Lehrer streiken in Chicago

Seit Montag streiken in Chicago rund 30.000 Lehrer der öffentlichen Schulen für bessere Arbeitsbedingungen. Sie protestierten vor allem gegen ein neues Bewertungssystem für Lehrer, das nach Ansicht der Gewerkschaften zu stark auf dem Abschneiden ihrer Schüler bei Standardtests basiert. Dies könnte zur Entlassung von bis zu 6’000 Lehrern führen, befürchten Gewerkschaftler.

Am Montagabend  zogen Tausende durch die Strassen und skandierten «Hey, Hey, ho, ho, Rahm Emanuel’s got to go!» Emanuel, früherer Stabschef von Präsident Obama im Weissen Haus, ist seit 2011 Bürgermeister von Chicago und seine Kinder gehen auf eine Privatschule.

Der Streik bringt Präsident Barack Obama in eine Zwickmühle: Sein früherer Stabschef im Weissen Haus und jetziger Chicagoer Bürgermeister, Rahm Emanuel, legt sich in dem Streit mit den Gewerkschaften an, deren Unterstützung Obama wiederum für seine Wiederwahl im November benötigt. Der republikanische Präsidentschaftskandidat Mitt Romney versucht seinerseits Profit zu schlagen. Er warf Obama am Montag derweil vor, auf der Seite der Gewerkschaften zu stehen, deren Interessen mit denen der Schüler kollidieren würden. «Ich habe mich entschieden, mich auf die Seite der Eltern und Schüler zu stellen», erklärte Romney.

SP: Nein zu kollektive Regulierung der Sans-Papiers

Tatsächlich haben die JungsozialistInnen einige Anträge bei der Debatte zum Migrationspapier durchgebracht. So zum Beispiel bei den Zwangsausschaffungen, die «kein letztes Mittel» mehr sein können. Bedenklich aber, dass die Zwangsausschaffungen bei der SP überhaupt ein Thema sind. Die Parteileitung wollte eine «Politik fordern, die dazu führt, dass das Instrument der zwangsweisen Ausschaffungen nicht zur Anwendung kommt», wie es in der Vorlage hiess. Was dies genau heissen sollte und vor allem in der Praxis aussehen sollte, bleibt wohl ein Geheimnis der SP-Parteiführung. Wobei es noch unklar ist, wie der Passus zu den Zwangsausschaffungen  im Papier konkret ausformuliert werden wird. So erklärte ein Mitglied der Geschäftsleitung, dass es «keine  generelle Ablehnung bedeutet.» Dazu sei die Problematik zu komplex, argumentierte die Geschäftsleitung.

Auf Granit bissen die «jungen SPler» jedoch beim Thema Sans-Papier: Sie forderten eine kollektive Regulierung der Sans-Papier, was angesichts von über 100 000 Betroffenen in der Schweiz die einzige sinnvolle und humane Lösung ist. Davon wollten aber die «alten SPler» nichts wissen. Angenommen wurde eine Variante, die eine Regulierung bei «objektive und justiziable Kriterien» vorsieht – was auch immer dies heissen mag. Begründet wurde dieser Entscheid damit, dass eine kollektive Regularisierung ohne Einschränkungen Gefahren berge und so eine Akzeptanz in der Bevölkerung erschwert. Somit sagt die SP: Lieber mehr Akzeptanz in der Bevölkerung als weniger Ausbeutung der betroffenen Sans-Papiers. Somit bleiben auch auf Wunsch der Sozialdemokraten Tausende von Menschen illegal in einem der reichsten Länder der Schweiz – kaum zu glauben! Es liest sich wie ein Hohn, wenn der

Bei der Endabstimmung stimmte die JUSO dem Migrationspapier nicht zu, das aber auf breiten Konsens stiess. So liest sich die Stellungnahme der JungsozialistInnen auf ihrer Homepage doch recht komisch und seltsam: «Der Parteitag in Lugano hat das Migrationspapier der SP entscheidend geändert und einige der wichtigsten Änderungsanträge angenommen. Damit hat sich eine klare sozialdemokratische Linie in der Migrationspolitik (…)durchgesetzt.» Ein Schlussbemerkung sei daher erlaubt: Sich gegen Zwangsausschaffungen auszusprechen und dafür, dass jedes Kind, das mindestens fünf Jahre seiner Kindheit hier verbringt, automatisch das Schweizer Bürgerrecht erhält, sollte schlicht weg völlig Selbstverständlich sein. Die JUSO verkauft es als ihren Erfolg, als eine «sozialdemokratische Linie» in der Migrationspolitik. Was war denn bisher die Linie der SP in der Migrationspolitik?

Griechenland: Zehntausende demonstrieren gegen Kürzungen

Am Samstag, 8. September gingen in Thessaloniki anlässlich der Eröffnung der Internationalen Messe durch Ministerpräsident Samaras mehrere Zehntausend Menschen auf die Strasse, um gegen eine neue Kürzungswelle und gegen das Krisenprogramm der Troika zu demonstrieren.

