Angst vor Volksentscheid?

Landsgemeinde_Glarus_2006Der Zürcher Regierungsrat hat dem Kantonsrat beantragt, die Initiative «Steuerbonus für dich» der Partei der Arbeit Zürich (PdAZ) für ungültig zu erklären. Hat der Regierungsrat Angst vor dem Volksentscheid?

Um sich vor den politischen Fragen zu drücken, will der Regierungsrat die Initiative der PdAZ auf juristischen Weg erledigen. Kein Wunder, denn es ist für den Regierungsrat in der Tat politisch sehr schwer zu erklären, weshalb im Kanton Zürich 1.5 Prozent der Steuerpflichtigen gemeinsam mehr als 123 Milliarden Franken und somit 45 Prozent des gesamten Privatvermögens besitzen. Noch eklatanter wird das Verhältnis bei den Firmen: Rund 2400 (5,2 Prozent) der Firmen im Kanton Zürich haben ein Eigenkapital von mehr als fünf Millionen Franken und kommen gemeinsam auf ein Vermögen von über 405 Milliarden (!) Franken. Sie besitzen somit 96 Prozent des gesamten Eigenkapitals. Angesichts dieser immensen Summen an vorhandenem Kapital, wird es für den Regierungsrat schwierig zu erklären sein, weshalb die Familien mit einem unteren und mittleren Einkommen, die bekanntlich von der Krise am stärksten betroffen sind, nicht in den Genuss einer Steuererleichterung kommen sollen. Um diese enormen Missverhältnisse und vor allem die Gründe, die dazu führen, nicht thematisieren zu müssen, wird versucht, die Initiative juristisch zu bodigen. Der Regierungsrat verletzt dabei den von ihm selbst gepriesenen «demokratischen Entscheidungsprozess» und entlarvt damit letztlich sein Demokratieverständnis zur Stabilisierung des Unrechts.

Die PdAZ hat vor der Lancierung der Initiative die rechtliche Lage überprüft.  Sie ist der Meinung, dass es sich um eine rein politische und nicht um eine juristische Frage handelt,  ob die Initiative zur Abstimmung kommt oder eben nicht. Falls der Kantonsrat dem Antrag des Regierungsrats folgt, wird die PdAZ sämtliche rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen, damit die Volksinitiative zur Abstimmung kommt. Die PdAZ weist zudem darauf hin, dass die Initiative von mehr als 7‘200 Stimmberechtigten unterschrieben worden ist und daher die demokratische Legitimationbesitzt, dass die Bevölkerung über diese Vorlage entscheiden darf.

Partei der Arbeit Zürich 

Der Vorstand

Kampfmassnahmen beschlossen!

syndicomDie Information der Gewerkschaft syndicom

Die Verlängerung der Arbeitszeit um 2 Stunden pro Woche und die Senkung der Nachtzuschläge, wie der Unternehmerverband Viscom sie fordert, finden keine Freunde bei den Beschäftigten der grafischen Industrie. In der Urabstimmung über Kampfmassnahmen zur Verteidigung des Gesamtarbeitsvertrags (GAV) der grafischen Industrie vom 13. Februar sagten 95% der Abstimmenden syndicom-Mitglieder der grafischen Industrie Ja zu Kampfmassnahmen. Schon am 26. Januar hatten die Mitglieder der syna an ihrer Branchenkonferenz Print einstimmig Kampfmassnahmen befürwortet.

Nach den klaren Abstimmungsergebnissen halten die Gewerkschaften ihr Kompromissangebot aufrecht, den bisherigen GAV zu verlängern. Diese Lösung kann in den nächsten Monaten grosse Konflikte in der grafischen Industrie vermeiden. Diejenigen Betriebe, die jetzt in der vertragslosen Zeit die Nachtzuschläge senken oder die Arbeitszeit verlängern wollen, müssen nach diesem Ja zu Kampfmassnahmen in einer Periode ohne Friedenspflicht mit gewerkschaftlichen Aktionen rechnen.

Die Gewerkschaften syndicom und syna erwarten vom Viscom, dass er ohne Vorbedingungen an den Verhandlungstisch zurückkehrt und die Provokationen einstellt, die nach dessen letzter Zentralvorstandssitzung vom 1. Februar publiziert wurden. Dort wurden die Betriebe erneut «ermutigt», die Arbeitszeit zu verlängern und die Zuschläge zu senken. Solche Angriffe auf den GAV sind Kampfmassnahmen «von oben», die Arbeitsplätze vernichten und unzumutbare Lohnkürzungen zur Folge hätten. Es mutet deshalb zynisch an, wenn der gleiche Viscom-ZV die Gewerkschaften in einem Brief auffordert, auf Kampfmassnahmen zu verzichten!

Dass die Gewerkschaften und die Beschäftigten der grafischen Industrie Provokationen zu beantworten wissen, haben sie am letzten Sonntag in Basel bewiesen. Die Drucker der Zeitungsdruckerei der Basler Zeitung stellten in der Nacht auf Montag die Maschinen ab und verhinderten den Druck der Basler Zeitung in Basel. Dieser Protest richtete sich gegen eine Geschäftsleitung und die Besitzer einer aus dem Viscom ausgetretenen Druckerei, die in ihrer Arroganz für die Ende März geplante Schliessung des Betriebs keinen Sozialplan eingeplant hatten, der den finanziellen Verhältnissen der Hintermänner Blocher und Tettamanti entsprechen würde.

Die Gewerkschaften sind nach dem Ja zu Kampfmassnahmen bereit, die GAV-Verhandlungen wieder aufzunehmen – oder den GAV gegen Provokateure auf Viscom-Seite in und vor den Betrieben zu verteidigen.

Streik bei der BaZ-Druckerei

293221-bzInformation der Gewerkschaft syndicom:

Seit 23.00 Uhr stehen in Basel die Druckmaschinen still. Heute Nacht wird bei der Zeitungsdrucker AG nichts gedruckt. Betroffen sind eine Teilausgabe der Coopzeitung und die Basler Zeitung (BaZ). Die Streikenden wehren sich gegen die Arroganz der Geschäftsleitung, die den Betrieb per 31. März schliessen will und alle Forderungen sowie ein Alternativprojekt der Belegschaft abgeblockt hat. Das Personal fordert Abgangsentschädigungen, eine Verlängerung der Kündigungsfristen und Sozialplanverhandlungen unter Beizug der Gewerkschaften. Lanciert wurde auch eine Petition mit dem sprechenden Titel: «Liebe Herren, wir lassen uns so nicht abservieren!»

Seit dem 8. Januar ist klar, dass die BaZ-Druckerei «die Zeitungsdrucker» per Ende März 2013 geschlossen wird. Von der Schliessung sind 96 Personen betroffen. Trotz einigen Frühpensionierungen und Stellenangeboten bei Tamedia sowie der Unterbringung der Lernenden bleiben 72 Personen auf der Strasse.
An einer ersten Betriebsversammlung verlangte die Belegschaft am 11. Januar eine Verlängerung der Konsultationsfrist bis zum 22. März 2013, da mögliche Alternativprojekte mehr Zeit zur Ausarbeitung benötigten als die gemäss OR 335f für konkrete Vorschläge zum Erhalt der Arbeitsplätze zur Verfügung gestellten zwei Wochen. Das Personal verlangte ausserdem, dass die Personalkommission bei den Verhandlungen für einen Sozialplan von der Gewerkschaft syndicom begleitet würde, um von deren Erfahrungsschatz profitieren zu können.

Die Basler Zeitung Medien verlängerte die Konsultationsfrist nicht und wollte syndicom nur als Beobachterin an den Sozialplanverhandlungen zulassen. Ohne die Personalkommission auch nur informiert zu haben, liess die Unternehmensleitung dem Amt für Wirtschaft und Arbeit am 22. Januar den ersten Entwurf eines Sozialplans zukommen. Erst am 29. Januar wurde dieses äusserst magere Angebot der Betriebsversammlung vorgelegt. Die Belegschaft antwortete darauf mit ihren eigenen Forderungen:

  • – Verlängerte Kündigungsfristen
  • – Abgangsentschädigungen
  • – Finanzielle Unterstützung für Umschulung oder Aus- und Weiterbildung
  • – Ausgleichzahlungen bei Lohndifferenz
  • – Überbrückungsrenten
  • – Umzugsgeld

Die Unternehmensleitung der Basler Zeitung Medien nahm diese Forderungen mit dem Hinweis entgegen, dass die Basler Gruppe vor dem Konkurs stehe und deshalb kaum Geld für eine Unterstützung der Entlassenen zur Verfügung habe. Dass mit Christoph Blocher und Tito Tettamanti millionenschwere Investoren hinter der Basler Zeitung Medien stehen, war offenbar vergessen gegangen. Am 7. Februar folgte dann die konkreter ausformulierte Antwort, mit der sowohl Abgangsentschädigungen als auch Übergangsrenten rundweg abgelehnt wurden.

Beispiellose Arroganz
Von der beispiellosen Arroganz der Manager zeugte vor allem Rolf Bollmanns Replik, die Druckereiangestellten hätten ja eine 3. Säule einrichten können, um ihre Renten besser abzusichern. Ausserdem könne jeder über sechzig noch Arbeit finden, wenn er wolle, dazu sei er selbst das beste Beispiel…
An der Betriebsversammlung gleichentags wurde einstimmig beschlossen, dass die Belegschaft dem mageren vorliegenden Sozialplan nur unter der Bedingung zustimmt, dass die Arbeitsleistung und Treue der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit einer Abgangsentschädigung von 1000 Franken pro Dienstjahr honoriert wird.

Diese Forderung wurde der Unternehmensleitung mit Frist bis Freitagabend, 8. Februar, 18.00 Uhr, übergeben. Erst nach deren Ablauf liessen die Herren von der Sekretärin ausrichten, dass sie sich dazu erst wieder am Montagabend äussern wollten.
Dieses arrogante Verhalten tolerieren die Zeitungsdrucker nicht mehr. Heute bleiben die Maschinen still. Weder die BaZ und noch die Coopzeitung werden heute Nacht in Basel gedruckt.

Petition: 

Wir gehen nicht ohne Abfindung für Schweiss und Treue. Liebe Herren, wir lassen uns nicht abservieren!
www.syndicom.ch/diezeitungsdrucker

Wir werden unseren Kampf weiterführen!

