Eric Hobsbawm

Eric Hobsbawm war einer der wichtigsten marxistischen Intellektuellen der Welt. Auch, weil sich bei ihm auf einzigartige Weise Biographie und Wissenschaft verbinden. Nun ist er im Alter von 95 Jahren gestorben. Aus dem vorwärts vom 12. Oktober 2012.

Wie kein anderer verband Eric Hobsbawm kritische Analyse und Intervention mit Zeugenschaft. Nicht nur die schiere Menge von Material, Statistik und Themen, über die der britische Historiker bis in sein hohes Alter hinein virtuos verfügte, sondern auch die Tatsache, dass Hobsbawm die entscheidenden weltgeschichtlichen Ereignisse am eigenen Leib erfuhr, verleiht seiner publizistischen und politischen Tätigkeit eine Autorität, die ihres Gleichen sucht. Hobsbawm war ein engagierter Intellektueller und er war ein linker Intellektueller. Aber seine politische Parteinahme war nicht einfach das, was man  weltanschaulich nennt. Von Erfahrung gesättigt und motiviert war sie ebenso wie sie den Ausdruck wissenschaftlicher Einsicht und Anstrengung bedeutete. Die Gewissenhaftigkeit von Hobsbawms umfassenden historischen Darstellungen und theoretischen Einsätzen ist von seinem Selbstverständnis als marxistischem Autor nicht zu trennen.

Dass die Welt sich nicht vergesse

Aber auch die unbeirrbare Orientierung am Konzept einer Weltgeschichte bestimmte in Hobsbawms Arbeit die Aufgabe des historischen Materialisten zur politischen Tätigkeit. Man kann hinter dem Konzept der Weltgeschichte eine genuin marx’sche Einsicht am Werke sehen: Weltgeschichte ist keine a priori gegebene Idee, sondern von historischer Materialität, eine Möglichkeit, die der Kapitalismus als globalisierendes und globalisiertes Phänomen zum ersten Mal in der Menschheitsgeschichte realisiert. Diese Reflexion gibt der Aufgabe des Historikers erst ihre Form; sie mit Inhalt zu füllen, ohne den Ideologemen erfundener Traditionen, Mythenbildungen oder eurozentrischer Chauvinismen zu erliegen, ist ihr Probierstein. Vor ihm zu bestehen, hat Hobsbawm sich bemüht. Das ergibt die Breite seiner Darstellungen: Er konfrontierte die grossen Persönlichkeiten mit den kleinen, die wenigen Privilegierten mit den Massen, die Ökonomie mit den Entwicklungen in Kunst und Kultur und die erste Welt mit derjenigen, die jene auf sich zu reduzieren versucht. Und über alldem thront der kategorische Imperativ  geschichtlichen Erzählens: Dass die Welt sich nicht vergesse.

Dem Vergessen sah Hobsbawm vor allem die radikale Ideologie des sich selbst genügsamen Marktes zuarbeiten. Dagegen brachte er reale Geschichte in Anschlag. Er hatte sie alle kommen und gehen sehen, die Weimarer Republik, als liberale Hoffnung, das tausendjährige Reich der Faschisten, das diese ablösen sollte, den Aufbau der Nachkriegsordnung mit ihrer Verschränkung von Sozialdemokratie und Nationalstaatlichkeit und schliesslich die neoliberalen Angriffe darauf.  Der Antrieb, zu erinnern, ist die leibhaftige Reaktion auf die Welt. Hobsbawm hat sich selbst als einen Schöngeist beschrieben und im gleichen Atemzug  die Urszene seiner Politisierung: Eine Jugendlicher, der sich in der untergehenden Weimarer Republik dem Sozialistischen Schülerbund anschliesst und 1933 am letzten Marsch der Arbeiterbewegung durch Berlin teilnimmt. Als Jude und Linker gleich doppelt vertrieben und im konservativen England als aufstrebender Akademiker der Arbeiterbewegung verschrieben: Hobsbawms Engagement verschränkt Individuellstes und Allgemeinstes.

Bis zuletzt Mitglied der Kommunistischen Partei Englands

So lässt sich die übliche Nachrede und Kritik am Wissenschaftler Hobsbawm vielleicht umdrehen: Nicht seine Weltanschauung hat seine wissenschaftliche Tätigkeit verunreinigt, vielmehr hat seine Forschung ihn dazu gebracht, die Welt als Bereich analytischer Intervention wahrzunehmen. Und die  Verantwortung, begreifend zu erinnern, bedeutete ihm nicht nur, in die Kommunistische Partei Englands einzutreten, sondern auch, ihr bis zuletzt – dem Untergang der Sowjetischen Alternative – angehörig zu bleiben. Nichts hat Hobsbawm mehr Kritik, Häme und Unverständnis eingetragen als das; nichts hat mehr psychologistische oder politische Diffamierungsversuche provoziert. Dabei war auch die Zeit, in der das autoritäre Sowjetmodell als realistische politische Option von Hobsbawm ernst genommen wurde, begrenzt. Bald nach dem Krieg setzte er seine Hoffnungen und Bemühungen auf eine Erneuerung von Labour oder fungierte als Vordenker des Eurokommunismus. Was er aber nicht tat, war sich von der Tatsache zu distanzieren, dass ihm und seinen ParteigenossInnen der gewaltsame und gewalttätige Aufbau einer Alternative als einzige politische Antwort auf den Zusammenbruch des  kapitalistischen Westens und seine faschistischen Krisenerscheinungen vor Augen stand. Für einen Augenblick historischer Erfahrung besass die sowjetische Option Aktualität.

