19 Millionen arme Kinder in der EU

„19 Millionen Kinder in der Europäischen Union leben in Armut. Sie sind die wahren Verlierer der weltweiten Finanzkrise“, sagt die Europaabgeordnete Gabi Zimmer (DIE LINKE) am Internationalen Tag der Armutsbekämpfung.

Die Zahl der in der EU von einkommensbedingter Armut bedrohten Menschen sei von 55 Millionen im Jahr 2001 auf 78 Millionen im Jahr 2005 angestiegen. 2010 ist angekündigt als das „Europäische Jahr des Kampfes gegen Armut und Ausgrenzung“. „Während dieser Tage alle Welt erleichtert aufatmet, weil die Regierungen dem globalen Finanzwahnsinn zunächst eine Beruhigungsspritze verpasst haben, frage ich mich: Wer zahlt morgen die Rechnung? Es werden unsere Kinder sein“, so Zimmer.

Die EU und die Mitgliedstaaten seien in der Pflicht, konkrete, messbare Ziele zur Förderung der sozialen Integration und zur Bekämpfung der Armut zu setzen. Trotz Finanzkrise dürfe man nicht nur auf kurzfristige Notlösungen zur Eindämmung der akuten Symptome setzen. „Ein auf Nachhaltigkeit setzendes konzertiertes Vorgehen der EU gemeinsam mit allen Mitgliedstaaten ist erforderlich, um soziale und ökologische Mindeststandards als verbindliche Ziele zu setzen“, so Zimmer.

Das Europäische Parlament hatte am 9.Oktober 2008 einen Initiativbericht des Ausschusses für Beschäftigung und Soziales verabschiedet, in dem die EU aufgefordert wird, als ersten Schritt die Kinderarmut bis 2012 um 50 Prozent zu senken. Die Europaabgeordneten fordern auch die Einführung einer EU-weiten sozialen Mindestsicherung (mindestens 60 Prozent des nationalen Medianeinkommens) und von Mindestlöhnen (mindestens 60 Prozent des nationalen bzw. branchenspezifischen Durchschnittslohns).

Berichterstatterin Gabi Zimmer fügt hinzu: „Armut bedeutet nicht nur den unmittelbaren Mangel an finanziellen Mitteln. Kinder müssen jegliche Art von Unterstützung erhalten, um allen Aspekten ihrer emotionalen, körperlichen, erzieherischen und kognitiven Bedürfnisse entsprechen zu können.“

Quelle: Linkszeitung.de

Massive Streiks in Italien

Italiens autonome Linksgewerkschaften COBAS gehen heute gegen die Regierung Berlusconi auf die Strasse. Gegen die wirtschaftliche und soziale Linie des Mitte-Rechts-Kabinetts planen sie einen Streik, der das ganze Land lahmlegen soll.

Von 9 bis 17 Uhr wollen die Bahnbediensteten die Arbeit niederlegen. Geplant ist auch ein achtstündiger Protest im öffentlichen Nahverkehr. Betroffen ist auch der Flugverkehr. Das Flug- und Bodenpersonal wird von 10.00 bis 18.00 Uhr die Arbeit niederlegen. Eine Grossdemonstration ist in Rom geplant.

„Wir planen den massivsten Streik und die größte nationale Kundgebung in der Geschichte der Basisgewerkschaften. Wir werden beweisen, dass die Basisgewerkschaften einen beträchtlichen Teil der italienischen Arbeitnehmer repräsentieren“, sagte COBAS-Sprecher Piero Bernocchi der Medienagentur APA.

„Angesichts der globalen Krise verlangen wir eine reale und gerechte Einkommensverteilung. Schluss mit der Regierung Berlusconi, die jegliche Form von Wohlfahrtstaat abbaut“, sagte Bernocchi.

Die COBAS fordern eine Erhöhung der Mindestlöhne, einen verstärkten Einsatz gegen unsichere Jobs mit einer Reform der Arbeitsgesetze, Modernisierung des Schulwesens, des öffentlichen Gesundheits- und Fürsorgesystems. Auch das Recht auf Wohnung zu Sozialpreisen zählt zu den Forderungen der Gewerkschaften.

Protestkundgebungen gegen die Schulreform

Kommende Woche planen die autonomen Gewerkschaften auch massive Protestkundgebungen gegen die Schulreform der Regierung Berlusconi. 87.000 Lehrerstellen und 44.500 Jobs im administrativen Schulbereich sollen innerhalb der nächsten drei Jahre gestrichen werden, was dem Staat Einsparungen im Wert von sieben Prozent der jährlichen Ausgaben für die Schulen bescheren wird. Auch die Universitäten sind in Aufruhr wegen der von der Regierung beschlossenen Kürzungen. Gegen die Schulreform gingen Schüler und Lehrer auch am heutigen Mittwoch in mehreren Städten auf die Straße.

COBAS-Chef Bernocchi appellierte an Lehrer, Schüler und Eltern, sich massiv an einer am 27. Oktober geplanten Demonstration gegen die Schulreform zu beteiligen. „Premierminister Berlusconi will mit seiner skandalösen Reform das öffentliche Schulsystem zugunsten des privaten Bildungswesens aushölen“, so Bernocchi.

Kritik an Banken Rettungspaket

Attac hat das geplante 470-Milliarden-Euro-Rettungspaket für die Banken als unsozial und undemokratisch kritisiert. Bei einer Protestaktion am Mittwoch vor dem Bundestag forderte das globalisierungskritische Netzwerk die Abgeordneten auf, das Rettungspaket nur zusammen mit einer Sonderabgabe auf Vermögen zu verabschieden und Hilfen für Banken an einen echten Systemwechsel zu koppeln. „Dieses Gesetz wurde im Hinterzimmer in einer Runde von Banklobbyisten ausgeklüngelt. Und jetzt verlangt die Bundesregierung vom Parlament einen Blankoscheck über Kapitalhilfen in Höhe von 100 Milliarden Euro – ohne jegliche demokratische Kontrolle, welche Banken das Geld zu welchen Bedingungen erhalten und wer die Kosten trägt. Das Parlament soll seine Macht an Finanzminister Peer Steinbrück abtreten und ihn zum König des Banksystems krönen“, kritisierte Stephan Schilling vom bundesweiten Attac-Koordinierungskreis.

Dies dürften sich die Abgeordneten im Interesse der Bürgerinnen und Bürger nicht gefallen lassen. Stattdessen müssten sie dafür sorgen, dass den Pleite-Banken nicht das Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in den Rachen geworfen werde. Stephan Schilling: “ Die Hilfe für die Banken darf nicht zu Lasten von Bildung, Erziehung, Gesundheit, Klimaschutz und sozialer Sicherung gehen, sondern muss von denen bezahlt werden, die von den unregulierten Finanzmärkten profitiert haben.“

Bisher sorge der Gesetzesentwurf der Bundesregierung allein dafür, die Finanzmärkte mit gigantischen Mitteln aus der Staatskasse so zu beruhigen, dass der Casinobetrieb anschließend weiter gehen könne. „Von einem ersten Schritt zu einem neuen Finanzsystem, wie es die Bundeskanzlerin behauptet, ist nichts zu sehen. Aber die Volksvertreterinnen und Volksvertreter müssen jetzt die Chance nutzen, um die Banken unter eine echte demokratische Kontrolle zu stellen und die Macht der Finanzmärkte über die Realwirtschaft einzudämmen“, sagte Detlev von Larcher, ebenfalls Mitglied im Attac-Koordinierungskreis. Das Gesetz müsse Banken zwingen ihre Geschäftspolitik auf die Förderung einer nachhaltigen und sozialen Entwicklung auszurichten, ihre Filialen in Steueroasen zu schließen, die Spekulation auf Nahrungsmittel einzustellen und ihre Managervergütung zu reduzieren. Bisher stelle der Gesetzentwurf es Steinbrück frei, zu handeln, wie er wolle, und öffne so außerparlamentarischer Einflussnahme durch die Finanzlobby Tür und Tor.

Attac forderte zudem verstärkte Investitionen in die soziale Infrastruktur und ein ökologisches Umbauprogramm, um die verheerenden konjunkturellen Folgen der drohenden Weltwirtschaftskrise für die Menschen sozial abzufedern. Stephan Schilling: „Es wäre ein Skandal, wenn die Bundesregierung jetzt allein die Banken unterstützt und nichts für die normalen Menschen tut. Wir stehen vor einer schweren Weltwirtschaftskrise und mitten in einer tiefen sozialen und gesellschaftlichen Krise.“

Eine neue, linke Partei gründen

POP&Gauche en mouvement Waadt wollen ein klares Signal geben für die Vereinigung aller Komponenten der kämpferischen Linken in einer neuen Partei. Die Resolution für den Parteitag der PdAS wurde von der Leitung von POP&Gauche en mouvement Waadt an der Sitzung vom 27. August 2008 beschlossen.