Es gab vier verschiedene Demonstrationen in der nordgriechischen Stadt, aufgerufen dazu hatten die verschiedenen Gewerkschaftsdachverbände und verschiedene linke Organisationen. Am Wochenende begannen in Athen neue Gespräche zwischen der griechischen Regierung und den Vertretern der Troika (EU,EZB, IWF).

72 Massnahmen zur Abwälzung der Krisenlasten auf die Masse der Bevölkerung umfasst das neue Krisenprogramm, das die griechische Regierung bis Ende September im Auftrag der «Troika» durchs Parlament bringen will. Den Rentnern will sie unter anderem die monatlichen Bezüge um 10 Prozent kürzen und das Urlaubs- und Weihnachtsgeld streichen. Die Löhne und Gehälter der Staatsbediensteten sollen erneut um insgesamt 1,3 Milliarden Euro gekürzt werden, die der Polizisten zum Beispiel um durchschnittlich 12 Prozent. Die Ausgaben für das Gesundheitswesen will die Regierung um weitere 1,4 Milliarden reduzieren.Dies alles damit die Gläubiger Griechenlands, sprich die grossen Finanzkonzerne und Hedgefonds, das Geld für die Kredite zurückbekommen. Geld, das sie dem griechischen Staat oder anderen Auftraggebern vor einiger Zeit mit dem Ziel prächtiger Zinsgewinne geliehen, ja teilweise gar regelrecht aufgedrängt haben.

Das dreckige Geschäft der UBS

Die schweizerische Bundesanwaltschaft hat im Geldwäscherei-Skandal rund um den -malaysischen Oligarchen Musa Aman ein Strafverfahren gegen die UBS eingeleitet. Vorausgegangen war im April 2012 eine Strafanzeige des «Bruno Manser Fonds» (BMF) gegen die UBS, weil diese nachweislich über 90 Millionen US-Dollar Korruptionsgelder entgegennahm.

Der malaysische Spitzenpolitiker Musa Aman ist eine schillernde Figur. Der amtierende Gouverneur der Provinz Sabah auf der Insel Borneo ist König des Regenwaldes. Ob er treffender formuliert, der Mann, der über die Vergabe der Holzkonzessionen wacht und sich damit ein goldenes Näschen verdient. Und er ist der Bruder des malaysischen Aussenministers Anifah Aman sowie eng mit dem berüchtigten Taib-Clan vernetzt, welcher das Königreich Malaysia seit über vier Jahrzehnten kontrolliert und dem schwerer Amtsmissbrauch, Betrug, Geldwäscherei, Verschwörung sowie Bildung einer kriminellen Vereinigung vorgehalten wird.

 

Lukratives Geschäft mit dem Tropenholz

Die Affäre flog im August 2008 auf, als ein Vertrauensmann von Musa – ein gewisser Michael Chia – bei der Ausreise aus Hong Kong mit 16 Millionen Singapur-Dollar – über 12 Millionen Schweizer Franken – verhaftet wurde. Die anschliessende Untersuchung führte rasch zu Aman und der UBS. Der Bruno Manser Fonds wirft der UBS vor, unter schwerer Verletzung ihrer Sorgfaltspflichten über 90 Millionen US-Dollar Korruptionsgelder aus der illegalen Abholzung tropischer Regenwälder im malaysischen Bundesstaat Sabah entgegengenommen zu haben. Musa Aman, der Regierungschef der Provinz Sabah, verlangte von den Holzkonzernen jeweils hohe Bestechungsgelder für die Erteilung von Konzessionen zur Abholzung sowie für die Exportgenehmigungen von Tropenhölzern. Die Millionen liess sich Aman auf Konti von Mittelsmännern und Tarnfirmen bei der UBS-Filiale in Hong Kong bezahlen. Musa Aman unterhält weiter auch ein Konto bei der UBS in Zürich. Lukas Straumann, Geschäftsleiter des Bruno Manser Fonds, unterstreicht die hohe Verantwortung für die Banken bei der Bekämpfung von Korruption und Tropenholzgeschäft: «Die Banken müssen ihre Rolle bei der Bekämpfung der Umweltkriminalität viel aktiver wahrnehmen. In vielen Ländern bereichern sich führende Politiker persönlich an der illegalen Abholzung. Wenn wir die Zerstörung der Regenwälder stoppen wollen, müssen alle international tätigen Banken bei der Korruptionsbekämpfung mithelfen.» Der Bruno Manser Fonds hat der UBS eine Liste mit den Namen von 46 politisch exponierten Personen aus Malaysia übergeben und fordert die Schweizer Grossbank auf, allfällige bei ihr deponierten Vermögenswerte dieser Personen und von 400 mit ihnen verbundenen Unternehmen einzufrieren und den zuständigen Behörden als verdächtig zu melden. Ebenso fordert der Bruno Manser Fonds von der UBS die Veröffentlichung ihrer internen Policy zum Umgang mit Kunden aus der Holzbranche.