So steht Hobsbawm beim zweiten Blick besser da als viele Linke und ihre KritikerInnen. Er war unizeitgemäss. Und dies ist er noch bis kurz vor seinem Tod. Nicht erst seit der Grossen Rezession im Ausgang der Finanzkrise, aber ab dann im medialen Fokus, warnt er vor dem Rückfall in überwunden geglaubte Zeiten und verbindet seine Warnungen immer mit Einsichten in die strukturelle Beschaffenheit des Kapitalismus. Als Katastrophen-Eric verliehen die Medien ihm die Konturen einer Kassandra. Aber auch als Nichtspezialist in einer Welt von SpezialistInnen, wie er sich einmal nennt, hat er den Nimbus des Hervorragenden. Auch dies ein Gesetz, das die Sache ihm auferlegt. Auch dies eine politische Stellungnahme. Ein institutioneller Aufstieg erfolgt erst spät in der akademischen Karriere, nachdem dem Marxisten seine Publikationen und Lehraufträge bereits zu grosser Bekanntheit verholfen haben. Und erst im hohen Alter sieht sich Hobsbawm an Ehren und Auszeichnungen hochdekoriert. Seine letzten  Publikationen – ein Nachruf auf seine Kollegin Dorothy Wedderburn und eine Aufsatzsammlung zu  Marx und darüber, wie die Welt zu verändern sei – bezeugen als Kerngeschäft die akribische Pflege des politischen Erinnerns. Wie die Welt zu verändern sei – oder vielmehr: Dass. Denn ein Utopist ist einE MarxistIn in Hobsbawms Augen nie, sondern einE kritischeR AnalytikerIn der bestehenden Zustände, die nun einmal die des globalisierten Kapitalismus sind. So gross ist mit dem Verlust des 95-jährigen Historikers der Verlust für alle, die dieses Anliegen teilen. Nur zu erahnen der Verlust derer, die ihn kannten und um die er sich kümmerte. Eric Hobsbawm ist in der Nacht auf den 1. Oktober in einem Londoner Spital verstorben.

«Ig gse numeno schwarz»

Simon Baumann und Andreas Pfiffner sind so etwas wie die Michael Moors der Schweiz. Sie ziehen mit der Kamera herum und fühlen der Bevölkerung auf den politischen Zahn. «Image Problem», ihr Versuch einer satirischen Dokumentation über das Image der Schweiz, misslingt aber weitgehend.

Aus der aktuellen Ausgabe des vorwärts – unterstütze uns mit einem Abo.

Was soll man über diesen Film bloss schreiben! Verlässt man den Kinosaal, bleibt vor allem das Rätsel zurück, was die Macher von «Image Problem», Simon Baumann und Andreas Pfiffner, uns hier wohl sagen wollen. Auf der Homepage zum Film wird versprochen, dieser «entlarve den Mangel an Solidarität und die zunehmende Fremdenfeindlichkeit im Kleinstaat Schweiz». Das klingt, als könne einem dieser Film etwas beibringen. Obwohl zahlreiche Befragungen von meist ausgeprägt bürgerlich denkenden Passant-Innen im Film vorkommen, die teils haarsträubend rassistische Kommentare wie «wenn ig hie zum fänster useluege, gsen ig nume no schwarz» abgeben, ist «Image Problem» kein Dokumentarfilm. Er ist eine satirisch erzählte Geschichte über die Produktion eines Dokumentarfilms, was eigentlich ganz wichtig wäre. » Weiterlesen

vorwärts Soliparty „Black & Red“ // dubstep-dnb-minimal-tech

Black & Red- 2 floors !!!
21 juli-21:00 @ provitreff

Live :
Neon nichtig (dnb-dubstep)

Djs:
Dance floor(dubstep) :
SuBSToNe(BE)
Bombo(ZH)
Nick Rhythem Family(ZH)

Bar floor (minimal,tech) :
kollektiv blut sauger (Hamburg)
Steinklopfer(ZH)
Miister Joe(Voler dans l’univers)

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Schon die alten Römer wussten, dass wummrige dubstep Beats die Vorboten des Spartakusaufstandes 73 v.Chr. waren.

Die sozialistische Zeitung „vorwärts“ existiert zwar noch nicht seit dem römischen Spartakusaufstand, berichtet aber bereits seit 1893 auf Seiten der Unterdrückten – konsequent antikapitalistisch.

Auch die heutigen Lohnherren wissen, dass mit „Black & Red“ erneut rasende dnb-, klickend-rythmisch tropfende minimal-tech- und endlostief hämmernde dubstep beats in Zürich Einzug halten werden.
Heute 2085 Jahre nach dem ersten Spartakusaufstand und 93 Jahre nach dem zweiten Spartakusaufstand sind die Bässe von „Black & Red “ die Vorboten für einen sich neuerlich erhebenden Zorn.

Von Athen über Bern nach Caracas,
Von Chiapas über Davos nach Havanna,
Von Istanbul über Kairo nach Oakland,
Von Santiago de Chile über Quebec nach Zürich,
an den Brennpunkten unserer Welt ist der vorwärts dran, in der Region Schweiz, wie auch in anderen uns weiter entfernten Regionen der Welt.

Wie und wo unterstütze ich diese Zeitung?
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gratis für vier Ausgaben oder gleich mit einem Abo inkl. Buchgeschenk:

«Näher als sie scheinen»

Kai Degenhardt. Auch meine fünfte Platte ist selbstverständlich wieder ein politisches Liedermacher-Album – was sonst? Allerdings nicht im Sinne, dass ich zur Klampfe singend tagespolitische Themen erörtere. Ich zähle meine Musik zu dem Genre, das die Anglo-Amerikaner «Singer-Songwriter» nennen und das bei uns unter «Liedermacher» läuft.

Musikalisch basieren weite Teile des Albums auf Geräusch-Samples – vom Mülltonnendeckel über Katzen-Gemieze zum Schlagschrauber. Ich bin tatsächlich in den letzten zwei Jahren meiner Umwelt häufig dadurch auffällig geworden, dass ich mit einem mp3-Recorder durch die Gegend lief und alle möglichen Alltagsgeräusche aufgenommen habe. Ausschliesslich aus solchen Schnipseln habe ich dann am Rechner die Beats für die Stücke des neuen Albums gebastelt. Der entstehende Verfremdungseffekt ist natürlich Sinn der Angelegenheit. Aber keine Sorge, auch klassische Musikinstrumente werden noch gespielt, und zwar Gitarre, Bass, Klavier, Melodica und Laptop.
«Näher als sie scheinen» ist aber auch ein Album im hergebrachten Sinn des Wortes, weil die darauf enthaltenen Stücke inhaltlich zusammengehören. Die seit nunmehr fünf Jahren andauernde und stetig sich verschärfende globale Systemkrise bildet den übergeordneten thematischen Bezugsrahmen für die insgesamt 16 Stücke. Ob heute wieder gilt, dass «wenn alles beim Alten bleiben soll, sich alles ändern muss» – wie es die Lampedusa in seinem Roman «Der Leopard» schrieb, oder doch schon ein Szenario zu erkennen ist, «dass die oben nicht mehr können und die unten nicht mehr wollen» (Lenin) – das versuche ich auf der Platte, sozusagen en passant, poetisch zu erörtern.

