ist, das am Kongress demokratisch gewonnen hat.» Beides trifft zu. Sansonetti, ist ein Anhänger der grossen Minderheit, was in «Liberazione» regelmässig zum Ausdruck kam und dies nicht selten in Form von Polemik gegenüber die gewählte Parteileitung und ihren Exponenten. Ferrero unterstrich, dass durch die Entlassung von Sansonetti die Autonomie der Zeitung und jene der Redaktion nicht in Gefahr sind, doch sei «allen klar, dass wenn es so weiter geht, Rifondazione bankrott geht!» Die Zahlen sprechen eine brutale Sprache: Im 2004 verkaufte sich «Liberazione» rund 10.000 mal täglich, aktuell sind es noch knapp 6.000 Exemplare. Der Verlust der Zeitung beträgt zwischen drei und dreieinhalb Millionen Euro, was ein Drittel des Gesamtverlustes der Partei von rund 10 Millionen ausmacht! Sansonetti trägt als Chefredaktor die Verantwortung, doch die ganze Schuld des Desasters rund um Liberazione ihm in die Schuhe zu schieben ist falsch. So hängen die Verkaufszahlen der Parteizeitung auch von der Stärke und der politischen Attraktivität der Partei ab. Und beides verlor Rifondazione Comunista in den letzten Jahren immer mehr.

Die Spaltung von Rifondazione ist ein weiterer Beweis für den jämmerlichen Zustand der radikalen und kommunistischen Linke in Italien.

19 Millionen arme Kinder in der EU

„19 Millionen Kinder in der Europäischen Union leben in Armut. Sie sind die wahren Verlierer der weltweiten Finanzkrise“, sagt die Europaabgeordnete Gabi Zimmer (DIE LINKE) am Internationalen Tag der Armutsbekämpfung.

Die Zahl der in der EU von einkommensbedingter Armut bedrohten Menschen sei von 55 Millionen im Jahr 2001 auf 78 Millionen im Jahr 2005 angestiegen. 2010 ist angekündigt als das „Europäische Jahr des Kampfes gegen Armut und Ausgrenzung“. „Während dieser Tage alle Welt erleichtert aufatmet, weil die Regierungen dem globalen Finanzwahnsinn zunächst eine Beruhigungsspritze verpasst haben, frage ich mich: Wer zahlt morgen die Rechnung? Es werden unsere Kinder sein“, so Zimmer.

Die EU und die Mitgliedstaaten seien in der Pflicht, konkrete, messbare Ziele zur Förderung der sozialen Integration und zur Bekämpfung der Armut zu setzen. Trotz Finanzkrise dürfe man nicht nur auf kurzfristige Notlösungen zur Eindämmung der akuten Symptome setzen. „Ein auf Nachhaltigkeit setzendes konzertiertes Vorgehen der EU gemeinsam mit allen Mitgliedstaaten ist erforderlich, um soziale und ökologische Mindeststandards als verbindliche Ziele zu setzen“, so Zimmer.

Das Europäische Parlament hatte am 9.Oktober 2008 einen Initiativbericht des Ausschusses für Beschäftigung und Soziales verabschiedet, in dem die EU aufgefordert wird, als ersten Schritt die Kinderarmut bis 2012 um 50 Prozent zu senken. Die Europaabgeordneten fordern auch die Einführung einer EU-weiten sozialen Mindestsicherung (mindestens 60 Prozent des nationalen Medianeinkommens) und von Mindestlöhnen (mindestens 60 Prozent des nationalen bzw. branchenspezifischen Durchschnittslohns).

Berichterstatterin Gabi Zimmer fügt hinzu: „Armut bedeutet nicht nur den unmittelbaren Mangel an finanziellen Mitteln. Kinder müssen jegliche Art von Unterstützung erhalten, um allen Aspekten ihrer emotionalen, körperlichen, erzieherischen und kognitiven Bedürfnisse entsprechen zu können.“

Quelle: Linkszeitung.de

Eine neue, linke Partei gründen

POP&Gauche en mouvement Waadt wollen ein klares Signal geben für die Vereinigung aller Komponenten der kämpferischen Linken in einer neuen Partei. Die Resolution für den Parteitag der PdAS wurde von der Leitung von POP&Gauche en mouvement Waadt an der Sitzung vom 27. August 2008 beschlossen.

Die enttäuschenden Ergebnisse der letzten Wahlen in gewissen Kantonen haben mehr denn je gezeigt, dass es für die kämpferische Linke nur in der Vereinigung ihrer verschiedenen Komponenten eine Zukunft gibt. Die politischen Spaltungen schwächen uns sowohl objektiv und materiell und auch symbolisch in de Augen der Bevölkerung, die sie nicht versteht.

