200 Jahre Friedrich Engels

Manfred Vischer. Zwei Jahrhunderte nach seiner Geburt und 125 Jahren nach seinem Hinschied sind die Werke von Friedrich Engels weiterhin von Aktualität. Teil eins der dreiteiligen Serie über den herausragenden Philosophen, der, wie er selbst sagte, ein Leben lang die «zweite Violine» spielte, sich aber glücklich schätze, eine «so famose erste Violine» zu haben.

Friedrich Engels war ein Mensch, der weit über jede Norm hinausragte. In ihm vereinigte sich Genialität mit gründlicher Forschungsarbeit, vorausschauendes Denken mit nüchterner Analyse, rasche Auffassungsgabe mit grossem Wissensdrang, der Hang zu lustvollem Leben mit diszipliniertem Leistungsvermögen. Es scheint, dass die Dialektik, die er als Philosoph erforschte, schon in seinem eigenen Leben angelegt war.

Der gemeinsame Kampf als Leitmotiv
Engels war eine Frohnatur und ein den sinnlichen Genüssen zugeneigter Mann. Er liebte es, in guter Gesellschaft zu tafeln, so wie es auf dem bekannten Foto vom August 1893 zusammen mit Clara Zetkin, Bebel, Bernstein und anderen in einem Gartenlokal bei Zürich festgehalten ist. Neben seiner politischen und wissenschaftlichen Arbeit blieb ihm genug Zeit, sich fortwährend weiterzubilden und sich in ganz verschiedenen Bereichen ein umfassendes Wissen anzueignen. So konnte ihn Marx in einem Brief an einen Freund als «wahres Universallexikon» bezeichnen, «arbeitsfähig zu jeder Stunde des Tages und der Nacht, voll oder nüchtern, quick im Schreiben und begriffen wie der Teufel».
Wiederholt hat sich Engels selbst zu seiner Stellung zu Marx und zu seinem eigenen Anteil an der gemeinsamen Arbeit geäussert. Seine Worte kennzeichnen ihn als grosszügigen, bescheidenen Menschen, dem jede Eitelkeit fernstand. Berühmt wurde seine Bemerkung in einem Brief an den sozialistischen Politiker Johann Philipp Becker vom 15. Oktober 1884: «Ich habe mein Leben lang das getan, wozu ich gemacht war, nämlich zweite Violine spielen, und glaube auch, meine Sache ganz passabel gemacht zu haben. Und ich war froh, so eine famose erste Violine zu haben wie Marx.»
Doch aus diesen Sätzen spricht, wie Georg Fülberth in seinem Buch über Engels 2018 zu Recht feststellt, auch das Wissen, dass zu einer ersten und zweiten Violine ein Ensemble gehöre, und diese übergreifende Einheit, in der das Individuum einen Beitrag leiste, habe Engels immer mehr interessiert als seine eigene Person. Das Leitmotiv seines Lebens war der gemeinsame Kampf um die Befreiung des Proletariats aus seinen Ketten, wie es im Kommunistischen Manifest heisst.

Von allen verstanden
Diese kurze einleitende Charakterisierung der Person soll nur dazu dienen, Engels von den vielen Denkmälern, die er trotz der Wirren der letzten Jahrzehnte noch immer besetzt, herunterzuholen, um eine unbefangene Würdigung seiner Leistung zu ermöglichen. Im Folgenden werden einige seiner wichtigsten Werke näher betrachtet und in den Rahmen seines Gesamtwerks gestellt. Diese Auswahl wird vielen als willkürlich erscheinen. Sie ist einerseits persönlich begründet, andererseits durch den Rang der ausgewählten Werke gerechtfertigt. Engels war ein eifriger und vielseitiger Schriftsteller. Zu den meisten seiner Werke hat er substantielle Vorwörter verfasst, in denen er sich über den Inhalt des Werks, die Umstände seiner Entstehung und weiteres äussert. Es lag daher nahe, ihm in diesem Beitrag oft selbst das Wort zu geben und aus seinen Schriften zu zitieren, denn das ermöglicht, ihn in den geschichtlichen Zusammenhang zu stellen, aus dem heraus er wirkte, und ihn als Menschen seiner Zeit zu verstehen. Engels besass überdies die Gabe, seine Gedanken so zu formulieren, dass sie von allen verstanden werden konnten – eine unabdingbare Voraussetzung für einen Revolutionär.