Zwischen Morricone und modalem Jazz
Dabei möchte ich gerne das ganze Spektrum der persönlichen Konnotationen meiner HörerInnen wachrufen, auf dass diese sich mit Text und Musik irgendwie verzahnen. Dazu gehören Emotionen und Erinnerungen an frühere Erfahrungen und Wahrnehmungen (Näher als sie scheinen, Über den Mond) genauso wie das Durchspielen der inneren Möglichkeiten zu den in den Songtexten gemachten Vorschlägen hinsichtlich der Aneignung von Gegenwart und Geschichte (Herbst 1918, Zum Verbrechen, Vom Machen und Überlegen, Die Karawane). Konzeptalbum? Na klar.
Die zwischen den längeren Songs eingesetzten Miniaturen werfen ihre Streiflichter auf die individuellen Innen- und Aussenräume, wo die politische Grosswetterlage, die voranschreitende gesellschaftliche Fragmentierung und Entsolidarisierung sich ins so genannte Persönliche übersetzen (Frau Gesangsverein, Michael) und sich mitunter eine allgemeine soziale Statuspanik Bahn bricht (Auf Augenhöhe, An den Kufen des Hubschraubers, Wendehammer-Bohème).
Bänkelsong oder doch Ballade? Egal, die klassischen Disziplinen werden jedenfalls auch gepflegt: «Die Ballade vom Bernie Strauss» ist die 12-strophige Erzählung einer postfordistischen Aufsteiger-Biographie und ihres Endes, zu einem geloopten Flamenco-Buleria-Fake im 12/4-Takt. Und in «Nach der Sperre» greife ich das Genere «Bewaffnetes Road-Movie» von der letzten Platte wieder auf und setzte die Geschichte fort: Es ist ja auch wirklich nicht meine Aufgabe, mitzuteilen, was in meinem Leben real geschieht, sonder davon zu erzählen, was mir nach den Regeln der Wahrscheinlichkeit passieren könnte.
In den ersten Jahren des 21. Jahrhunderts hatten sich beträchtliche Teile der kulturellen Opposition aus dem Geist von 1968 in die neoliberale Kapitalismus-Restauration eingeschrieben. Mit dem Platz der Immobilien-, Finanz- und anderer Blasen sind manche davon heftig abgestürzt und auch aufgeprallt. Der 18-minütige XXL-Schluss-Song «Unwetter in Blau» aus der Gattung des epischen Ein-Akkord-Rollen-Liedes erzählt das «Fleddern» eines so Gestürzten: In Raum und Zeit gedehnte Textmalerei zu programmierten Sound- und Geräuschschleifen, drüber live eingespielte, improvisierte Instrumentalstimmen von Klavier und spanischer Gitarre, genremässig irgendwo zwischen Morricone und modalem Jazz.

Ich
Ich zähle meine Musik zu dem Genre, das die Anglo-Amerikaner «Singer-Songwriter» nennen und das bei uns unter «Liedermacher» läuft. Wenn eine Musik und die Texte heute anders klingen, als das zu Zeiten der Burg-Waldeck-Festivals in den 1960ern der Fall war, so verdeutlicht es das nur. Purismus und Tradition sind zwei grundverschiedene Angelegenheiten. Und natürlich mache ich politische Lieder. Ich schreibe und singe von mir und Gott und der Welt und wie das alles zusammenhängt. Im landläufigen TV-Talk-Sinne aber ist und bleibt meine Musik absolut unpolitisch: Weder die Bundespräsidenten-Affäre noch der Fiskalpakt werden von mir auch nur im Ansatz textlich oder musikalisch behandelt.
Geboren 1964, wurde ich in den Siebziger und frühen Achtzigern entscheidend musikalisch sozialisiert, bin also mit Folk, Rock, Punk, Wave, Reggae und so weiter gross geworden, aber natürlich auch mit den Liedern meines im November letztes Jahres verstorbenen Vater Franz Josef Degenhardt. Mit ihm habe ich 20 Jahre als Arrangeur und Gitarrist zusammengearbeitet. Von 1987 an habe ich auf sämtlichen seiner Alben und diversen Tourneen mitgewirkt. Natürlich hat mich das künstlerisch stark geprägt.
Seit 1997 habe ich fünf eigene Alben veröffentlicht. Das letzte, «Weiter draussen», wurde 2008 von der Jury der Liederbestenliste zur CD des Monats November gewählt, und die Vereinigung «Preis der deutschen Schallplattenkritik» wertete es als eine der künstlerisch herausragenden Neuveröffentlichungen des Tonträgermarktes.

Kai Degenhardt spielt am Montag, 2.April in Basel im Hirscheneck, 20.00 Uhr.
Einziges Konzert in der Schweiz

vorwärts feiert!

Im kleinen «Mundwerk» war Grosses los: Freitag- und Samstagnacht feierte der vorwärts das traditionsreiche vorwärts-Fest. Die Redaktion des vorwärts freut sich über mehr als 200 Gäste, engagierte Bands und eine gelungene Party, die bis in die frühen Morgenstunden reicht. Der besondere Dank der Redaktion gilt allen, die halfen, das vorwärts-Fest auch dieses Jahr wieder zu ermöglichen. Ein Bilderrückblick.

 

 

Bald mehr unter: www.vorwaertsfest.ch

Reitschule lehnt ab!

Damit will die Reitschule Raum schaffen für konstruktive Gespräche über die Zukunft der Zusammenarbeit zwischen Stadt, Bevölkerung, Behörden und Reitschule – ausgehend von realen Problemen und Zuständen.

In der Reitschule gab es die Bereitschaft einen vierjährigen Leistungsvertrag zu unterschreiben. Dass dieser vom Stadtrat abgewürgt wurde, gibt uns Anlass, über die Gesamtsituation nachzudenken und frischen Wind in die Beziehungen zwischen Stadt und Reitschule zu bringen. Ein einjähriger Vertrag schafft aus Sicht der Reitschule eine unhaltbare Situation. Zum einen ist es so nicht möglich, das umfangreiche kulturelle Angebot zu planen, zum andern will die Reitschule ihre Energie nicht in jährliche Vertragsverhandlungen stecken, sondern diese in ihre kulturelle, soziale und politische Arbeit investieren. Die Reitschule will sich diesem Druck nicht beugen, sucht nun neue konstruktive Lösungen der Zusammenarbeit und wird weiterhin im Dialog mit den Stadtbehörden bleiben.