Die enttäuschenden Ergebnisse der letzten Wahlen in gewissen Kantonen haben mehr denn je gezeigt, dass es für die kämpferische Linke nur in der Vereinigung ihrer verschiedenen Komponenten eine Zukunft gibt. Die politischen Spaltungen schwächen uns sowohl objektiv und materiell und auch symbolisch in de Augen der Bevölkerung, die sie nicht versteht.

Aus dieser Sicht war der Prozess von «A Gauche Toute!» (AGT), der 2003 begonnen wurde, eine positive Etappe der Annäherung der verschiedenen Komponenten der kämpferischen Linken. Dies hinsichtlich der gemeinsamen Aktivitäten als auch bezüglich der Präsentation der Wahllisten und der Bildung von AGT- Parlamentsgruppen in manchen kommunalen und kantonalen Legislativen.

Ein gemeinsames Ziel geben

Doch so positiv sie auch ist, die Allianz AGT ist nicht mehr als eine Etappe. Das bündnisartige Funktionieren, das ihr eigen ist, ist weit davon entfernt, ideal zu sein:

Erstens: Auf organisatorischer Ebene sind die Diskussionen und die Unterschiede im Funktionieren, die der Bilateralismus unvermeidlich mit sich bringt, in dem Masse verlorene Zeit, als es nicht ums Politische geht – ganz zu schweigen von der Verdoppelung der Mitgliederversammlungen.

Zweitens: Auf der Ebene der AktivistInnen schaffen die verschiedenen Namen Verwirrung, sowohl in der öffentlichen Meinung, als auch bei den Aktiven und selbst den Abgeordneten, die nicht immer klar wissen, ob sie nun in erster Linie ihre jeweilige Partei oder AGT vertreten.

Drittens: Vor allem aber nach aussen hindert uns das bündnisartige Funktionieren potentielle AktivistInnen zu erreichen, die den Wunsch nach einer echten linken Oppositionsfront haben. Menschen, die sich aber nicht in den jeweiligen Identitäten der verschiedenen linken Bewegungen, die „A Gauche Toute!“ angehören oder auch nicht, wieder finden. Menschen, die aber in Opposition zur Sozialdemokratie und zu einer immer liberaler werdenden Ökologie, wie sie durch die Grünen vertreten wird, stehen.

So muss man schon heute, anstatt beim bündnisartigen Funktionieren von AGT stehen zu bleiben, sich das mittelfristige gemeinsame Ziel geben, alle Kräfte der kämpferischen Linken in einer neuen Partei zu vereinen.

Diese neue Partei ist nicht als die simple Fusion von POP&Gauche en mouvement und SolidaritéS in einer neuen hierarchischen Struktur zu verstehen. Viel mehr handelt es sich darum, eine gemeinsame Widerstandsfront zu bilden, die allen offen steht, welches auch immer ihr Engagement in der Vergangenheit gewesen sein mag und die Motivation zu kämpfen ist. Es gilt sich zusammenzufinden unter den folgenden Prinzipien: Erstens die Ablehnung einer linken «Begleitstrategie» und zweitens die Opposition gegen den Kapitalismus.

Vorbild «Die Linke» in Deuschland

Es handelt sich in keinem Fall darum, die Vielfalt der politischen Sensibilitäten, welche die Linke charakterisiert, zum Verschwinden zu bringen. Im Gegenteil, diese Vielfalt ist ein Reichtum, sofern sie nicht in «Glaubenskriege» ausartet. In einer neuen Partei sollte die Bildung von internen Zusammenschlüssen und thematischen Arbeitsgruppen nicht nur gestattet, sondern gefördert werden. Als Beispiel ist die deutsche Partei «Die Linke» zu nennen, welche die Bildung solcher Zusammenschlüsse nach Denkrichtungen im Innern der Partei (reformistische Linke, marxistisches Forum, Kommunistische Plattform, ökologische Plattform) oder nach politischen Themen (Bildungspolitik, Mindesteinkommen, Antifaschismus) fördert. Frei geschaffen sind diese internen Zusammenschlüsse eine Möglichkeit des ideologischen und politischen Wettstreits.

Nur durch die Schaffung dieser neuen bewegungsorientierten Partei kann die Öffnung gelingen in Richtung

– Einer kämpferischen Gewerkschaftsbewegung

– Jener, die von linker „Begleitpolitik“ enttäuscht sind

– Bürgerbewegungen, insbesondere gegenüber ihren globalisierungskritischen und ökologischen Komponenten.

Gleichzeitig müsste mit der Bildung einer neuen Partei der Name„A Gauche Toute!“ überprüft werden. Ohne das Wichtigste zu sein, ist der Name nicht nebensächlich. Aus verschiedenen Gründen sind zahlreiche AktivistInnen mit diesem Namen nicht zufrieden. Unter anderem hat AGT gegenüber der Bevölkerung eine fanfarenhafte und utopische Seite, die unsere Schwäche und Marginalität dokumentiert. Im übrigen lässt der Name darauf schliessen, dass links sein eine graduelle Frage ist. Eine solche Sicht ist trügerisch. Sie bringt uns permanent in eine Position der Niederlage gegenüber einer SP, die uns leicht in die Ecke der «extremen Linken» stellen kann. Wir müssen aber im Gegenteil den Mut haben, zu erklären, dass wir DIE Linke sind.

Nicht im Abseits stehen bleiben

Eine neue Partei wird nicht in einem Tag geschaffen. Es handelt sich um eine mittel- und langfristige Vision, die auf der Feststellung beruht, dass die aktuelle Situation nicht wirklich politische Effizienz erlaubt. Doch, die «Linke der Linken» wird in den nächsten Jahren zahlreiche Kämpfe zu führen haben und sie muss sich durch eine Allianz aller vorhandenen Kräfte stärken, um eine Chance auf Erfolg zu haben.

Auch andere Bewegungen starten ähnliche Überlegungen in Richtung der Schaffung neuer Parteien, insbesondere in Frankreich und in Deutschland. Die Partei der Arbeit der Schweiz hat viel zu verlieren wenn sie beschliesst, bei diesen Überlegungen im Abseits zu stehen. Es wäre tatsächlich destruktiv, die Schaffung einer neuen Bewegung passiv zu beobachten und dann genötigt zu sein sich anzuschliessen, um nicht isoliert zu sein. Die einzige Möglichkeit das zu vermeiden, ist selbst Akteur in diesem Prozess und am Ursprung der Überlegungen zu sein.

Es ist offensichtlich, dass ein solcher Prozess auf nationaler Ebene stattfinden muss. Aufgrund der eidgenössischen Politik, die Tag für Tag von den Medien portiert wird, ist es mehr denn je nötig, auf dieser Ebene zu denken. Es ist daher vorrangig, dass die Partei der Arbeit der Schweiz eine entscheidende Rolle in dieser Richtung spielt.

Die Instanzen der Partei, die an diesem Parteitag gewählt werden, werden daher beauftragt zu handeln, sobald sie ihre Funktionen übernehmen und eine Arbeitsgruppe zu schaffen mit der Aufgabe:

– Kontakt aufzunehmen mit allen politischen Kräften, die links der Linken situiert sind
– Die Hindernisse in Bezug auf die Bildung einer Einheitspartei zu prüfen
– Dem ZK einen Marschplan vorzuschlagen.

Für ein Zusammengehen der kämpferischen Linken

Parti Ouvrier et Populaire Jurassien streben eine starke Organisation der «kämpferischen Linken» an. Diese soll Schritt um Schritt entstehen, zuerst durch die Schaffung einer Föderation. Die folgende Resolution für den Parteitag der PdAS wurde an der Sitzung der Leitung des POP Jura am 23. September (unter Konsultation weiterer Mitglieder) angenommen.

Die Resolution der Waadtländer Sektion, welche die Schaffung einer neuen Partei der kämpferischen Linken vorschlägt, ist interessant. Doch sie reduziert die Möglichkeiten eines Zusammengehens der Linken zu sehr, da sie von Beginn an die Gründung einer neuen Partei anstrebt und somit das Verschwinden insbesondere von Solidarités und der PdAS festlegt. Der POP Jura zweifelt jedoch daran, dass unsere Partnerorganisationen von einer kurzfristigen oder mittelfristigen Fusion überzeugt sind. Doch wenn am Kongress die Waadtländer Resolution durch eine grosse zurückgewiesen wird, ohne dass ein Schritt in Richtung einer grösseren Einheit der «kämpferischen Linken» getan wird, kann dies zu «Spannungen» zwischen den beiden Tendenzen führen. Vor allem wäre es aber bedauerlich, dass es nach dem Ende von AGT keinerlei Perspektive des Zusammengehens der verschiedenen Organisationen mehr gäbe.