Solidemo Providence_02Der Streik im Krankenhaus «La Providence» in Neuchâtel hat den 60. Tag überschritten. Die Streikenden geben nicht auf und führen die Mobilisierung trotz grosser Schwierigkeiten weiter. Der vorwärts sprach mit Sabine Furrer, 41, Sozialarbeiterin für PatientInnen. Sie gehört zu den MitinitiantInnen des Streiks.

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Am 26. November 2012 habt ihr einen Streik begonnen. Was sind die Gründe?

Die Krankenhausleitung hat einseitig entschieden, den Gesamtarbeitsvertrag (GAV) aufzukündigen, obwohl er im ganzen Kanton und für die ganze Branche gilt. Wir haben schnell gemerkt, dass damit der Verkauf des Krankenhauses an eine private, börsenkotierte Klinikgruppe in Verbindung stand, die einfach keinen GAV wollte. Die Vermittlungsversuche waren erfolglos und wir hatten keine andere Wahl, als in den Streik zu treten.

Warum streikst du? Was sind deine Gründe?

Ich hätte mir nie vorstellen können, eines Tages zu streiken. Eine Reihe von Ereignissen, die über den Verlust des GAV gehen, haben mich gezwungen, für den Streik einzutreten: Lügen, Böswilligkeit, Manipulation, Drohungen und Druck der Leitung sowie der Opportunismus, die mangelnde Solidarität einiger KollegInnen und kleinen Chefs und der Mangel an Mut von Seiten der PolitikerInnen waren ausschlaggebend. Aber mein zentraler Punkt: Ich konnte mir nicht vorstellen, die anderen an die Front ziehen zu lassen und abzuwarten, wie sich die Sache entwickelt, ohne mich zu positionieren. Schliesslich ging es mir auch darum, mich gegen das Profitdenken im Gesundheitsbereich einzusetzen.

Welche Schwierigkeiten trefft ihr in eurem Kampf an?

Einerseits haben wir mit einer unglaublichen Kälte zu kämpfen, die das Streiken gar nicht einfach macht, weil der Streikposten ausserhalb des Krankenhauses liegt. Andererseits haben wir grosse Einschüchterungen erlebt: Druck von Seiten der Krankenhausleitung, die behauptete, der Streik sei illegal und die Streikenden riskierten die Kündigung. Zudem wurde die private Sicherheitsfirma «Securitas» angestellt, um eine Barriere zwischen dem Streikposten und dem Krankenhaus zu errichten. Der Leiter der Sicherheit fotografierte die Streikenden, was dazu führte, dass die (noch) nicht Streikenden sich nicht trauten, sich uns anzunähern und mit uns zu diskutieren. So wird es schwierig, im Alltag mit den Stimmungsschwankungen umzugehen.

Warum unterstützt euch die grosse Mehrheit des Krankenhauspersonals nicht?

Viele KollegInnen haben resigniert. Einige haben erklärt, dass sie lieber ihren GAV als ihre Stelle verlieren. Sie haben Angst. Doch mit der Übernahme ist die Auslagerung einiger Bereiche schon geplant. Aus diesen Bereichen beteiligt sich niemand an den Streik, da die KollegInnen denken, dass sie nicht entlassen werden, wenn sie sich als «gute» Angestellte profilieren. Andere haben eine sehr enge Vorstellung der Problematik. Da sie Garantien erhalten haben für den Arbeitsplatzerhalt, stellen sie sich keine Fragen mehr. Dieses individualistische Verhalten ist natürlich auch Ausdruck der aktuellen Krise. Auch sind die finanziellen Aspekte nicht zu unterschätzen: Die Streikenden erhalten keinen Lohn mehr. Wer gewerkschaftlich organisiert ist, kann auf die Streikkasse zählen, die aber nicht den ganzen Lohn deckt. Dann gibt es auch Angestellte, die sich nicht wiedererkennen in unseren Forderungen und in der Bewegung.

Die durch den Streik aufgeworfenen Fragen betreffen auch andere Krankenhäuser, ja gar den gesamten Krankenhaus- und Gesundheitssektor. Habt ihr mit anderen Lohnabhängigen Kontakte herstellen können?

Ehrlich gesagt fühlen wir uns ziemlich isoliert. Die Angestellten der öffentlichen Spitäler in Neuchâtel werden ihren GAV weiterhin beibehalten, sie können sich nicht einmal vorstellen, den GAV zu verlieren.

Welche Erfahrungen habt ihr mit der Politik gemacht?

Erbärmliche Erfahrungen! Wir mussten uns mit unehrlichen PolitikerInnen konfrontieren, die ihre selbst festgelegten Regeln umgehen, um ihre Ziele zu erreichen. Wir bezahlen gerade den Preis einer zehnjährigen, katastrophalen Regierung – sowohl von rechts, wie auch von links (!) –  in Sachen kantonaler Krankenhaus- und Gesundheitspolitik. Ein riesen Schlamassel!

Genolier ist ein grosser Akteur im Krankenhaussektor, der über die Gesundheit seine Profite maximieren will. Worauf müsst ihr euch bei der Übernahme von «La Providence» gefasst machen?

Für die Angestellten bedeutet die Übernahme eine klare Verschlechterung der Arbeitsbedingungen: Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit, Einführung des Leistungslohnes, Senkung der Vergütung für Wochenend- und Nachtarbeit, Überstunden und Ferien. Zudem werden die Leistungen bei Krankheit, Unfall und Mutterschaft gekürzt. Es sind viele materielle Verschlechterungen. Hinzu kommen die Auslagerungen bestimmter nicht-medizinischer und nicht-pflegerischer Bereiche wie der Wäscherei und der Reinigung. Und schliesslich ist zu erwarten, dass Genolier sich von den teuren Kliniken befreien, um nur noch diejenigen behalten wird, die hohe Profite garantieren.

Während diesen 60 Tagen habt ihr wichtige Erfahrungen in Sachen (Selbst-)Organisation gemacht. Kannst du uns diese Erfahrungen beschreiben?

Wir kommen ständig in Versammlungen zusammen, um über Strategien, Aktionen und die Stossrichtung unseres Kampfes zu entscheiden. Alles funktioniert auf sehr demokratische Art und Weise. Während des Streiks ist die Kommunikation zentral. Wir haben Informationsflugblätter geschrieben, haben sie unseren KollegInnen und der gesamten Bevölkerung verteilt. Zudem haben wir Demonstrationen organisiert, Infostände in der Stadt Neuenburg, aber auch in anderen Städten im Kanton aufgebaut. Dann haben wir auch spezielle Aktionen durchgeführt (Schweige- und Fakelmärsche, Lieder produziert). Interessante Erfahrungen haben wir mit den Medien gemacht: Wir haben Medienkonferenzen durchgeführt, immer wieder Interviews gegeben, um unsere Anliegen zu verbreiten. Aber auch der Kontakt zu den politischen Parteien und den gewählten PolitikerInnen hat nicht gefehl. Wir haben oft vor dem kantonalen Parlament demonstriert.

Welche Rolle spielen die Gewerkschaften in eurem Streik?

Die Gewerkschaften haben eine zentrale und sehr wichtige Rolle. Sie vereinigen die Streikenden und tragen uns auch in einer gewissen Weise. Ihr Wissen und ihre Erfahrungen in diesem Bereich sind sehr wertvoll. Sie haben die Gewohnheit zu diskutieren, zu verhandeln, den Kontakt zu den Medien zu pflegen. Auch unterstützen sie uns auf der rechtlichen Ebene.

Gibt es auch andere Personen, Organisationen, Kollektive, die euch unterstützen?

Ein Unterstützungskomitee wurde aufgebaut, welches einerseits kollektive Mitglieder zählt (politische Parteien, Organisationen), andererseits individuelle Mitglieder. Sie haben punktuelle Aktionen organisiert. Auch haben wir viele Solidaritätsbotschaften erhalten von Organisationen und Kollektiven aus anderer Regionen. Teilweise haben sie sich auch an unseren Demonstrationen beteiligt.

Welche Bilanz ziehst du aus diesen (ersten) 60 Streiktagen? Und welche Perspektiven hat die Bewegung und der Streik?

Wir haben regelrecht ins Wespennest gestochen. Wir haben den PolitikerInnen gezeigt, dass sie im Krankenhausdossier keine langfristige Vision besitzen. Zudem haben wir gewisse linke Parteien mobilisieren können, die nun ein Gesetzesprojekt, aufbauend auf unseren Forderungen, einreichen wollen. Wir werden unseren Kampf weiterführen, wir lassen unsere Forderungen nicht einfach so fallen. Eine streikende Kollegin hat es mit folgenden Worten bestens auf den Punkt gebracht: «Wir sind der winzige Stein im Schuh, der während den ersten Kilometern keine grossen Sorgen bereitet, aber nach 10 Kilometern unerträglich wird und sich nach 20 Kilometern zu einem regelrechten Felsen wandelt!»

«Kirche und Schwert. Ein Krieg gegen das Matriarchat»

Georges Felix. Bereits zum dritten Mal marschierten fundamentalistische ChristInnen in Zürich auf, um gegen das Recht auf Abtreibung zu demonstrieren. Hinter der Maske der LebensschützerInnen, gären rechtsextreme Ideologien. Eine Hintergrundrecherche.

Aus der Printausgabe 35/36 des vorwärts vom 28/09/12. Unterstützte uns mit einem Abo.

Buchcover des Buchs "Kirche und Schwert" von D. Regli

D. Reglis‘ Buchcover „Kirche und Schwert“

 

2010 beim ersten «Marsch fürs Läbe» demonstrierten lediglich ein paar 100 «ChristInnen», am 15. September 2012 waren es bereits weit über 1000. Gegenüber dem letzten Jahr verdoppelte sich die Teilnehmendenzahl, während sich die 200 GegendemonstrantInnen nicht vermehrten. Die Zahl der FundamentalistInnen muss jedoch relativiert werden. In grosser Zahl wurden AbtreibungsgegnerInnen aus den umliegenden Ländern mit Cars antransportiert.

