Vom Wahnsinn der UBS

Die Jahresbilanzen der UBS sind nun bekannt: Die UBS machte im Jahr 2010 einen Gewinn von 7,16 Mrd. Franken. Damit schreibt die Bank, die mit 68 Mrd. an Steuergeldern gerettet werden musste, zum ersten Mal seit 2006 wieder schwarze Zahlen. Pikant sind die geplanten Bonus-Zahlungen: Sie sollen aus einem Topf erfolgen, der satte 4,3 Mrd. Franken umfasst.

UBS: Geschichte eines Kasinos

Im Zuge der Immobilien- und Bankenkrise der Jahre 2008 und 2009 geriet auch die UBS in eine wirtschaftliche Schieflage. Man nahm teil am weltweiten Roulettetisch und verspielte Milliarden. Am Ende des Jahres 2008 hatte man ein unglaubliches Gelddefizit von mehr als 60 Milliarden Franken angehäuft. Dass man sich verspekuliert hatte gab man – in guter Bankenmanier – natürlich nicht sofort bekannt. Bis zum Oktober 2008 hielt man eisern an den Parolen von der „soliden Bank UBS“ fest, dann musste man sich jedoch eingestehen, dass man aus eigener Kraft mit dem Kapitalverlust nicht fertigwerden konnte. Also wandte man sich an den Staat, der – getreu dem Motto „Too Big to Fail“ – die UBS mit einem historisch einzigartigen Rettungspaket von 68 Mrd. Franken rettete. Die Bedingungen der Rettung war die Begrenzung der Bonuszahlungen an die Manager. Im Zuge dieses „Sündenfalls“ der UBS wurde auch ein Teil der Managerriege ausgewechselt, etwa Marcel Ospel. Erst durch diese Entlassungen entging die Bank Sanktionen durch dir Bankenkommission, denn es war offenbar geworden, dass sie mit ihren Spekulationen im Immobiliengeschäft Gesetze gebrochen hatte.

Neue Gewinne und neue Gehälter

In den Jahren 2007 bis 2009 machte die Bank Verluste. Im letzten Jahr betrugen die noch 2,74 Mrd. Franken. Nun aber konnte man erste Gewinnmeldungen bekanntgeben. Um die 7,16 Mrd. Franken soll die Bank im letzten Jahr gewonnen haben. Nun könnte man meinen, dass eine Bank wie die UBS, die durch staatliche Hilfe gerettet wurde und einige Jahre der Verluste hinter sich hat, daran arbeitet, hohe Kapitalrücklagen aufzubauen. Tatsächlich aber hat die UBS ihr Verhalten nie überdacht. Während man im Rettungsjahr 2008 den Bonuspool noch um 80% reduzierte (von geplanten 9,5 Mrd. Franken auf 2 Mrd. Franken), stockte man ihn 2009 schon wieder kräftig auf und erreichte einen Topf von satten 4,6 Mrd. Franken, die zur Auszahlung an „erfolgreiche“ Manager bereitstanden. Auch in diesem Jahr wird das Niveau des Vorjahres in etwa gehalten: Gute 4,3 Mrd. Franken dürfen als Boni ausgezahlt werden. Dass überhaupt eine Reduzierung (im Vergleich zum letzten Jahr) stattfand, liegt an den neuen Auflagen der Finanzmarktaufsicht. Diese forderte einerseits die Reduzierung des Bonuspools um 10% und andererseits, dass ein drittel der Boni erst verspätet ausgezahlt werden dürfe, für den Fall, dass die Gelder doch anderweitig benötigt werden.

Es ist also schon erstaunlich, mit welch unfassbarer Unbelehrbarkeit die UBS wirtschaftet. Ein Blick auf die Zahlen genügt, um sich des Irrsinns bewusst zu werden: Ein Gewinn von 7 Mrd. Franken steht Extrazahlungen von 4,3 Mrd. Franken gegenüber. Umgekehrt: Würde die UBS auf derlei Zahlungen verzichten, könnte sie ihren Gewinn um mehr als 50% erhöhen. Begründung der UBS: Derlei Boni müssen gezahlt werden, um Topleute halten zu können. Frage normaler Menschen: Was sind das für Topleute, die den Gewinn der Bank um 50% senken und sie, vor nichtmal drei Jahren, in den Abgrund gerissen haben?

„Europäische Wirtschaftsregierung“

Eine „Europäische Wirtschaftsregierung“ soll aufgebaut werden. So die Forderung der deutschen und französischen Regierung, vertreten von Merkel und Sarkozy. Gestern wurde der Plan in seinen Grundzügen von den Regierungschefs Europas abgesegnet.

Eine Wirtschaftsregierung?

Der Plan macht skeptisch: Regieren in Europa nicht ohnehin Wirtschaft und Kapital? Ja, aber das ist offenbar nicht genug. In dem Plan der Wirtschaftsregierung steckt vor allem die Hoffnung, das Vorgehen der europäischen Staaten zu harmonisieren. Und was das heissen soll, wird schnell klar: Ein einheitliches Rentenalter (nämlich das deutsche, das bei 67 liegt), eine einheitliche Lohnpolitik (gelenkt von den Regierungen) und auch eine einheitliche Steuerpolitik soll es geben. Kommentiert wird all das mit der „Abschaffung von Wettbewerbsnachteilen“.

Widerstand innerhalb der EU

Immerhin wurde dieser Plan nicht einfach abgenickt: Widerstand meldete sich, unter anderem, aus Österreich und Belgien. Jedoch scheint es, als ob man weniger die geplante Vernichtung der Sozialstaaten fürchtet, als viel mehr den Kontrollverlust über den eigenen Sozialabbau. So wurde der Plan zwar angenommen, aber seine Details wurden noch ausgeklammert und man ist nicht bereit, sich Zeitplan und Inhalt der „Wirtschaftsregierung“ von Deutschland oder Frankreich diktieren zu lassen. Was folgt, sind weitere Spitzengipfel und Treffen, auf denen das Projekt weiter besprochen werden soll.

Interessante Implikationen

Zweierlei ist interessant an den Plänen. Zuerst offenbart sich die EU ein weiteres Mal als Institution zur Durchsetzung von Wirtschaftsinteressen. Der hier geplante Sozialabbau dürfte tatsächlich von gewaltigem Ausmass sein; die Folgen einer derartigen Wirtschaftsregierung für die Arbeiterklasse wären wohl verheerend. Andererseits ist interessant, dass die Gespräche um die Wirtschaftsregierung nicht im Europaparlament stattfanden, sondern im kleinen Kreis der Regierenden. Hier zeigt sich, dass das eigentliche Zentrum europäischer Macht nicht in den Dutzenden von Institutionen liegt, die Europa angehäuft hat, sondern noch immer bei den Regierungschefs. Deutlich gemacht wird dies auch von Jerzy Buzek, dem Präsidenten des Europaparlaments, der davor warnt, genau dieses zu umgehen.

Angela Merkel bringt es auf den Punkt: „Wir verteidigen den Euro nicht nur als Währung, sondern auch als politisches Projekt“. Genau das ist es, was zu befürchten steht…