Aus dieser Sicht war der Prozess von «A Gauche Toute!» (AGT), der 2003 begonnen wurde, eine positive Etappe der Annäherung der verschiedenen Komponenten der kämpferischen Linken. Dies hinsichtlich der gemeinsamen Aktivitäten als auch bezüglich der Präsentation der Wahllisten und der Bildung von AGT- Parlamentsgruppen in manchen kommunalen und kantonalen Legislativen.

Ein gemeinsames Ziel geben

Doch so positiv sie auch ist, die Allianz AGT ist nicht mehr als eine Etappe. Das bündnisartige Funktionieren, das ihr eigen ist, ist weit davon entfernt, ideal zu sein:

Erstens: Auf organisatorischer Ebene sind die Diskussionen und die Unterschiede im Funktionieren, die der Bilateralismus unvermeidlich mit sich bringt, in dem Masse verlorene Zeit, als es nicht ums Politische geht – ganz zu schweigen von der Verdoppelung der Mitgliederversammlungen.

Zweitens: Auf der Ebene der AktivistInnen schaffen die verschiedenen Namen Verwirrung, sowohl in der öffentlichen Meinung, als auch bei den Aktiven und selbst den Abgeordneten, die nicht immer klar wissen, ob sie nun in erster Linie ihre jeweilige Partei oder AGT vertreten.

Drittens: Vor allem aber nach aussen hindert uns das bündnisartige Funktionieren potentielle AktivistInnen zu erreichen, die den Wunsch nach einer echten linken Oppositionsfront haben. Menschen, die sich aber nicht in den jeweiligen Identitäten der verschiedenen linken Bewegungen, die „A Gauche Toute!“ angehören oder auch nicht, wieder finden. Menschen, die aber in Opposition zur Sozialdemokratie und zu einer immer liberaler werdenden Ökologie, wie sie durch die Grünen vertreten wird, stehen.

So muss man schon heute, anstatt beim bündnisartigen Funktionieren von AGT stehen zu bleiben, sich das mittelfristige gemeinsame Ziel geben, alle Kräfte der kämpferischen Linken in einer neuen Partei zu vereinen.

Diese neue Partei ist nicht als die simple Fusion von POP&Gauche en mouvement und SolidaritéS in einer neuen hierarchischen Struktur zu verstehen. Viel mehr handelt es sich darum, eine gemeinsame Widerstandsfront zu bilden, die allen offen steht, welches auch immer ihr Engagement in der Vergangenheit gewesen sein mag und die Motivation zu kämpfen ist. Es gilt sich zusammenzufinden unter den folgenden Prinzipien: Erstens die Ablehnung einer linken «Begleitstrategie» und zweitens die Opposition gegen den Kapitalismus.

Vorbild «Die Linke» in Deuschland

Es handelt sich in keinem Fall darum, die Vielfalt der politischen Sensibilitäten, welche die Linke charakterisiert, zum Verschwinden zu bringen. Im Gegenteil, diese Vielfalt ist ein Reichtum, sofern sie nicht in «Glaubenskriege» ausartet. In einer neuen Partei sollte die Bildung von internen Zusammenschlüssen und thematischen Arbeitsgruppen nicht nur gestattet, sondern gefördert werden. Als Beispiel ist die deutsche Partei «Die Linke» zu nennen, welche die Bildung solcher Zusammenschlüsse nach Denkrichtungen im Innern der Partei (reformistische Linke, marxistisches Forum, Kommunistische Plattform, ökologische Plattform) oder nach politischen Themen (Bildungspolitik, Mindesteinkommen, Antifaschismus) fördert. Frei geschaffen sind diese internen Zusammenschlüsse eine Möglichkeit des ideologischen und politischen Wettstreits.

Nur durch die Schaffung dieser neuen bewegungsorientierten Partei kann die Öffnung gelingen in Richtung

– Einer kämpferischen Gewerkschaftsbewegung

– Jener, die von linker „Begleitpolitik“ enttäuscht sind

– Bürgerbewegungen, insbesondere gegenüber ihren globalisierungskritischen und ökologischen Komponenten.