In Memoriam Franz Josef Degenhardt

Mit seinen rund 50 Alben und den 14 Romanen hinterlässt uns der politische Bänkelsänger und Erzähler ein Werk, in dem er uns auf seine Weise, also nach allen Regeln der Kunst, marxistisch stichhaltige Erkenntnisse
über Geschichte, Erfahrungen aus Befreiungskämpfen, über Gesellschaftszustände,
die Menschen schinden und verkrüppeln, über realistische Hoffnungen auf revolutionäre Veränderung vermittelte. Und wie sich die Zeiten verändert haben: Hatte er vor Jahrzehnten eingeladen zum Feiern „an dem Tisch unter Pflaumenbäumen, … denn unsere Sache, die steht nicht schlecht“ und dann Rudi
Schulte, der alte Kommunist aus dem Ruhrpott, die Lage nach der grossen Niederlage treffend auf den Nenner brachte, „da müssen wir durch“. Viele teure Namen hat er in unser Gedächtnis hineingeschrieben: Jos Fritz, Patrice Lumumba, Ho Chi Minh, Salvador Allende, Sacco und Vanzetti, oder hier von uns Mutter
Mathilde, Natascha Speckenbach, die Marx und Engels kennt, „und wie mans macht“
im Klassenkampf, oder die jungen Leute aus den „Zündschnüren“, die den Nazis manches auswischten. Sie alle sind uns ans Herz gewachsen.

Jetzt werden wir in seinen Büchern lesen, seine Platten hören, uns an die wunderbaren Konzerte erinnern, und wie da Solidarität, Internationalismus, Parteinahme für die Arbeiterklasse lebendig zum Begriff
wurden.

Traurig über den Tod unseres Genossen empfinden wir tiefen Dank für alles, was er uns gegeben hat,
auf dass wir die Hoffnung und den Mut zum Kampf für eine bessere Welt nicht verlieren.

Quelle: www.kommunisten.de

Jean Ziegler – das Leben eines Rebellen

Neuerdings ist er Vizepräsident des Beratenden Ausschusses der Menschenrechtskommission der Uno, was ihn aber nicht daran hindert, unentwegt den tagtäglichen Skandal des Welthungers in den Medien anzuprangern: soeben ist auf französisch sein neues Buch «Destruction massiv» erschienen, in dem er die neusten Skandale im Bereich der Nahrungsmittelspekulation aufdeckt (siehe unten!). In einem Interview zu seinem 75. Geburtstag, wies er es weit von sich, nun «weise» werden zu wollen. Im Gegenteil: seine Verve in den Diskussionen mit seinen nicht auf den Mund gefallenen GegenspielerInnen und seine Geduld mit BesucherInnen seiner Lesungen nehmen eher noch zu. Wenn er von aggressiven GesprächspartnerInnen unfair angegriffen wird, zieht er höchstens einmal eine Augenbraue hoch oder rückt die riesige, an Frischs und Dürrenmatts Augengläser erinnernde, Brille zurecht: «Monsieur Teflon» hat man ihn auch schon genannt, weil ihn nichts aus der Ruhe bringen kann, er selbst aber die Unruh einer Schweizer Uhr selber ist.

Die erste Ziegler-Biografie

Jürg Wegelin war bestimmt eine gute Wahl für eine erste, summarische Biographie über Jean Ziegler, nach Roger Federer der berühmteste Schweizer. Wegelin, der mit einer Biografie über Nicolas Hayek bekannt geworden ist («Mister Swatch»), war viele Jahre für die «Schweizerische Depeschenagentur» tätig, dann als Ressortleiter beim «Berner Bund» und bei der «Handelszeitung» angestellt, und wurde schliesslich zum Bundeshauskorrespondenten bei der Wirtschaftspostille «Cash» ernannt. Früher war ich schockiert, wenn ich lesen musste, wie Wegelin Ziegler in seinen Kolumnen im Bund in die Pfanne haute; Ziegler hat es ihm offensichtlich verziehen – nicht umsonst hat er sich zum Katholizismus bekehrt – , und Wegelin ist unter anderem dank dieser Gnade vom Saulus zum Paulus geworden. Wie übrigens der Mainstream der Schweizer Intellektuellen, die nach und nach merken, dass Ziegler eigentlich von Anfang an Recht hatte mit seinen Positionen was die Schweiz und den Kapitalismus betrifft. Zu recht positioniert Wegelin Ziegler in seinem Vorwort als politischen Antipoden des rechtspopulistischen Demagogen Christoph Blocher: «Für die einen ist Ziegler ein mutiger Kämpfer für eine bessere, von Hunger und Armut befreite Welt. Für die andern ist er ein Querulant und Nestbeschmutzer, der das Image der Schweiz im Ausland nachhaltig beschädigt.» Zwischen diesen beiden extremen Polen spielen sich die gründlichen Recherchen des versierten Journalisten Wegelin denn auch ab, wobei er auch das Privatleben seines Protagonisten nicht ausser Acht lässt. Zum ersten Mal werden dem staunenden Publikum Fotos preisgegeben, die Hans Ziegler, so sein wirklicher Name – es war Simone de Beauvoir, die in Paris seinen ersten Beitrag für die Zeitschrift «Temps Modernes» mit «Jean» unterzeichnen liess – in seinem persönlichen, ja sogar sehr privaten Umfeld zeigen: eine grosse Bereicherung im Vergleich zu den ewig gleichen Presseschnappschüssen vor Uno-Fahnen und andern Emblemen beim Händedruck mit andern Grossen dieser Welt. Wegelin hat sich für dieses Buch unzählige Male mit Ziegler im «Café des Cheminots» hinter dem Genfer Bahnhof getroffen, wo bis heute GewerkschafterInnen ein- und ausgehen. Aber Ziegler lädt JournalistInnen auch gerne bei sich ein. Sogar bei Zieglers zu Hause im idyllischen Winzerdorf  Russin, hoch über den Mäandern der Rhone gelegen, wo er heute mit seiner zweiten Ehefrau, der Architekturhistorikerin Erica Deuber-Pauli lebt, war Wegelin eingeladen.