Die Lage der arbeitenden Klasse in England
Das erste Buch von Engels erschien im Sommer 1845. «Im guten wie im schlechten trägt es den Stempel der Jugend des Verfassers», schrieb Engels im Vorwort zur 2. Auflage von 1892. «Damals hatte ich vierundzwanzig Jahre; heute bin ich dreimal so alt, und wie ich diese Jugendarbeit wieder durchlese, finde ich, dass ich mich ihrer keineswegs zu schämen brauche… Es wird wohl kaum nötig sein zu bemerken, dass der allgemein theoretische Standpunkt dieses Buches – in philosophischer, ökonomischer und politischer Beziehung – sich keineswegs genau deckt mit meinem heutigen Standpunkt (…) Ich habe mir nicht einfallen lassen, aus dem Text die vielen Prophezeiungen zu streichen, namentlich nicht die einer nahe bevorstehenden sozialen Revolution in England, wie meine jugendliche Hitze sie mir damals eingab. Ich habe keinen Anlass, meine Arbeit und mich selbst besser darzustellen als wir beide damals waren.»
Diese selbstkritischen Bemerkungen des alten Engels lassen nicht darüber hinwegsehen, dass das Buch eine erstaunliche Pioniertat war, die detailreich und in klaren Worten auf die verheerenden Folgen einer überstürzten Industrialisierung hinwies. Sie vermittelte Erkenntnisse, die in späteren Arbeiten von Marx und Engels ausformuliert und theoretisch untermauert wurden.

Nach eigner Anschauung und authentischen Quellen
Zum Gegenstand seines Buches schrieb Engels im Vorwort zur ersten Ausgabe von 1845: «Die Lage der arbeitenden Klasse ist der tatsächliche Boden und Ausgangspunkt aller sozialen Bewegungen der Gegenwart, weil sie die höchste, unverhüllteste Spitze unsrer bestehenden sozialen Misere ist.» Während er vom Winter 1842 bis zum Herbst 1844 in Manchester lebte, konnte er sich in der väterlichen Firma «Ermen und Engels» mit der Realität der Fabrikarbeit vertraut machen. Daneben besuchte er zahlreiche Städte, wo im Zuge der Industrialisierung grosse Arbeiterviertel entstanden waren, und verschaffte sich dort ein eigenes Bild der Wohn- und Lebensverhältnisse des industriellen Proletariats. Seine Eindrücke ergänzte er durch Auskünfte von Gewährsleuten und durch das Studium von Büchern, Zeitungen, Statistiken und Untersuchungen privater oder behördlicher Natur. Sie bildeten das Material für das Buch über die arbeitende Klasse in England, geschrieben «nach eigner Anschauung und authentischen Quellen», wie im Untertitel vermerkt ist.

Die ganze Bandbreite des proletarischen Lebens
England war damals die führende Industrienation der Welt. Es war eine konfliktbeladene Zeit, die durch zahlreiche gesellschaftliche Umbrüche infolge des Wandels von der Manufaktur zur Industriearbeit gekennzeichnet war. Das Werk von Engels ist sorgfältig strukturiert, breit angelegt und befasst sich mit einer Vielzahl von Themen. Nach einem Rückblick auf die Geschichte der industriellen Revolution in England und einer Beschreibung der aus ihr entstandenen Industriezweige folgt eine ausführliche Darstellung der Lebens- und Wohnverhältnisse in den grossen Städten mit genauen Angaben über die Ernährung, Kleidung und die gesundheitliche Verfassung der Bevölkerung. Geschildert werden der Charakter der Industriearbeit, die Problematik der Kinder- und Frauen*arbeit, die Ausbeutung in den Fabriken, die Folgen der langen Arbeitszeit und der Nachtarbeit, ihre Auswirkungen auf die moralische und intellektuelle Lage der arbeitenden Bevölkerung. Engels zeigt die ganze Bandbreite des proletarischen Lebens und kommt zu einem vernichtenden Urteil: «Der Arbeiter ist rechtlich und faktisch Sklave der besitzenden Klasse, der Bourgeoisie, so sehr ihr Sklave, dass er wie eine Ware verkauft wird, wie eine Ware im Preise steigt und fällt. Steigt die Nachfrage nach Arbeitern, so steigen die Arbeiter im Preise; fällt sie, so fallen sie im Preise; fällt sie so sehr, dass eine Anzahl Arbeiter nicht verkäuflich sind, ‹auf Lager bleiben›, so bleiben sie eben liegen, und da sie vom blossen Liegen nicht leben können, so sterben sie Hungers. Denn, um in der Sprache der Nationalökonomen zu sprechen, die auf ihren Unterhalt verwendeten Kosten würden sich nicht ‹reproduzieren›, würden weggeworfenes Geld sein, und dazu gibt kein Mensch sein Kapital her (…) Der ganze Unterschied gegen die alte, offenherzige Sklaverei ist nur der, dass der heutige Arbeiter frei zu sein scheint, weil er nicht auf einmal verkauft wird, sondern stückweise, pro Tag, pro Woche, pro Jahr, und weil nicht ein Eigentümer ihn dem andern verkauft, sondern er sich selbst auf diese Weise verkaufen muss, da er ja nicht der Sklave eines Einzelnen, sondern der ganzen besitzenden Klasse ist…»