Über 50 FundamentalistInnen aus Polen fielen besonders auf. Sie trugen Schilder mit makabren Bildern von aufgeschlitzten Barbiebäuchen, Polenfahnen und ein nationalistisches weissrotes Breittransparent, auf welchem in Frakturschrift «Polonia» aufgedruckt war. Ein Herr hatte auf seinem T-Shirt das Templerkreuz mit der Überschrift Jerusalem aufgedruckt. Randbemerkung: Anders Breivik rechtfertigte seine politischen Massenmorde damit, dass er ein «Templer» im christlichen Kampf der Kulturen gegen die Invasion der Kulturmarxisten und des Islams sei.

«Fundamentalistische Gruppen» am Marsch

Der Verein «Marsch fürs Läbe» wurde am 9. Mai 2011 gegründet. Der Vorstand umfasst den Zürcher SVP Gemeinderat Daniel Regli, den Heidi-Schokoladenfabrikbesitzer Jürg Läderach und seinen Sekretär Walter Mannhart, Leiter der freikirchlichen Internatsschule «Domino Servite» (Dienet dem Herren). Beide sind in leitender Funktion bei der Erweckungs-Freikirche «Kwasizabantu» (KSB), welche gemäss der Informationsstelle der reformierten Kirche als fundamentalistische Sondergruppe eingestuft wird. Läderach ist Financier und Chef der KSB Schweiz.

Trotzdem ist der Marsch anhand der Organisationen weniger dem freikirchlichen Spektrum, als eher christlich-rechtskonservativen oder gar christlich-rechtsextremen Strömungen zuzuordnen. Unter den 13 Unterstützungsorganisationen findet sich die Eidgenössische Demokratische Union (EDU) und ein enges Netzwerk aus sechs sich personell überschneidenden Organisationen, in deren Zentrum der Vereinspräsident Daniel Regli steht. Alle diese Organisationen haben sich den Kampf gegen den Islam und für eine rigide Sexualmoral auf die Fahne geschrieben.

Kampf der Kulturen

Ein zentraler Bestandteil heutiger rechtsextremer Theorien und der Organisationen um Regli ist der «Kampf der Kulturen», der eine gesellschaftsfähigere Variante des völkischen «Rassenkampfs» darstellt. Rechtsextremismus baut auf einer sozialdarwinistischen Theorie der Ungleichheit auf, in welcher Völker, Rassen oder Kulturen im unüberbrückbaren Kampf stehen. Ziel ist das Überleben des eigenen «Volkskörpers». Daraus ergeben sich drei Kernmerkmale: 1. Die Auslöschung oder Unterwerfung anderer Kulturen, Rassen oder Völker zum Wohle der eigenen genetisch, kulturell oder historisch überlegenen Gruppe. 2. Die absolute Unterordnung des Individuums unter den Volkskörper. Oftmals anhand einer historisch oder kulturell vorgegeben Rolle. Zum Beispiel die traditionelle biblische Rolle der Frau als Untertanin des Mannes. 3. Der Kampf gegen schädliche Elemente im Innern. Zum Beispiel die Verfolgung von Marxistinnen, Juden oder Homosexuellen.

Christen für die Wahrheit

Der Schokokönig Läderach ist auch Präsident des Schweizer Ablegers «Christians for Truth» (CfT). CfT möchte «eine Nation … nach höchsten christlichen Normen und Werten.» Wie in den USA versucht diese Gruppe Einfluss im rechtskonservativen Lager zu gewinnen. Was christliche Normen und Werte für Läderach und Walter Mannhart bedeuten, sieht man an der KSB-kontrollierten Schule «Domino Servite». Gemäss eines Berichts der NZZ aus dem Jahre 2002 haben die Kinder freches Verhalten zu unterlassen und müssen den Erziehern gehorchen und dankbar sein. Dieser muss ständig wissen, wo sich die Schüler aufhalten. Zweideutige Beziehungen zwischen Knaben und Mädchen sind verboten. Vergehen führen zu strengen Disziplinarmassnahmen. Im Internet finden sich Berichte über körperliche Züchtigung und Haftstrafen in dunklen Wandschränken.

Regli: «Schwule Arschlöcher»

Der SVP-Gemeinderat Regli kämpfte 2009 an vorderster Front mit seiner Organisation «familienlobby» gegen die Europride. Gemäss dem TA schrieb Regli Schmähbriefe an das Pride-OK und bezeichnete diese als schwule Arschlöcher und freute sich über die Zunahme von HIV-Infizierungen in der Gay-Community. In einem Video-Interview sagt Regli: «Homosexualität ist eine psychische Störung … ein moralisches Defizit.» Nach den politischen Massenmorden Anders Breiviks schreibt Regli 2011, dass «Europa erst möglich geworden sei, durch die Tat so genannter <Antiislamisten>» und «die westliche Welt hätte längst keinen Bestand mehr ohne kämpferische <Anti-Jihadisten>.» Er bezieht sich hier nicht auf Breivik selbst aber konstruiert ein kulturkämpferisches Weltbild des Abendlands, welches auf Karl Martell zurückgeht. Dieser besiegte 732 n.Ch. die Mauren. In Reglis Buch «Kirche und Schwert» werden auf dem Titelbild zwei blutverschmierte Schwerter in Kreuzgestalt dargestellt. Es handelt davon, dass «die Zukunft der europäischen Nation … vom beherzten Einsatz von Christen abhängt, die sich an die Macht wagen.»

«Meine Damen… Wollen Sie Frieden oder Krieg?»

2008 schreibt Regli im Artikel «Gummizelle oder Fruchtblase» von den Horden Mohammeds, welche seit 1300 Jahren Europa einzunehmen versuchten. Dies weil die «matriarchale Herrschaft», welche zusammen mit den 68er Marxisten die Macht im Staat haben, das Volk seiner Abwehrkräfte beraubt und es zu einem gefundenen Fressen für äussere und innere Feinde macht. Feministinnen führen nach Regli einen Krieg. Dies sehe man an den über 10000 Toten, welche jedes Jahr alleine in der Schweiz wegen des Feminismus durch Abtreibung verursacht würden. So fragt er die Frauen: «Wollen Sie Frieden oder Krieg?» Aber für Regli ist ohnehin klar, dass jede Gesellschaft nur überleben und zur Blüte gelangen könne, wenn sie ihre Frauen (Matronen) entmachtet. Und dieser innere Kampf eilt: «Die Hyäne Mekkas hat ihre Horden längst losgeschickt.»

 

 

Die Asylfrage in der CH

asylInfo und Diskussionsabend in Zürich mit Moreno Casasola, politischer Sekretär und Geschäftsführer von «Solidarité sans frontières».

Dienstag, 5. Februar 2013, 19.30 Uhr
Volkshaus Zürich, Grüner Saal
Stauffacherstrasse 60, 8004  (Haltestelle Helvetiaplatz)
 

Am 17. Januar wurden über 63’000 Unterschriften gegen die Verschärfungen im Asylwesen eingereicht. Das Referendum ist somit zustande gekommen. Wir  befinden uns daher praktisch im Abstimmungskampf, auch wenn die Abstimmung «erst» im Juni stattfinden wird.

Trotz erfolgreichem Referendum gehen die Verschärfungen weiter: Die so genannte zweite «Vorlage 1» ist genauso unannehmbar wie die Vorlage zu den dringlichen Massnahmen. Sie verschärft das Asylrecht in wesentlichen Punkten, wie zum Beispiel über die Einschränkung der Redefreiheit für Asylsuchende und deren UnterstützerInnen sowie durch die Ausweitung des Nothilferegimes für  Asylsuchende.

Moreno Casasola wird uns einen Überblick in der «Asylfrage in der CH» geben.  In der Diskussion soll auch die Frage des Widerstands gegen die Verschärfungen ein Thema sein – nicht zuletzt wegen der bevorstehenden  Abstimmung.

Eine Veranstaltung der Partei der Arbeit Zürich

 

«Streiken heisst, menschlich sein»

 03_Solidemo Providence_kleinAm Samstag, den 26. Januar 2013 fand in Neuchâtel eine Solidaritätsdemonstration mit den Streikenden von «La Providence» statt. Die Beteiligung war mit über 500 Personen breit. Wir veröffentlichen  hier die Rede von Christelle Haussener ab, Pflegerin und Mitinitiantin des Streikes.

Streikende sein oder nicht? Zu streiken bedeutet nicht, unehrliche und unbewusste Menschen zu sein, wie uns vorgeworfen wird; Randalierer zu sein, wie sich einige vorstellen, die Securitas vor unserem Streikposten stellen; kleine AktivistInnen zu sein, die nichts besseres zu tun haben, als zu streiken; gegenüber den Widrigkeiten resigniert zu sein.

Im Gegenteil! Zu streiken bedeutet vielmehr: menschliche und berufliche Fähigkeiten zu haben, die uns erlauben, eine kritische Meinung zu bilden; sich zu entscheiden – nach der Verweigerung von Verhandlungen und dem Scheitern der Schlichtung und trotz eisiger Kälte – weiterhin unsere Überzeugungen zu verteidigen; unseren Mut zu beweisen und unsere Ängste zu überwinden, wie Nelson Mandela sagte: «Mutig zu sein heisst nicht, keine Angst zu haben, sondern die Fähigkeit zu haben, sie zu besiegen»; Zeugen zu sein der vorherrschenden Unehrlichkeit, die uns aber immer mehr überzeugt, in ein Wespennest gestochen zu haben; jederzeit bereit zu sein, wieder aufzustehen, auch wenn die Behörden zwei Mal unseren Streikposten geräumt haben; die Gewissheit haben, dass unser Kampf und unsere Forderungen richtig und legitim sind, gerade weil die Bewegung sowohl die Politik, wie auch unser Unternehmen stört; uns ein Wissen angeeignet zu haben in diesem Krankenhaus- und Gesundheitsdossier, gerade auch aufgrund der politischen Auseinandersetzungen, unseren Aktionen und so weiter.; zu lernen, unter den Streikenden Kompromisse einzugehen und gemeinsam Entscheidungen zu treffen – die Gewerkschaften unterstützen uns nur in unseren Entscheidungen und Aktionen; eine schöne Solidarität unter uns zu entdecken, die das Personal jeglicher Art vereint: PflegeassistentIn, SekretärIn, SozialarbeiterIn, PhysiotherapeutIn, KrankenpflegerIn …!

