Basler Kantonalbank und Bank Cler handeln gesetzeswidrig

sit. Die beiden Basler Finanzinstituten weigern sich, Zahlungen mit Bezug zu Kuba durchzuführen. Betroffen sind auch schweizinterne Überweisungen. Die beiden Banken unterstützen freiwillig den völkerrechtswidrigen US-Boykott gegen Kuba. Was dies für die Menschen bedeutet, erklärte der kubanische Aussenminister an einer Medienkonferenz in Havanna.

Dienstag, 27.Oktober, gegen 11.15 Uhr an der Uraniastrasse im Zentrum von Zürich City. Aktivist*innen der Vereinigung Schweiz-Cuba (VSC) verteilen Flugblätter vor der Filiale der Bank Cler. «Nein, das habe ich wirklich nicht gewusst. Ich lese es gerne mal durch», sagt die Frau, versorgt den Flyer in ihre Tasche und verabschiedet sich freundlich. Wussten Sie, dass ihr Bankkonto auf Stichworte durchleuchtet wird und danach selbst Zahlungsaufträge innerhalb der Schweiz und in Schweizer Franken gestoppt werden können? Wussten Sie, dass diese Praxis unter Bezug auf eine Boykottgesetzgebung in der USA erfolgt? Und dass die Bank Cler sich freiwillig diesem Boykott-Diktat unterwirft? Diese Fragen sind auf dem Flyer der VSC und mediCuba-Suisse zu lesen, der an diesem Morgen in zehn verschiedene Städte der Schweiz verteilt wird – immer vor einer Filiale der Bank Cler.
Einen Tag später, am 28.Oktober, findet in Bern die gemeinsame Medienkonferenz von mediCuba und der VSC statt. «Die Basler Kantonalbank (BKB) und die Bank Cler handeln gesetzeswidrig», wird in der Medienmitteilung zur Konferenz festgehalten.

Keine Inlandzahlungen mehr
Die «Ungeheuerlichkeit», wie sie in der Mitteilung bezeichnet wird, beginnt bereits im Frühling dieses Jahrs. Bei mediCuba und der VSC häufen sich die Meldungen, dass die Bank Cler, die zu 100 Prozent der BKB gehört, Zahlungen an die beiden Organisationen nicht durchführt. Am 7.Mai kündigt die Bank Cler «per sofort» das Konto der VSC, die drei Wochen Zeit bekommt, mitzuteilen, wohin die «vorhandenen Vermögenswert überwiesen werden dürfen». Wie zynisch. Grund für diese neue Geschäftspraxis seien die «US-Sanktionen», wie die Bank Mitte Mai auf Anfrage des vorwärts bestätigt (siehe Ausgabe Nr. 17/18).
«Dass jetzt sogar der schweizinterne Zahlungsverkehr unterbunden wird, ist schlechthin ungeheuerlich», halten die VSC und mediCuba an der Medienkonferenz fest. Konkret: Mitgliederzahlungen oder Spenden aus der Schweiz an die VSC oder an mediCuba werden zurückgewiesen. René Lechleiter, Vertreter der VSC Zürich, unterstreicht in seinem Beitrag: «Bei den Betroffenen handelt es sich um legale schweizerische Vereine im Sinne von Art. 60 des Zivilgesetzbuchs ZGB, die seit Jahrzehnten in der Schweiz im humanitär-solidarischen Bereich aktiv und präsent sind.» Er erinnert weiter daran, dass die Wurzeln der Bank Cler in der Schweizer Arbeiter*innenbewegung liegen. 1927 gründeten der Verband Schweizerischer Konsumvereine (heute Coop) und der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) die «Genossenschaftliche Zentralbank». 1970 erfolgte die Umbenennung in Coop Bank. 1999 erwarb die BKB die Mehrheit der Aktien, 2017 folgte die komplette Übernahme.