Die Spaltung der Kräfte der kämpferischen Linken ist eine Schwächung. Auf der Ebene von Wahlen ist es offensichtlich (Genf hat uns in drei Jahren drei Beispiele geliefert: Wahlen auf kantonaler und eidgenössischer Ebene und verfassungsgebende Versammlung), aber es betrifft auch andere Ebenen. So kann die Effizienz des Handelns gesteigert werden, wenn bei Aktivitäten eine gössere Anzahl von AktivistInnen mobilisiert werden kann. Und über gewisse Themen im Namen einer grösseren Bewegung als unseren kleinen Parteien zu sprechen, müsste ferner ein besseres Medienecho bewirken.

Die Schaffung einer Föderation

Deshalb schlägt der POP-Jura für den Parteitag folgende Resolution vor: Der Parteitag beauftragt die Leitung der PdAS den Ex-Partnern von AGT und allenfalls weiteren die Bildung einer «Föderation der Alternativen Linken« vorzuschlagen (diese könnte natürlich auch anders genannt werden). An den Sitzungen der Koordination würden Personen teilnehmen, die durch ihre Organisation delegiert sind. Für unsere Partei wäre es die PdAS, die uns repräsentiert, anstatt der Sektionen, wie es in AGT der Fall war. Dies würde für einige AktivistInnen eine Verdoppelungen der Sitzungen, deren Zahl ohnehin schon gross ist, vermeiden. Dieser Strukturvorschlag mag «bürokratisch» erscheinen. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass es nichts nützt, 30 Personen über beachtliche Distanzen an Sitzungen zu schicken, bei denen das Veto einer einzigen alle Entscheidungen verhindern kann.

Weiter sollen gemeinsame Veranstaltungen zu Themen angestrebt werden, die zur politischen Bildung beitragen. Dies bietet die Möglichkeit, dass sich die AktivistInnen der verschiedenen Organisationen besser kennen lernen können, und so auch mögliche Vorurteile schneller abbauen zu können. Eine Möglichkeit wäre, die nationale Konferenz der PdAS in einem solchen Rahmen durchzuführen.

Nach ein paar Jahren guter Zusammenarbeit könnte die Frage einer Fusion dieser Organisationen oder eines Teils unter ihnen in einer neuen Organisation angegangen werden. Dies, wenn sich über die Ideale, die es zu verteidigen gilt (Sozialismus etc.), und nicht nur auf die kurzfristigen sozialen Forderungen einigen.

Diese Resolution soll nicht verhindern, dass GenossInnen schon Heute mit Mitgliedern anderer Organisationen die Möglichkeiten und Mittel überlegen und die Standpunkte annähern, um zu einer bedeutenden Partei der kämpferischen Linken zu kommen, die den Übergang vom kapitalistischen zum sozialistischen System zum Ziel hat.

Das Gesetz des Dschungels

Von Fidel Castro Ruz. Der Handel innerhalb einer Gesellschaft und zwischen den Ländern ist der Austausch von Gütern und Dienstleistungen, die der Mensch produziert. Die Eigentümer der Produktionsmittel eignen sich die Gewinne an. Sie führen als Klasse den kapitalistischen Staat und brüsten sich damit, die Antreiber der Entwicklung und des sozialen Wohlstandes zu sein, mit Hilfe des Marktes, dem wie einem unfehlbaren Gott gehuldigt wird.

Innerhalb jedes Landes besteht eine Konkurrenz zwischen den Stärkeren  und den Schwächeren, zwischen denen, die physische Stärke  besitzen, die sich besser ernähren, die das Lesen und Schreiben gelernt haben, die zur Schule gegangen sind, die Erfahrungen gesammelt haben, die mehr soziale Beziehungen und Mittel haben, und denen, die über solche Vorteilen in der Gesellschaft nicht verfügen.

Unter den Ländern streiten die mit dem besten Klima, dem besten Ackerland, dem meisten Wasser und den meisten Naturressourcen auf dem ihnen zum Leben zur Verfügung stehenden Gebiet, da es keine weiteren Territorien mehr zu erobern gibt, die Beherrscher der Technologien, diejenigen, die einen höheren Entwicklungsstand haben und sich unendlicher Medienmacht bedienen, mit denen, die im Gegensatz dazu  keine dieser Vorteilen genießen. Es sind manchmal gewaltige Unterschiede zwischen den Ländern, die als reiche oder arme eingestuft werden.

Es ist das Gesetz des Dschungels, das Recht des Stärkeren.

Es existieren keine Unterschiede zwischen den Ethnien, wenn man die geistigen Fähigkeiten des menschlichen Wesens betrachtet. Das ist wissenschaftlich mehr als bewiesen. Die heutige Gesellschaft war nicht die natürliche Form, in der das menschliche Leben sich entwickelt hat. Sie ist eine Schöpfung des bereits geistig entwickelten Menschen, ohne das seine Existenz selbst nicht vorstellbar wäre. Es stellt sich deshalb die Frage, ob der Mensch das Privileg, eine schöpferische Intelligenz zu besitzen, überleben kann.

Das entwickelte kapitalistische System, dessen höchster Repräsentant das Land mit privilegierter Natur ist, wohin der weiße Europäer seine Ideen, seine Träume und seine Ambitionen brachte, steckt heute in einer Krise. Es ist nicht die übliche periodische Krise, auch nicht die traumatische der dreißiger Jahre, sondern die schlimmste Krise seitdem die Welt diesem Wachstums- und Entwicklungsmodell gefolgt ist.

Die aktuelle Krise des entwickelten kapitalistischen Systems bricht kurz vor dem Machtwechsel im Imperium aus, wo in 25 Tagen die nächsten Wahlen stattfinden;  es war das Einzige, was noch gefehlt hatte.

Die Kandidaten der beiden Parteien, die diese Wahlen entscheiden, versuchen, die  verwirrten Wähler davon  zu  überzeugen -viele von ihnen haben sich niemals um Wahlen gekümmert-  dass sie als Präsidentschaftskandidaten in der Lage sind, den Wohlstand und  den Konsumismus des Volkes zu sichern, das sie als Volk von Mittelschichten  bezeichnen, ohne die geringste Absicht von wirklichen Änderungen in dem, ihrer Meinung nach, perfektesten Wirtschaftssystem, das die Welt jemals gekannt hat, eine Welt, die in der Mentalität von beiden weniger wichtig ist als das Glück der etwas über 300 Millionen Einwohner einer Bevölkerung, die  nicht einmal fünf Prozent der gesamten Bevölkerung des Planeten ausmacht. Das Glück des restlichen 95 Prozent der Menschen, der Krieg und der Frieden, ob es atembare Luft gibt oder nicht, wird in großem Maße vom Chef des Imperiums abhängen, wenn denn dieses verfassungsmäßige Amt die reale Macht darstellt in den Zeiten der Kernwaffen und der computergesteuerten Weltraumschutzschilder, unter Umständen, in denen Sekunden entscheiden und die ethischen Prinzipien immer weniger Gültigkeit haben. Dennoch kann man die mehr oder weniger unheilvolle Rolle, die einem Präsidenten jenes Landes zukommt, nicht ignorieren.

In den USA gibt es einen tiefgründigen Rassismus, und die Denkweise von Millionen weißen Menschen ist nicht mit der Idee vereinbar, dass ein schwarzer Mensch mit seiner Frau und den Kindern in das Weiße Haus einzieht, das so heißt: das Weiße Haus.

Es ist ein Wunder, dass der demokratische Kandidat nicht das gleiche Schicksal wie Martin Luther King, Malcolm X und anderen widerfuhr, die die Träume von Gleichheit und Gerechtigkeit in letzten Jahrzehnten gehegt hatten. Er hat außerdem die Gewohnheit, den Gegner ganz gelassen anzusehen und über die dialektischen Fehler des ins Leere starrenden Gegners zu lachen.

Auf der anderen Seite steht der republikanische Kandidat, der als kampflustiger Mensch bekannt ist und einer der schlechtesten Studenten seines Jahrganges in West Point war. Er gibt zu, keine Ahnung von Mathematik zu haben, und es ist anzunehmen, erst recht nicht von den komplizierten Wirtschaftswissenschaften. Zweifelsohne ist ihm sein Gegner in Fragen Klugheit und Gelassenheit überlegen.

Was Mc Cain reichlich hat, sind Lebensjahre, und seine Gesundheit ist ganz und gar nicht sicher.

Die erwähne ich, um auf die eventuelle Möglichkeit hinzuweisen – wenn dem republikanischen Kandidaten gesundheitlich etwas passiert, wenn er gewählt wird – dass die Dame mit dem Gewehr und unfähige Ex-Gouverneurin von Alaska Präsidentin der Vereinigten Staaten würde. Man sieht, dass sie von nichts eine Ahnung hat.