Die Rolle des Proletariats
Engels streift auch das Phänomen der zyklischen Krisen, der periodischen Zusammenbrüche der Warenproduktion und -zirkulation, und sieht darin eine Gesetzmässigkeit des Kapitalismus – ein Gedanke, der wenig später im Kommunistischen Manifest wieder aufgenommen und vertieft wird.
«Bei der heutigen regellosen Produktion und Verteilung der Lebensmittel, die nicht um der unmittelbaren Befriedigung der Bedürfnisse, sondern um des Geldgewinns willen unternommen wird, bei dem System, wonach Jeder auf eigne Faust arbeitet und sich bereichert, muss alle Augenblicke eine Stockung entstehen… Im Anfange der industriellen Entwicklung beschränkten sich diese Stockungen auf einzelne Fabrikationszweige und einzelne Märkte; aber durch die zentralisierende Wirkung der Konkurrenz… sind diese nach und nach in eine einzige Reihe von periodisch wiederkehrenden Krisen vereinigt worden. Eine solche Krisis pflegt alle fünf Jahre auf eine kurze Periode der Blüthe und des allgemeinen Wohlbefindens zu folgen; der heimische Markt, wie alle fremden Märkte, liegen voll englischer Fabrikate und können diese letzteren nur langsam konsumieren; die industrielle Bewegung stockt in fast allen Bereichen…»
Das Werk erhält seinen Wert durch seine literarische Qualität und seine empirische Ausführlichkeit, die den Blick von Marx, der sich bis anhin vorwiegend mit Geschichtsphilosophie und Religionskritik beschäftigt hatte, auf das Proletariat und die soziale Frage lenkte. Es ebnete den Weg für die ökonomische und revolutionäre Theorie des «Marxismus», wie er von Marx und Engels entwickelt wurde. Und es bleibt festzuhalten, dass der vierundzwanzigjährige Engels um die Mitte des 19. Jahrhunderts ein weit in die Zukunft weisendes Werk veröffentlichen konnte, in dem er nicht bei der Schilderung der Verelendung des Proletariats stehengeblieben ist, sondern diesem zugleich die Rolle des Subjekts der kommenden Revolution zugewiesen hat.

Wem gehört die Stadt?

Peter Heiniger. Die PdA/POP Biel/Bienne will ihren Beitrag zu einer linken Mehrheit im Stadtrat leisten und nimmt an den Wahlen vom 27.September teil. Die Stadt Biel soll sich der Lebensqualität der Bevölkerung verschreiben und nicht gigantomanische Projekte für wenige unterstützen.

Vor vier Jahren erlangte die PdA bei den Bieler Wahlen einen Sitz. Diesen besetzte zunächst Judith Schmid, bis sie im September 2018 von mir abgelöst wurde. Verschiedene Vorstösse wurden in der laufenden Legislatur eingebracht. So verlangte die PdA stets die Verbesserung der Lebensbedingungen der Flüchtenden.

Sie müssen Sich um den weiteren Inhalt lesen zu können. Sie können Sich hier registrieren.

Gibt es Platz für Kuschelsozialismus?

Kusto. Je älter man wird, desto milder. Dieser Spruch fällt häufig unter den Alten. Als «Corona-Altersrisiko-Mensch» stelle ich öfter fest, dass es bei mir eben gerade umgekehrt funktioniert. Nicht in jeder Lage und in jedem Sinn, aber bestimmt in politischen Dingen bin ich härter, lautstarker und kompromissloser geworden. Und so frage ich: Was ist bloss aus der SP geworden?