Und ich beharre auf der Tatsache, dass wir uns um alle Kranken sorgen, um alle PatientInnen: Das verstehen wir als wahre öffentliche Gesundheit! Übrigens und noch einmal mit Nelson Mandela: «Wir sollten ein Land nicht nach der Art, wie es die Reichsten, sondern nach der Art, wie es die Ärmsten behandelt, beurteilen».
Genau das verteidigen wir mit unserer Bewegung: Wir verteidigen unsere Errungenschaften und wiederholen die Forderungen nach dem Erhalt des GAV «Santé 21», dem Erhalt aller Arbeitsplätze, ohne die Auslagerung von Dienstleistungen.

 

JA zur Qualitätspflege für die ganze Bevölkerung! 
NEIN zur Zweiklassenmedizin.
Danke für eure Unterstützung!

Kapital gegen Kapital

MinderIn der «Abzockerinitiative» geht es vor allem um die Umverteilung von Geld innerhalb des Kapitals. Die hoch moralische Debatte legt einige Befindlichkeiten der gutschweizerischen Seele offen. Dass es für die ArbeiterInnen dabei um gar nichts geht, tut der weit verbreiteten Empörung keinen Abbruch.

Aus der Printausgabe des vorwärts, die am 2. Februar erscheint. Unterstützte uns mit einem Abo.

Derzeit füllt die «Abzockerinitiative» die Zeitungsspalten der Schweizer Medien und sorgt mancherorts für hitzige Diskussionen. Nach aktuellen Umfragen würde die Initiative am 3. März von rund 54 Prozent der Schweizer WählerInnen angenommen. Managerschelte und Abzockerkritik sind Disziplinen, die sich seit Jahren von weit links bis nach ganz rechts grosser Beliebtheit erfreuen. Entsprechend wird die Intiative von einem breiten Bündnis getragen, das von den Grünen über die Sozialdemokratie bis zu Teilen der Schweizerischen Volkspartei reicht und auch Kleinparteien am linken und rechten Rand umfasst.

Die Initiative verbietet goldene Fallschirme für ManagerInnen. Zudem sollen «zum Schutz der Volkswirtschaft, des Privateigentums und der Aktionärinnen und Aktionäre» die FirmeneigentümerInnen von kotierten Schweizer Aktiengesellschaften über die Gesamtsumme aller Entschädigungen abstimmen können. Sie legen nicht die Gehälter der ManagerInnen fest, aber sie können die zu verteilende Gesamthöhe der Vergütungen bestimmen. Das ist der Pudel Kern. Vor allem die grossen AktionärInnen werden auf Kosten der ManagerInnen gestärkt. KapitalbesitzerInnen auf Kosten jener, die über das Kapital Verfügungsgewalt haben (auch wenn es da Überschneidungen gibt). Kapital gegen Kapital. Es wäre albern, wenn man den vor allem rechts zu verortenden IntiantInnen vorwerfen würde, sie würden damit am Kapitalverhältnis gar nichts ändern. Das haben sie nie vorgehabt. Den Linken kann man das vorwerfen, auch wenn die Revolution für die meisten nur noch ein Schreckgespenst ist. Die «Abzockerinitiative» ist für sie eine von rechts aufgegleiste Ersatzhandlung für eine tatsächliche radikale Veränderung der gesellschaftlichen Umstände.

Guter Patron gegen Abzocker

Der Vater der Initiative ist der Saubermann Thomas Minder. Minder leitet die Trybol AG in Schaffhausen, die mit der Produktion von kosmetischen Produkten einen Umsatz von rund 5 Millionen Franken im Jahr macht. Der Kleinunternehmer vertritt gutbürgerliche Werte: schlanker Staat, mehr Polizeipräsenz zum Schutze der BürgerInnen und des Privateigentums, resolutes Vorgehen gegen Sozialmissbrauch und rasche Ausschaffung sogenannter Wirtschaftsflüchtlinge. Keine Wunder, dass der Parteilose im Parlament in der SVP-Fraktion politisiert. Minder stellt für die aufgebrachte Öffentlichkeit geradezu das schweizerische Gegenstück zum wurzellosen und gierigen Manager dar. Ein Mann, der Gewicht auf die Marke «Schweiz» legt und in seinem KMU Werte und Waren produziert. Da passt es ganz gut, dass das Initiativkomitee den ManagerInnen vorwirft, dass ihre «Vergütungen in keinem Verhältnis zur individuellen Leistung» stehe und dass sie durch eine «persönliche Gier (…) nach noch mehr Geld und Macht» getrieben würden. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt – wie etwa an die antisemitisch konnotierte Gegenüberstellung von «raffendem» und «schaffendem» Kapital. Man muss allerdings nicht gleich mit Nazivergleichen hantieren, um die Initiative zu kritisieren, dazu reicht ein Blick auf Zustand und Ideologie der bürgerlichen Gesellschaft.

Leistung und Verzicht

Leistung als Grundlage für eine entsprechende Vergütung ist ein Basisideologem der bürgerlichen Gesellschaft. Bloss wer etwas leistet, soll dafür auch gerecht entlohnt werden. Dass es dabei immer VerliererInnen geben muss und Menschen, die sich noch so anstrengen können, ohne auf einen grünen Zweig zu kommen, ist dem bürgerlichen Bewusstsein weitgehend egal. Das Leistungsmass abstrahiert von der Verschiedenheit der Menschen, die in der bürgerlichen Gesellschaft vor Gesetz und Markt alle abstrakt gleich gemacht werden. Zudem verschwindet hinter einem ideologischen Schleier, dass die ArbeiterInnen den gesamten Wert schaffen, der an die verschiedenen gesellschaftlichen Klassen verteilt wird. Die Gier nach noch mehr Geld spiegelt im Endeffekt nichts weiter als den Zwang des Kapitals, aus Geld mehr Geld zu machen. Das ist es, was ManagerInnen, AktionärInnen und Kleinunternehmer Minder teilen: Sie sind als Personifikationen des Kapitals interessiert, aber auch durch die  Konkurrenz gezwungen, ihre Unternehmen Profitabel zu führen und aus Geld mehr Geld zu machen. Dass sich der Unternehmer als Profit, der Aktionär als Dividende und Wertsteigerung und der Manager als Boni einen Teil dieser Geldvermehrung aneignen, gehört zum Geschäft, es widerspricht aber tendenziell dem Heisshunger des Kapitals nach mehr Kapital ohne welches die Wirtschaft nicht funktioniert. Deshalb steht es auch unter Verdacht und ist bei guten BürgerInnen und ihren VordenkerInnen verrufen. Verzicht für alle im Namen des nationalen Standorts.

 

Alles beim Alten

Aus Sicht der Proletarisierten lässt sich sagen: Alles bleibt beim Alten. Oben wird ein wenig hin und hergeschoben. Aber letztlich gilt immer noch der unumstössliche Imperativ des Kapitals: Geldvermehren bei Strafe des Untergangs. Firmenpleiten, Fusionen und Massenentlassungen wird es mit oder ohne die Initiative in Zeiten der Krise ohnehin geben. Und die Ausbeutung der ArbeiterInnen – der Zwang einen Mehrwert über die ihnen als Lohn ausbezahlte Summe zu produzieren – bleibt nach wie vor die Grundlage des Geschäfts, ob sich nun die AktienbesitzerInnen oder ihre ManagerInnen mehr bereichern. Deshalb eine Wahlempfehlung: Bleibt zu Hause und geniesst euren freien Tag.

Ein starkes Zeichen!

einreichungReferendum gegen die dringlichen Verschärfungen des Asylgesetzes mit 63’224 Stimmen eingereicht!

Das Referendumskomitee zeigt sich äusserst erfreut darüber, dass das Referendum gegen die dringlichen Verschärfungen des Asylgesetzes mit 63 224 gültigen Unterschriften zu Stande gekommen ist und am Freitag 17. Januar eingereicht wurde. Aufgrund der schwierigen Ausgangslage ist das klare Zustandekommen umso erfreulicher und zeigt klar und deutlich auf, dass ein grosser Teil der Schweizer Bevölkerung bereit ist, für eine solidarische Migrationspolitik einzustehen, die die Menschenrechte in den Vordergrund stellt.

Der Erfolg des Referendums ist eine deutliche Kritik an Bundesrat und Parlament, deren Politik die fortlaufende Demontierung des Asylrechts vorantreibt und die systematische Kriminalisierung von Asylsuchenden und Flüchtlingen fördert. Die Zerstückelung einer ursprünglich ganzheitlichen Asylgesetzrevision in mehrere Vorlagen verstärkt diesen Prozess zudem – zu Lasten der Betroffenen.

Vorlage1, Vorlage 2, Vorlage 3… Die Zerstückelung bedroht die demokratische Debatte!
Am 14. Dezember 2012 hat das Parlament die Vorlage 1 zur Asylgesetzrevision verabschiedet, von welcher die dringlichen Massnahmen im September abgespalten wurden. Diese «zweite» Vorlage 1 ist genauso unannehmbar wie die Vorlage zu den dringlichen Massnahmen. Sie verschärft das Asylrecht in wesentlichen Punkten, wie z.B. über die Einschränkung der Redefreiheit für Asylsuchende und deren UnterstützerInnen oder aber auch via der Ausweitung des Nothilferegimes für «renitente» Asylsuchende. Die Gesamtheit der Verschärfungen zielt wiederum auf die elementarsten Rechte von Asylsuchenden ab und führt zu einem Abbau von Schutz und Rechten der Asylsuchenden gleichermassen. Die Vorlage ist von einer irrgeleiteten Missbrauchsdebatte geprägt, die dazu führt, dass fast jede asylsuchende Person in den Augen der Bevölkerung als potentiell kriminell wahrgenommen wird. Dies hat mit der Realität nichts zu tun.

Der zwanghafte anmutende Revisionsdrang im Asylbereich durch Bundesrat und Parlament bringt zudem demokratische Defizite mit sich. Die Verwurstelung von zwei zeitgleichen Revisionen und einer Dritten in Beratung vernebelt die Debatte und strapaziert die effektive Wahrnehmung der direktdemokratischen Rechte aufs Äusserste. Das Referendumskomitee verfügt deshalb aktuell nicht über die effektiven Ressourcen, ein zweites Referendum gegen die Vorlage 1 zu lancieren. Wir kritisieren indes die Stille, in welcher diese Vorlage in Absenz jeglichen Widerstandes der dazu prädestinierten politischen Kräfte verabschiedet wurde.