Beim Nachdenken über die aktuelle Verschuldung der USA, die der Präsident Busch den neuen Generationen dieses Landes aufbürdet ? 10,266 Billiarden ? kam ich  auf die Idee, die Zeit zu berechnen, die ein Mensch braucht, um die Verschuldung zu zählen, die jener Mann in acht Jahren  fast verdoppelt hat.

Eine Arbeitszeit von acht Stunden täglich angenommen bräuchte er, ohne eine einzige Sekunde zu verlieren, bei einem Tempo von einhundert Ein-Dollar-Scheinen pro Minute und 300 Arbeitstagen im Jahr 710 Milliarden Jahre, um diese Summe zu zählen.

Ich fand keine andere bildliche Form, mir die Gesamtsumme dieser Gelder vorzustellen, die in diesen Tagen fast täglich erwähnt wird.

Um eine allgemeine Panik zu vermeiden, hat die US-Regierung erklärt, dass sie die privaten Spareinlagen bis 250.000 US-Dollar garantieren werde; sie wird Banken und Geldsummen verwalten, die Lenin sich niemals hätte vorstellen können, mit dem Abakus zu berechnen.

Heute können wir uns die Frage stellen, was für einen Beitrag die Bush-Administration dem Sozialismus bringen wird. Machen wir uns keine Illusionen. Wenn die Banken wieder normal funktionieren, werden die Imperialisten sie den privaten Unternehmern zurückgeben, genauso wie es einige Länder dieser Hemisphäre getan haben. Das Volk trägt immer die Konsequenzen.

Der Kapitalismus tendiert dazu, sich in jeder Gesellschaftsordnung zu vervielfältigen, weil er vom Egoismus und von den Instinkten des Menschen ausgeht.

Der menschlichen Gesellschaft bliebt nichts anderes übrig als diesen Widerspruch zu überwinden, denn andernfalls könnte sie nicht überleben.

In diesem Moment beeinträchtigen die großen Geldsummen, die von den Zentralbanken der entwickelten kapitalistischen Länder in die Finanzmärkte geschleudert werden, stark die Börsen jener Länder, die versuchen, die wirtschaftliche Unterentwicklung  zu überwinden und sich an diese Geldinstitutionen wenden. Kuba verfügt über keine Wertpapierbörse. Zweifelsohne werden vernünftigere und sozialistischere Finanzierungsvarianten entstehen.

Die aktuelle Krise und die brutalen Maßnahmen der US-Regierung zu ihrer Rettung werden eine größere Inflation hervorrufen, die Abwertung der Landeswährung, traurige Marktverluste, Preissenkungen der Exportwaren und mehr ungleichen Handelsaustausch. Aber sie wird den Völkern auch mehr Erkenntnisse über die Wahrheit bringen, mehr Bewusstsein, mehr Widerstand und mehr Revolutionen.

Warten wir ab, wie die Krise sich entwickelt und was in 25 Tagen in den USA passiert.

Quelle: cuba.cu / RedGlobe

Doppelte Enteignung

Wer zahlt Merkels „Rettungspaket“? Der Kapitalismus hat abgewirtschaftet. Nach Jahrzehnten der ungebremsten Zockerei an den Finanzmärkten sollen nun die kleinen Leute für die Verluste geradestehen.

Der Kapitalismus hat abgewirtschaftet. Nach Jahrzehnten der ungebremsten Zockerei an den Finanzmärkten sollen nun die kleinen Leute für die Verluste geradestehen. So sieht der »Rettungsplan« der Bundesregierung vor, daß 500 Milliarden Euro zur Sanierung des angeschlagenen Bankensystems verwendet werden können – eine enorme Summe verglichen etwa mit den Ausgaben des Bundes für soziale Sicherung (zirka 141 Milliarden Euro) oder den Leistungen für Hartz-IV-Empfänger (zirka 23 Milliarden Euro). Die neoliberale Behauptung, für Bildung, Gesundheit und andere soziale Leistungen sei einfach »kein Geld da«, ist damit als Lüge entlarvt. Peinlich ist die Rettungsaktion aber auch für die Ideologen des »freien Marktes«, der anscheinend nur dann funktioniert, wenn die Gewinne sprudeln. Gehen die Spekulationen schief, ist der Staat gefragt, der mit Steuergeldern das Vertrauen in den Kapitalismus wieder herstellen soll.

Daß die (teilweise) Verstaatlichung von Banken inzwischen auch von hartgesottenen Neoliberalen gefordert wird, ist freilich kein Anlaß für Genugtuung. Zwar führt an einer Verstaatlichung von bankrotten Banken vermutlich kein Weg vorbei. Doch leider sollen keine Vermögenswerte verstaatlicht werden, sondern faule Kredite bzw. Schulden, die sicher noch viele Jahre auf den Schultern der Steuerzahler lasten werden.

In gewisser Hinsicht kommen die aktuellen Rettungspakete einer zweiten Enteignung gleich: Die erste Enteignung fand statt, als mit billigen Krediten reihenweise Unternehmen aufgekauft und öffentliches Eigentum privatisiert wurde. Jetzt, wo die Kreditblase geplatzt ist, sollen die Kosten für die beispiellose Fusions- und Privatisierungswelle nachträglich der öffentlichen Hand aufgedrückt werden.

Die zentrale Auseinandersetzung wird sich jetzt darum drehen, auf wen die Kosten der Finanzkrise abgewälzt werden. Auf diese Frage kann es nur eine Antwort geben: Die Profiteure der Finanzmarktblase, die über Jahre hinweg hohe Gewinne eingestrichen haben, müssen bezahlen! Dringend nötig ist eine Millionärssteuer in Höhe von wenigstens zehn Prozent auf Vermögen sowie die Einführung von Steuern auf Finanztransaktionen. Um die Krise rasch zu überwinden und künftigen Finanzkrisen vorzubeugen, muß außerdem ein Konjunkturpaket geschnürt und die Massenkaufkraft gestärkt werden. Denn letztlich ist die aktuelle Finanzkrise nichts anderes als das Resultat neoliberaler Umverteilung: Durch die Senkung von Unternehmens-, Vermögens- und Spitzensteuersätzen sowie eine Politik des Lohn- und Sozialdumpings sind jene Rekordgewinne entstanden, die anschließend auf den Finanzmärkten auf der Suche nach immer höheren Renditen verspekuliert wurden. Dies bedeutet im Umkehrschluß, daß eine Umverteilung zugunsten der Beschäftigten, der Rentnerinnen und Rentner sowie der Arbeitslosen auch das beste Mittel ist, um künftigen Finanzkrisen vorzubeugen.

Erschienen als Gastkommentar in der Tageszeitung „junge Welt

Lasst die Reichen zahlen

»Die Reichen müssen die Krise bezahlen« lautet der Titel einer am Sonntag von der Europäischen Linkspartei (ELP) verabschiedeten Resolution.

Die »Cosa Nostra der Banken« habe die Krise verschuldet, erklärte Lothar Bisky auf der eine Tagung des Exekutivkomitees der ELP in Athen abschließenden Presskonferenz. »Deswegen fordern wir, daß all die Bankmanager mit ihren Jahresgehältern in zweistelliger Millionenhöhe, die die Krise mitzuverantworten haben, sie auch mitbezahlen müssen.« Verantwortlich sind für den Vorsitzenden der Europäischen Linkspartei aber auch die europäischen Regierungen und Institutionen der EU. Alle Warnungen in den Wind schlagend, hätten diese durch ihre Freibriefe für Spekulationen dem jetzigen Debakel erst den Boden bereitet.

Bisky erinnerte daran, daß die deutschen Medien Oskar Lafontaine 1999 als den »gefährlichsten Mann Europas« bezeichnet hatten. Der damalige SPD-Finanzminister hatte gefordert, die internationalen Finanzmärkte einer Kontrolle zu unterstellen. »Heute fordert das auch die deutsche Regierung.«

Auf eine »gute Seite der Krise« wies Alexis Tsipras hin. »Die Krise hat dafür gesorgt, daß ideologische Begriffe wieder in die Diskussion Einzug gehalten haben«, erklärte der Vorsitzende der griechischen Linksallianz Synaspismos. Man dürfe allerdings nicht erwarten, daß der Linken dadurch der Erfolg wie ein reifer Apfel in den Schoß falle. Gefordert sei vielmehr eine breite Mobilisierung. Ohne einen Paradigmenwechsel sei die Krise nicht lösbar. Die Stunde sei gekommen, in der »alle sozialistischen Kräfte« gemeinsam zum Gegenangriff für ein System anträten, »in dem der Mensch dem Gewinn übergeordnet ist«.

