Aufruf zum feministischen Streik vom 14.Juni 2023

Gemeinsame Aktion SGB und Streikkollektive in Bern. Bild: SGB / Monika Flückiger

Wir sind Frauen, Lesben, intergeschlechtliche, nicht-binäre, trans, agender und queere Personen (FLINTAQ), mit oder ohne Partner:in, mit oder ohne Kinder; wir sind gesund oder krank, leben mit und ohne physische und psychische Beeinträchtigungen; wir sind jung, erwachsen, alt; wir sind Sexarbeiter:innen; wir sind Student:innen und Rentner:innen; wir sind in der Schweiz oder in einem anderen Land geboren und aufgewachsen; wir sind Migrant:innen und Geflüchtete, wir sind Teil unterschiedlicher Kulturen und haben unterschiedliche Herkünfte; wir sind lohnabhängig, selbstständig erwerbend oder erwerbslos arbeitend. Und wir alle rufen auf zu einem grossen feministischen Streik am 14.Juni 2023!
Am 14.Juni 2019 forderten über eine halbe Million Menschen am feministischen Streiktag ihre Rechte ein. Es war die grösste soziale Mobilisierung seit dem Landesstreik 1918. Die Aufbruchstimmung in eine gleichberechtigtere, feministischere Welt war überall spürbar. Einiges kam ins Rollen. Anderes bleibt blockiert oder wurde sogar schlimmer. Die AHV-21 ist nur eines von vielen Beispielen. Darum streiken wir am 14.Juni 2023 erneut bei der Arbeit, zu Hause, bei der Ausbildung, beim Konsum und im öffentlichen Raum. Schliesse dich den feministischen Bewegungen an! Mobilisiere deine Kolleg:innen, Freund:innen und Familienangehörigen für den feministischen Streik und organisiere eine Aktion, eine Demonstration oder eine Intervention.
Weltweit sind FLINTAQ die ersten Opfer autoritärer Regime, von Kriegen und Umweltzerstörung. Sie stehen auch oft an der Spitze von Widerstandsbewegungen. Wir sind solidarisch mit all diesen Kämpfen und teilen die Dringlichkeit, dem unterdrückerischen Patriarchat in all seinen Formen ein Ende zu setzen. Jin, Jiyan, Azadì. Frau. Leben. Freiheit.