Ich glaube, gewisse Dinge erkannt zu haben, die mir in jüngeren Jahren nicht aufgefallen sind, die ich nicht hinterfragt oder eben möglicherweise schlicht in verblendeter Weise nicht gesehen habe. Dazu gehört das Gefühl, dass die SP seit Jahren sozialdemokratische Politik «neoliberalen Sachzwängen» unterordnet. Das empfinde nicht nur ich, sondern diese Kurzanalyse teilt eine wachsende Zahl linksdenkender Menschen.

Sie müssen Sich um den weiteren Inhalt lesen zu können. Sie können Sich hier registrieren.

Harris: Bidens neoliberales Ebenbild

Redaktion. Nach monatelangem verzweifeltem Händeringen, einem chaotischen Nominierungsprozess und mehreren versäumten Fristen bestimmte der demokratische US-Präsidentschaftskandidat Joe Biden seine Vizekandidatin: die ehemalige Staatsanwältin und kalifornische Senatorin Kamala Harris. Nach einer gewerkschaftlichen Perspektive in der letzten Ausgabe hier eine andere linke Sicht.

Um ein Gefühl dafür zu gewinnen, was den USA im Fall eines Sieges von Joe Biden bevorsteht, lohnt sich ein Blick auf den Prozess der Vizenominierung, der in diesem Jahr besonders chaotisch ausfiel.

Sie müssen Sich um den weiteren Inhalt lesen zu können. Sie können Sich hier registrieren.

Notrente in Gefahr?

flo. Mit einer Überbrückungsrente soll das Los älterer ausgesteuerter Arbeitsloser gemildert werden. Das Anliegen fand in den Räten Mehrheiten. Doch nun hat ein Komitee bestehend aus SVP-Mitgliedern das Referendum ergriffen.

Er soll allenthalben doch noch stattfinden und zwar auch in Zeiten bürgerlicher Vorherrschaft: der Ausbau der Sozialwerke – und das erst noch auf Drängen des Bundesrats. Zumindest wenn man der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) und der Schweizerischen Volkspartei (SVP) glauben mag. » Weiterlesen

Rechtsextremismus und die deutsche Polizei

Kofi Shakur. Seit sich die «Black Lives Matter»-Proteste nach der Ermordung von George Floyd durch die Polizei in den USA weltweit ausgebreitet haben, findet auch in Deutschland eine Diskussion über Rassismus und Polizeigewalt statt. Dabei hätte es eigentlich seit längerem viele Anlässe gegeben, sich mit diesem Thema zu beschäftigen.

Zuletzt wurde bekannt, dass auch beim selbsternannten «Nationalsozialistischer Untergrund 2.0» (NSU 2.0), der in Hessen Morddrohungen verschickt, Spuren nach Neukölln (Berlin) führen. Den ersten dieser Briefe hatte 2018 die Anwältin Seda Basay-Y?ld?z erhalten, die im NSU-Prozess die Nebenklage vertrat.

Sie müssen Sich um den weiteren Inhalt lesen zu können. Sie können Sich hier registrieren.

Frauen im antifaschistischen Widerstand

Italienische Partisaninnen

Florence Hervé. Frauen waren Verbindungsagentinnen, Fluchthelferinnen, Partisaninnen, Kombattantinnen, ob in riesigen Armeen wie in der Sowjetunion, in revolutionären Bewegungen, in kleinen oder grossen Widerstandsgruppen, in Zweckbündnissen politisch unterschiedlicher Kräfte. Ihre Gemeinsamkeit: Die Befreiung.

Zunächst waren es meist politisch organisierte Frauen aus der Arbeiterinnenbewegung, die sich gegen die Naziherrschaft- und Besetzung wehrten, insbesondere Kommunistinnen und Sozialdemokratinnen. Auch Christinnen und andere humanistisch gesinnte Menschen gehörten dazu. » Weiterlesen

Lebhafte JV der PdAZ

sit. Es war eine äusserst kurzweilige Jahresversammlung (JV) der Partei der Arbeit Zürich. Beschlossen wurde unter anderem der Rückzug der Initiative «Sportstadt Züri». Diskutiert wurde auch über Visionen.