Das Referendumskomitee stellt sich entschieden gegen jegliche Verschärfungen des Asylgesetzes und versteht das Referendum deshalb als Widerstand gegen die Inhalte beider Vorlagen. Wir bauen im Abstimmungskampf auf die gezeigte Solidarität der Bevölkerung und ein klares Votum aller progressiven politischen Kräfte, indem sie sich dieser Haltung anschliessen. Es braucht eine deutliche Ablehnung gegenüber der kontinuierlichen Verletzung von Grundrechten im Asyl- und Migrationsbereich.

Wir sagen Nein zur Demontage des Asylrechts, nein zur Politik der Lager, nein zur Zerstückelung der Volksrechte sowie nein zur Fremdenfeindlichkeit und Kriminalisierung von Asylsuchenden.

Anti WEF!

nowefDie Mächtigen dieser Welt treffen sich vom 23. Bis 27. Januar erneut in Davos. Mit der Hauptparole «resilient dynamism» propagieren sie die Widerstandsfähigkeit des Systems und seiner Akteure gegen all die zu erwartenden Schocks und Katastrophen, eine Widerstandsfähigkeit, welche die Konterrevolution braucht, wie die kriegerische Neuaufteilung der Einflusssphären und die Verschärfung der Ausbeutung weltweit. So kommen die Gastgeber wie die Gäste auch aus allen möglichen Bereichen von Politik und Wirtschaft und illustrieren damit die Einheit von Kapital und Staat: Sei es der «Co-Chair» Axel Weber, Verwaltungsratspräsident der UBS und ehemaliger Präsident der deutschen Bundesbank. War er damals Speerspitze der Austeritätspolitik gegen die südlichen Euro-Länder, ist er heute verantwortlich für die Entlassung von 10?000 Bankangestellten weltweit. Oder sei es der kolumbianischen Präsidenten Santos, verantwortlich für die Ermordung des FARC-Genossen Raúl Reyes in Ecuador 2008. Zur weiteren illustren Gästeschar gehört der neue Weltbank-Präsident Jim Yong Kim, wie auch der kasachische Präsident Nursultan Nazarbajew, Diktator und Herrscher über die landeseigenen Erdgasfelder.

Anti-WEF-Programm in Zürich: Alle Veranstaltungen finden in der BINZ, Uetlibergstrasse 111 in Zürich, statt.

Das WEF und die Krise des Kapitalismus; Freitag, 18. Januar, 19.00 Uhr
Ein Spiegelbild des maroden, perspektivenlosen Zustands des Kapitalismus und damit umso attraktiver für uns! Vom WEF nach Südeuropa und zurück. Veranstaltung mit zwei Gästen aus dem griechischen Widerstand.
 
Stadtentwicklung; Samstag, 19. Januar, 15.00 Uhr
WEF und Stadtentwicklung BINZ bleibt BINZ! Von der aktuellen Situation bis zur Räumung. Verbindung zwischen WEF, Kapitalexport und der Stadtentwicklung am Beispiel der Übernahme von Steiner durch indischen Immobilieninvestor.
 
Repression. Angriff und Schutz; Samstag, 19. Januar, 18.00 Uhr
Zwischen Aussageverweigerung, Strafbefehlen und abgekürzten Verfahren: Ein Widerspruch? Was tun? Spiess umdrehen! Diskussion mit Anwalt Marcel Bosonet und Betroffenen. Tipps und Tricks zur Repression auf der Strasse.
 
Häuserkampf; Samstag, 19. Januar, 20.30 Uhr
Als 1987 in Kopenhagen ein besetztes Haus geräumt werden soll, kämpfen die BewohnerInnen neun Tage lang dagegen.

«Ein Massaker, als wäre es ein Krieg»

lampe-sos«Ich bin die neue Bürgermeisterin von Lampedusa. Ich wurde im Mai 2012 gewählt, und bis zum 3. November wurden mir bereits 21 Leichen von Menschen übergeben, die ertrunken sind…, weil sie versuchten, Lampedusa zu erreichen.

Das ist für mich unerträglich und für unsere Insel ein grosser Schmerz. Wir mussten andere Bürgermeister der Provinz um Hilfe bitten, um die letzten elf Leichen würdevoll zu bestatten. Wir hatten keine Gräber mehr zur Verfügung. Wir werden neue schaffen, aber jetzt frage ich: Wie gross muss der Friedhof auf meiner Insel noch werden? Ich bin über die Gleichgültigkeit entrüstet, die alle angesteckt zu haben scheint; mich regt das Schweigen von Europa auf, das gerade den Friedensnobelpreis erhalten hat, und nichts sagt, obwohl es hier ein Massaker gibt, bei dem Menschen sterben, als sei es ein Krieg.

Ich bin mehr und mehr davon überzeugt, dass die europäische Einwanderungspolitik diese Menschenopfer in Kauf nimmt, um die Migrationsflüsse einzudämmen. Vielleicht betrachtet sie sie sogar als Abschreckung. Aber wenn für diese Menschen die Reise auf den Kähnen den letzten Funken Hoffnung bedeutet, dann meine ich, dass ihr Tod für Europa eine Schande ist.
Wenn Europa aber so tut, als seien dies nur unsere Toten, dann möchte ich für jeden Ertrunkenen, der mir übergeben wird, ein offizielles Beileidstelegramm erhalten. So als hätte er eine weisse Haut, als sei es unser Sohn, der in den Ferien ertrunken ist.»

Giusi Nicolini, Bürgermeisterin von Lampedusa.

 

Raubzug stoppen

sgbAm 7. Januar fand in Bern die Jahresmedienkonferenz des SGB statt.

Die Mindestlohn-Initiative wird in die parlamentarische Beratung gelangen. Sie verlangt einen gesetzlichen Mindestlohn von monatlich 4‘000 Franken für eine Vollzeitstelle sowie die Förderung von GAV durch den Bund. Ein solcher Mindestlohn ist bitter nötig: Rund 430‘000 Arbeitnehmende erhalten für einen Vollzeitjob nur einen sogenannten Tieflohn von weniger als 4‘000 Franken pro Monat. 140‘000 Menschen davon verdienen so wenig, obwohl sie über einen Lehrabschluss verfügen. Damit wird das Versprechen nicht eingelöst, dass Menschen mit Lehre von ihrem Lohn leben und eine Familie gründen können müssen.

Während Beschäftigte mit einer Lehre zwischen 2002 bis 2010 einen sinkenden Reallohn hinnehmen mussten, stiegen die Reallöhne der Kader um mehr als 12 Prozent. Und auch die Aktionäre konnten in den letzten Jahren von Milliarden-Steuergeschenken profitieren. Ein gesetzlicher Mindestlohn von 4‘000 Franken sorgt damit für etwas mehr Lohngerechtigkeit, wie SGB-Präsident Paul Rechsteiner vor den Medien ausführte.

Raubzüge auf die AHV-Kasse stoppen

In der Debatte über die Altersvorsorge wird der SGB alle Versuche bekämpfen, die erste Säule schlecht zu reden und zu schwächen. Es geht nicht an, dass der AHV Geld vorenthalten wird, das ihr zusteht. Heute fliessen die Erträge der Tabak- und Alkoholsteuer in die Bundeskasse, statt in die AHV. Dort werden sie mit dem Bundesbeitrag an die AHV verrechnet. Der AHV entgehen so allein 2,5 Mrd. Franken. Insgesamt stünden der AHV jährlich 3 Mrd. Franken mehr zu als ihr heute zufliessen, wie SGB-Chefökonom Daniel Lampart aufzeigte. Stattdessen werden mit dem Geld Steuersenkungen für die Oberschicht und die Unternehmen finanziert. Hier besteht Korrekturbedarf.

Kompensiert werden müssen auch die 300 bis 400 Mio. Franken Einnahmeausfälle, die bei der AHV wegen der Unternehmenssteuerreform II anfallen, da sich Firmenbesitzer heute lieber AHV-freie Dividenden statt AHV-pflichtige Löhne auszahlen. Zudem muss das Parlament den Plan des Bundesrats zurückweisen, die Schulden der IV gegenüber der AHV nur noch mit einem statt zwei Prozent zu verzinsen (Einnahmeausfall für die AHV: 150 Millionen).

„Die Kreise, die sich angeblich um die Finanzen der AHV sorgen, täten besser daran, die AHV vor den Raubzügen zu schützen, denen sie seit Jahr und Tag ausgesetzt ist“, sagte Paul Rechsteiner. Ob die AHV genug Geld hat um die Herausforderungen der Zukunft zu meistern, ist in erster Linie eine Frage des politischen Willens. Als eines der reichsten Länder der Welt hat die Schweiz die dazu nötigen Ressourcen.

Bessere Renten dank AHVplus

Statt eines Abbaus braucht es bei der AHV vielmehr einen Ausbau. Höhere AHV-Renten sind dringend nötig, da heute viele Menschen im Alter ihr „gewohntes Leben“ nicht mehr „angemessen“ weiterführen können, wie es in der Verfassung vorgeschrieben ist. Die AHV ist die effizienteste und stabilste Säule der Altersvorsorge, wie die für die Sozialpolitik zuständige SGB-Zentralsekretärin Doris Bianchi ausführte. Deshalb will der SGB die AHV ausbauen. Dazu startet der SGB im Frühling die Volksinitiative AHVplus. Ziel ist es, auf den AHV-Renten einen Zuschlag von 10 Prozent zu gewähren.

Quelle, weitere Infos und Redebeiträge unter www.sgb.ch

Von Hollywood nach Pankow

07_eisler_2Der musikszenische Abend zu Hanns Eisler verknüpft Briefmaterial mit Liedern, in dem über die Persönlichkeit Eislers hinaus die Geschichte des 20.Jahrhunderts erfahrbar wird. Ab Mitte Januar im Cabaret Voltaire in Zürich.