Im Jahr 2023 fordern wir:
• Eine allgemeine Verkürzung der bezahlten Arbeitszeit bei vollem Lohnausgleich ohne Intensivierung der Arbeit mit besseren Arbeitsbedingungen, einschliesslich eines Mindestlohns und Lohnerhöhungen in Branchen, in denen überwiegend Frauen beschäftigt sind. Es gilt dabei überall gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit. Das Gleichstellungsgesetz muss darum verschärft werden durch obligatorische Lohnanalysen, Kontrollen und Sanktionen bei Verstössen.
• Sofortige Stärkung der AHV und Abschaffung des Drei-Säulen-Systems in der Altersvorsorge zugunsten einer einzigen Säule: Kurzfristig lehnen wir die Abschaffung der Witwenrente ab und fordern, dass diese auf alle verwitweten Personen und Eltern, unabhängig von ihrem Geschlecht, ausgeweitet wird. Wir lehnen auch die BVG-21-Reform ab und fordern stattdessen die Stärkung der AHV, angefangen mit der Einführung einer
13.AHV-Rente. Langfristig: Abschaffung des Drei-Säulen-Rentensystems zugunsten einer einzigen solidarischen Säule und öffentlichen Altersvorsorge nach dem Modell der AHV, die den von der Verfassung verlangten Erhalt des Lebensstandards garantiert, sowie eine Rentenerhöhung und eine allgemeine Senkung des Rentenalters für alle. Alle Arten von Renten müssen Care-Aufgaben, die gratis geleistet werden, als Lohnarbeit für gleichwertige Arbeit anerkennen und berenten.
• Gesamtschweizerisch systematische Massnahmen zur Bekämpfung geschlechtsspezifischer, sexualisierter und häuslicher Gewalt mit einem intersektionalen Ansatz, ausgestattet mit einem dauerhaften und umfangreichen nationalen Budget und basierend auf: Aufklärung und Prävention; einer Beobachtungsstelle für Gewalt; 24-Stunden-Nottelefonen und Beratung, Anlaufstellen, Notschlafstellen, Schutzhäusern mit ausreichend Plätzen und mit spezialisierten Fachkräften sowie eine angepasste therapeutische Nachsorge, um gewaltbetroffene FLINTAQ und ihre Kinder zu schützen, zu unterstützen und zu betreuen; Schulung und Ausbildung sämtlicher in strafrechtliche Fälle involvierter Berufsgruppen die uneingeschränkte und vorbehaltlose Umsetzung der Istanbul-Konvention, ein 2011 ausgearbeiteter und von der Schweiz 2017 ratifizierter völkerrechtlicher Vertrag, der verbindliche Rechtsnormen gegen Gewalt an Frauen und häusliche Gewalt verlangt.
• Elternzeit für jede Erziehungsperson für mindestens ein Jahr pro Person und Kind, wobei Alleinerziehende gesamthaft die gleiche Dauer erhalten oder diese mit einer anderen Personen teilen können, die mit 100 Prozent Erwerbsersatz (EO) entschädigt wird und mit im Minimum einer Existenzsicherung, unabhängig vom Erwerbsstatus, und mit mindestens sechs Monaten Kündigungsschutz bei Rückkehr aus der Elternzeit, ohne Gefährdung des bestehenden Rechts auf Mutterschaftsurlaub und mit einem starken, kostenlosen und qualitativ hochwertigen öffentlichen Dienst, um die Care-Arbeit (wie Erziehungs-, Haus- und Betreuungsarbeit) kollektiv zu übernehmen. Darum fordern wir eine dauerhafte Erhöhung der Finanzierung des Bundes für familienergänzende Betreuungsstrukturen: Das nationale Budget für die kollektive Kinderbetreuung muss erhöht werden, um den Bedürfnissen der Familien in ihrer Vielfalt gerecht zu werden.
• Abschaffung des privaten Krankenversicherungssystems und vollständige Übernahme der Kosten von reproduktiver und sexueller Gesundheit: Schaffung einer einheitlichen, öffentlichen Krankenkasse, die nach dem Prinzip der Umverteilung des Reichtums finanziert wird, um einen kostenlosen und bedingungslosen Zugang zu einer qualitativ hochwertigen Gesundheitsversorgung für alle zu gewährleisten, inklusive der vollständigen Übernahme der Kosten für die reproduktive und sexuelle Gesundheit, unabhängig von Geschlecht, Familienkonstellationen und/oder Aufenthaltsstatus.
• Nationaler Plan und gesamtschweizerisch systematische  Massnahmen zur Bekämpfung von rassistischer (Islamfeindlichkeit, anti-schwarzer Rassismus, antimuslimischer Rassismus, Antisemitismus, Asiafeindlichkeit), fremdenfeindlicher, queerfeindlich, behindertenfeindlicher Diskriminierung oder von Bodyshaming, der mit einem dauerhaften und umfangreichen nationalen Budget ausgestattet ist und auf folgenden Massnahmen beruht: Bildung, Prävention, Sensibilisierung; Nulltoleranz gegenüber diskriminierendem Verhalten; konkrete Umsetzung in der gesamten Gesellschaft; politische Teilhabe von Migrant:innen und Ausweitung ihrer politischen Rechte; gesetzliche Anerkennung aller Geschlechtsidentitäten; Sichtbarkeit und Anerkennung für Menschen mit Behinderung; Zugang zu Sport, Freizeit, Gesundheitsversorgung und Beschäftigungsmöglichkeiten ohne Diskriminierung aufgrund von Religion, Rassifizierung, Aufenthaltsstatus, Aussehen oder Gesundheits­­zustand.
• Feministisches Asyl und Aufenthaltsbewilligung: Asyl, Zugang und maximaler Schutz für FLINTAQ, denen aufgrund der Geschlechtsidentität sowie ihrer sexuellen Orientierung und/oder ihres feministischen Kampfes Gewalt angetan wird und die fliehen müssen. Anerkennung von geschlechtsspezifischer, homophober, transfeindlicher und sexualisierter Gewalt sowie von politischer Verfolgung als Fluchtgründe; Zugang für alle Betroffenen geschlechtsspezifischer und sexualisierter Gewalt zu spezialisierten Unterstützungsstrukturen – materiell, gesundheitlich und rechtlich – und Schutz für FLINTAQ, die von Gewalt betroffen sind, sei es in ihrem Herkunftsland oder während ihrer Migrationsgeschichte, einschliesslich in der Schweiz; Abschaffung des Nothilferegimes und Unterbringung von Geflüchteten in Wohnungen, besonders FLINTAQ und Kinder; Recht auf Familiennachzug für alle Geflüchteten und Migrant:innen; ein bedingungsloses jus soli für alle Personen, einschliesslich derjenigen ohne legalen Status, weil eine demokratische Gesellschaft nicht ein Viertel ihrer Bevölkerung ausschliessen darf, und für alle Personen, die in ihrem Herkunftsland und/oder während ihrer Migrationsgeschichte, einschliesslich in der Schweiz, sexualisierte und geschlechtsspezifische Gewalt erlitten haben.
• Nationaler Aktionsplan und Massnahmen für Klima und Umwelt: Sofortige Anerkennung des Klimanotstandes, der Umweltzerstörung und des Zusammenbruchs der biologischen Vielfalt, die das Leben bedrohen; Sofortige und konsequente Investitionen in nachhaltige Technologien und die Erarbeitung und Finanzierung ganzheitlicher Strategien mit dem Ziel der Klimagerechtigkeit, dies in internationaler Zusammenarbeit; Debatte über den Umbau unseres Wirtschaftssystems, von dem nur eine Minderheit profitiert, während die Mehrheit der Weltbevölkerung ausgebeutet wird und in Armut lebt; Der Aktionsplan ist speziell auf Institutionen, Unternehmen, Grosskonzerne und den Finanzplatz ausgerichtet. Es werden verbindliche Massnahmen und Sanktionen festgeschrieben; Einführung eines lokaleren, solidarischen und ökologischen Systems der Nahrungsmittelproduktion/-verteilung; echte Ernährungssouveränität und gegen das Monopol der Agrarwirtschaftslobbys.
• Verankerung eines intersektionalen Feminismus in der Bildung: Anwendung und Vermittlung von unter anderem queerfeministischen, antirassistischen, anti-Body-shaming, behinderteninklusiven und ökosozialistischen Werten, einschliesslich der Sexual- und Zustimmungserziehung, durch die Lehrpläne und durch Aus- und Weiterbildung von Fachkräften in diesem Bereich, eine Aufstockung der finanziellen Mittel und eine Erneuerung der Bildungsmaterialien.
• Recht auf kostenlosen Schwangerschaftsabbruch in der Verfassung für alle unabhängig vom Aufenthaltsstatus oder Geschlecht: Der Schwangerschaftsabbruch soll zudem aus dem Strafgesetzbuch gestrichen und stattdessen im Zivilgesetzbuch geregelt werden.

«Wir müssen jedes Jahr streiken»

Rita Maiorano (links) und Sevin Satan. Bild: zVg

sit. Die PdA-Genossinnen Sevin Satan und Rita Maiorano aus Zürich waren bereits beim Frauenstreik 2019 aktiv und sind es auch dieses Jahr wieder beim feministischen Streik vom 14.Juni. Was hat sich in diesen vier Jahren alles getan, und wie soll es weitergehen? Ein Gespräch mit den beiden Aktivist:innen. 