Sozialistische Zielsetzungen sind jedoch in der eingangs erwähnten Resolution der ELP nicht zu entdecken, im besten Sinne sozialdemokratische dagegen schon. Beispielsweise die Forderung nach einem neuen Statut für die Europäische Zentralbank, die einer »öffentlichen und demokratischen Kontrolle« zu unterstellen sei, um damit eine »Kreditpolitik zur Förderung unbefristeter Beschäftigung und Entwicklung« zu gewährleisten.

Neben der Finanzkrise stand vor allem die Entwicklung eines Wahlprogramms der Europäischen Linkspartei für die im kommenden Jahr anstehenden Wahlen zum Europaparlament im Mittelpunkt der Diskussionen in Athen. Ein hier ausgearbeiteter Entwurf wird in den kommenden Wochen innerhalb der Mitgliedsparteien diskutiert. Jede Partei werde ihr eigenes Programm aufstellen, in dem auch nationale Besonderheiten berücksichtigt werden könnten, erklärte Bisky in Athen. Ziel sei es aber, auf einer weiteren Konferenz im November in Berlin »vier bis fünf gemeinsame Punkte« aufzustellen, mit denen »die Linke in Europa als Gesicht und als Adresse erkennbar« werde.

»Die Europäische Linkspartei und Die Linke in Deutschland sind pluralistische Parteien«, erläuterte Bisky auf Nachfrage nach der Möglichkeit gegensätzlicher Ansichten in verschiedenen nationalen Wahlprogrammen gegenüber junge Welt. Unterschiedliche Gesichtspunkte würden natürlich akzeptiert. Am Ende aber seien alle verpflichtet, sich an die Entscheidungen der Mehrheiten zu halten.

In der griechischen Linksallianz, deren Vorsitzender zum »Gegenangriff aller sozialistischen Kräfte« aufrief, ist der linke Flügel in der Überzahl. Wer sich innerhalb der ELP durchsetzen wird, bleibt abzuwarten.

Quelle: junge Welt

Unia-Kongress hat neue Geschäftsleitung gewählt

Der Unia-Kongress hat am Samstag in Lugano eine neue, schlankere Führung gewählt und prüft eine Volksinitiative zur Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns.

Die rund 400 Unia-Delegierten habe eine neue Führung gewählt. Dabei wurde die Geschäftsleitung von 11 auf 9 Mitglieder verkleinert. Im Amt bestätigt wurden die bisherigen Co-Präsidenten Renzo Ambrosetti und Andreas Rieger sowie die Geschäftsleitungsmitglieder Fabienne Blanc-Kühn, Jean-Claude Rennwald, Hansueli Scheidegger, Rita Schiavi und Michael von Felten. Mit Vania Alleva und Corrado Pardini wählte der Kongress neu zwei Vertreter/innen einer jüngeren Generation in die Geschäftsleitung. Ebenfalls verkleinert wurde der Zentralvorstand, der ebenso wie die Geschäftsleitung neu mindestens ein Drittel Frauen umfassen muss. Damit stellten die Unia-Delegierten vier Jahre nach der Fusion den Generationenwechsel und die bessere Vertretung der Frauen in ihrer Führung sicher.

Einen weiteren Kongressschwerpunkt bildete die anschliessende Debatte um das Positionspapier «Gute Gesamtarbeitsverträge für alle». Die Delegierten nahmen das Papier nach intensiver Debatte und einigen Änderungen an und etablierten damit präzise Eckwerte für die künftige GAV-Politik der Grossgewerkschaft. So müssen Gesamtarbeitsverträge gegenüber den gesetzlichen Minimalbestimmungen erhebliche Verbesserungen bringen und zum Beispiel Mindestlöhne, einen 13. Monatslohn für alle und vermehrt auch wieder den automatischen Teuerungsausgleich vorsehen. Zudem fordern die Delegierten nebst etlichen weiteren Punkten Arbeitszeitverkürzungen statt Arbeitszeitverlängerungen, das Verbot von Diskriminierung aufgrund von Geschlecht, Nationalität oder Aufenthaltsstatus und konkrete Massnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Das Papier hält zudem fest, dass sich gesetzlicher und vertraglicher Schutz nicht widersprechen sondern ergänzen müssen. Das System der Gesamtarbeitsverträge müsse von den Behörden unterstützt werden. Wenn die Regulierung über GAV nicht gelinge, müssten gute Arbeitsbedingungen vom Gesetzgeber garantiert werden: «Wenn Arbeitgeber in ihrer Branche keine sozialpartnerschaftlichen Verträge mehr wollen, bereiten sie selber den Weg zu vermehrter gesetzlicher Regulierung.» Die Delegierten nahmen in diesem Zusammenhang den Antrag zur Lancierung einer Volksinitiative für einen gesetzlichen Mindestlohn zur Prüfung an.

Steuergelder nicht ohne Gegenleistung

Mit dem gigantischen Volumen von 470 Milliarden Euro  will die deutsche Regierung das wankende Bankensystem stützen – wegweisende neue Regeln für das Finanz-Casino enthält das Sofortprogramm ebenso wenig wie Konjunkturmassnahmen gegen die drohende Krise der Realwirtschaft.

„Die Sicherung der Banken mit Steuer-Milliarden kann nur dann erfolgreich sein, wenn die Bundesregierung zugleich alles tut, damit die Wirtschaft nicht einbricht. Deutschland braucht jetzt ein Konjunkturprogramm“, fordert der Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE, Oskar Lafontaine. „Niemand könnte fast eine halbe Billion an Steuergeldern für Banken rechtfertigen, die sich im weltweiten Finanzcasino verzockt haben, und gleichzeitig massive Arbeitsplatzverluste durch eine Rezession in Kauf nehmen, ohne dagegen etwas unternommen zu haben.“ Lafontaine weiter:

„Die Bundesregierung verlässt endlich den Irrweg der unabgestimmten Einzelfalllösung und versucht, sich den Herausforderungen der Komplexität der internationalen Finanzkrise zu stellen. Dabei ist es richtig, das Interbankengeschäft durch Garantien zu stützen, so dass Geldkreislauf und Kreditvergabe wieder in Gang kommen.

Ebenso richtig ist die Bereitstellung von zusätzlichem Eigenkapital. Das aber kann es nur gegen eine Gegenleistung der Banken geben. Wo der Steuerzahler sich engagiert, muss der Staat an den Banken beteiligt werden. Nur das sichert wirklich die Möglichkeit, Entscheidungen der Banken mitzubestimmen.

Nach diesem ersten Schritt muss die Bundesregierung schnell die nächsten gehen. Ohne Anstrengungen, um die Konjunktur anzukurbeln, bleibt der Bankenschirm löchrig. Dazu muss in erster Linie die Binnenkaufkraft gestärkt werden – durch eine Abkehr von der Niedriglohnspirale, durch einen gesetzlichen Mindestlohn von 8,71 Euro wie in Frankreich, durch eine Anhebung der Renten und des Hartz IV-Regelsatzes. Darüber hinaus brauchen wir ein Investitionsstützungsprogramm durch ein Vorziehen öffentlicher Investitionen in Bildung und Infrastruktur sowie durch die Wiedereinführung der degressiven Abschreibung mit Sonderabschreibungsmöglichkeiten im ersten Jahr.

Die Einkommens- und Vermögensgewinner der letzten Jahre, deren Renditeerwartungen nicht wenig zum Finanzchaos beigetragen haben, sollten mit einer Millionärssteuer zur Finanzierung der Bewältigung der Krise herangezogen werden.“

Action und Propaganda

(luk) Am 25. Semptember lief der Film «Der Baader Meinhof Komplex» vom Drehbuchautor und Produzenten Bernd Eichinger in den Kinos an. Von den 20 Millionen Produktionskosten wurden 6.5 Millionen von staatlichen Filmförderungen übernommen. Das muss seinen Grund haben. Eine politische Filmkritik.