Hanns Eisler gilt als Protagonist politisch engagierter Musik im 20. Jahrhundert, als Komponist, der seine sozialistische Position auch in zahlreichen Aufsätzen und Manifesten äusserte. Über den privaten Hanns Eisler war bis vor kurzem wenig bekannt. Nun ist der erste Band seiner Briefe erschienen. Drei weitere Bände mit insgesamt über 1 500 Briefen sind in Vorbereitung und stehen für dieses Projekt als Material erstmals und exklusiv zur Verfügung. Darin lernen wir Eisler von einer ganz anderen Seite kennen: als äusserst spontanen, ebenso liebevollen wie in seinen Depressionen obsessiven Menschen. Vor den Nazis in die USA geflüchtet, schreibt er in Hollywood fast täglich einen Brief an seine Frau Lou, die vorerst in New York geblieben ist. Zurück in Berlin ist es seine spätere Frau Steffy in Wien, die er mit Liebesbriefen umwirbt. Die scharfsinnige Analyse der gesellschaftlichen Zustände findet sich auch in den Briefen, sie ist jedoch in Beziehung gesetzt zur eigenen Befindlichkeit. Die Kluft zwischen den eigenen Idealen und der rauen Wirklichkeit, sei es die der Kulturindustrie Hollywoods oder die der Funktionärskultur der DDR, trieb Eisler immer wieder in eine Verzweiflung, die sich in seinen Briefen ungefiltert mitteilt.

Das Private ist politisch

Eisler war dreimal verheiratet. Seine Frauen haben auf ganz verschiedene Weise sein Werk und sein Leben geprägt. Die erste Frau, Charlotte geboren Demant, war Sängerin und gehörte zum Schönberg-Kreis; musikalisch stand sie ihm am nächsten. Steffy, zwei Jahrzehnte jünger und musikalisch wie politisch hoch sensibel, half ihm durch die letzte Lebensphase. Jedoch die Wichtigkeit von Lou dürfte sich sogar mit der von Brecht und Schönberg messen lassen. Mit Lou war Eisler während des gesamten Exils zusammen. Sie löste die lebenspraktischen Probleme, fungierte als Sekretärin, Managerin; und vor allem war sie seine Diskussionspartnerin.

Im Musiktheater «Von Hollywood nach Pankow werden Briefe von Eisler an seine Frauen in Beziehung gesetzt zu Vertonungen von Liebeslyrik, beginnend mit den Heiratsannoncen aus den «Zeitungsausschnitten», über Brecht-Vertonungen wie «Die Spaziergänge» aus «Kuhle Wampe» («Das Spiel der Geschlechter erneuert sich jedes Frühjahr») bis zu den resignativen späten Liedern nach Heine («Verfehlte Liebe, verfehltes Leben») und Altenberg («Und endlich stirbt die Sehnsucht doch»). Bei einem so gesellschaftskritischen Menschen wie Eisler ist das Private immer auch politisch, und so sind auch seine Liebeslieder alles andere als unpolitisch. Wie in den Liedern durchdringen sich in den Briefen Privates und Politisches und ergeben ein widerspruchsvolles Porträt von Hanns Eisler. Es spiegelt sich in ihnen nicht nur die Persönlichkeit des Komponisten, sondern darüber hinaus die Geschichte des 20. Jahrhunderts, die er durchlebte.

Cabaret Voltaire, Spiegelgasse 1, 8001 Zürich

Prämiere 11.1, 20.00 Uhr
17.1; 18.1; 24.1; 25.1 jeweils 20.00 Uhr
20.1 und 27.1 jeweils 18.00 Uhr
Eintritt: 35.00 / 25.00 Franken
Vorverkauf: Notenpunkt, Froschaugasse 4, 8001 Zürich
Tel. 043 268 06 45; Email: zuerich@noten.ch
Weitere Infos: www.christoph-keller.ch/de/termine.php
 
Musik und Politik: Zur Biographie Hanns Eislers

Der Komponist und Schriftsteller Hanns Eisler (1898–1962) hat die Geschichte des 20. Jahrhunderts hautnah erlebt, und von ihren grossen Ereignissen war er oft in übler Weise persönlich betroffen. Der «Karl Marx der Musik» hat aber die Unbilden der Welt nicht bloss ertragen, sondern sich mit scharfem Verstand gegen sie zur Wehr gesetzt – und mit seiner Musik.

Es begann damit, dass Eisler bereits als 18jähriger als Soldat in die K. und K.-Armee eingezogen wurde und im 1. Weltkrieg an der italienischen Front dienen musste. Aus dieser Zeit datieren seine ersten erhaltenen Kompositionen; so vertonte er im August 1917 das Klabund-Gedicht «Der müde Soldat», eine Absage an den Krieg, die mit den Worten endet: «Ich will mich unter Blumen schlafen legen und kein Soldat mehr sein.» Nach Kriegsende begann er ein Musikstudium am Neuen Wiener Konservatorium, was er aber bald aufgab zugunsten von Privatstunden bei Arnold Schönberg, der anfangs Jahrhundert das hergebrachte tonale System revolutioniert hatte und deswegen in der konservativen Musikhochburg Wien zum Aussenseiter geworden war.

Gemeinsam mit Bertolt Brecht

Schönberg war von Eislers Begabung so überzeugt, dass er den mittellosen jungen Mann unentgeltlich unterrichtete. Für Eisler waren die vier Jahre Lehrzeit bei Schönberg fundamental. Erst bei ihm habe er überhaupt musikalisches Verständnis und Denken gelernt, bekannte Eisler später, als er sich ästhetisch längst von ihm entfernt hatte. Dank Schönbergs Fürsprache erschien 1924 bei der renommierten «Universal-Edition» (UE) seine 1. Klaviersonate, und 1925 schloss die UE einen Fünfjahresvertrag mit ihm ab.

Doch das Komponieren für eine gebildete Elite befriedigte Eisler nicht. Er war davon überzeugt, dass Musik eine Gemeinschaftskunst ist, und diagnostizierte bei der zeitgenössischen Musik just den Verlust dieser Bindung an eine Gemeinschaft. «Trotz aller technischen Finessen läuft sie leer, denn sie ist ideenlos und gemeinschaftslos. Eine Kunst, die ihre Gemeinschaft verliert, verliert sich selbst», schrieb er 1927 in einem Artikel in der KPD-Zeitung «Die Rote Fahne». Zu dieser Zeit hatte er für sich selber bereits die Konsequenz gezogen und war nach Berlin übergesiedelt, wo er sich er der Arbeiterbewegung anschloss. Statt Klaviersonaten und Kunstlieder schrieb er nun Chöre für Arbeitergesangsvereine und Songs für die Agitproptruppe «Das Rote Sprachrohr». Legendär wurden seine Auftritte mit dem Sänger-Schauspieler Ernst Busch in Kneipen und an politischen Veranstaltungen. 1930 begann die intensive Zusammenarbeit mit Bertolt Brecht, dem er bis zu dessen Tod 1956 eng verbunden blieb. 1930/31 entstanden die Lehrstücke «Die Massnahme» und «Die Mutter» sowie der Film «Kuhle Wampe», für den auch das «Solidaritätslied» (mit Ernst Busch als Sänger) geschrieben wurde – wie das «Einheitsfrontlied»  eines jener Brecht-Eislerschen Lieder, die bis heute populär geblieben sind.

Im Exil in der USA

1933 musste Eisler (wie auch Brecht) wegen des Naziregimes Deutschland verlassen. In den ersten Jahren des Exils war er in vielen Ländern unterwegs – «öfter die Länder als die Schuhe wechselnd», wie es in Brechts Gedicht «An die Nachgeborenen» heisst. Nachdem er bereits 1935 eine Lehrtätigkeit an der «New School for Social Research» in New York ausgeübt hatte, war er von 1938 bis 1942 wiederum an diesem Institut tätig, wobei er wegen abgelaufener Visa zeitweilig nach Mexiko ausweichen musste. Im Zentrum dieser Tätigkeit stand das «Film Music Project», in dem Eisler theoretisch und praktisch Alternativen zur Filmmusik à la Hollywood erarbeitete. Daraus gingen das zusammen mit Adorno verfasste Buch «Komposition für den Film» hervor, sowie die «14 Arten den Regen zu beschreiben» als Musik zum Experimentalfilm «Regen» von Joris Ivens. Nach dem Auslaufen des Filmmusikprojekts blieb Eisler nichts anderes übrig, als sich just jener Filmindustrie von Hollywood anzudienen, deren stupide Musik Objekt seiner Kritik gewesen war. Seine Bemühungen, eine Dozentenstelle zu finden, um der Filmprostitution zu entgehen, blieben erfolglos, und so musste er des Geldes wegen Musik für «idiotische Schinken» (so Eisler) wie den Piratenfilm «The Spanish Main» machen. Dennoch entstanden auch im USA-Exil bedeutende Werke, denn «zur Vertreibung der Langeweile» – wie er selber sagte –  schrieb Eisler viele Lieder auf Gedichte von Brecht, die im «Hollywooder Liederbuch» zusammengefasst sind. Das war damals alles für die Schublade, stösst aber heute auf stets noch wachsendes Interesse, und hat auf jeden Fall die Zeit überdauert.

Gespanntes Verhältnis trotz Nationalhymne der DDR

Nach dem Ende des 2. Weltkriegs geriet Eisler im Zuge des aufkommenden Kalten Krieges in die Fänge des «Ausschusses für unamerikanische Umtriebe». In den Verhören vor diesem Ausschuss des Repräsentantenhauses wurde er als «Karl Marx der Musik» bezeichnet und schliesslich 1948 des Landes verwiesen. Dies obwohl sich renommierte Künstler wie Charlie Chaplin und Thomas Mann für ihn eingesetzt hatten. So musste er zum zweiten Mal das Land, in dem er gelebt und gewirkt hatte, gezwungenermassen verlassen. Im zerstörten Europa Arbeit zu finden, war nicht einfach. Er war zunächst in Prag und Wien tätig, aber als sich daraus keine längerfristige Perspektive ergab, übersiedelte er 1950 nach Berlin-Pankow. In Berlin übernahm er eine Professur an der Musikhochschule sowie eine Meisterklasse an der Akademie der Künste. Doch trotz dieser prominenten Stellung, und obwohl er 1949 die Nationalhymne für die neugegründete DDR komponierte hatte, war sein Verhältnis zur regierenden SED gespannt. Nicht nur, weil Rückkehrer aus dem westlichen Exil in den vom Stalinismus geprägten sozialistischen Staaten Osteuropas grundsätzlich suspekt waren, sondern auch, weil erhebliche Differenzen ästhetischer Art bestanden. Im Falle Eislers lassen sie sich darauf zurückführen, dass er als Schüler Schönbergs eine Richtung vertrat, die als «formalistisch» bekämpft wurde. Als er das Textbuch zu einer Faust-Oper vorlegte, die statt an Goethe am mittelalterlichen Puppenspiel anknüpfte, warf man ihm vor, das klassische Erbe zu besudeln. Offensichtlich hatte es Eisler in der DDR mit Machthabern zu tun, deren Kulturverständnis höchst spiessbürgerlich war.