Es ist bald so weit: Worauf freut ihr euch besonders?
Rita: Dass es endlich so weit ist nach dem langen Organisieren und den zahlreichen Sitzungen. Ich will das Resultat der diesjährigen Mobilisierung sehen. Ich glaube, dass es in Zürich nicht so eine grosse Demo wie 2019 werden wird. Dies liegt daran, dass es dieses Jahr im Kanton auch an anderen Orten Demos und Aktionen geben wird. Aber ich lasse mich gerne überraschen.

Sevin: Dass das Thema Streik wieder im Vordergrund steht, mehr Gewicht bekommt, was während der Pandemie weniger der Fall war. Und dass es schweizweit wieder etwas ganz Grosses werden wird wie 2019, weil mehr Personen zur Bewegung dazugestossen sind. 

Ist es die gleiche Vorfreude wie vor vier Jahren?
Sevin: Nein. Ich hatte 2019 keinen Erfahrungswert, mit dem ich es hätte vergleichen können. Es war etwas ganz Neues. Seit damals haben wir viele Erfahrungen gesammelt. Aber ich freue mich immer noch riesig darauf. 

Rita: 2019 mussten wir zuerst den gemeinsamen Nenner finden. Die Aktivist:innen aus den verschiedenen Organisationen und Parteien mussten sich erst mal kennenlernen und auch lernen, sich gegenseitig zu respektieren. Das war diesmal nicht der Fall. Heute kennen wir diese Verschiedenheiten und wir können sie auch viel besser für das grosse Gemeinsame nutzen. Wir haben einen Erfahrungswert, auf dem wir aufgebaut und alles organisiert haben 

Im Interview mit dieser Zeitung kurz vor dem Streik 2019 habt ihr «die alltägliche Realität der Frauen» als den gemeinsamen Nenner genannt. Ist das immer noch so?
Sevin: Ja, das ist noch so. Im Manifest, das 2019 erarbeitet wurde, finden sich alle irgendwo wieder. Dieses Manifest haben wir überarbeitet und ergänzt, weil neue Thematiken hinzugekommen sind. So, dass sich womöglich noch mehr FLINTA angesprochen fühlen. 

Rita: Mit dem Manifest 2019 wurde die Basis gelegt. So ist es dieses Jahr auch der feministische Streik und nicht mehr der Frauenstreik. Wir haben Synergien zusammengebracht.

Vom Frauenstreik zum feministischen Streik. Drückt dies die Entwicklung der Bewegung aus?
Sevin: Bei vielen Menschen ist jetzt sicher ein neues Bewusstsein da. Mensch hinterfragt viel mehr unter anderem die Rollenbilder, aber auch die eigene Sexualität. Feministische Themen sind viel mehr im Bewusstsein der Öffentlichkeit. Mensch spricht mehr davon und hat auch ein breiteres Verständnis geschaffen. So fühlen sich viel mehr von einem feministischen Streik als von einem Frauenstreik angesprochen. Dies war ein wichtiger Schritt. Zur Entwicklung gehört auch, dass immer mehr Personen dazu kamen, vor allem auch jüngere. Sie übernehmen auch Verantwortung. Und dass diese jungen Menschen bereits für ihre Rechte einstehen, finde ich eine sehr positive Entwicklung.

Gab es Probleme, die vor vier Jahren nicht da waren?
Rita: Nein. Wir hätten etwas früher die Bewilligung für die Demo hier in Zürich einreichen können, da waren wir etwas spät dran. Aber wir haben durchsetzen können, dass wir an all den Orten, an denen wir mit der Demo vorbeigehen wollten, dies auch machen können. Dies hat auch damit zu tun, dass an den Verhandlungen mit der Polizei von unserer Seite her Frauen teilnahmen, die von den Erfahrungen vom Streik 2019 profitieren konnten. Insofern ist das auch ein Erfolg des damaligen Streiks. 

Der Streik 2019 schrieb Geschichte, aber viele der Forderungen wurden noch nicht umgesetzt. Es gab gar Rückschritte, wie bei der AHV. Warum?
Rita: Bei der AHV sind zwei Aspekte zu nennen. Erstens ist die Linke im Parlament, also dort, wo nun mal in diesem System die Entscheide fallen, in der Minderheit. Und die, die sich dort links nennen, sind auch nicht immer unsere Freund:innen. Zweitens kam dann die Pandemie, die eine Kontinuität, die nötig gewesen wäre, verunmöglichte. Die Pandemie hat die Bewegung einiges an Schwung genommen. 

Sevin: Der bürgerliche Staat hat erneut bewiesen, dass er an einer Gleichstellung nicht interessiert ist. Wenige Tage nach dem Streik 2019 kündigte der Bundesrat über Alain Berset an, das Rentenalter der Frauen erhöhen zu wollen. Der Staat zwängte uns so einen Verteidigungskampf auf. Er verschärfte auch die Repression. Dies war auch auf der Strasse immer wieder zu spüren. Wie zum Beispiel die gewaltsame Auflösung der Polizei von Aktionen wie am 8.März 2021 und den Bussen, die ausgesprochen wurden.  So hatten wir weniger Kapazität, um den Forderungen des Streiks von 2019 Nachdruck zu verleihen, uns noch stärker für sie einzusetzen.

Rita: Ja, das stimmt. Aber wir haben uns auch in die Defensive drängen lassen. Wir haben es verpasst, die AHV-Diskussion zu unseren Gunsten zu drehen. Die Senkung des Rentenalters für Männer hätte auch zu einer Gleichstellung geführt. Der Staat ist zwar auf den Zug Richtung «Gleichstellung» aufgesprungen, hat uns aber seine Konditionen diktiert. Dies muss uns für die Zukunft eine Lehre sein. 

Sevin: Da bin ich nicht gleicher Meinung wie du Rita. Warum sollten wir eine Senkung des Rentenalters für Männer fordern, wenn unter anderem die Lohngleichheit bei weiten noch nicht erreicht ist?