Auch Banken haben gesetzliche Vorschriften
Die VSC und mediCuba reagieren rasch. Ab Mitte Mai werden verschiedene Klärungsversuche gestartet. Im Schreiben vom 10.Juni geht die BKB etwas genauer auf ihre Beweggründe ein: «Die zunehmende Verschärfung und teilweise laufenden Änderungen der gesetzlichen Vorschriften, insbesondere durch die US-Regierung, sowie die damit verbundenen Rechts- und Reputationsrisiken im internationalen Zahlungsverkehr haben uns dazu bewogen, unsere Geschäftspolitik entsprechend anzupassen.» Ins gleiche Horn bläst auch der Bankrat der BKB in seinem Antwortschreiben auf die Aufsichtsbeschwerde von mediCuba und der VSC. Zudem hält er im Brief vom 23.September fest: «Der Entscheid der Basler Kantonalbank und der Bank Cler ist, entgegen ihrer Ansicht, nicht rechtswidrig, sondern mit dem Schweizer Recht vereinbar.» Wirklich?
«BKB und Bank Cler behaupten, sie seien in ihrer Geschäftspolitik frei, welche Geschäfte sie tätigen wollen und welche nicht. Nur übersehen sie, dass dies gar nicht zutrifft», erklärt der Rechtsanwalt Willi Egloff an der Medienkonferenz. Gemäss Artikel 4 des BKB-Gesetzes ist die Bank «in erster Linie in der Region Basel tätig». Und Geschäfte in der übrigen Schweiz und im Ausland sind nur zulässig, soweit «dadurch die Befriedigung der Geld- und Kreditbedürfnisse im Kanton nicht beeinträchtigt wird». Dies gilt laut Artikel 5 auch für Tochtergesellschaften der BKB, also auch für die Bank Cler.
An einem Beispiel erklärt: Frau Müller aus Basel will eine Spende an mediCuba überweisen. Nun sagt die Bank Cler: Sorry Frau Müller, aber wegen «Reputationsrisiken» im Ausland führen wir ihre Zahlung nicht durch. Die Bank priorisiert somit ihr Auslandgeschäft und beeinträchtigt dadurch die «Befriedigung der Geld- und Kreditbedürfnisse im Kanton», namentlich jene von Frau Müller. Doch genau dies verbietet der oben erwähnte Artikel 4 des BKB-Gesetzes. Es kommt somit zum Rechtsbruch, denn, um es mit den Worten von Rechtsanwalt Egloff zu unterstreichen: «Auslandsgeschäfte sind für die BKB nur unter der Voraussetzung zulässig, dass es das innerbaslerische Geschäft nicht beeinträchtigt.»

Kein Verstoss gegen US-Gesetze
In ihren Schreiben weisen die BKB und der Bankrat mehrmals auf die möglichen Sanktionen seitens der USA hin. So ist zu lesen: «Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass innerschweizerische Transaktionen potenziell von den Sanktionsmassnahmen betroffen sind, wenn die ausführende Bank Kenntnis hat, dass die Gelder an einen sanktionierten Staat gelangen». Egloff dazu: «Selbst in der dunkelsten Zeit des Cuba-Embargos haben die USA noch nie innerstaatliche Zahlungen in anderen Ländern verboten, die in der dortigen Landeswährung oder in einer anderen Fremdwährung als dem US-Dollar erfolgen.» Der Rechtsanwalt erinnert weiter daran, dass die Sanktionsbestimmungen der USA Ausnahmen enthalten, und zwar «explizite für Zahlungen, welche Unterstützungsprojekte im Gesundheits- oder Bildungsbereich betreffen.» Egloff bringt es auf den Punkt: «Es gibt also gar kein US-amerikanisches Verbot, welches Zahlungen aus der Schweiz an mediCuba-Suisse oder an die VSC verbieten würde.»
Zum selben Schluss kommt auch der Rechtsanwalt Robert L. Muse aus Washington D.C., USA, der um ein Gutachten in Bezug auf die US-Rechtsgrundlagen gebeten wurde. In seinem sechsseitigen Bericht hält er fest: «Aus solchen Geldtransaktionen ergeben sich keine Verstösse gegen US-Gesetze und Vorschriften in Bezug auf Kuba.» Mit «Geldtransaktionen» sind Schweiz interne gemeint. Muse erklärt den Grund: «Keine der natürlichen oder juristischen Personen, die am Geldtransfer beteiligt sind, unterstehen der Gerichtsbarkeit der USA. Für sie gelten daher die US-Gesetze und Vorschriften für Transaktion in Bezug zu Kuba nicht.»