Beginnen wir mit dem Wichtigsten: Die Partei der Arbeit Zürich (PdAZ) zog an ihrer Jahresversammlung vom 20. Juni ihre Initiative «Sportstadt Züri» zurück. Der Entscheid fiel am Ende deutlicher aus, als die kontrovers geführte, spannende Diskussion es hätte vermuten lassen können. Wie kam der vielleicht doch etwas überraschende Entschluss zustande?

Sie müssen Sich um den weiteren Inhalt lesen zu können. Sie können Sich hier registrieren.

Stopp Isolation

Die Gruppe «Stopp Isolation» fordert Aufenthaltsbewilligungen für ein Leben in Respekt und Würde. Rückkehrzentren sind offene Gefängnisse am Rande der Gesellschaft. Wir werden dort isoliert. Es gibt dort: Freiheitsbeschränkungen wegen Anwesenheitspflicht, Arbeit ohne Mindestentschädigung, krankmachende Lebensbedingungen und Stress wegen Polizei, Securitas oder ORS AG. Viele Menschen, die nicht in Zentren lebenmüssen, denken wir sind kriminell. Aber wir sind nicht zum Spass in der Schweiz, sondern weil wir nicht anders können. Wir sind seit Jahren hier – einige schon seit Jahrzehnten. Wir haben viel Zeit unseres Lebens verloren. Hört auf uns zu diskriminieren. Hört auf uns ausschaffen zu wollen. Wir brauchen Respekt und Gleichberechtigung im Zugang zu Arbeit, Wohnungen, Gesundheit und Bildung. Wir sind auch Menschen!

«Stopp Isolation» – Geflüchtete Migrant*innen mit Negativentscheid im Kanton Bern

Ausführliche Infos: https://migrant-solidarity-network.ch/

Abstimmungskampf Luxus-Kampfjets

Das Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) versucht den Text der Kampfjetgegner*innen im Abstimmungsbüchlein zu zensieren. Die Medienmitteilung des Komitees.

Heute, 3. Juli 2020, hat das Magazin «Der Beobachter» gestützt auf das Öffentlichkeitsgesetz enthüllt, wie das VBS den Text des Komitees gegen die Kampfjet-Milliarden im eidgenössischen Abstimmungsbüchlein zu beeinflussen versuchte. Insbesondere wollte das VBS verhindern, dass die totalen Kosten neuer Kampfjets von um die 24 Milliarden Franken im Abstimmungsbüchlein ein Thema sind.

Mehrmals wurde der Text des Nein-Komitees für das Abstimmungsbüchlein von der Bundeskanzlei zurückgewiesen. Gestützt auf das Öffentlichkeitsgesetz hat «Der Beobachter» nun enthüllt, wie das VBS im Hintergrund versucht hat, den Text des Nein-Komitees zu zensieren. Insbesondere hat das VBS versucht, einen Kostenvergleich zwischen der Gripen-Vorlage und der aktuellen, doppelt so teuren Vorlage zu verhindern. Zudem wurde versucht, die fundierte Schätzung des Nein-Komitees, dass die Kampfjet-Beschaffung totale Lebenszykluskosten von um die 24 Milliarden Franken zur Folge hat, zu zensieren.

Totale Kosten neuer Kampfjets: Je nach Typ bis zu 30 Milliarden

Mittlerweile hat das VBS eine eigene Schätzung der Beschaffungs- und Betriebskosten neuer Kampfjets veröffentlicht. Diese beläuft sich auf 18 Milliarden Franken. Wie diese Schätzung genau zustande gekommen ist, bleibt intransparent. Zudem ist es höchst fraglich, weshalb das VBS nicht bereits während der parlamentarischen Debatte darüber informiert hat. Das Nein-Komitee geht gestützt auf Quellen von ausländischen Regierungen, aktuellen Kosten der Schweizer F/A-18-Flotte und aufgrund von älteren Aussagen aus dem VBS selbst von Lebenszykluskosten von um die 24 Milliarden Franken aus. Je nachdem welcher Flugzeug-Typ beschafft wird, könnten die Kosten sogar noch höher ausfallen und sich in Richtung von 30 Milliarden Franken bewegen, wie auch Berechnungen des kanadischen Verteidigungsministeriums und des Deutschen Bundesrechnungshof zeigen.

Das Nein-Komitee ist befremdet, zu welchen Mitteln das VBS greift, um die Stimmberechtigten von einem Ja zu einer völlig überdimensionierten Luxus-Lösung zu überzeugen. Zudem ist es demokratiepolitisch höchst fragwürdig, wenn ein Departement versucht, die wohl begründete Stellungnahme des Gegenkomitees im Abstimmungsbüchlein zu beeinflussen.