Rita: Jetzt haben wir gar nichts, was wir diesbezüglich forderten: Wir haben ein höheres Rentenalter bei Frauen und noch immer keine Lohngleichheit. Ich fand es politisch etwas naiv, dass wir die Senkung des Rentenalters bei den Männern nie in Betracht gezogen haben, im Sinne einer Gleichstellung.

Was war also der grösste Erfolg des Streiks 2019?
Sevin: Dass so viel verschiedene FLINTA-Personen auf der Strasse waren, die zuvor noch nie an einer Demonstration teilgenommen hatten. Dass sie das Gefühl des gemeinsamen Nenners gespürt haben, so die Erkenntnis bekamen, dass sie ähnliche Problem und Sorgen wie Zehntausende andere haben. Dass sie den Mut bekamen, sich über die verschiedenen Themen zu informieren, sich zu vernetzen und sich so zu stärken in ihren Kämpfen. Kurz: Tausende haben gesehen und erlebt, dass sie nicht allein sind.

Rita: Sicher hat die grosse Teilnahme bei vielen einen grossen Eindruck hinterlassen. 

Die grossen Zahlen sind der Erfolg? Ist das nicht etwa wenig?
Sevin: Der politische Erfolg 2019 war, dass sich zuvor nicht politisierte Personen an den Vorbereitungen und dann auf die Strasse gingen und sich so politisierten. Und, dass sich in den Parteien, Gewerkschaften und vielen anderen Organisationen sich mit den Themen intensiv befassen und auseinandersetzen mussten, vor allem mit der Genderfrage, Frauenquote, Sexismus, Rassismus und Gewalt. Ehe für Alle, Nein heisst Nein und der Vaterschaftsurlaub sind sicher kleine Teilerfolge davon. Dazu kommt, dass sich neue Kollektive und Gruppierungen gebildet haben, die spezifische Themen angehen und vorantreiben, wie zum Beispiel das Streikhaus, das Kollektiv «Ni una menos» oder das Gastra-Kollektiv. 

Gibt es Enttäuschungen?
Rita: Dass es bei vielen Forderungen weiterhin nur im Schneckentempo vorwärtsgeht. Seien wir ehrlich: Im Parlament sind unsere Forderungen nicht mal an die Stelle Nr. 1000. Wir müssen jedes Jahr streiken.

Sevin: Dass der Staat nur Brosamen gibt, dabei alles aufbläst und so tut, als würde er vieles für die Frauen und FLINTA machen. 

Du hast die Hoffnung auf Veränderungen durch den bürgerlichen Staat?
Sevin: Nein, das habe ich nicht. Aber so wie Rita bin ich auch der Meinung, dass in den Parlamenten vermehrt Personen nötig sind, die hinter unserem Manifest stehen und unsere Forderungen einbringen. Es braucht den Druck von der Strasse, aber auch jener im Parlament. 

Wie soll es nach dem 14.Juni weitergehen?
Rita: Es ist bereits eine Sitzung des feministischen Streikkomitees nach dem 14.Juni geplant. Dabei soll auch die Frage nach dem «Wie weiter?» diskutiert werden. Wie erwähnt, wenn wir jedes Jahr streiken wollen, dann muss eine Kontinuität angestrebt und erreicht werden. 

Sevin: Ich wünsche mir, dass wir den Fokus vermehrt auf den Streik legen. Dass wir gemeinsam lernen, zu streiken, also die Arbeit niederzulegen. Das ist keine einfache Sache, das ist mir bewusst, wenn mensch vom Lohn abhängig ist und Angst hat, den Job zu verlieren. Ich bin überzeugt, dass je mehr wir uns auf den Streik fokussieren, desto erfolgreicher werden wir sein. 

«Wir wollen tiefgreifende Veränderungen bewirken»

Demonstration am 8. März 2023 in Santiago de Chile. Bild: zVg

Sarah Herold. In Chile setzen Feministinnen zusätzlich zu den klassischen Kämpfen wie dem Recht auf Abtreibung oder gegen patriarchale Gewalt eine radikale Infragestellung des neoliberalen Kapitalismus auf die Tagesordnung – und das mit Erfolg. Ein Gespräch mit der Journalistin und Aktivistin Javiera Vallejo.

