Demonstrationen in Ägypten und Gerede in Europa

Kairo: Tausende Demonstranten begehen gemeinsam ihr Freitagsgebet. Gleichzeitig fordern Prediger die Freilassung aller politischen Gefangenen.  Auch in Alexandria versammelten sich heute Zehntausende, um ihre Solidarität mit den Demonstrierenden zu bekunden. Der Kampf gegen Mubarak und seine Regierung geht also weiter.

Klare Worte aus Washington

Nachdem in den letzten Tagen mehr als 600 Menschen verletzt und eine noch unbestimmte Zahl getötet wurden, scheint Mubaraks Treiben auch dem Weissen Haus suspekt zu werden. So liess die Obama-Regierung durch ihren Pressesprecher am Dienstagabend verkünden, dass sie den sofortigen Rücktritt Mubaraks wünscht. Gleichzeitig wurden freie Wahlen gefordert. So verliert Mubarak also einen mächtigen Unterstützer – immerhin geben die USA jährlich 1.3Mrd Dollar an Militärunterstützung für Ägypten aus. Die Forderung nach freien Wahlen scheint dabei illusorisch, handelt es sich in Ägypten doch bekanntermassen um ein korruptionsgebeuteltes Land. (Platz 111 von 180 auf dem Korruptionsindex von TI) Dass die amerikanische Regierung dieses Land Jahrzehnte unterstützt, lässt ahnen, dass der Ruf nach freien Wahlen gleichbedeutend mit dem Wunsch nach einer US-freundlichen Regierung ist.

Europas Schlingerkurs

Noch bizarrer mutet die Haltung Europas gegenüber den Demonstrationen in Ägypten an. Die Europa-Aussenministerin Catherine Ashton liess heute verlauten, dass es entscheidend sei, dass Regierung und Bevölkerung „gemeinsam vorangehen“. Auch meint sie, eine Art von nationalem Dialog „zwischen dem Regime und der Opposition“ zu vernehmen. Daraus folgert Ashton, dass der nächste Schritt ein Zeitplan für einen geordneten Übergang sei, der von der Regierung ausgearbeitet werden solle, um Vertrauen zu schaffen.

Damit beweist Ausseministerin Ashton ein gerüttelt Mass an Weltfremdheit und bourgeoiser Bequemlichkeit, welches als symptomatisch für die ganze Europäische Union betrachtet werden darf. In Anbetracht von Zehntausenden von Demonstranten, die den sofortigen Sturz der Mubarak-Regierung fordern, scheint die Rede vom Vertrauen geradezu lächerlich. Auch die Nachricht des „nationalen Dialogs“ erstaunt; von einem solchen kann nur dann die Rede sein, wenn nicht zur Kenntnis genommen wird, dass die Kommunistische Partei Ägyptens (in ihrem Kommuniqué) jede Zusammenarbeit mit Mubarak ablehnte.

Europäische Steuergelder für ein Militärregime

Die EUFOR-Mission der EU zum Schutz der Flüchtlinge in Darfur hat viel Lob bekommen. Der Preis ist hoch: 311 Millionen muss die EU bis 2013 an die Militärdiktatur in Tschad überweisen.Diese ist übrigens für ihre Korruption und Brutalität bekannt.

Die Militärmission der «European Union Force»(EUFOR) ist beendet. Mit rund 3070 europäischen Soldaten aus 18 Nationen war dies der grösste Einsatz der Europäischen Union. Der Auftrag lautete:

Schutz der Flüchtlingslager im Grenzgebiet zu Darfur und Schutz der internationalen Hilfsorganisationen.Der Preis für die Krisenmission ist hoch: 311 Millionen Euro Entwicklungshilfe muss das Europäische Parlament in Brüssel in den Tschad überweisen.Der Vertrag wurde kurz vor Beginn der EUFOR-Mission unterzeichnet.John Clancy, der Sprecher des EU-Kommissars betonte, dass die EU ihre afrikanischen Partner unterstützen will. Für gute Regierungsstrukturen und Stabilität soll mit 311 Millionen gesorgt werden. Aus der Sicht des Machthabers Idriss Deby dürfte das Geld aus Brüssel der Entgelt dafür sein, dass er nach langem Zögern dem europäischen Militäreinsatz zustimmte.

Ein Mann mit vielen Feinden

1976 machte Idress Deby unter dem damaligen Präsidenten Hissène Habré im Tschad Karriere. Deby wurde bis in den Generalsrang befördert und erwarb sich einen umstrittenen Ruf bei der brutalen Zerschlagung von Rebellenverbänden. Habré warf ihm jedoch Putschpläne vor, worauf Déby 1989 mit zahlreichen Anhängern über die Grenze in die sudanesische Provinz Darfur floh. Dort baute er eine Rebellenarmee auf, die patriotische Rebellenbewegung «Mouvement Patriotique de Salut »(MPS). Vom Sudan aus führte Deby seine Armee in Richtung Ndjamena, der Hauptstadt des Tschads. Beim dritten Anlauf konnte er Habré stürzen und rief sich selber zum Präsidenten aus.

Seit mittlerweile 19 Jahren ist Deby an der Macht und wird selber von rebellierenden Gruppen bedroht. Die Regierung in Khartum(Sudan) rüstet die tschadischen Rebellen der «United Front For Democratic Change»(FUC) mit Waffen aus.Wer gegen wen kämpft und wer wen unterstützt, ist nicht immer ganz klar. Der Sturz Débys ist allerdings das Ziel der meisten bewaffneten Gruppierungen im Tschad.

Waffen statt Nahrungsmittel

Die Macht in Tschad bedeutet auch die Kontrolle über die Ölvorkommen von Doba.Im vergangenen Jahr konnten dadurch über drei Milliarden Dollar erwirtschaftet werden. Die Lebenserwartung der Tschader liegt bei 47 Jahren, die Analphabeten Rate bei 53 Prozent.Durch die Erschliessung der Ölfelder sollte sich die Situation ändern.Die Einnahmen Tschads aus den Ölfeldern flossen in einen speziellen Fonds und 90 Prozent davon sollten für Bildung,Armutsbekämpfung und Gesundheit ausgegeben werden. Dies war eine der Bedingungen der Weltbank, die den Bau der Förderanlagen mitfinanziert hatte. 2005 hat Deby diese Vereinbarung gekündigt. „Die Sicherheitslage im Tschad erfordere höhere Investitionen in die Armee und dafür benötige man das Ölgeld,“ so die Erklärung Debys.

EU als ein Sponsor eines Militärregimes macht sich auf der ganzen Welt lächerlich.Ein bestimmter Grad von demokratischer Praxis in Tschad ist nicht vorhanden und somit ist die Voraussetzung für die Entwicklungshilfe gar nicht präsent. Das Europäische Parlament nimmt es da wohl nicht so genau und Deby kann bis zum Jahr 2013 mit 311 Millionen rechnen. Zu erwähnen ist noch, dass das Geld aus den Taschen der europäischen Steuerzahler kommt.