GEHsund

Fussgängerfreundlichkeit: Städte haben Verbesserungspotential!
Erstmals wurde im Rahmen des Projekts «GEHsund – Städtevergleich Fussverkehr» die Fussgängerfreundlichkeit in 16 Schweizer Städten untersucht. Die Resultate zeigen den bestehenden Handlungsbedarf deutlich auf. umverkehR, Fussverkehr Schweiz und die Hochschule für Technik Rapperswil empfehlen gezielte Massnahmen, um die Situation im Fussverkehr zu verbessern.
Das Projekt «GEHsund – Städtevergleich Fussverkehr» hat die Fussgängersituation der Städte Aarau, Basel, Bellinzona, Bern, Biel, Chur, Genf, Lausanne, Locarno, Lugano, Luzern, Neuenburg, St. Gallen, Winterthur, Zug und Zürich detailliert untersucht. Die Fussgängerfreundlichkeit wurde mit drei verschiedenen Teilprojekten erhoben. Mit einer Begehung wurde die Situation vor Ort beurteilt (Fussverkehrstest). Eine Bevölkerungsbefragung ermittelte die Zufriedenheit (Umfrage). Bewertet wurden zudem die städtischen Aktivitäten zur Förderung des Fussverkehrs (Planungspraxis). Jedes Teilprojekt resultierte mit dem Anteil der erreichten Anforderungen in Prozent. Die Anforderungen stützen sich auf geltende Normen sowie auf vorbildliche Methoden, Praktiken oder Vorgehensweisen.

Aarau, Basel, Bellinzona, Chur und Neuenburg wird die «goldene Schuhbürste» übergeben
Aarau schneidet bei der Bewertung der Infrastruktur am besten ab, Chur bei der Zufriedenheit und Basel bei der Planungspraxis. Neuenburg ist die fussgängerfreundlichste Stadt in der Romandie und Bellinzona erreicht im Quervergleich der Tessiner Städte die höchste Punktzahl. Insgesamt erreicht Basel mit 68% aller erfüllten Anforderungen den höchsten Wert aller untersuchten Städte. Diese fünf Städte erhalten je eine «goldene Schuhbürste». Diese symbolisiert, dass die Stadt zwar gut abgeschnitten hat, aber weiter an der Fussgängerfreundlichkeit polieren muss, um zu brillieren.
Mehr Platz für den Fussverkehr
Aus den Resultaten können konkrete Handlungsempfehlungen für die Verbesserung der Fussgängerfreundlichkeit in den Schweizer Städten abgeleitet werden:
  • Mehr Platz für den Fussverkehr: Trottoirs sind gemäss Fussverkehrstest mehrheitlich zu schmal. Bei Trottoirs entlang von Hauptstrassen werden die Vorgaben der Schweizer Norm oft nicht eingehalten.
  • Mehr Fussgänger- und Begegnungszonen schaffen, Temporeduktion auf dem übrigen Strassennetz: Temporeduktion ist in der Zufriedenheitsumfrage ein oft deponiertes Bedürfnis. Eine Auswertung der Verkehrsunfallstatistik zeigt: Je höher der Anteil an Strassen mit Tempo 20 und 30, desto weniger Fussgängerunfälle.
  • Kürzere Wartezeiten an Ampeln: Die Wartezeit an Ampeln ist generell sehr lang, insbesondere bei Ampeln mit Grünanforderung. Dies zeigen sowohl die Messungen bei der Begehung als auch die Bevölkerungsumfrage, welche in diesem Punkt eine sehr geringe Zufriedenheit aufweist.
  • Getrennte Infrastruktur für den Fuss- und den Veloverkehr: In der Bevölkerungsumfrage wird das Velofahren auf dem Trottoir als eines der häufigsten Probleme genannt.
  • Fachstelle Fussverkehr besser dotieren: Fachstellen für den Fussverkehr sind unterdotiert. Ein ausreichender Stellenumfang und definierte Zuständigkeiten der Fachstelle Fussverkehr sind deshalb Kernempfehlungen.
umverkehR, Fussverkehr Schweiz und die Hochschule für Technik Rapperswil empfehlen den Städten, diese Massnahmen zeitnah umzusetzen, damit die Bevölkerung mehr zu Fuss unterwegs ist. Denn Fussverkehr ist leise und platzsparend, schont die Umwelt, verbessert das Klima und fördert die Gesundheit.