Die chilenische Politik zeichnet sich durch Individualismus und Neoliberalismus aus. Dies haben feministische Bewegungen jedoch durcheinandergebracht. Handelt es sich um einen echten Bruch oder nur um eine Unterbrechung mit den bisherigen Verhältnissen?
Und welche Wirkung konnten sie in den vergangenen Jahren tatsächlich entfalten?
Meiner Meinung nach lässt sich darin bislang noch kein echter Bruch erkennen. Viele feministische Strömungen in Chile haben sich bislang auf die gesellschaftliche Organisation konzentriert und dabei insbesondere in den letzten Jahren die Sorgearbeit in den Mittelpunkt gestellt. Dabei ging es einerseits um eine Theoriebildung und die Kritik an ursächlichen gesellschaftlichen Strukturen, andererseits aber auch um konkrete Aktionen und Massnahmen zum Thema Nachhaltigkeit. Aus unterschiedlichen Richtungen haben sich Frauenorganisationen und soziale Führungspersonen an dem Prozess beteiligt. Die Akteur:innen kommen aus der Umweltschutzbewegung und der Verteidigung nationaler Souveränität. Sie organisieren sich in Stadtvierteln und setzen sich für den Schutz der indigenen Bevölkerung oder die Sorgearbeit, der Nahrungsmittelsouveränität, dem sozialen Wohnungsbau und die Betreuung von Kindern und Senior:innen ein.
Es gibt eine Geschichte von Frauenkämpfen, die in neoliberaler Lesart als Bereiche individueller Verantwortung verstanden und in den privaten Bereich verbannt werden, die nun jedoch durch die gemeinschaftliche Organisierung vergesellschaftet und durch öffentliche Forderungen ersetzt wurden. Seit mehreren Jahren setzen Feministinnen in Chile zusätzlich zu den klassischen Kämpfen des Feminismus wie dem Recht auf Abtreibung, gegen patriarchale Gewalt und politische Partizipation eine radikale Infragestellung des neoliberalen Kapitalismus kämpferisch auf die Tagesordnung, wobei die Nachhaltigkeit des Lebens im Mittelpunkt steht. Frauen, die in der Vergangenheit für einen Grossteil dieser Sorgearbeit verantwortlich waren, fühlten sich dazu aufgerufen, mehr und mehr auf die Strasse zu gehen. So war es am 8.März 2019, als zwischen 900000 und einer Million Menschen aus unterschiedlichen sozialen Organisationen unter massgeblicher Beteiligung von Frauen auf die Strasse gingen. Damit wurde die gängige Kritik widerlegt, der Feminismus sei vor allem ein akademisches und elitäres Projekt wie in bestimmten Kreisen immer wieder zu hören ist. Aus diesem Blickwinkel könnte man also sagen, dass die herrschenden Verhältnisse und die Annahmen hinterfragt werden, auf denen der chilenische Individualismus in seiner radikalsten Ausprägung beruht: dass nämlich die Menschen kein Verlangen danach hätten, sich zu organisieren oder das System zu kritisieren, in dem sie derzeit leben, und sich stattdessen lieber dem Konsum in den grossen Einkaufszentren hingäben. Feministische Organisation oder eher die Feminismen sind sehr divers, organisieren sich aber zumindest in Chile über verschiedene Frauen- und Widerstandsorganisationen, in denen sich ein neues Narrativ herausgebildet hat. Eine radikale Kritik am herrschenden System, in dem wir uns befinden und die Organisationsformen, mit denen traditionelle linke Politik gemacht wurde. Man könnte vor diesem Hintergrund also durchaus von einer historischen Wende reden. Einerseits erleben wir die Entstehung einer sozialen Bewegung, die sowohl die Rechte für die Vertiefung der kapitalistischen, neoliberalen und fundamentalistischen Logik als auch die Linke kritisiert, die in Lateinamerika in den letzten Jahren gescheitert ist. Wir sind von totalitären und rechtsfaschistischen Regierungen umgeben, während die progressive Politik auf dem Rückzug ist. Diese Veränderung ist für sich genommen zwar noch kein Bruch. Man sieht aber, dass sich die Gesellschaft immer weiter polarisiert und die Rechte sowohl in diesem Land als auch in der gesamten Region zunehmend in Richtung Autoritarismus, Rassismus, Frauenfeindlichkeit und Fundamentalismus abdriftet. Wir befinden uns also gerade in einer wichtigen Phase und erleben eine Öffnung, die zwar noch nicht weit genug geht, uns aber eine Marschrichtung vorgibt.

Sie kritisierten den Kapitalismus und heute sind es gerade Frauen und LGBTIQ-Menschen, die sich besonders stark mit linker oder marxistischer Politik identifizieren. Wie viel Marxismus oder antikapitalistische Kritik steckt heute in den feministischen Bewegungen in Chile?
Der Marxismus ist noch immer äusserst wichtig für unsere Bemühungen. Man muss aber unterscheiden zwischen marxistischer Theorie und marxistischer Kapitalismuskritik auf der einen Seite und den traditionellen Linken auf der anderen Seite, die zwar marxistische Fahnen schwenken und sich als Marxist:innen bezeichnen, in den letzten 20 oder 30 Jahren aber ihren Weg hin zur Institutionalisierung gegangen sind und die Logik der liberalen Demokratie für sich angenommen haben. Um es mit Donna Haraway auszudrücken, ist der Marxismus zwar wichtig, darf sich aber nicht auf blosse Kritik beschränken. Vielmehr muss er über andere mögliche Welten nachdenken. Und genau das tut der Feminismus. Er überlegt, was falschläuft und setzt sich zum Ziel, eine andere Gesellschaft aufzubauen. Dabei dürfen wir uns keineswegs nur auf den Gegensatz zwischen Arbeit und Kapital beschränken, der sehr wichtig ist, aber nicht allein in den Mittelpunkt gestellt werden sollte.
Stattdessen befasst sich der Feminismus zunehmend mit den Themen der unbezahlten Arbeit, der Sorgearbeit und der reproduktiven Arbeit, welche für die feministischen und sozialen Bewegungen Lateinamerikas seit jeher wichtig sind, von der traditionellen Linken aber nicht aufgenommen wurde. Der Schutz und das Bewahren von Umwelt und Natur wurde von der Linken systematisch ausser Acht gelassen und stattdessen in die entwicklungsorientierte wirtschaftspolitische Logik eingefügt. Der Extraktivismus wurde von der Linken nicht hinterfragt, obwohl er vielen Gemeinschaften und Regionen grossen Schaden zugefügt hat. In dieser Hinsicht kann man die traditionelle Linke also durchaus kritisieren. Ich glaube aber dennoch, dass der Marxismus ein wichtiges Feld ist und der marxistische Feminismus ebenfalls eine wichtige Strömung innerhalb eines Feminismus darstellt, der sich zunehmend organisiert und einbringt.
Ein anderes Thema in Lateinamerika ist das Hinterfragen des historischen Subjekts im Kontext der Erwerbstätigkeit, mit dem sich in Chile und Argentinien sowie in Brasilien zahlreiche soziale Bewegungen befassen. Sie verstehen unter Arbeit nicht unbedingt nur bezahlte Arbeit und definieren die Arbeiter:innenklasse nicht ausschliesslich über Lohnarbeit. Man denke etwa an die Kooperativen, die genossenschaftlich organisierten Projekte und den informellen Arbeitsmarkt, auf dem äusserst prekäre Verhältnisse herrschen. Sie begreifen sich als autonom und organisieren sich ebenfalls zunehmend. Tatsächlich entsteht in Argentinien gerade ein Zentrum für diese Beschäftigten. Dort stellt sich die Frage, wie die gesellschaftliche und politische Organisation in diesem Bereich aussehen kann. Dadurch entsteht eine relevante Kritik am Marxismus in seiner klassischen Ausprägung. Ausserdem befasst man sich dort mit der Frage, wie wir die Gesellschaft denken wollen und können. Es geht darum, wie wir die Produktion autonomer organisieren können, ohne uns von Kapital, Unternehmen oder sogar dem Staat abhängig zu machen. Die Organisationen der Arbeiter:innen weisen in dieser Hinsicht Anknüpfungspunkte zur Umwelt- und Frauenbewegung auf, die die reproduktive und unbezahlte Arbeit in den Mittelpunkt rücken. Hier existiert eine interessante Symbiose, die man als Kritik am traditionellen Marxismus auffassen kann. Ohne Zweifel muss diese kritische Auseinandersetzung fortgesetzt werden, die der Marxismus im vergangenen Jahrhundert angestossen hat und die noch immer grosse Relevanz besitzt.

