Statt mit der Ausschaffungsinitiative Symptombekämpfung zu betreiben, sollte die SVP die Ursachen der Kriminalität erforschen. Ob man nun kriminelle Ausländer ausschafft oder nicht, es wird weiterhin kriminelle Ausländer geben. Die Massnahme löst keine Probleme, sie schafft sie nur aus den Augen. Selbst wenn man kriminelle Schweizer ausschaffen würde, würde es weiterhin Schweizer geben, die sich eines Verbrechens schuldig machen würden.
Es mag sein, dass die Kriminalitätsrate unter Ausländern höher ist. Doch warum? Diese Frage hat keinen Platz im Weltbild einer SVP. Man will schliesslich keine fundierten Analysen, man will Wählerstimmen und Sympathien in der Bevölkerung. Solange die SVP aber nicht wissenschaftlich beweisen kann, dass Kriminalität an Gene gebunden und diese Gene vorwiegend bei Ausländern zu finden sind, macht eine derartige Konzentration auf die Ausländerkriminalität keinen Sinn. Das Wort Ausländerkriminalität selbst drückt schon aus, dass die Initianten nicht die Kriminalität an sich bekämpfen wollen, sondern lediglich eine Initiative gegen kriminelle Ausländer lancieren. Es geht also nicht um die Kriminalität an sich, sondern um eine bestimmte Gruppe krimineller Menschen.
Populistische Offensive gegen Ausländer
Warum aber setzt man nicht bei der Kriminalität als gesellschaftliches Phänomen an sich an? Warum nicht bei der Wurzel des Problems ansetzen statt Symptome zu bekämpfen? Wäre die Sicherheit der Schweizer Bürger, als deren Schutzpatron sich die SVP sieht, die Mühe nicht wert? – Anscheinend nicht.
Das Ziel ist also nicht die Bekämpfung der Kriminalität, die nicht an Nationalität gebunden ist, sondern die Lancierung einer populistischen Offensive gegen Ausländer. Die Demagogen der SVP nutzen geschickt die Ängste und Ressentiments im Volk, um mehr Sympathie zu gewinnen und auf Stimmenfang zu gehen. Die SVP ist somit unfreiwillig das allerbeste Beispiel dafür, dass die bürgerliche Parteiendemokratie nicht fähig ist, Widersprüche, die aus ihrer innersten Struktur her entstehen, zufriedenstellend und ein für alle mal zu lösen.
Sowohl in den Köpfen der Menschen als auch in der Realität sind wir in einer Sackgasse angelangt (Stichwort Politikverdrossenheit). Da aber grundlegende Infragestellungen des Status quo und Entwürfe von Utopien heute schon fast an ein Verbrechen grenzen, hört man auch so wenige Stimmen, die bereit sind, Grenzen des uns als möglich verkauften zu überschreiten. Wir sollten uns die zentralen Worte der Bloch’schen Philosophie in Erinnerung rufen: «Denken heisst Überschreiten» (Ernst Bloch).