Wahnsinnige Lifestyle-Revolutionäre. Das ist das Bild, welches im Film «Der Baader Meinhof Komplex» über die Mitglieder der Roten Armee Fraktion vermittelt wird. Moritz Bleibtreu, der Darsteller von Andreas Baader, kommentierte die Äusserung, dass er einen schelmischen, unpolitischen Macho spiele: « Man machte Politik damals, wie man heute an eine Afterwork-Party geht. Und sie wurden vom Spass getrieben: Free Love, Peace und Vögeln vor den Kindern. Erst im Gefängnis las Baader politische Bücher.» Die RAF – eine Afterwork-Spassbande, die sich erst im Gefängnis politisierte. Eine absurde Vorstellung, aber eine, die im Film konsequent inszeniert wird. Es wird nicht versucht, der Politik der RAF zu widersprechen, sondern, ihr jeglichen politischen Charakter abzusprechen. Dabei muss natürlich Sachlichkeit und eine historische Darstellung der Tatsachen fallengelassen werden: «Kurz vor Drehbeginn tauchte plötzlich ein Tonbandmitschnitt des Prozesses auf. Da sassen wir alle zusammen in Berlin und haben den angehört. Baader redete (…), und es war ziemlicher Murks, den er erzählte», sagt Bleibtreu. Gefragt, ob Bleibtreu den Baader so spielen solle, antwortet der Regisseur des Films Uli Edel: «Natürlich nicht!» – Das Drehbuch war zu dieser Zeit schon geschrieben, und es sollten ja nicht die wirklichen Geschehnisse dargestellt, sondern ein bestimmtes Bild von der RAF erzeugt werden…

Und so wird Andreas Baader nicht als politischer Revolutionär dargestellt, sondern als cholerischer Macho, dessen politische Aktionen nur Ausdruck seines unbändigen Charakters sind. Bei den inszenierten Wutanfällen muss er sogar mitunter für sexistische und rassistische Bemerkungen hinhalten. Gudrun Ensslin – gespielt von Jolanda Wokalek – bekommt dagegen die Rolle der Geliebte von Baader, ihn bewundernd, ihm hingegeben. Versteht sich, dass auch für sie dei Beteiligung am militanten Widerstand nicht aus politischen Gründen erfolgt. Im Gegensatz zur eindimensionalen Ensslin wird versucht, Ulrike Meinhofs Lebensweg – von Martina Gedeck inszeniert – mehr oder weniger nachvollziebar zu machen. Was allerdings darin endet, dass sie im Stammheimer Gefängnis als Verrückte dargestellt wird.

Propaganda

Das man den Film durchaus als einen agitativen Film, der eindeutig gegen die Rote Armee Fraktion Stellung bezieht, sehen kann, ist nicht nur an der Darstellung der Charaktere zu erkennen, sondern auch an der Auswahl und Inszenierung vom frei erfundenen Szenen, und vor allem: am Umgang mit dem Tod von Meinhof, Baader, Ensslin und Jan-Carl Raspe. Zu Ersterem: Das Augenmerk beim Dreh über die RAF wird auf die «Brutalität» ihrer Aktionen gelegt. Weder, was sie mit den Aktionen bezwecken wollte, noch die Umstände, welche zu diesen führten, werden im Film besprochen. Dass auch prügelnde Polizisten, die Erschiessung Benno Ohnesorgs durch die Polizei, der Vietnamkrieg und das Attentat auf Rudi Dutschke gezeigt werden, erscheint im Hinblick darauf, dass die gesellschaftlichen Verhältnisse in der Bundesrepublik nicht gezeigt werden, lediglich als verkrampftes Gehabe, um den Schein der Historizität und Objektivität zu wahren. Der Gang in die Militanz von Ulrike Meinhof erscheint im Film deshalb nicht durch die gesellschaftliche, politische Analyse bestimmt, sondern als extremer Reflex auf diese Ereignisse. Und die RAF erscheint als mordende Bande, die nicht aus reflektiert politischen Motiven handelt. Ihre Ideologie als Wahnsinn, die nichts mit der Realität zu tun hat.

Die Todesnacht von Stammheim und der Tod Ulrike Meinhofs werden diskussionslos als Selbstmorde hingenommen. Mehr noch: Der Drehbuchschreiber Eichinger erdreistet sich am Schluss sogar, eine Szene anzudichten, in der ein RAF-Mitglied aussagt, dass all die Stammheimer Tode vorgeplante Selbstmorde waren. Nichts von all den Widersprüchlichkeiten der Tode; nichts davon, dass eine internationale unabhängige Untersuchungskomission zum Schluss kam, dass sich Ulrike Meinhof nicht selber umgebracht gekonnt haben kann (welche von der deutschen Justiz ignoriert wurde), nichts davon, dass Andreas Baader sich nicht aus 40 Zentimeter Distanz in den Nacken hat schiessen können (was getan wurde, wie eine medizinische Untersuchung ergab), nichts davon, dass an keine der Leichen von Baader, Ensslin und Raspe Schmauchspuren festgestellt werden konnten, welche eine Selbsttötung mit Pistole jedoch hinterlassen würde.

Als Gegenspieler der RAF wird der Chef des Bundeskriminalamtes, Horst Herold, dargestellt, gespielt von Bruno Ganz. Als weiser, bedachter, grossväterliche Mensch stellt er das Gegenstück zur unreflektiert-emotional inszenierten RAF dar. Das Weise an ihm wird so erarbeitet, dass selbst er den Staat kritisiert und seine Untergebenen vor unüberlegten Kurzschlusshandlungen gegenüber der RAF bewahrt. So ein Mensch, die sogar die Beweggründe der RAF versteht, kann doch nicht auf der falschen Seite sein, wird im Film wahrscheinlich versucht zu sagen.

Fiktion als Realität

Nun, wozu wurde der Film gemacht? Edel sagte, «für meine 20- und 21-jährigen Kinder», und das trifft es recht genau. Es geht darum, den Menschen heute weis zu machen, dass revolutionärer Widerstand keine Perspektive hat, ein Fehltritt der Geschichte ist, dass sie mit Gefängnis und Tod endet, und überdies unmenschlich und brutal ist. Die deutsche Zeitschrift «Stern» hat Jugendliche ins Kino geschickt, um den «Baader Meinhof Komplex» anzuschauen und danach ihre Meinung zu äussern. Das Wissen über die RAF ist auch bei deutschen Jugendlichen gering, und so wird, was im Film dargestellt wird, für Bares genommen. Katherina, 18-jährig, meint: «Es war brutal, die Menschen waren krank!», und ihr Freund: «Mit welcher Brutalität die Vereinigung vorgegangen ist, war mir vorher nicht wirklich klar. Durch den Film hat man das erst richtig zu sehen bekommen». Jan-Philipps gibt zur Auskunft: «Datenspeicherung, Überwachungs- und Polizeistaat – das beeinflusst uns bis heute. Ich habe mich auch gefragt, wie ich damals reagiert hätte. Wäre ich bereit gewesen, so weit zu gehen? Aus heutiger Sicht kann ich sagen, es war falsch.» Aber immerhin: Er will sich in Zukunft näher mit der RAF auseinandersetzen. Bei näherer Recherche wird er vielleicht sehen, dass die Schilderungen im Film keineswegs den Geschehnissen damals entsprechen. Und so das durchbrechen, was die Gefahr des Films ist: Dass die mediale Fiktion als Realität angesehen wird; dass dieser Film Geschichtsunterricht über die RAF wird. Der «Stern» rät dem Filmverleih Constantin Entertainment, «etliche Kopien an deutsche Schulen zu schicken». Die ältere Generation hat sich hat ihre Position gegenüber der RAF bereits angenommen. Wenn aber kein Gegenbewusstsein zu der Darstellung der RAF im Film geschaffen werden kann, so hat der Film dann auch erreicht, wofür er gedreht wurde: Den bewaffneten Widerstand als reale Alternative zum Leben im Kapitalismus vollends – auch bei den Jungen – zu diffarmieren.

Peru:Regierungskrise wegen Korruption

Nach schweren Korruptionsvorwürfen ist das gesamte Kabinett von Präsident Alan Garcia zurückgetreten. Ein Erdölunternehmen aus Europa bestach Minister

Peru wird gegenwärtig von einem Bestechungsskandal erschüttert. Dem norwegische Unternehmen Discover Petroleum wurden Vorzugsbedingungen in der Kooperation mit dem staatlichen Ölkonzern Petroperú eingräumt. Verantwortlich dafür sind eine Reihe von engen Freunden und Mitarbeitern des Präsidenten Alan Garcia. Nach grossem öffentlichen Druck löste dieser gestern den Ministerrat der Andenstaates auf und muss nun alle Ministerposten neu besetzen.

Ausgelöst wurde der Skandal am vergangenen Sonntag durch den Bericht eines Fernsehsenders. Der Sender veröffentlichte Mitschnitte von Telefongesprächen, aus denen deutlich wird, dass hohe Regierungsmitarbeiter „Kommissionen“ einstrichen, damit das europäische Unternehmen Vorzugsbedingungen bei der Ausbeute von peruanischem Erdöl bekommt. Im vergangenen September erhielt das Unternehmen den Zuschlag für mehrere Erdölfelder im pazifischen Ozean und im Urwald des Amazonas.

Mit der Neubildung seines Kabinetts versucht Garcia den rapiden Verfall seiner Popularität aufzufangen. Nach letzten Umfragen lag die Zustimmung zu seiner Politik nur noch bei 19 Prozent – der schlechteste Wert seit Beginn seiner zweiten Amtszeit im Juli 2006. Wenn heute Präsidentschaftswahlen in Peru stattfinden würden, würde sein damaliger Gegenkandidat, der Sozialist Ollanta Humala, möglicherweise die Wahlen gewinnen. Die nächsten Präsidentschaftswahlen in Peru finden im Jahr 2011 statt.