Kunst kann versöhnen

Einmal mehr war er vom Regen in die Traufe geraten. Politisch hielt er zwar der DDR bis zu seinem Tod im Jahr 1962 die Treue. Eisler erklärte, er könne sich seinen Platz als Künstler nur in dem Teil Deutschlands vorstellen, wo die Grundlagen des Sozialismus aufgebaut würden. Doch nach der Faust-Debatte zog er sich zeitweilig resigniert nach Wien zurück. Von dort schrieb er an den in Berlin gebliebenen Brecht, er wolle zu Charlie Chaplin, um sich «von den Unbilden der Welt zu erholen durch etwas Gelächter». Und im November 1956, als Sowjettruppen Ungarn besetzt hatten, schrieb er an seine Ex-Frau Lou: «Hohe Kunst kann im guten Sinn versöhnen und unsere Sache anziehend machen, auch dann wenn es die Politiker nicht mehr können». So traute der Komponist, der seine Musik in den Dienst des Sozialismus stellen wollte, am Ende der hohen Kunst mehr zu als der Politik.

Il violino die Cervarolo

cervarolo-violino_cervarolo-1Vor dem Film wird jeweils ein kurzer Überblick zum historischen Kontext und den aktuellen Prozessen gegeben, danach steht Zeit für eine Diskussion mit den Filmemachern zur Verfügung. Für Übersetzung ist gesorgt.

Zum Film

Während des Zweiten Weltkriegs, kurz bevor er selbst an die Front geschickt wird, vertraut Virgilio Rovali, ein Geiger aus dem Appennin bei Reggio Emilia, der Mutter seine wertvolle Geige an. Er ist noch nicht nach Hause zurückgekehrt, als im März 1944 seine und viele andere Familien aus dem kleinen Dorf Cervarolo Opfer eines Massakers durch deutsche Wehrmachtseinheiten und italienische Faschisten während einer grossangelegten Vergeltungsaktion werden. Mit Hilfe der Erinnerungen derer, die als Kinder damals alles mit ansehen mussten und den Überlieferungen seiner Familie, versucht Italo, der Sohn Virgilios, fast siebzig Jahre danach die Verantwortlichen für das Verbrechen zu finden.

Dank seiner unermüdlichen Nachforschungen und den Ermittlungen einer Gruppe von Staatsanwälten wird endlich ein Prozess eröffnet. Die Tragödie des Massakers hat für immer das Leben von Italo und seiner Familie gezeichnet. Seine Erinnerungen leben im Laufe des Prozesses wieder auf, einschliesslich der unglaublichen Geschichte der Geige seines Vaters.

«Il Violino di Cervarolo» beschränkt sich nicht auf Geschichte und Erinnerung; gleichzeitig dokumentiert der Film die Kriegsverbrecher-Prozesse vom vergangenen Jahr in Verona aus der Perspektive der Überlebenden und Angehörigen und gibt diesen eine Stimme.

75 Min., Italien 2012, Italienisch mit deutschen Untertiteln

Freitag, 11. Januar: St. Gallen, Kinok, 19.30 Uhr
Samstag, 12. Januar: Luzern, Sentitreff, 19.30 Uhr
Sonntag, 13. Januar: Zürich, Kino Xenix, 14.30 Uhr

 

Ins «heute» tragen

Der Dokumentarfilm zeigt, wie wichtig heute Erinnerung an vergangene aber nicht vergessene Ereignisse, die nichts von ihrer Aktualität eingebüsst haben, ist. Während des Prozesses von Verona wurden im Juli 2011 sechs Offiziere/Unteroffiziere der Wehrmachtseinheit «Herman Göring» in Abwesenheit zu lebenslangen Haftstrafen und Entschädigungszahlungen verurteilt. Von diesen sechs sind drei im Oktober 2012 in zweiter Instanz freigesprochen worden. Drei lebenslängliche Strafen sind bestätigt worden, aber trotz dieser Verurteilung erwartet die Täter keine Strafe, da Deutschland ihre Auslieferung verweigert. Ähnlich ist das Kräfteverhältnis bei den zivilrechtlichen Schadenersatzforderungen für Kriegsverbrechen. Von Italien und Griechenland rechtskräftigt zu Entschädigungszahlungen verurteilt, hat Deutschland im Februar 2012 vom internationalen Gerichtshof in Den Haag seine «Staatenimmunität» zugesichert bekommen.

Das beruhigt im Hinblick auf die nächsten Kriege…

Das Urteil von Verona hat darum nur symbolische Ausstrahlung – die Täter sind benannt und die kollektive Erfahrung anerkannt worden, zumindest teilweise. Entschädigungen für die Überlebenden und Angehörigen, die ihr Leben lang unter den Traumatisierungen und materiellen Folgen der Massaker leiden mussten, werden aber genauso unerfüllte Forderungen bleiben, wie die späte Konfrontation und Strafbarkeit der Nazi-Täter.

Um dieser Situation nicht ohnmächtig und untätig entgegen zu stehen, wird «Il Violino di Cervarolo» die Erinnerung an die Vergangenheit ins «heute»  tragen, unter anderem dorthin wo die Täter heute wohnhaft sind.

Weitere Informationen:

http://maipiufascismo.blogsport.de

http://www.istoreco.re.it

«Kein Vergeben, kein Vergessen! Nie wieder Faschismus!»

 «Vogliamo giustizia! La memoria non si cancella! Mai più fascismo!»

Im Staate der Eidgenossen

eidgenNun liegt bekanntlich unsere Eidgenossenschaft auch in Europa, sogar mitten drin (geographisch), aber nicht dabei (politisch). Egal. EU hin oder her. Fakt ist, dass wir unsere geliebte Schweiz genauso – wenn nicht noch aggressiver und  massiver – abschotten wie die EU mit ihrem Territorium auch tut. Wer es nicht glaubt, soll bitte kurz auf www.asyl.ch gehen.

Aus dem vorwärts vom 21.Dezember 2012, unterstütze uns mit einem Abo.

Aber, was konkret schotten wir den ab? Unsere Arbeit? Ist es die Angst, unsere Stelle zu verlieren, weil ein Heer von Flüchtlingen –wenn möglich noch aus Nordafrika –  den helvetischen Arbeitsmarkt überflutet und wir deswegen die Kündigung erhalten? Na ja, ehrlich gesagt, besteht diesbezüglich wohl eine viel grössere Gefahr: Jene der Manager und Verwaltungsräte. Wie hoch ist die reelle Gefahr und Wahrscheinlichkeit, dass wir den Job wegen dem Entscheid der Chefetage der Firma verlieren, für die wir arbeiten? Und wie hoch ist die reelle Gefahr und Wahrscheinlichkeit, dass wir den Job wegen eines tunesischen Flüchtlings verlieren?

Schotten wir unseren Wohlstand ab? Was genau ist dieser Wohlstand? Die zwei Wochen Sommerurlaub an der tunesischen Mittelmeerküste? Kein Flüchtling der Welt wird uns die schönste und wohlverdiente Zeit im Jahr klauen. Wie soll und könnte er auch? Die einzige Gefahr besteht darin, dass beim Hinflug zwei bis drei Polizisten mit einem «Ausschaffungshäftling» im gleichen Flugzeug sitzen. Aber keine Panik: Sobald dieser unbeliebte Passagier stören sollte, werden die geschulten Polizisten ihn rasch zum Schweigen bringen. Es besteht daher überhaupt keine Gefahr für unsere Ruhe und Sicherheit.

Geht es um unser Geld? Bisher ist noch kein Fall bekannt, dass wegen einem Flüchtling einem Eidgenossen das Bankkonto durch den Staat konfisziert worden ist. Mal abgesehen davon: Was heisst hier «unser Geld»? Drei Prozent der in der Schweiz wohnhaften privaten Steuerpflichtigen haben gleich viel Nettovermögen wie die restlichen 97 Prozent! Unser Geld?  Die Vermögen der 300 Reichsten stiegen in den letzten zwanzig Jahren von 86 auf 460 Milliarden an, das ist ein Zuwachs von 395.6 Prozent. Die Kurve auf der Tabelle der Reallohnentwicklung ist weit weniger steil und macht bei knapp zehn Prozent halt. Unser Wohlstand?

Schotten wir unsere Religion ab? Unsere christlichen Werte wie Menschlichkeit, Barmherzigkeit, Solidarität und Hilfsbereitschaft? Wen wir diese Werte verteidigen, dann müssen wir uns ehrlich und nicht nur oberflächlich fragen, wie wir mit den Schwächsten in unserer Gesellschaft umgehen. Der Umgang mit den Schwächsten ist bekanntlich der Gradmesser der Zivilisation einer (christlichen) Gesellschaft. Zu den Schwächsten in unserem Land gehören nun mal auch die Flüchtlinge. Wir müssen uns also die folgende Frage stellen: Ist es menschlich und barmherzig, Flüchtlinge in ein Lager zu stecken?

Aber eben, bald ist ja Weihnachten und dann haben wir wenig Zeit, um uns so viele Fragen zu stellen. An Weihnachten müssen wir besinnlich und in Frieden den Geburtstag eines Ausländers im Kreise unserer Familie feiern. Das kann auch anstrengend sein. Zum Glück kommt dann bald Silvester und wir haben einen Grund, unsere Sorgen im Alkohol zu ertränken – mögen sie sogar versaufen und nie mehr an die Oberfläche kommen. Und am 3. Januar müssen wir ja dann eh alle wieder zur Arbeit. Dann haben wir fleissige Eidgenossen sowieso Stress und keine Zeit, uns mit so Scheissfragen zu beschäftigen.

Vorwärts ins 2013 geliebte Eidgenossenschaft!

Europa spielt mit dem Feuer

Tausende Menschen beteiligen sich Flüchtlingsdemo in BerlinFriedensnobelpreis für die Europäische Union? Schlechte Realsatire oder dadaistische Selbstinszenierung, könnte man sich jetzt laut fragen. Oder einfach etwas Balsam auf die krisengeschüttelte Seele der europäischen Zwangsgemeinschaft? Schliesslich hat die EU sonst grad nicht viel zu jubilieren.