Keine heiklen Themen ausgelassen

Das Buch liest sich wie ein Roman, der Roman eines noch lange nicht beendeten Lebens, das aus unzähligen kleinen, aber deswegen nicht unwichtigen Episoden besteht und auch nicht gradlinig verläuft, weder privat noch politisch, sondern immer wieder in den scheinbar stabilen Phasen von überraschenden Sprüngen und Brüchen rhythmisiert ist. Auf einen Lebensabschnitt zur Zeit der Epoche seiner Jugend in der Berner Oberländer Kleinstadt Thun angesprochen, wo er übrigens kürzlich den Preis der Stadt entgegen nehmen durfte, gibt Ziegler heute offen zu, dass er nicht mehr nachvollziehen könne, was damals in ihm vorgegangen sei, als er als Hauptmann der dortigen Kadetten mit einem Säbel an der Seite, flankiert von zwei jugendlichen Offizieren umherstolzierte, wie eine Illustration der Biografie schwarz auf weiss beweist. Und so lässt das interessante Buch von Wegelin keine heiklen Themen, keine gefährlichen Kurven aus, ohne dass der Biograf jeweils wegen des beschränkten Umfangs, der aber dem Nichthistoriker und auch der nicht primär politisch motivierten Leser in entgegenkommt, in die Tiefe sondieren könnte.

Was für Jean Zieglers unermüdlichen Kampfgeist zeugt, ist auch die Tatsache, dass auf französisch bereits sein nächstes Buch erschienen ist: sein Titel «Destruction massive, Géopolitique dela faim» (Seuil, Paris). Es behandelt die sich ununterbrochen zuspitzende Hungerkatastrophe im jetzigen Moment, da die Menschheit auf sieben Milliarden angewachsen ist, die unser Planet alle problemlos ernähren könnte, wenn die Nahrungsmittel endlich gerecht verteilt würden. Denn die Nahrungsmittel würden objektiv ausreichen, um 12 Milliarden zu ernähren, wie Ziegler nachweist.

Jürg Wegelin, Jean Ziegler – das Leben eines Rebellen, Verlag Nagel & Kimche,
Zürich. 192 Seiten, fester Einband,
mit vielen Abbildungen, 25.90 Franken.

vorwärts-Fest

Das Vorwärtsfest findet dieses Jahr zum ersten mal und ausnahmsweise im Mundwerk
in Zürich Oerlikon statt. Ausserdem dauert es zwei Tage, und pro Abend spielen je zwei Bands.

Am Freitag, 09.12.2011 (ab 21:00) sind dies Kulturattentatund Pueblo Criminal und am Samstag,
10.12.2011 (ab 20:00) The Doodes und The Music Monkeys

Antikapitalistische Demo in Bern

Mitte des 19. Jahrhunderts in Manchester, England: Die Urform des Kapitalismus setzt sich durch. In den Produktionsstätten gilt das Prinzip, aus der Arbeitskraft der Leute das Maximum herauszuholen. Wer unter den physischen und psychischen Belastungen zu Grunde ging, mit dem vorgegebenen Arbeitstempo nicht mithielt, oder am Ende des bis zu 16 Stunden langen Arbeitstages nicht genug Produkte gefertigt hatte, war leicht zu ersetzen. Der Lohn reichte meist nicht für genug Nahrung oder Kleider. Überarbeitung, Obdachlosigkeit, Unfall- und Hungertod waren unmittelbare Bedrohungen.
Diese Epoche ging unter dem Begriff  «Manchesterkapitalismus»  in die Geschichte ein. Die Zeiten scheinen längst überwunden. Heute – gut 150 Jahre später – hat sich so einiges verändert, doch im Kapitalismus leben wir noch immer. Und nein, es stimmt nicht, dass der Kapitalismus das beste aller Systeme ist! Dass er auch heute für die Natur und die meisten Menschen schädlich ist, lässt sich leider an unzähligen Beispielen zeigen:

– Die Lohnarbeiter_innen sind gezwungen ein Leben lang ihre Arbeitskraft zu veräussern und müssen dabei (Berufs-)krankheiten, Unfälle und psychische Erkrankungen in Kauf nehmen.

– Die kapitalistische Produktion nimmt auf die Umwelt als Lebensgrundlage keine Rücksicht und zerstört sie zu grossen Teilen1.
– Das Dasein als Lohnabhängige bedeutet für viele Menschen ständig abzuwägen, ob ein Bedürfnis befriedigt werden kann oder darauf verzichtet werden muss. Existenzängste gehöre zum  Alltag vieler Menschen.
– Den herrschenden Gegensätzen dieser Gesellschaft sind die Menschen andauernd ausgesetzt. Die Konkurrenz macht vor niemandem Halt und durchdringt alle Lebensbereiche2.

Diese Härten kommen nicht von ungefähr und sind erst Recht nichts Natürliches. Weil im Kapitalismus nach dem Kriterium des Profits produziert wird, bleibt so manches Bedürfnis der Leute auf der Strecke. Und wer kein Geld oder Eigentum hat, kommt in diesem System kaum dazu auch nur ein Bedürfnis zu befriedigen3. Für die meisten Leute bedeutet dies ein Leben als Lohnarbeiter_in und abhängige Variabel der Eigentümer_innen über die Produktionsmittel4. Und damit die ganze Chose auch ordentlich funktioniert, wacht der Staat mit Gesetz, Gewalt5 und seinen blauen Repräsentanten_innen6.
Dieses System wollen wir nicht! Auch nicht mit irgendwelchen reformistischen Änderungen. Wir wollen eine Wirtschaft, die für die Bedürfnisse der Leute produziert, die Natur nicht zerstört und für jeden genügend hergibt7. Wir wollen eine selbstorganisierte, herrschaftslose Gesellschaft.
Wir wissen, dass wir von diesem Ziel noch weit entfernt sind; wir wissen, dass wir viele sein müssen um eine andere Welt zu realisieren und wir wissen vor allem, dass wir dazu die soziale Revolution machen müssen und machen wollen! Darum rufen wir zu dieser antikapitalistischen Kampagne auf. Sie soll einen Beitrag dazu leisten, dass sich die Menschen Gedanken machen über das System in dem täglich Tausende verhungern oder burnouten, während andere Golf spielen und Milliarden anhäufen; wir wollen die Menschen davon überzeugen, sich gegen das kapitalistische System zu erheben.

Weitere Infos: www.ak-kampagne.ch

Unsere Schönheit bestimmen wir!