Welche grossen Herausforderungen ergeben sich in der politischen Arbeit aus der Notwendigkeit, unterschiedliche Perspektiven, Persönlichkeiten und Erfahrungen miteinander in Einklang zu bringen?
Die Koordinationsstelle «Coordinadora 8M» ist allein schon deshalb vielfältig, weil sie sich aus unterschiedlichen Individuen zusammensetzt. Es geht weniger um gesellschaftliche und politische Organisationen als um Menschen, die verschiedenen gesellschaftlichen und politischen Organisationen angehören. Auch Vertreter:innen der Parteien sind dabei. Und innerhalb der Koordinationsstelle gibt es unterschiedliche Schwerpunktbereiche. Die Aktionen sind vielfältig. Die Koordinationsstelle ist in einem Feminismus zu verorten, der sich zwar deutlich vom liberalen, institutionalisierten Feminismus abgrenzt, diesen aber nicht verneint. Wir übernehmen die Koordination bei zahlreichen Aktionen mit unterschiedlichen Organisationen, die mitunter viel stärker institutionalisiert und auch liberaler sind. Dabei geht es uns stets darum, gemeinsam Dinge anzustossen, von denen wir überzeugt sind, dass diese gemeinsam angegangen werden müssen. Die Koordinationsstelle steht aber auch ganz allgemein für Kritik an Kapitalismus und Rassismus. Wir lernen stets dazu und betreiben den Kampf gegen Rassismus zunehmend auch aus feministischer und dekolonialistischer Perspektive. Denn man darf nicht vergessen, dass der Kolonialismus auch die Politik der marxistischen Linken geprägt hat. Es herrscht also eine grosse Vielfalt, andererseits geht es aber auch um ein grösseres Ganzes.
Die Vielfalt zeigt sich also in gewisser Weise auch in den unterschiedlichen Gremien und
Ausschüssen, die sich um einzelne Themen kümmern. Andererseits bildet sich ein breiterer Konsens bei anderen Themen heraus.
Das ist ein Lernprozess. Die »Coordinadora 8M« wurde für und mit dem 8.März gegründet. In den letzten zwei Jahren haben die beteiligten feministischen Organisationen aber bemerkt, dass es nicht nur um den 8. März als Datum geht, sondern ein ganzer Prozess angestossen werden muss. So ist das Konzept des Dauerstreiks und des feministischen Generalstreiks entstanden. Man hat erkannt, dass Streiks ein Organisationsprozess und ein ständiger Kampf sind. Aus diesem Grund hat die Koordinationsstelle auch internationale Treffen angestossen, bei denen ein Programm entwickelt wurde.

Das ist eine grosse Aufgabe …
Allerdings. Sie ist anspruchsvoll und hat auch zu Verwerfungen geführt. Einige gehen, andere kommen, manche Organisationen kritisieren uns. Aber Entscheidungen sind immer schwierig. Am liebsten wäre es mir, wenn alle Entscheidungen bereits getroffen wären und wir direkt loslegen und handeln könnten. So sind wir aber gezwungen, uns so zu organisieren, wie es dem gesellschaftlichen und politischen Kontext angemessen ist. Das möchten wir gerne fortführen. Wir wollen tiefgreifende Veränderungen bewirken. Das ist schwierig, bietet aber auch Anlass zur Hoffnung.

Quelle und Erstveröffentlichung: fes.de

Protest gegen Leihmutterschaft

sah. Reiche wie Paris Hilton werden Eltern mit Hilfe einer Leihmutter. Problematisch sind hier die Ausbeutung der Frauen und die Missachtung des Kindeswohls. Was bedeutet diese Kommerzialisierung für betroffene Frauen und Kinder? 

Spätestens seit Beginn des Krieges in der Ukraine wird in der Öffentlichkeit über die Problematik der Leihmutterschaft gesprochen. Auch am 17.Mai 2023 machte eine Aktivistin einer Bewegung radikaler Feministinnen an den Filmfestspielen in Cannes auf das Thema aufmerksam. Anliegen hier war, die Verbindung von Leihmutterschaft mit der Filmindustrie zu kritisieren. Auf diese Problematik wurde bei einer Aktion auf dem roten Teppich der Festspiele aufmerksam gemacht. Die schwangere Aktivistin trug ein langes Kleid, das auf der Höhe des Bauches ein Loch hatte. Hier war ein Barcode und das englische Wort «surrogacy» – was «Leihmutter» meint – zu sehen. 

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Wider das Bild vom «männlichen» Streik

Elisa Nowak. Im Allgemeinverstand hat sich das Bild von männerdominierten Arbeitskämpfen zementiert. Dies obwohl Frauen als Proletarierinnen gerade im europäischen Epizentrum revolutionärer Theorien, Streiks und Revolutionen stehen. Mit einer Studie zur «Feminisierung von Arbeitskämpfen» will nun die Rosa-Luxemburg-Stiftung schwarze Flecken im Sichtfeld beleuchten. 