Gleichzeitig müsste mit der Bildung einer neuen Partei der Name„A Gauche Toute!“ überprüft werden. Ohne das Wichtigste zu sein, ist der Name nicht nebensächlich. Aus verschiedenen Gründen sind zahlreiche AktivistInnen mit diesem Namen nicht zufrieden. Unter anderem hat AGT gegenüber der Bevölkerung eine fanfarenhafte und utopische Seite, die unsere Schwäche und Marginalität dokumentiert. Im übrigen lässt der Name darauf schliessen, dass links sein eine graduelle Frage ist. Eine solche Sicht ist trügerisch. Sie bringt uns permanent in eine Position der Niederlage gegenüber einer SP, die uns leicht in die Ecke der «extremen Linken» stellen kann. Wir müssen aber im Gegenteil den Mut haben, zu erklären, dass wir DIE Linke sind.

Nicht im Abseits stehen bleiben

Eine neue Partei wird nicht in einem Tag geschaffen. Es handelt sich um eine mittel- und langfristige Vision, die auf der Feststellung beruht, dass die aktuelle Situation nicht wirklich politische Effizienz erlaubt. Doch, die «Linke der Linken» wird in den nächsten Jahren zahlreiche Kämpfe zu führen haben und sie muss sich durch eine Allianz aller vorhandenen Kräfte stärken, um eine Chance auf Erfolg zu haben.

Auch andere Bewegungen starten ähnliche Überlegungen in Richtung der Schaffung neuer Parteien, insbesondere in Frankreich und in Deutschland. Die Partei der Arbeit der Schweiz hat viel zu verlieren wenn sie beschliesst, bei diesen Überlegungen im Abseits zu stehen. Es wäre tatsächlich destruktiv, die Schaffung einer neuen Bewegung passiv zu beobachten und dann genötigt zu sein sich anzuschliessen, um nicht isoliert zu sein. Die einzige Möglichkeit das zu vermeiden, ist selbst Akteur in diesem Prozess und am Ursprung der Überlegungen zu sein.

Es ist offensichtlich, dass ein solcher Prozess auf nationaler Ebene stattfinden muss. Aufgrund der eidgenössischen Politik, die Tag für Tag von den Medien portiert wird, ist es mehr denn je nötig, auf dieser Ebene zu denken. Es ist daher vorrangig, dass die Partei der Arbeit der Schweiz eine entscheidende Rolle in dieser Richtung spielt.

Die Instanzen der Partei, die an diesem Parteitag gewählt werden, werden daher beauftragt zu handeln, sobald sie ihre Funktionen übernehmen und eine Arbeitsgruppe zu schaffen mit der Aufgabe:

– Kontakt aufzunehmen mit allen politischen Kräften, die links der Linken situiert sind
– Die Hindernisse in Bezug auf die Bildung einer Einheitspartei zu prüfen
– Dem ZK einen Marschplan vorzuschlagen.

Für ein Zusammengehen der kämpferischen Linken

Parti Ouvrier et Populaire Jurassien streben eine starke Organisation der «kämpferischen Linken» an. Diese soll Schritt um Schritt entstehen, zuerst durch die Schaffung einer Föderation. Die folgende Resolution für den Parteitag der PdAS wurde an der Sitzung der Leitung des POP Jura am 23. September (unter Konsultation weiterer Mitglieder) angenommen.

Die Resolution der Waadtländer Sektion, welche die Schaffung einer neuen Partei der kämpferischen Linken vorschlägt, ist interessant. Doch sie reduziert die Möglichkeiten eines Zusammengehens der Linken zu sehr, da sie von Beginn an die Gründung einer neuen Partei anstrebt und somit das Verschwinden insbesondere von Solidarités und der PdAS festlegt. Der POP Jura zweifelt jedoch daran, dass unsere Partnerorganisationen von einer kurzfristigen oder mittelfristigen Fusion überzeugt sind. Doch wenn am Kongress die Waadtländer Resolution durch eine grosse zurückgewiesen wird, ohne dass ein Schritt in Richtung einer grösseren Einheit der «kämpferischen Linken» getan wird, kann dies zu «Spannungen» zwischen den beiden Tendenzen führen. Vor allem wäre es aber bedauerlich, dass es nach dem Ende von AGT keinerlei Perspektive des Zusammengehens der verschiedenen Organisationen mehr gäbe.

Die Spaltung der Kräfte der kämpferischen Linken ist eine Schwächung. Auf der Ebene von Wahlen ist es offensichtlich (Genf hat uns in drei Jahren drei Beispiele geliefert: Wahlen auf kantonaler und eidgenössischer Ebene und verfassungsgebende Versammlung), aber es betrifft auch andere Ebenen. So kann die Effizienz des Handelns gesteigert werden, wenn bei Aktivitäten eine gössere Anzahl von AktivistInnen mobilisiert werden kann. Und über gewisse Themen im Namen einer grösseren Bewegung als unseren kleinen Parteien zu sprechen, müsste ferner ein besseres Medienecho bewirken.