Seit Samstag 24. Septemberist die Liegenschaft an der
Hohlstrasse 485 im Labitzke Areal besetzt. In diesen drei Tagen haben sich mehr
als 50 Personen engagiert, um aus den ungenutzten und zugemüllten Räumen ein
Kulturzentrum zu schaffen, den AutonomenBeautysalon (ABs). Es haben verschieden
Aktivitäten im ABs stattgefunden. Konzerte mit internationalen Bands,
Volxküchen, Vorträge und Kunstaktionen. Nicht zuletzt sind wir und das Areal
schon viel schöner geworden. Mehr als 300Personen haben den ABs bis jetzt besucht,
ohne Konsumzwang oder rassistische Türsteher und bis jetzt ohne Tränengas oder
Gummischrot. Der ABs ist ein offener und alternativer Raum.

Bei zwei Besuchen von Vertretern der Mobimo, der
Eigentümerin, haben wir unsere Gesprächsbereitschaft und unsere Absicht, nicht
kommerzieller Kultur einen Raum zu geben klar unddeutlich kommuniziert. Mobimo
Holding AG, ein BigPlayer im Immobilienmarkt (Mobimo Tower) hat das Labitzke
Areal im Januar vom Rotlicht-ImmobilienhaiFredy Schönholzer übernommen, als
reines Spekulationsobjekt. Ihre konkreten Pläne sind bis jetzt nicht bekannt.

Mobimo spricht von laufenden Mietverträgen mit verschiedenen
Parteien als Räumungsgrund. Was wir jedoch auf dem Areal sehen, sind
heruntergekommene Baracken voller Sondermüll und Schrott des Vorbesitzers
Schönholzer. Eher wäre ein Dankeschön für unsere Aufräumarbeiten angebracht.
Alles in Allem eine dreckige Strategie um die Besetzung loszuwerden.

Wir verlangen von der Stadtpolizei, sich fern zu halten und
auf jede Gewaltanwendung zu verzichten. Ein autonomes Kulturzentrum ist nötig
für ZuReich. Selbstverständlich nicht für die Stadt der Spekulanten. Mit den
echten Mietern und Anwohnern des restlichen, nicht besetzen Areals stehen wir
in Kontakt und sind auch schon freundlich willkommen geheissen worden.

Wir haben das offizielle, staatliche, herrschende und koloniale Schönheitsideal satt. Was die Herrschenden als schöne Stadt verstehen: Teuere Wohnungen, Verdrängung von „unerwünschten“ Bevölkerungsgruppen (MigrantInnen, Arbeitslose, SozialhilfebezügerInnen, nicht profitorientierte Menschen, usw.) aus dem Stadtkern in die Peripherie, rassistische und gewalttätige polizeiliche Kontrolle, saubere und überbewachte Strassen, die von MigrantInnen geputzt und von konsumfähigen Leute belaufenwerden. Diese beauty Stadt wollen wir nicht. Wir teilen die hässliche Weltvorstellung der Kommerzgesellschaft nicht. Mit dieser Art von Beauty können wir nichts anfangen.

Nie mehr schöns Züri. Weniger Gehirnwäsche,
mehrSelbstbestimmung Unsere Schönheit bestimmenwir.

Weitere Aktivitäten werden auf unserem Blog angekündigt:

www.autonomerbeautysalon.wordpress.com

«Ich bin nur ein Mann und kein Prophet»

Von der bürgerlichen Presse totgeschwiegen jährte sich am 11. Mai zum dreissigsten Mal der Todestag von Reggea-König Bob Marley. Mit seiner Band «The Wailers» eroberte er die Welt. Seine Lieder sind heute noch Botschaften für eine Welt ohne Unterdrückung. Eine Hommage an einen der grössten Musiker der Geschichte und bedeutendsten Männer des 20. Jahrhunderts.

Beim Lesen des Buchs «Bob Marley, the untold story» (Bob Marley, die unerzählte Geschichte) von Chris Salewicz erfährt man Dinge über den Reggae-König, welche der Öffentlichkeit wenig bekannt sind: Zum Beispiel, dass Bob als kleiner Junge den Menschen die Hand gelesen hat und ihnen die Zukunft voraussagte. Weitgehend unbekannt ist auch, dass Marley im Jahr 1966 als Prolet am Fliessband des Autokonzerns Chrysler im Bundesstaat Delaware an der Ostküste der USA seine Brötchen verdiente. Und man erfährt, dass er bereits als Kind und in seiner Jugendzeit sich immer wieder am rechten Bein verletzte. Jenes Bein, von dem sich der Krebs durch seinen ganzen Körper frass und am 11.Mai 1981 zum Tod führte. Er starb in einem Spital in Miami. Zehn Tage später, am 21. Mai 1981, strömten 100‘000 Menschen von Kingstown-Downtown, dem Armenviertel der Hauptstadt Jamaikas, um an der Beerdigung teilzunehmen.

Die Insel und das Leben in den Ghettos

Jamaika ist die Heimat von Bob Marley. Bevor Christoph Kolumbus die Insel entdeckte, wurde sie die «Insel des Frühlings» genannt und von den «Arawak» bewohnt. Jamaika hat eine blutige Geschichte: Zuerst die Ausrottung der «Arawak», dann drei Jahrhunderte der Deportationen, der Sklaverei und der brutalen Unterdrücken durch die Spanier und  Engländer. Jamaika hat aber auch eine Revolutionskultur: Die Sklaven, die so genannten «Maroons», leisteten zwischen dem 16. und 17. Jahrhundert einen Jahren langen, bewaffneten Widerstand in den Bergen gegen die Engländer. Die Hauptstadt Kingstown ist eine Stadt voller Widersprüche, von den bewachten Villen im «Holywood-Style» der Superreichen an den Hängen der «Blue Mountains» bis zu den Blechbaracken in Downtown. «Die Quartiere in Downtowns sind Ghettos der Armut», schreibt Michele Cinque in der Kulturbeilage «Alias» der italienischen, kommunistischen Tageszeitung «il manifesto» und fügt hinzu: «Aus dem Ghetto kommst du entweder mit der Musik, mit der Leichtathletik oder mit der Pistole raus!» In Downtown findet das Leben ausserhalb der Häuser statt. An den Wochenenden fahren die Lastwagen mit riesigen Boxen vor und die Menschen tanzen und feiern bis in die frühen Morgenstunden. In diesen Ghettos liegen die Wurzeln des Reggaes. In einem solchen Ghetto, in Trenchtown, wurde Bob Marley am 6. Februar 1945 geboren.  Die Geschichte seines Landes, das Leben und die Menschen in den Ghettos von Kingstown prägten sein eigenes Leben, seine Musik und die gesamte Rastafari-Bewegung bis heute.