Die Geschichte der Frauenstreiks ist Teil der Geschichte aller Streiks. Der 14. Juni in der Schweiz zeigt das eindrucksvoll, in dem die Streiks von Frauen mit gewerkschaftlichen Kämpfen verbunden werden. Wenn es gegen Kapital und Bourgeoisie geht, beweisen die vergangenen 150 Jahre, dass Frauen in historisch wichtigen Streiks keine untergeordnete Rolle spielten. Besonders im internationalen Kontext kann man das mehrmals erkennen: von der Pariser Kommune 1871 über die Oktoberrevolution 1917 der Bolschewiki bis zur Entstehung feministischer Kämpfe in den 1960er- und 1970er-Jahren. In der Schweiz wird diesem Umstand der gebührende Respekt gezollt, der sich in den Frauenkämpfen in der Alpenrepublik widerspiegelt.

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Kapital, Staat und Reproduktion

Anna Kindler. Staat und Kapital sind auf eine reibungslose und kostengünstige Reproduktionsarbeit angewiesen. Auf demographischen Wandel oder Ermächtigungsversuche seitens der Frau reagieren sie daher mit Eingriffen in die reproduktiven Rechte und verschärfter Repression.

In der jüngeren Gegenwart wurde die feministische Bewegung neu belebt, brachte Menschen auf die Strasse und politische Anliegen in die Öffentlichkeit, in die Politik, ins Bewusstsein. Allerdings wird diese Entwicklung auch von regressiven Tendenzen begleitet: 2011 unterstütze die Schweizerische Volkspartei (SVP) die Volksinitiative für die Abschaffung der Abtreibungsfinanzierung über die Krankenkassen. Der «kostenlose und einfache Zugang zum Schwangerschaftsabbruch» würde diesen «bagatellisieren», meinte damals die SVP und verwies auf die USA, wo die Streichung der öffentlichen Abtreibungsfinanzierung zu einem Rückgang von Abtreibung geführt habe.

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Alexandra Kollontai: Frau und Revolution

Alexandra Kollontai. Bild: zVg

Gisela Notz. Zeitlebens setzte sich Alexandra Kollontai für die Emanzipation der Frauen als zentrales Element der Revolution ein. Sie sah in der Geschlechter- und der Klassenfrage zwei unterschiedliche, doch miteinander verbundene Unterdrückungsformen.

Bereits am Internationalen Frauentag am 23.Febru­ar 1917 (nach «unserem» Kalender 8.März) waren in Petrograd (St.Petersburg) Textilarbeiterinnen aus mehreren Textilfabriken in den Streik getreten. Mit der Losung «Brot, Frieden und Freiheit» wandten sie sich gegen den Krieg und gegen die wirtschaftliche Not im autoritären Zarenregime, das Frauen keine Rechte gewährte. Binnen weniger Tage entwickelten sich die Streiks zu einem Massenstreik, an dem sich etwa 90 000 Menschen beteiligten. Die Aktionen mündeten kurz darauf in die russische Februarrevolution. 

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Ein Blick in die Geschichte mit Clara Zetkin

Clara Zetkin (1857 ? 1933). Bild: zVg

Redaktion. «Nur mit der proletarischen Frau wird der Sozialismus siegen», ist eines der bekannten Zitate von Clara Zetkin. Es stammt aus ihrer brillanten Rede vom 16.Oktober 1896 am Parteitag der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands in Gotha zur Frauenfrage. Wir veröffentlichen sie in gekürzter Form. 

Für die proletarische Frau ist es das Ausbeutungsbedürfnis des Kapitals, unaufhörlich Rundschau zu halten nach den billigsten Arbeitskräften, das die Frauenfrage geschaffen hat. Dadurch ist auch die Frau des Proletariats einbezogen in den Mechanismus des wirtschaftlichen Lebens unserer Zeit, ist sie in die Werkstatt, an die Maschine getrieben worden. Sie ist hinausgegangen in das wirtschaftliche Leben, um dem Manne einige Hilfe im Erwerb zu bringen, und die kapitalistische Produktionsweise verwandelte sie in eine Schmutzkonkurrentin.

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Sexismus in Medien und Forschung?

sah. Ein Artikel über eine unpublizierte Studie schlägt Wellen. Mit Sexismus wird versucht, die Gleichstellungsarbeit zu sabotieren und falsche Bilder zu vermitteln: Vorurteile über faule Student:innen und abhängige, ambitionslose Frauen.

«Zwei renommierte Forscherinnen haben 10000 Studierende über ihre Ansichten zu Karriere, Familie, Partnerschaft und Diskriminierung befragt. Das Resultat verblüfft – und könnte die Debatte um die Gleichstellung verändern.» So beginnt der skandalöse Artikel von Rico Bandle mit dem Titel «Umfrage an der ETH und Uni Zürich: Die meisten Studentinnen wollen lieber einen erfolgreichen Mann als selber Karriere machen», der am 6.Mai 2023 in der SonntagsZeitung publiziert wurde. In der Studie wurde die sogenannte Leaky Pipeline erforscht, um herauszufinden, warum der Frauenanteil auf verschiedenen Karrierestufen stetig sinkt. Befragt wurde eine jüngere Generation im Alter von 20 bis 35 Jahren. Schnell wurde klar, dass die Frauen Kinder wollen, um dann Teilzeit zu arbeiten. » Weiterlesen

Höchstbetrag für Mütter anheben!

Abstimmungsplakat 2004. Bild: zVg

sah. Gleichbehandlung von Müttern und Dienstpflichtigen: Was ist die Idee hinter «gleiche maximale Tagessätze bei Militärdienst und Mutterschaft»? Parlamentarier:innen fordern Änderungen in der Erwerbsersatzordnung. Der Nationalrat muss nun Lösungsvorschläge erarbeiten.