Der Kniefall
Die BKB und die Bank Cler wurden über all dies informiert, das Gutachten aus den USA wurde auch vorgelegt. Doch: «Es hat die beiden Banken schlicht nicht interessiert. Sie halten an ihrer rechtswidrigen Praxis unbeirrt fest», erklärt Egloff. Er fügt hinzu: «Es ist daher der Zeitpunkt gekommen, in welchem die Aufsichtsbehörden und die Basler Politik aufgerufen sind, in dieser Bank mit Staatsgarantie zum Rechten zu schauen.»
Auch wenn die BKB krampfhaft versucht, es so zu rechtfertigen: Der Kniefall geschieht nicht aus legalen Zwängen, sondern freiwillig. Ein gewichtiger Grund dafür findet sich im Jahr 2018, als die BKB vor einem US-Gericht in Florida einen Vergleich mit einer Busse von über 60 Millionen US-Dollar wegen «criminal tax evasion» eingehen musste. Die Bank hatte US-Bürger*innen dazu ermuntert, Gelder in ihren Schweizer Filialen vor dem US-Fiskus zu verstecken.

Wer weiter schweigt…
Die Basler Staatsbank trägt mit ihrer Geschäftspraxis am völkerrechtswidrigen Wirtschaftskrieg der USA gegen Kuba aktiv bei und verletzt so auch die angebliche Neutralität der Schweiz. Was für Folgen der US-Boykott für den karibischen Inselstaat hat, erläuterte der Aussenminister Kubas, Bruno Rodríguez Parrilla, an einer Medienkonferenz am 22.Oktober in Havanna. Von April 2019 bis März 2020 verursachte die Blockade Verluste in der Grössenordnung von 5,57 Milliarden Dollar. Das stellt einen Anstieg um etwa 226 Millionen im Vergleich zum Vorjahr dar. Zum ersten Mal übersteigt der Gesamtbetrag die fünf Milliarden Dollar. Ein Beweis dafür, bis zu welchem Punkt sich die Blockade in diesem Zeitraum verstärkt hat.
«Eine globale Pandemie wie Covid-19 stellt Kuba vor grosse Herausforderungen. Die Anstrengungen des Landes, sie zu bekämpfen, wurden durch die Bestimmungen der US-Blockade empfindlich beeinträchtigt», erklärte Rodríguez Parrilla. Konkret: Die USA nutzte ihr Boykott-Diktat, um dem kubanischen Volk absichtlich Lungenbeatmungsgeräte, Schutzmasken, Diagnosekits, Schutzbrillen, Schutzanzüge, Handschuhe, Reagenzien und andere für den Umgang mit der Krankheit wichtige Materialien vorzuenthalten. «Die Verfügbarkeit dieser Ressourcen kann den Unterschied zwischen Leben und Tod sowohl für die Patienten als auch für das Gesundheitspersonal ausmachen, das sie betreut», rief Rodríguez Parrilla in Erinnerung. Er fügte hinzu: «Es ist zynisch, den Kubaner*innen jetzt zu sagen, dass die Blockade keine realen Auswirkungen habe.»
Bringen wir es auf den Punkt: Die US-Blockade ist ein Verbrechen. Wer dazu schweigt, stimmt ihm zu!

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2 Kommentare

  • Margrit Moser

    … Ich bin als CLER-Kundin entsetzt! Was raten Sie mir? Habe den Test gemacht, wollte 10 Franken an medicuba überweisen – ging nich!

    • Guten Tag Frau Moser
      Besten Dank für Ihren Beitrag. Viel ändern kann man da leider nicht. Aber scheiben Sie doch der Bank Cler einen Brief, in dem Sie ihr Befremden mitteilein. Wenn die alle Kund*innen der Bank tun würden, würde sich wo möglich in den Chefetagen der Bank was bewegen.
      Freundliche Grüsse
      Redaktion vorwärts

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