Aus der Sonderbeilage zur Jahresendnummer vom 21.Dezember. Unterstütze uns mit einem Abo.

«Wir werden stets auf der Seite derjenigen stehen, die nach Frieden und Menschenwürde streben» sagte EU-Kommissionspräsident Barroso in seiner Rede bei der Preisverleihung in Oslo am 10. Dezember. Schöne Worte! Ob Herr Barroso mit dem «Streben nach Menschenwürde» auch an die wagemutigen «Boat People» gedacht hat?  Alleine 2011 ertranken im Mittelmeer gemäss offiziellen Statistiken über 2300 Menschen, beim Versuch nach Europa zu kommen. Ein neuer, trauriger Rekord. Seit 1993 sind insgesamt 18000 Menschen an den Aussengrenzen Europas gestorben. Das sind die offiziellen Zahlen, die Dunkelziffer dürfte noch viel höher liegen.

Verschiedene erschütternde Berichte belegen zudem, dass immer wieder in Seenot geratenen Flüchtlingsschiffen die Rettung verweigert wird und die Menschen ihrem Schicksal überlassen werden. Ziemlich viele Tote für einen Kontinent des Friedens. Da wäre das Bekenntnis, man stehe zwar zu Freiheit, Menschenrechten und sozialem Wohlstand, nur wolle man sie nicht teilen, wohl ehrlicher gewesen. Europa mit seinen zwei Gesichtern: Für die einen existiert das Europa der freien Fahrt für freie Bürger, für die anderen warten Internierungsknäste, wo selbst Kinder hungern und in Urinlachen schlafen, wie unlängst ein schockierter François Crépeau, Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für die Menschenrechte von MigrantInnen, nach einem Besuch in griechischen Internierungslagern feststellen musste. 

In Europa gestrandet

Gerade in Mittelmeerländern wie Griechenland oder Malta ist die Situation besonders prekär und angespannt. Auf Grund des Dublin-Abkommens entziehen sich die wohlhabenden Staaten Mitteleuropas ihrer Verantwortung, denn für die Bearbeitung eines Asylantrages ist ausschliesslich das Land der Erstankunft zuständig. Reisen Flüchtlinge trotzdem weiter und stellen in einem anderen Land ihr Asylgesuch, werden sie umgehend mittels Fingerabdrücken und biometrischen Daten identifiziert und zurückgeschafft. Länder wie Griechenland werden so zu Bollwerken der Festung Europa umfunktioniert.

Heute sollen alleine in Athen über 100000 Illegale leben. Viele von ihnen obdach- und mittellos und ohne Perspektive. Die Chance überhaupt ein Asylgesuch in Griechenland stellen zu können, liegt praktisch bei null. Nicht mal da hält Europa, was es verspricht. Kein Wunder, dass die EU Griechenland nicht fallen lassen wird. Die neuen Armenhäuser Europas werden mit den Armen der Welt gefüllt. Da verwundert es auch nicht, wenn im antifaschistisch geprägten Griechenland eine offen neonazistisch auftretende Partei wie die «Goldene Morgenröte» gemäss aktuellsten Umfragen bis zu 18 Prozent Wähleranteil erreicht und mit diesem Ergebnis die dritt stärkste Partei wäre. Europa spielt mit dem Feuer.

Scharfmacher Schweiz

Im innereuropäischen Wettbewerb um die asozialsten Gesetze und besten Vergrämungsstrategien gehört die Schweiz zu den fleissigsten Platzhirschen. Kein Jahr vergeht, in dem die Ausgrenzungsmaschinerie mit neuen Gesetzen nicht noch tödlicher und effizienter gestaltet wird. Kein Jahr, in dem die Schrauben nicht noch mehr angezogen und neue Notstandsgesetze in Kraft gesetzt werden, obwohl ähnliche Gesetze längst schon bestehen. Europa hat sich satt gefressen und kackt moralisch ab. Die Schweiz gehört bei der mörderischen Politik der Wohlstandsverteidigung zu den zentralen Scharfmachern Europas. Die parlamentarische Linke spielt mit und schweigt, wohlwissend dass mit netten Worten über Ausländer derzeit keine Wahlen zu gewinnen sind. Und die SVP ist längst die europäische Gallionsfigur einer extremen Rechten schlechthin, auch wenn sie sich gern als Partei für alle darstellt. Doch falsch ist auch dieses Urteil nicht ganz, zumal die Mitte zunehmend weiter an den rechten Rand rückt.

Und sie kommen trotzdem

Egal wie hoch und tödlich die sichtbaren und unsichtbaren Mauern in und um Europa und in den Köpfen der Menschen sein mögen, die Verdammten dieser Erde, sie werden sich auch weiterhin auf den gefährlichen Weg in die reichen Ländern des Nordens machen – und dafür alles riskieren. Auf diese Realität hat das vereinte Europa bis heut keine gerechte Antwort gefunden. Je undurchlässiger diese Grenzen werden, desto mehr Tote wird es an den Aussenrändern der Festung Europa geben. Und das Perverseste, der tausendfache Tod wird durch Schlagworte wie «Menschenrechte» oder «Kampf gegen Menschen- und Frauenhandel» durchgesetzt und mehrheitsfähig gemacht. Arbeitslose senegalesische Fischer (die EU-Hochseeflotte lässt grüssen), die sich als Fluchthelfer betätigen, werden zu schleppenden Massenmörder hochsterilisiert und junge Frauen, die für etwas Glückseligkeit bereit sind, den eigenen Körper zu verkaufen, zu willenlosen Sklavinnen verklärt, die man ertrinken lässt, damit sie nicht ausgebeutet werden können. Angesichts dieses Zynismus passt der Friedensnobelpreis für die EU vielleicht doch grad wie die Faust aufs Auge. Die Stimmen in den Länder der Verdammten, die ein Ende der Kollaboration mit Europa sowie eine historische Aufarbeitung der Tausenden von Toten an den europäischen Aussengrenzen fordern, sie werden nicht leiser werden. Die neue Zeitrechnung, sie hat längst begonnen.

Auf Wiedersehen, good old Europe.

Referendum geschafft!

OLYMPUS DIGITAL CAMERAAm Tag 72 des Referendums gegen die dringlichen Verschärfungen des Asylgesetzes über 60’000 Unterschriften gesammelt. Davon wurden bereits 24’000 als gültig beglaubigt. Nichtsdestotrotz sammelt das Komitee auch in den verbleibenden vier Wochen weiter.

Nach gut zwei von drei Monaten ist das Referendum quasi zu Stande gekommen. «Es freut uns umso mehr, dass uns dies trotz der fehlenden Unterstützung diverser namhafter Organisationen und politischer Parteien gelungen ist», meint Andreas Lustenberger, Co-Präsident der Jungen Grünen Schweiz.

Die einzige Hürde, die das Referendum noch zu nehmen hat, ist die Beglaubigung durch die Gemeinden. «Wir haben zwar schon über 50’000 Unterschriften versandt, bleiben aber bis zum letzten Moment dran, um ganz sicher zu gehen», meint Karin Jenni vom Sekretariat des Referendum-Komitees. «Bislang konnten wir auf eine zügige Mitarbeit seitens der Gemeinden zählen. Das ist sehr erfreulich!»

Das relativ rasche Zustandekommen der Unterschriften ist als starkes Zeichen gegen weitere Verschärfungen im Asylgesetz zu werten. Der Dank des Komitees gilt deshalb der Zivilbevölkerung sowie den zahlreichen an der Unterschriftensammlung beteiligten AktivistInnen und Gruppierungen

Studidemo in Ankara von Polizei attackiert – Student in Lebensgefahr

18.12.2012 – Eil-Kurzmeldung:
Demonstration gegen den Besuch des Ministerpräsidenten Erdogan an einer Universität in Ankara. Mehrstündige Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und Demonstrierenden. Resultat: Zwei Schwerverletzte und zahlreiche weitere verletzte Studierende.

«Verkäufer der Wissenschaft und imperialistischer Marktschreier Tayyip [Erdogan], raus aus MET Universität»

Studierende von Wasserwerfern attackiert

Linkes Schild: Revolution& Sozialismus
Mittleres (unsicher): Polizei raus
Rechtes: Gleiche, freie Wissenschaft (Bildung)

Am Nachmittag und frühen Abend des 18. Dezembers 2012 protestierten gemäss gut unterrichteten Quellen 1000 Studierende an der Middle East Technical University (METU) in Ankara Türkei. Die Studierenden protestierten gegen den Besuch des Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan an ihrer Universität. Erdo?an und seine AKP-Regierungspartei treiben seit Jahren die Privatisierung und Ökonomisierung der Hochschulen voran. Grund des Besuchs war aber der Start des Satelliten «Gokturk2» der türkischen Regierung und des türkischen Militärs. Der Satellit wurde am Montag, 18. Dezember um ca. 17:00 türkischer Zeit ins All geschossen. Der Start wurde von Erdo?an, hochrangigen Militärs und deren Entourage per Live-Übertragung an der METU beigewohnt.

Der Grund des Protestes war jedoch hauptsächlich gegen Erdo?an gerichtet und stand unter dem Zeichen des Protests gegen die «nationale und internationale Politik der Regierung.» Auf dem Frontransparent der Demonstration stand: «Verkäufer der Wissenschaft und imperialistischer Marktschreier Tayyip [Erdogan], raus aus METU»

Die 1000 Menschen starke Demonstration setzte sich um 15:50 in Bewegung und wurden um 16:15 ohne Vorwarnung von den 3000 Polizistinnen und Polizisten mit Gummigeschossen, Reizgas und 8 Wasserwerffern attackiert. Zwei Studierende erlitten schwere Verletzungen. Ein Student, Baris Barisik, schwebt in Lebensgefahr. Zahlreiche weitere Studierende wurden während den mehrstündigen Auseinandersetzungen mit der Polizei ebenfalls verletzt. Unsere Quellen sprechen von mindestens deren 20. Um 22:45 soll die Polizei gerufen haben «Keine Verhaftungen mehr, nur noch knüppeln und (liegen) lassen.»

 

 

Zwei Videos zu der Demonstration und den Auseinandersetzungen mit der Polizei sind hier zu finden.

 

 

 

Verschiedene Bilder der Demo in Ankara

Verschiedene Bilder der Demo in Ankara

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