2005 trat die um die Mutterschaftsversicherung revidierte Erwerbsersatzordnung (EO) in Kraft. Anstoss dafür war eine parlamentarische Initiative, die von einer überparteilichen Gruppe erarbeitet worden war. So reichte 2001 Nationalrat Pierre Triponez (FDP/BE) die parlamentarische Initiative ein, der den Vorstoss mit unter anderem Jacqueline Fehr (SP/ZH) gemeinsam andachte.

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Yalla, Feminismus!

Reyhan ?ahin alias Lady Bitch Ray. Bild: Wikipedia

sah. Warum noch ein weiteres feministisches Buch? Die Antwort liefert Reyhan ?ahin, bekannt als Lady Bitch Ray. Sie prangert Sexismus und Rassismus in Hip-Hop und Wissenschaft an, erklärt den Feminismus und zeigt auch gleich, wie Protest geht.

Noch ein Buch zum Thema Feminismus? Reyhan ?ahin aka Dr. Bitch Ray beantwortete die Frage gerade selber in «Yalla, Feminismus!», das 2019 im Klett-Cotta Verlag erschienen ist. Ihre Kritik, dass viele Publikationen in den letzten Jahren überwiegend von weissen cis Frauen ohne Migrationsbiografie geschrieben wurden, stimmt. » Weiterlesen

Gleichstellung?

sah. Wieder werden neue Sparmassnahmen angekündigt und wieder haben Frauen das Nachsehen. Um rechtliche Gleichstellung von Frauen und Männern zu erreichen, wird negative Gleichstellung gemacht. Doch was ist damit gemeint? Am Beispiel der Witwenrenten wird es einmal mehr ersichtlich.

Schon wieder ist das Defizit im Bundeshaushalt grösser geworden. Aktuell bekannt ist ein Betrag von 4,3 Milliarden Franken. Auch neue Ausgaben sind geplant, ohne dass die Finanzierung geregelt ist. Dies wird zum Anlass genommen, den Rotstift zu zücken und zu kürzen. Finanzministerin Karin Keller-Sutter liess die Bombe platzen und kündigte im Februar 2023 an, unter anderem die Gesetze rund um die Witwenrente überarbeiten zu wollen.

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Suche nach Verwandtschaft heute

sah. Leben in Matri-Clans? Oder: Wie kann das Zusammenleben heute lebenslang solidarisch gestaltet werden? Alternativen zu bürgerlichen Ehen und Individualismus im Kapitalismus, abseits vom Patriarchat, sind vorhanden – aber auch nicht immer einfach zu leben.

Im Internet finden sich viele Ideen zu Alternativen der bürgerlichen Ehe im Patriarchat oder des individualisierten und isolierten Lebens im Kapitalismus. Beispielsweise auf der Seite secure.avaaz.org ist eine Petition zu finden, die allerdings bezüglich Unterschriften auf halbem Weg stecken geblieben ist.

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Familienzulagen für Elternteil mit Obhut!

Die Familienzulagen sind für die Kinder vorgesehen. Bild: zVg

sah. Familienzulagen sollten die finanzielle Mehrbelastung durch Kinder teilweise ausgleichen. Mithilfe einer Petition sollen neu zuerst Personen mit Obhut den Betrag erhalten. Zulagen gehören unbürokratisch dem erziehenden Elternteil mit Kind!

Eine Petition auf Campax möchte gewährleisten, dass Familienzulagen an den Elternteil ausbezahlt werden, der die elterliche Obhut hat. Martina Hegetschweiler hat die Unterschriftensammlung ins Netz gestellt. Die Petition richtet sich an Andrea Lübberstedt, die Amtschefin des Kantonalen Sozialamts Zürich, und an Annick Herren, die als Leiterin der Familienausgleichskasse des Bundes arbeitet.

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Wir kommen wieder!

2000 FLINTA nahmen sich am 8.März die Strassen Zürichs. Bild: Quõc Phong Lý

lmt. An der Demonstration in Zürich zum internationalen Frauenkampftag wurde erneut bewiesen, dass FLINTAs vereint stärker sind als jegliche staatliche Repression. Der Startschuss zum 14.Juni ist gelungen und die Vorbereitungen für den grossen Streik sind voll im Gange. Das Ziel ist klar: gemeinsam für eine befreite Gesellschaft!

Es war ein kämpferischer und starker Tag für die feministische Bewegung! Über 2000 FLINTA nahmen sich am 11. März die Strassen Zürichs, um gegen Kapital und Patriarchat zu demonstrieren.
Feministische Fahnen, auch solche von internationalen Frauenrevolutionen, wehten bereits am Besammlungsort über der Masse. Nach einigen einstimmenden Anfangsreden lief der sehenswerte Demonstrationsumzug los.
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Verantwortung auf Betroffene abwälzen

In Sachen «Stealthing» gibt es im Gesetz grosse Lücken. Handeln tut Not. Bild: zVg

sah. Auf Wunsch des Gegenübers ein Kondom zu benutzen, ist eine wichtige Voraussetzung für Zustimmung beim Sex. Menschen, welche die Erfahrung machen, dass dieser Schutz während des Geschlechtsverkehrs nicht einvernehmlich entfernt wird, schweigen oft. Sie werden von der Justiz im Stich gelassen.

«Stealthing» meint das heimliche und nicht einvernehmliche Entfernen eines Kondoms während des Geschlechtsverkehrs. Das Wort «stealth» kommt aus dem Englischen und bedeutet List oder Heimlichtuerei. Der Begriff verschleiert aber das Ausmass, denn Stealthing ist sexuelle Gewalt. Besonders schlimm ist diese Tat, weil sie nicht nur den Safer Sex unmöglich macht, sondern auch die sexuelle Selbstbestimmung der anderen Person sabotiert. 

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