Von der Politik hat sich Marley immer fern gehalten. Er hat eine eigene Vision der Welt und ihrer Ungerechtigkeiten entgegenhalten. In seinen Botschaften hat er immer  den Kolonialismus, die Sklaverei, die Unterdrückung der Menschen und den Imperialismus ohne Wenn und Aber aufs schärfste verurteilt. Im Lied «War» singt er: «Ein Grundrecht der Menschen ist Gleichheit, ohne Rücksicht auf den Kapitalismus (…) bis die runtergekommenen und unglücklichen Regime gestürzt und zerstört werden, die  unsere Brüder in Angola, in Mosambik, und Südafrika als Untermenschen gefesselt  halten, ist Krieg. Ich sage Krieg. Und bis zu diesem Tag kennt der afrikanische Kontinent keinen Frieden, wir kennen keinen Frieden. Wir Afrikaner werden kämpfen, wir halten das für notwendig. Wir wissen, dass wir gewinnen können. Wir sind überzeugt von dem Sieg. Wir brauchen nicht noch mehr Ärger, oh nein nein nein, nicht noch mehr ärger, was wir brauchen ist Liebe!»

 

Attentat durch die CIA?

Ohne Zweifel war Bob Marley ein äusserst unbequemer Zeitgenosse für die Mächtigen der Welt. So unbequem, dass er im 1976 Opfer eines Attentats in seinem eigenen Haus in Kingstown wurde. Er überlebte nur knapp und mit viel Glück. Im Song «Ambush in the night» (Hinterhalt in der Nacht) singt er über dieses schreckliche Erlebnis: «Alle Waffen gegen mich gerichtet, ein Hinterhalt in der Nacht. Sie haben gegen mich das Feuer eröffnet, ich sehe sie kämpfen für ihre Macht.» Die Gründe und die Täter des Anschlags sind bis heute nicht bekannt. Doch für Don Tayler, den Manager von Bob Marley, der beim Attentat ebenfalls verletzt wurde, ist klar, dass die CIA die Hände im Spiel hatte. Nicht zuletzt deswegen, weil der Mordversuch wenige Tage vor dem Friedenskonzert «Smile Jamaica» durchgeführt wurde.

Äusserst widersprüchlich war die Beziehung von Marley zu den Frauen, die ihm zu Füssen lagen. Rita Marley, die Ehefrau von Bob, hat in ihrem Buch «No Women, no Cry. Mein Leben mit Bob Marley» offen ihre Beziehung zum King des Reggea geschildert. Sie schreibt über die Launen, die Eifersuchtszenen und Betrügereien ihres Ehemannes.

Die  Vorherschaft der Männer auf Jamaica zieht sich durch die ganze jamaikanische Gesellschaft. Sie zeigt sich auch in der Vormachtstellung der Männer in der Musik: Äusserst selten gelingt einer Frau aus Jamaica der musikalische Durchbruch und dies aus sexistischen Gründen. Gefragt nach der sexistischen Ausgrenzungen der Frauen innerhalb der Rastafari-Kultur, sagte Bob Marley: «Die Frauen sind unsere Mütter. Wir haben Mütter und Ehefrauen und es sind Frauen (…) alles andere als Rollen.» (Regga News, 1980) Schwammiger könnte die Antwort des guten Bobs nicht sein. Auch heute noch sind Sexismus und Homophobie unwürdige Begleiterscheinungen, mit denen die Rastafari-Bewegung zu kämpfen hat.

Heute noch überall präsent

Bob Marley ist in Jamaika ein Nationalheld. Er hat mit seiner Musik die Identität und Würde zurückgebracht, die durch Jahrhunderte der Sklaverei ausgerottet wurde. Durch ihn wurde Jamaika weltbekannt und die Jamaikaner sind  wieder stolz auf ihre Insel.  Auch 30 Jahre nach seinem Tod ist Bob Marly  auf Jamaika überall präsent: In den Worten der Menschen, seine Musik erklingt aus jeder Ecke, auf der Strasse und in der Schule singen die Kinder seine Lieder und selbst die nationale Telefongesellschaft wirbt mit einem Foto von Bob Marley. Der unsterbliche Stellenwert von Bob in der jamaikanischen Gesellschaft bringt Tony, der sich als Autospengler in Kingstown-Downtown durchschlägt, bestens auf den Punkt: «Marley hat seinem Volk die Augen geöffnet. Heute noch lernen durch seine Lieder viele Menschen das Lesen und das Schreiben hier in Downtown». Der König des Reggea wurde wegen seinem Charisma und seinem Mut oft mit Melcom X verglichen. Bob sagte jedoch immer wieder: «Ich bin nur ein Mann und kein Prophet. Ich kenne einige Wörter und weiss, wie sie zu gebrauchen.» Bob Marley war und ist eine Ikone der Musiker und einer der bedeutendsten Männer des 20. Jahrhunderts.

Film: Guerilla in Libyen

Im heutigen libyschen Konflikt berufen sich beide Seiten auf die Guerilla unter Omar Mukhtar, dem „Wüstenlöwen“, gegen die italienische Besetzung seit 1911. Der 1979 vom US-syrischen Regisseur Moustapha Akkad mit Anthony Quinn in der Hauptrolle gedrehte Spielfilm zeigt die Guerillataktik und Mussolinis Aufstandsbekämpfungspolitik der „verbrannten Erde“.

KünstlerInnen der CH: Auf nach Bern!

Das revidierte Arbeitslosenversicherungsgesetz, das am 1. April 2011 in Kraft tritt, trifft alle Berufstätigen der Bühnen- und Filmkünste hart, und gefährdet die weitere Ausübung ihrer künstlerischen Tätigkeit. Wir rufen auf, am Montag, 28. Februar, um 11.00 Uhr auf demBundesplatz an der Übergabe der Petition «Aufruf zur Anerkennung der Berufe im Bereich des künstlerischen Schaffens in der französischsprachigen Schweiz» teilzunehmen.

Um die Petitionsübergabe symbolisch zu unterstreichen, werden wir einen Gartenzwerg in den Berner Himmel steigen lassen.

Im Anschluss an die Aktion laden wir Sie zu einer Pressekonferenz ein, die um 12.00 Uhr im Hôtel Kreuz (Zeughausgasse 41,) stattfindet. Das Komitee 12a wird ebenfalls anwesend sein und seine Aufgaben vorstellen. Zudem werden verschiedene

Berufsverbände und Gewerkschaften aus der Deutschschweiz anwesend sein, die ebenfalls von dieser problematischen Situation betroffen sind, und sich mit den Bühnen- und Filmkünstlern solidarisieren.