Amerikanischer Albtraum

flo. Rassistische Polizeigewalt existiert in den USA seit der Gründung des
Staates. Nun brachte jedoch der Mord an George Floyd das Fass zum Überlaufen. Eine Massenbewegung rollt durchs Land und das Establishment bekommt es mit der Angst zu tun.

George Floyd ist nicht allein. Solche Morde durch die Polizei sind nichts Neues. Weder in den USA noch in Europa. Weder gestern noch heute. Auch als noch Obama als vermeintlicher Heilsbringer das Land regierte, kam als Folge von Polizeimorden die Black-Lives-Matter-Bewegung auf. » Weiterlesen

Auf der Zielgerade

Matthias Stalder. Was zu Beginn ein ganz schwieriges Unterfangen schien, wird am Ende doch vom Erfolg gekrönt: Das Referendum gegen das Freihandelsabkommen mit Indonesien soll am 22.Juni eingereicht werden. Warum dies so wichtig ist, zeigt die Agronomin Marianne Bodenmann im Gespräch mit dem vorwärts auf.

Mit der Covid-Pandemie wurden am 18.März 2020 auch die Fristen für Referenden und Initiativen ausgesetzt und verlängert. Mit aktuell über 56500 gesammelten Unterschriften und den noch zu Sammelnden 3000 sind wir zuversichtlich, dass erste Referendum gegen ein Freihandelsabkommen mit Indonesien erfolgreich einreichen zu können.

Sie müssen Sich um den weiteren Inhalt lesen zu können. Sie können Sich hier registrieren.

Hungertod durch den Lockdown

Die Kochto?pfe der Familie Gonzales sind zur Zeit ha?ufig leer. Bild: A.Boueke

Andreas Boueke. Die Zahl der Krankenhausbetten pro Kopf ist in Deutschland 16-mal so hoch wie in Guatemala. In vielen Regionen Lateinamerikas gibt es kein einziges Beatmungsgerät. Gleichzeitig führt der Lockdown dazu, dass Menschen verhungern. Eine Reportage aus einem Armenviertel in Guatemala-Stadt, der Hauptstadt des Landes.

«Viele Menschen sind verzweifelt», sagt der guatemaltekische Sozialarbeiter Cesar Puac. «Covid-19 hat den Bewohner*inen der ärmsten Viertel um Guatemala-Stadt alle Hoffnung genommen.»

Sie müssen Sich um den weiteren Inhalt lesen zu können. Sie können Sich hier registrieren.

Feministisch Pausieren, Kollektiv Organisieren

Wir rufen alle Frauen*, Trans*, Inter* und Genderqueere* (FTIQ*) Personen auf, sich am Sonntag, 14. Juni 2020 von den erschöpfenden Zuständen und Arbeiten protestreich zu erholen. Die ohnehin herrschenden Missstände wurden durch die Corona-Krise verstärkt und noch klarer sichtbar.

Bildet Banden! Tut euch zusammen mit euren Freund*innen, Nachbar*innen, Arbeitskolleg*innen und findet eigene und neue Wege des erholenden Protests, die euren notwendigen Schutzmassnahmen entsprechen.

Sprecht u?ber eure Forderungen – wir alle haben mehr als genug Gru?nde und diese sollen ihren öffentlichen Ausdruck finden. Es steht uns frei, den eigenen Balkon zu dekorieren, mit Transparenten durch die Pärke zu joggen, auf der Strasse sitzend ein Protest-Picknick zu machen, Spaziergänge in Kleingruppen zu machen, FTIQ* zu besuchen, die nicht frei haben oder Aktionen im virtuellen Raum durchzufu?hren. Dieses Jahr fu?hren wir unsere Organisierung in Kleingruppen durch und erholen uns. In allen Kantonen wird etwas stattfinden, informiere dich u?ber das Programm in deiner Region.

Ab 15:24, zum Zeitpunkt, an dem arbeitende Frauen* aufgrund der Lohnunterschiede eigentlich nicht mehr entlöhnt werden, geben wir unseren Forderungen u?berall in der Schweiz lautstark Ausdruck und machen Lärm! Zwar war der zweite feministische Streik 2019 geschichtsschreibend, dennoch besteht noch lange keine Gleichstellung zwischen den Geschlechtern. Sollte sich die Situation fu?r Frauen*, Trans*, Inter* und Genderqueere* Personen nicht ändern, behalten wir uns vor am 14. Juni 2021 wieder zu streiken.