Die Schaffung einer Föderation

Deshalb schlägt der POP-Jura für den Parteitag folgende Resolution vor: Der Parteitag beauftragt die Leitung der PdAS den Ex-Partnern von AGT und allenfalls weiteren die Bildung einer «Föderation der Alternativen Linken« vorzuschlagen (diese könnte natürlich auch anders genannt werden). An den Sitzungen der Koordination würden Personen teilnehmen, die durch ihre Organisation delegiert sind. Für unsere Partei wäre es die PdAS, die uns repräsentiert, anstatt der Sektionen, wie es in AGT der Fall war. Dies würde für einige AktivistInnen eine Verdoppelungen der Sitzungen, deren Zahl ohnehin schon gross ist, vermeiden. Dieser Strukturvorschlag mag «bürokratisch» erscheinen. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass es nichts nützt, 30 Personen über beachtliche Distanzen an Sitzungen zu schicken, bei denen das Veto einer einzigen alle Entscheidungen verhindern kann.

Weiter sollen gemeinsame Veranstaltungen zu Themen angestrebt werden, die zur politischen Bildung beitragen. Dies bietet die Möglichkeit, dass sich die AktivistInnen der verschiedenen Organisationen besser kennen lernen können, und so auch mögliche Vorurteile schneller abbauen zu können. Eine Möglichkeit wäre, die nationale Konferenz der PdAS in einem solchen Rahmen durchzuführen.

Nach ein paar Jahren guter Zusammenarbeit könnte die Frage einer Fusion dieser Organisationen oder eines Teils unter ihnen in einer neuen Organisation angegangen werden. Dies, wenn sich über die Ideale, die es zu verteidigen gilt (Sozialismus etc.), und nicht nur auf die kurzfristigen sozialen Forderungen einigen.

Diese Resolution soll nicht verhindern, dass GenossInnen schon Heute mit Mitgliedern anderer Organisationen die Möglichkeiten und Mittel überlegen und die Standpunkte annähern, um zu einer bedeutenden Partei der kämpferischen Linken zu kommen, die den Übergang vom kapitalistischen zum sozialistischen System zum Ziel hat.

Lasst die Reichen zahlen

»Die Reichen müssen die Krise bezahlen« lautet der Titel einer am Sonntag von der Europäischen Linkspartei (ELP) verabschiedeten Resolution.

Die »Cosa Nostra der Banken« habe die Krise verschuldet, erklärte Lothar Bisky auf der eine Tagung des Exekutivkomitees der ELP in Athen abschließenden Presskonferenz. »Deswegen fordern wir, daß all die Bankmanager mit ihren Jahresgehältern in zweistelliger Millionenhöhe, die die Krise mitzuverantworten haben, sie auch mitbezahlen müssen.« Verantwortlich sind für den Vorsitzenden der Europäischen Linkspartei aber auch die europäischen Regierungen und Institutionen der EU. Alle Warnungen in den Wind schlagend, hätten diese durch ihre Freibriefe für Spekulationen dem jetzigen Debakel erst den Boden bereitet.

Bisky erinnerte daran, daß die deutschen Medien Oskar Lafontaine 1999 als den »gefährlichsten Mann Europas« bezeichnet hatten. Der damalige SPD-Finanzminister hatte gefordert, die internationalen Finanzmärkte einer Kontrolle zu unterstellen. »Heute fordert das auch die deutsche Regierung.«

Auf eine »gute Seite der Krise« wies Alexis Tsipras hin. »Die Krise hat dafür gesorgt, daß ideologische Begriffe wieder in die Diskussion Einzug gehalten haben«, erklärte der Vorsitzende der griechischen Linksallianz Synaspismos. Man dürfe allerdings nicht erwarten, daß der Linken dadurch der Erfolg wie ein reifer Apfel in den Schoß falle. Gefordert sei vielmehr eine breite Mobilisierung. Ohne einen Paradigmenwechsel sei die Krise nicht lösbar. Die Stunde sei gekommen, in der »alle sozialistischen Kräfte« gemeinsam zum Gegenangriff für ein System anträten, »in dem der Mensch dem Gewinn übergeordnet ist«.