Peru ist eines der drei lateinamerikanischen Länder, die Bundeskanzlerin Angela Merkel als enge Partner der EU im Mai 2008 besucht hat. Neben Kolumbien und Mexiko verfolgt auch Peru eine auf Export orientierte neoliberale Politik. Proteste der Bevölkerung u.a. gegen die Privatisierung des Regenwaldes durch ausländische Unternehmen liess der sozialdemokratische Präsident im März mit äusserster Brutalität niederschlagen.


Quellen: Prensa Latina, amerika21.de

100.000 bei „Freiheit statt Angst“-Demo in Berlin

In Berlin hat heute um 17:00 Uhr direkt vor dem Brandenburger Tor die Abschlusskundgebung der Grossdemonstration „Freiheit statt Angst – Stoppt den Überwachungswahn“ stattgefunden .

Da viele Teilehmer sich unterwegs dem Zug angeschlossen haben, hat die Zahl der TeilnehmerInnen nach Angaben der Veranstalter zur Abschlusskundgebung 100.000 Menschen erreicht.

„An einen solchen Erfolg hätten wir in unseren wildesten Träumen nicht gedacht. Diese Bewegung für Bürgerrechte kann jetzt nicht mehr ignoriert werden“, so Ralf Bendrath vom AK Vorrat.

Der Überraschungsgast auf der Rednerbühne, Dr. Motte, wurde frenetisch von den 100.000 Teilnehmern bejubelt. Dr. Motte sagte von der Bühne: „Das ist toll, wow! Ich wünschte, 80 Millionen aus ganz Deutschland wären hier. Wir sind die Gesellschaft, wir haben die Möglichkeit.“ Daraufhin griff er die Bundesregierung an. „Warum sind immer noch Verfassungsfeinde in der Regierung?“

Die Organisatoren der Demo kündigen weitere Aktionen an. „Nach diesem Erfolg erwarten wir jetzt endlich Reaktionen von der Politik. Das heißt: Rücknahme der Vorratsdatenspeicherung und anderer Überwachungsgesetze und Eindämmung der Datensammelwut durch Firmen wie die Telekom“, so padeluun von der Demoleitung.

Irritierend sind die derzeitigen Meldungen der Polizei zur Anzahl der Demo-Teilnehmer: „Die Schätzungen wurden beim Sammeln am Alexanderplatz gemacht. Als sich zur Abschlusskundgebung die gut gelaunten Menschen auf der Straße des 17. Juni  aber fast bis zur Siegessäule drängten, korrigierte die Polizei ihre Schätzung gegenüber unserer Demo-Leitung sofort“ so Florian Altherr vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung.

G7: Substanzlose Erklärung statt Systemwechsel

Mit scharfer Kritik hat das globalisierungskritische Netzwerk Attac auf die am heutigen Samstag von den G7-Finanzministern vorgelegte Erklärung zur Finanzkrise reagiert. „Angesichts der Dramatik dieser Krise ist die Erklärung in nur einer Hinsicht aussergewöhnlich: aussergewöhnlich substanzlos.“, sagte Stephan Schilling, Finanzmarktexperte im bundesweiten Attac-Koordinierungskreis. Zentrale Probleme wie die globalen Ungleichgewichte bei Handelsbilanzen und Währungen würden nicht einmal erwähnt. Zudem lasse der Plan über unverbindliche Absichtserklärungen hinaus keinerlei Willen erkennen, die Kosten der Krise jene tragen zu lassen, die sie verursacht haben.

„Die Regierungen der Industrieländer sind gefangen in der neoliberalen Ideologie der nationalen Standortkonkurrenz. Es fehlt immer noch am Willen zu einer kooperativen Lösung.“ Zudem räche sich jetzt auf bittere Weise, dass die führenden Industrieländer in den angeblich guten Zeiten der Globalisierung alle Versuche blockierten, Strukturen für eine globale Regulierung und Aufsicht der Weltwirtschaft aufzubauen.

Einen ersten Vorgeschmack darauf, was passiere, wenn das Krisenmanagement den Nationalstaaten überlassen bleibe, gebe der aktuelle Konflikt zwischen Island und Grossbritannien, die sich gegenseitig die Konten sperren.

„Es ist skandalös, die Krisenhilfe nicht an einen Systemwechsel zu koppeln“, sagte Detlev von Larcher, ebenfalls Finanzmarktexperte im Attac-Koordinierungskreis. „Mit dem Umbau des Finanzsystems muss nun endlich auf allen Ebenen begonnen werden, um das Diktat der Kapitalmärkte über die Realökonomie zu brechen und den damit verbundenen Druck auf das Sozial- und Steuersystem zu stoppen.“

Bundesweiter Schulstreik in Deutschland geplant

Die SchülerInnen-Initiative „Bildungsblockaden einreissen!“ rüstet zum bundesweiten Schülerstreik in Deutschland am 12. November.Die Initiative fordert kostenlose Bildung von der KiTa bis zur Volkshochschule.

Politiker aller etablierten Parteien haben ihr Herz für Bildung entdeckt. Angela Merkel versucht mit ihrer Bildungstour zu punkten, die SPD will „Bildungspartei“ Deutschlands werden und die Grünen fordern gar die „Bildungsrevolution“. „Doch sie reden über unsere Köpfe hinweg. Statt warmen Worten und tollen PR-Veranstaltungen brauchen wir mehr Geld und ausreichend Lehrerinnen und Lehrer. Schulen dürfen nicht zu Lernfabriken verkommen!“ sagt Jenny Trost von der SchülerInnen-Initiative „Bildungsblockaden einreissen!“

Die SchülerInnen-Initiative „Bildungsblockaden einreissen!“ fordert unter anderem kostenlose Bildung von der KiTa bis zur Volkshochschule. Das Bündnis setzt sich ein für die Begrenzung der Klassengrösse auf maximal 20 SchülerInnen und als ersten Schritt dorthin die sofortige Einstellung von 100.000 LehrerInnen bundesweit. Der Forderung des DGB nach 30 Milliarden Euro Mehrausgaben im Bildungswesen schliesst sich „Bildungsblockaden einreissen!“ an.

„Wir wissen, dass diese Forderungen erst durchgesetzt werden, wenn die Schülerinnen und Schüler lautstark auf ihre Situation aufmerksam machen. Deshalb rufen wir bundesweit zu einem Schülerstreik am 12. November auf. Zur Vorbereitung wird es eine bundesweite SchülerInnenkonferenz vom 10. – 12. Oktober geben. Den Aufruf dazu haben bereits 209 Organisationen und Einzelpersonen unterschrieben. Unter anderem René Rudolf, DGB Bundesjugendsekretär, DGB-Jugenden Sachsen, Niedersachsen, Berlin-Brandenburg, GEW-Berlin, Linksjugend [’solid] Baden-Württemberg, NRW, Sachsen, Stuttgart, das Aktionsbündnis gegen Studiengebühren sowie zahlreiche Schülervertretungen und Schüleraktionsgruppen aus vielen Städten.“ so Jenny Trost.

Auf der Konferenz wird mit mehreren hundert SchülerInnen und VertreterInnen aus der ganzen Bundesrepublik gerechnet. Gemeinsam werden sie die Vorbereitung des Streiks und die nächsten Schritte der SchülerInnenbewegung diskutieren.

Deutsche Autobranche vor massivem Jobabbau

Die deutsche Automobilindustrie steht vor einem drastischen Produktionsrückgang und vor Stellenstreichungen. „Die Automobilnachfrage wird im nächsten Jahr deutlich zurückgehen. Das wird den deutschen Herstellern erhebliche Einbussen bescheren“, sagte Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer gestern der Berliner Zeitung. Noch zehre die Branche von den Verkäufen in den ersten acht Monaten, „aber nächstes Jahr wird es schwer“.

Die Krise der amerikanischen Autowirtschaft habe Deutschland und Westeuropa voll erwischt. Selbst Wachstumsmärkte wie China und Brasilien würden nicht mehr „automatisch laufen“, sagte Dudenhöffer der Berliner Zeitung. Dies werde erhebliche Auswirkungen auf die Arbeitsplätze haben. „Ich schätze, dass allein im nächsten Jahr vermutlich 10 000 bis 20 000 Arbeitsplätze bei deutschen Automobilherstellern gestrichen werden.“ Europaweit würden „ganze Werke davon betroffen sein, unter anderem das Ford-Motorenwerk in Köln. „Das ist nicht mehr zu retten, das ist nach meiner Einschätzung weg“, sagte Dudenhöffer. „Auch bei den Zulieferern wird es zu Schliessungen kommen.“

Die aktuelle Finanzkrise habe die Situation deutlich verschärft. „Die bringt das Fass zum Überlaufen.“ Zu den vorhandenen Problemen kämen nun Finanzierungsschwierigkeiten beim Autokauf und eine allgemeine Kaufzurückhaltung. Dies alles zusammen ergebe einen „teuflischen Cocktail“.