Am 14. Juni 2020 ist es ein Jahr her, dass wir mit unserem feministischen Streiktag die grösste Mobilisierung der Schweizer Geschichte erreicht haben. Wir haben uns die Strasse genommen, um gemeinsam auf die vielen und unterschiedlichen Missstände aufmerksam zu machen, um laut und stark fu?r Veränderung einzustehen.

Die Gru?nde, die uns auf die Strasse getrieben haben – seien das Lohnungleichheit, alltäglicher Sexismus, sexuelle und sexualisierte Gewalt, Rassismus und Homo- und Transfeindlichkeit – bleiben bestehen und werden durch die aktuelle Krise verschärft. Die gesellschaftlichen Zumutungen, gegen die wir uns schon lange wehren, verstärken sich empfindlich und werden sichtbarer.

Die patriarchale Gesellschaftsordnung wird augenfällig und spitzt sich zu. Unbezahlte und unterbezahlte Reproduktionsarbeit wird effektiv zum 24h-Job. Parallel zum Home-Office machten wir wochenlang Home-Schooling und sorgen uns um die (Schwieger-)Eltern. In der Isolation entstehen Spannungen mit ungewissem Ausgang, häusliche Gewalt und die strukturelle Tötung von FTIQ* (Femizide) nehmen zu.

Personen in als „systemrelevant“ erklärten Berufen wie in der Pflege arbeiten in 13-Stundenschichten ohne Lohnerhöhung oder Gefahrenzulage. Fu?r das gesamte Gesundheitspersonal wurde zu Beginn des Lockdowns das Arbeitsgesetz ausgesetzt – weil 50-Stunden-Wochen im kaputt gesparten Gesundheitssystem nicht ausreichen um eine Krise zu bewältigen. Andere können ihrer Arbeit nicht mehr nachgehen – sind die Bedingungen ohnehin schon prekär, so drohen sie ökonomisch daran zugrunde zu gehen. Detailhandelangestellte im Verkauf oder Onlinehandel arbeiteten nicht nur fu?r tiefste Einkommen sondern nun auch ausgesetzt, unter mangelhaften Sicherheitsmassnahmen. Gerade in diesen Jobs arbeiten viele Migrant*innen und durch die strukturelle mehrfache Diskriminierung sind diese den prekären Bedingungen direkt ausgesetzt. Fu?r Menschen ohne gesicherten Aufenthalt bedeutet die Krise existenzielle Probleme. Geflu?chtete Menschen haben keine Möglichkeiten, sich ausreichend zu schu?tzen oder Beratung einzuholen. Weder im Alltag ihrer Unterbringungsorten, noch in ihren rechtsstaatlich vorgesehenen Verfahren.

Die wertvolle und essentielle – „systemrelevante“ – Arbeit, die wir tagtäglich leisten ist zehrend und kennt keine Pause, sie macht auch vor Sonn- und Feiertagen kein Halt. Die Erschöpfung wird durch die Pandemie verstärkt und die Organisierung wird durch die Isolation erschwert. Dies verunmöglicht, dass dieses Jahr wieder Hunderttausende FTIQ* gemeinsam auf die Strasse gehen, während die Notwendigkeit zu protestieren aber eskaliert.

FRAUEN*STREIK/FEMINISTISCHER STREIK, KOORDINATION DEUTSCHSCHWEIZ

Geheuchelte Freiheit

flo. Während der Pandemie von Covid-19 wurden mehrere Grundrechte de facto ausser Kraft gesetzt. Auch wenn Sicherheitsmassnahmen zum Schutz der Bevölkerung ihren Sinn haben, muss ganz genau hingeschaut werden, wenn Polizei und Staatsmacht die bürgerlichen Freiheitsrechte repressiv einschränken.

Einige Dutzend Genoss*innen gingen in Zürich am Tag der Arbeit doch demonstrieren. Meist in kleinen Gruppen oder allein. Wenn sie dabei von der Polizei erwischt wurden, wurde eingegriffen.

Sie müssen Sich um den weiteren Inhalt lesen zu können. Sie können Sich hier registrieren.
1 2 3 4 5 6 20