Sozialistische Zielsetzungen sind jedoch in der eingangs erwähnten Resolution der ELP nicht zu entdecken, im besten Sinne sozialdemokratische dagegen schon. Beispielsweise die Forderung nach einem neuen Statut für die Europäische Zentralbank, die einer »öffentlichen und demokratischen Kontrolle« zu unterstellen sei, um damit eine »Kreditpolitik zur Förderung unbefristeter Beschäftigung und Entwicklung« zu gewährleisten.

Neben der Finanzkrise stand vor allem die Entwicklung eines Wahlprogramms der Europäischen Linkspartei für die im kommenden Jahr anstehenden Wahlen zum Europaparlament im Mittelpunkt der Diskussionen in Athen. Ein hier ausgearbeiteter Entwurf wird in den kommenden Wochen innerhalb der Mitgliedsparteien diskutiert. Jede Partei werde ihr eigenes Programm aufstellen, in dem auch nationale Besonderheiten berücksichtigt werden könnten, erklärte Bisky in Athen. Ziel sei es aber, auf einer weiteren Konferenz im November in Berlin »vier bis fünf gemeinsame Punkte« aufzustellen, mit denen »die Linke in Europa als Gesicht und als Adresse erkennbar« werde.

»Die Europäische Linkspartei und Die Linke in Deutschland sind pluralistische Parteien«, erläuterte Bisky auf Nachfrage nach der Möglichkeit gegensätzlicher Ansichten in verschiedenen nationalen Wahlprogrammen gegenüber junge Welt. Unterschiedliche Gesichtspunkte würden natürlich akzeptiert. Am Ende aber seien alle verpflichtet, sich an die Entscheidungen der Mehrheiten zu halten.

In der griechischen Linksallianz, deren Vorsitzender zum »Gegenangriff aller sozialistischen Kräfte« aufrief, ist der linke Flügel in der Überzahl. Wer sich innerhalb der ELP durchsetzen wird, bleibt abzuwarten.

Quelle: junge Welt

Steuergelder nicht ohne Gegenleistung

Mit dem gigantischen Volumen von 470 Milliarden Euro  will die deutsche Regierung das wankende Bankensystem stützen – wegweisende neue Regeln für das Finanz-Casino enthält das Sofortprogramm ebenso wenig wie Konjunkturmassnahmen gegen die drohende Krise der Realwirtschaft.

„Die Sicherung der Banken mit Steuer-Milliarden kann nur dann erfolgreich sein, wenn die Bundesregierung zugleich alles tut, damit die Wirtschaft nicht einbricht. Deutschland braucht jetzt ein Konjunkturprogramm“, fordert der Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE, Oskar Lafontaine. „Niemand könnte fast eine halbe Billion an Steuergeldern für Banken rechtfertigen, die sich im weltweiten Finanzcasino verzockt haben, und gleichzeitig massive Arbeitsplatzverluste durch eine Rezession in Kauf nehmen, ohne dagegen etwas unternommen zu haben.“ Lafontaine weiter:

„Die Bundesregierung verlässt endlich den Irrweg der unabgestimmten Einzelfalllösung und versucht, sich den Herausforderungen der Komplexität der internationalen Finanzkrise zu stellen. Dabei ist es richtig, das Interbankengeschäft durch Garantien zu stützen, so dass Geldkreislauf und Kreditvergabe wieder in Gang kommen.

Ebenso richtig ist die Bereitstellung von zusätzlichem Eigenkapital. Das aber kann es nur gegen eine Gegenleistung der Banken geben. Wo der Steuerzahler sich engagiert, muss der Staat an den Banken beteiligt werden. Nur das sichert wirklich die Möglichkeit, Entscheidungen der Banken mitzubestimmen.

Nach diesem ersten Schritt muss die Bundesregierung schnell die nächsten gehen. Ohne Anstrengungen, um die Konjunktur anzukurbeln, bleibt der Bankenschirm löchrig. Dazu muss in erster Linie die Binnenkaufkraft gestärkt werden – durch eine Abkehr von der Niedriglohnspirale, durch einen gesetzlichen Mindestlohn von 8,71 Euro wie in Frankreich, durch eine Anhebung der Renten und des Hartz IV-Regelsatzes. Darüber hinaus brauchen wir ein Investitionsstützungsprogramm durch ein Vorziehen öffentlicher Investitionen in Bildung und Infrastruktur sowie durch die Wiedereinführung der degressiven Abschreibung mit Sonderabschreibungsmöglichkeiten im ersten Jahr.

Die Einkommens- und Vermögensgewinner der letzten Jahre, deren Renditeerwartungen nicht wenig zum Finanzchaos beigetragen haben, sollten mit einer Millionärssteuer zur Finanzierung der Bewältigung der Krise herangezogen werden.“