Nachdem zahlreiche Autohersteller bereits sinkende Absatzzahlen für den vergangenen Monat verkündet hatten, reihte sich gestern auch die General-Motors-Tochter Opel ein: Der Autobauer musste einen Absatzeinbruch für September von mehr als 14 Prozent verkünden. Der schwedische Hersteller Volvo kündigte an, in einer neuen Entlassungsrunde rund 3 300 Stellen streichen zu wollen. Bereits im Juni hatte Volvo mitgeteilt, 1 500 Arbeitsplätze zu kürzen. Der japanische Autobauer Toyota muss Berichten zufolge seine Ergebnisprognose für das laufende Geschäftsjahr um 40 Prozent senken.

Faschismus in Italien kein Tabu mehr

Am vergangenen Montag schlugen sieben Jugendliche, die offenbar bevorzugt montags auf die Jagd nach Migranten geht, in Rom unter wüsten Beschimpfungen einen chinesischen Migranten zusammen. In Parma traf es einen Einwanderer aus Ghana.In Mailand kam es lediglich zwei Wochen nach dem tödlichen Übergriff auf Abdul Abba Guibre erneut zu einem rassistischen Angriff. Ein Senegalese wurde mit Baseballschlägern überfallen. Der Mob schlug auf ihn ein, weil er den weissen ItalienerInnen Arbeit stehlen würde.

Die Zahl der dokumentierten Übergriffe seit dem Jahr 2006 (pdf und Landkarte) nähert sich nun mehr 400 an. Weit über 70 Menschen wurden verletzt. Ein Ende ist nicht absehbar. Viel mehr radikalisiert sich die italienische Rechte weiter und schreckt, wie schon 2006, vor Morden nicht zurück. Ausserdem scheint sich nun auch die Camorra zu beteiligen und geht als Teil der faschistischen Bewegung – der Forza Nuova – ebenfalls auf Minderheiten- und Migrantenjagd. Sich offen und ungeniert selbst Faschist zu nennen ist im heutigen Italien keine Problem mehr. Der Skandal blieb auch aus, als in einem Interview mit Sportweek der Milan Keeper Christian Abbiati seine Symphatien mit der italienischen Rechten offenbarte, sich selbst als Faschisten bezeichnete und eine Entdämonisierung des Faschismus forderte.

Es sind zumeist organisierte Nazigruppen, die gezielt Linke, MigrantInnen, Gewerkschafter, Homosexuelle und JournalistInnen angreifen. Auch in diesem Jahr töteten Faschisten schon zweimal. Im Mai traf es Nicola Tommasoli. Er wurde von Nazihooligans des Vereins Hellas Verona erschlagen. Die Stadt betrachtet den Mord, trotz der offensichtlichen Zusammenhänge zu örtlichen, faschistischen Strukturen, lediglich als eskalierte Auseinandersetzung zwischen Jugendlichen. Im Fall des rassistischen Übergriffs auf Abdul Guibre im September in Mailand ist es wiederum lediglich ein eskalierter Streit, der zum Tod führt.

Im Jahr 2006 gab es schon einmal ein Welle der Gewalt gegen linke Projekte, Gewerkschaften, linke Parteibüros und Büros der Associazione Nazionale Partigiani d’Italia (A.N.P.I.), der Organisation ehemaliger Partisanen. Damals wurde Renato Biagetti am 2. August in Fiumicino in der Nähe von Rom von Faschisten getötet. In diesem Jahr gab es einen Angriff auf eine Gedenkfestival zu Ehren von Renato, bei dem eine Person schwer und eine weitere leicht verletzt wurde.

Die Geschichte der Übergriffe auf die linke, soziale Bewegung in Italien kann jedoch nicht losgelöst von staatlicher Repression gesehen werden. 2003 in Genua töteten Polizisten Carlo Giuliani. Im Jahr 2003 verhinderten Carabinieri die medizinische Erstversorgung von Davide Dax Cesare. Die intervenierenden Freunde wurden zusammengeschlagen und gejagt. Im September 2006 wurde Frederico Aldrovandi von Streifenpolizisten getötet. Die Ermittlungsbehörden behindern die Ermittlungen massiv oder verharmlosen die faschistischen Übergriffe als Hooliganismus oder Vandalismus.

Jedoch lässt sich eine Kontinuität in der Zusammenarbeit staatlicher Stellen mit faschistischen, rechtskonservativen und nationalistischen Parteien feststellen. Das 1946 gegründete Movimento Sociale Italiano (MSI) ist die direkte Nachfolge der faschistischen Partei Partito Nazionale Fascista (PSI) Mussolinis.

In den 50iger Jahren bilden sich militante faschistische Gruppen. Eine massgebliche Person ist Giuseppe Pino Rauti. Er gründet den Ordine Nuovo, der sich in der Tradition der Waffen-SS sah. Zusammen mit der Abspaltung Avanguardia Nazionale sind sie für die blutigsten Bombenanschläge in der italienischen Geschichte verantwortlich (Piazza Fontana / Mailand – 1969, Hauptbahnhof Bologna1980). Diese und andere Anschläge wurden jeweils, ganz im Sinne der Strategie der Spannung in Kooperation mit staatlichen Offiziellen den linken und vor allem anarchistischen Gruppen in die Schuhe geschoben.

Ab den 90iger Jahren wandelt sich das MSI zu einer rechtskonservativen, nationalistischen Partei, wobei die Berührungspunkte mit Nazis nicht aufgegeben werden. Die Gründung der Alleanza Nazionale (AN) im Jahr 1995 ebnet den Weg ins Parlament und manifestiert die scheinbare Wandlung. Mit Berlusconis Wahl zum Ministerpräsident sind erstmals Politiker der AN, wie Gianfranco Fini als Aussenminister und stellvertretender Ministerpräsident, und mit ihm faschistische Diskurse ins italienische Parlament eingezogen.

Es kommt wieder einmal zur Spaltung in der Rechten. Der offen faschistische Teil gründet die Fiama Tricolore. Wiederum ist es Rauti, der die inszenierte, jedoch nicht vollzogene, Abkehr vom Faschismus nicht mitragen will. An seiner Seite, die Reihen fest geschlossen, steht die Forza Nuova, die 1997 von Robert Fiore, dem verurteilten Rechtsterroristen, und dem faschistischen Künstler Massimo Marsello in London gegründet wurde. Aus diesen Kreisen wird 2001 ein Bombenattentat auf das Büro der radikallinken Tageszeitung Il Manifesto verübt. Weitere Anschläge auf Gewerkschaften, Hausprojekte und Parteibüros werden folgen.

Die Reibung zwischen Parlamentarismus und offenem Faschismus führte seit Kriegsende zu den verschiedensten Parteien und Bündnissen. Immer wieder gab es jedoch Kontakte zwischen den Strömungen. Berührungsängste zu militanten Aktionsformen und der Beeinflussung staatlicher Organe mit allen Mitteln gab es nie. Der politische Gegner wird diskreditiert, verfolgt und am liebsten vernichtet. Die Bewegungen um die MSI, später die AN, die Lega Nord und Berlusconis Forza Italia kokettieren mal offen, mal weniger deutlich mit faschistischen Ideologien und Diskursen. Damit halten sie diese in der italienischen Gesellschaft am Leben. Mussolinis Bilder und Kalender sind bis heute Teil des italienischen Strassenbildes.

Auf der anderen Seite gab es eine genauso starke, bunte und breit gefächerte antifaschistische Kultur. In den Vereinen ehemaliger Partisanen, in den anarchistischen Zirkeln, den kommunistischen Jugendorganisationen und den Gewerkschaften konnten sich eigene und vor allem feste Organisationsstrukturen entwickeln, die bis heute existent sind und einen Schutzraum bilden. Jedoch ist die Geschichte der Übergriffe auf sie ebenso lang, wie ihre Existenz. Sie werden wahlweise von Nazis, staatlichen Behörden oder Sicherheitsorganen, manchmal auch gemeinsam, angegriffen.

Die Übergriffe mehren sich. Die politische Situation in Italien hat sich massiv verändert. Rassistische Pogrome, Übergriffe auf MigrantInnen und Linke häufen sich und werden zunehmend brutaler geführt. Xenophobie, Homophobie und Antisemitismus sind gesellschaftsfähig und bestimmen den gesellschaftlichen Diskurs auf allen Ebenen. Die Gefährdung alternativer Strukturen ist gewachsen. Die antifaschistischen Strukturen gewährleisten ein Minimum an Offenheit. Der antifaschistische Selbstschutz bleibt aber notwendiger denn je, genauso wie seine internationale Unterstützung.

Quelle: LucaPinoRelli, Analyse, Kritik & Aktion

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