Sofern nicht sofort die nötigen Massnahmen ergriffen werden, um dem drohenden Untergang der Kunstberufe – und damit verbunden der Kunstschaffenden – entgegenzuwirken, wäre dies ein Beweis für die Gleichgültigkeit gegenüber den Künstlern unseres Landes.

Die Durchsetzung unserer Anliegen hängt von den Anstrengungen des Komitee 12a ab, das sich zusammen mit den politischen Entscheidungsträgern dafür einsetzt, durch eine Anpassung des Gesetzes eine Lösung zu finden. Am 11. März 2011 wir der Bundesrat über die Verordnung zum neuen Arbeitslosenversicherungsgesetz entscheiden. Zu diesem Zeitpunkt wird sich zeigen, ob die Aufklärungsarbeit des Komitee 12a bei den Politikern Gehör gefunden hat. Falls dies nicht erreicht werden kann, werden wir uns mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln gegen diesen Entscheid wehren.

Weitere Infos: joselillo@voilà.fr

Tanzvergnügen zum 8. März

Frauen können auf eine lange und kämpferische Geschichte zurückblicken. Dafür steht der 8.März, ein Tag, an dem nun seit rund 100 Jahren Frauen weltweit auf die Strasse gehen um für ihre Interessen und Rechte zu kämpfen.

Heraus zum internationalen Frauenkampftag 2011! Am Samstag, 26. Februar, 21.Uhr, Helvetiaplatz ZH . Und am 12. März alle Frauen an die Frauen-Demo «Kämpfen lohnt sich» (13:30 Uhr Hechtplatz ZH)

Jean Ziegler: Das Gold von Maniema

Hans Peter Gansner. Jean Zieglers bisher einziger Roman ist der eindrückliche Versuch, den Alptraum zu verarbeiten, der den Autor nach den Erlebnissen im Kongo Anfangs der Sechzigerjahre durchlebte.

Am Morgen nach der Ermordung von Patrice Lumumba am 17. Januar 1961 bricht die Apokalypse über den Kongo herein. An den Hängen der Vulkane und an den Ufern der grossen Seen, in den Savannen, Dschungeln und Sümpfen erheben sich die Völker, attackieren die von den weissen Söldnern Oberst Cermiers unterstützte Obrigkeit und bedrohen die Minen von Maniema, wo die phantastischsten Gold-, Diamanten- und Uranschätze der Welt liegen. Zwei Männer geben diesen chaotischen Rebellionen Einheit, Ziel und Kraft und schmieden zutiefst verfeindete Stämme zu einer Armee zusammen.

Unaufhaltsame Tragödie

Die widersprüchlichsten Leidenschaften – Aufopferung, Liebe, Hass und unbändige Hoffnung – beseelen die Frauen und Männer der Rebellenarmee. Aber zwischen dem bewaffneten Gewerkschafter und Humanisten Thomas Lusangi und dem dogmatischen Revolutionär Malcolm Santos aus der Karibik, die zusammen kämpfen, jedoch nicht mit denselben Mitteln und nicht für dasselbe Ziel, erfolgt der Bruch, der die Niederlage des Aufstandes besiegelt. Niemand kann die Tragödie aufhalten. Am allerwenigsten Isabel, die Thomas liebt und von Santos des Verrats verdächtigt wird… Der spannende Öko-Politkrimi, der 1996 beim renommierten Pariser Verlag «Seuil» seine Erstausgabe erlebte, ist jetzt in einer stilistisch überarbeiteten Neuausgabe mit einem sehr eindrücklichen Titelfoto von Jean Revillard im Verlag «Neuer Weg» herausgekommen. «Das Gold von Maniema» ist Jean Zieglers einziger Roman. Der Literaturkritiker Jean-Philippe Caudron schrieb anlässlich der Erstausgabe in der Zeitung «La Vie»: «Besessen von der Grausamkeit der Kämpfe zwischen den schwarzen Stämmen, vom mörderischen Zynismus der weissen Söldner, die den Minenbaronen zu Hilfe eilten, versucht Jean Ziegler, der Zeuge der Apokalypse war, über vierzig Jahre später seine Alpträume zu exorzisieren. Ein Triumph!»

Die kongeniale Übersetzung stammt von Hanna van Laak. Zwei Euro je Buch gehen an die Kongosolidarität der Hilfs- und Solidaritätsorganisation «Solidarität International» (SI) für das Ngenyi-Volksbildungszentrum im Kongo.

Hinweis: Eben ist ein Dokumentarfilm über Jean Ziegler herausgekommen: «Jean Ziegler, Contre l’ordre du monde.» Gedreht hat ihn Elisabeth Jonniaux im Auftrag des französischen Fernsehkanals «La Huit» und des Produzenten «GroupeGalactica». Erstausstrahlung: 23. Februar 2011 auf «France Ô», um 20.30 Uhr.

Havanna Hauptstadt der Literatur

Im Anschluss reist die Buchmesse noch bis zum 6. März durch die Provinzen des Landes. Die diesjährige Literaturschau ist dem Erzähler und Journalisten Jaime Sarusky Millar, Träger des Nationalpreises für Literatur 2004, sowie dem Philosophen und Essayisten Fernando Martínez Heredia, Nationalpreisträger für Sozialwissenschaften 2006, gewidmet. Geehrt werden zudem die Bolivarische Allianz für die Völker Unseres Amerikas (ALBA) sowie der 220. Jahrestag der haitianischen Revolution und damit die erste Erklärung zur Abschaffung der Sklaverei.

Während der zehn Tage wird auf dem Messegelände und in Havanna ein buntes und umfangreiches Begleitprogramm mit Buchpräsentationen, Diskussionsrunden, Ausstellungen, Theateraufführungen und Konzerten geboten. Eine der bedeutendsten Neuerscheinungen, die dort präsentiert werden, ist die von kubanischen Verlagen aufgelegte Edition »Alba Bicentenario« mit Werken lateinamerikanischer Autoren.
Die Tageszeitung junge Welt, die sich federführend im Berliner Büro Buchmesse engagiert, hat zu der Veranstaltung ein Online-Spezial eingerichtet: http://www.jungewelt.de/havanna2011/

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