 

William und Kate

Für Malaysias Regierung kommt das Schweizer Strafverfahren zu einem delikaten und denkbar ungünstigen Zeitpunkt: Auf Mitte September ist das britische Prinzenpaar William und Kate zu einem Besuch auf Borneo angemeldet. Am 15. September 2012 wollen die beiden dort «den ältesten Regenwald der Welt» besuchen – oder was davon noch steht, wie der Bruno Manser Fonds süffisant in seiner Medienmitteilung festhält.

Fukushima in Mühleberg

Bern nach einer AKW Katastrophe

Der Aufenthalt am Bielersee ist gefährlich: Der See strahlt über Jahrzehnte stark radioaktiv. Mit anderen Worten: Passiert Fukushima im AKW Mühleberg, sind weite Teile der Schweiz zerstört. Dies zeigt der neue, animierte Kurzfilm «Was passiert, wenn Fukushima in Mühleberg geschieht?», den die Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz (AefU), die Ärztinnen und Ärzte für soziale Verantwortung (PSR/IPPNW) sowie Greenpeace am 6. September an einer Medienkonferenz in Bern präsentierten. Der Film basiert auf den Resultaten einer neuen Studie des renommierten Öko-Instituts Darmstadt. Er zeigt: Geschieht Fukushima im AKW Mühleberg sind weite Teile der Schweiz zerstört. Deshalb gehört der Altreaktor sofort abgeschaltet. Tritt im AKW Mühleberg Radioaktivität aus, erreicht die gefährliche Wolke nach nur einer Stunde die Bundesstadt Bern. Die Strahlung ist so stark, dass gemäss Kernenergiegesetz 90?000 Menschen sofort aus der Stadt Bern und ihrer Umgebung evakuiert werden müssen. In so kurzer Zeit? Wohin?

Hilfloser Katastrophenschutz

Das AKW Mühleberg ist über 40 Jahre alt. Logisch, dass seine Konstruktion veraltet und der Stahl ermüdet ist. «Die Menschen sind zum Spielball von altem Stahl geworden. Bricht er wie in Fukushima, ist das verheerend für die Gesundheit der Schweizerinnen und Schweizer, ja für das ganze Land», sagt Dr. med. Claudio Knüsli von PSR/IPPNW. Denn die Schweiz ist auf eine Atomkatastrophe nicht vorbereitet. Das belegt der Ida Nomex-Bericht vom 22. Juni 2012 an den Bundesrat: Evakuierungskonzepte fehlen, die medizinische Versorgung der Menschen ist nicht organisiert, Teile der Führung des Katastrophenschutzes  versagen nach wenigen Tagen wegen Übermüdung und der Kontakt zum havarierten AKW besteht nur, solange das öffentliche Telefonnetz funktioniert. «Das widerspricht dem Eidgenössischen Kernenergiegesetz, das einen funktionierenden Katastrophenschutz als zwingende Bedingung für den Betrieb auch des AKW Mühleberg voraussetzt», stellt Dr. med. Peter Kälin, Präsident der AefU, klar.

Inkaufnahme der Zerstörung weiter Teile des Landes

Diesen Widerspruch haben nach Fukushima auch AKW-Betreiber und Behörden erkannt. Deshalb versuchen sie, den Katastrophenschutz für einen schweren Unfall auszubauen. Das Öko-Instituts Darmstadt allerdings  belegt: Der Schutz der Menschen ist bei einem schweren Atomunfall aussichtslos. Die Behörden aber versuchen, den nicht möglichen Katastrophenschutz schön zu reden. «Das können wir als Ärzte nicht hinnehmen», so Kälin. Und Dr. med. Claudio Knüsli bilanziert: «Ein Ausbau des Katastrophenschutzes ist nichts anderes als der Versuch, das AKW Mühleberg zu legitimieren. De facto bedeutet der Weiterbetrieb, die Zerstörung weiter Teile des Landes in Kauf zu nehmen.» Darum verlangen AefU, PSR/IPPNW und Greenpeace die Stilllegung von Mühleberg – zum sofortigen Schutz der Menschen.

Kurzfilm: «Was passiert, wenn Fukushima in Mühleberg geschieht?»: www.aefu.ch

Sexstreik in Togo!

Neun verschiedene gesellschaftliche Gruppen und sieben Oppositionsparteien in Togo rufen die Frauen zum Sexstreik für eine Woche auf. Mit dieser Methode sollen die Männer dazu mobilisiert werden, Widerstand gegen die jahrzehntelange Herrschaft der Präsidentenfamilie Gnassingbe zu leisten  und den Präsidenten zum Rücktritt zu zwingen.

Von heute, Montag, 3.September, treten die Frauen sieben Tage lang in den Sexstreik. Grund dieser Protesaktion sind eine Reihe von Änderungen des Wahlgesetzes. Laut der Opposition dienen sie nur dazu, der Partei des Präsidenten den Sieg an den Parlamentswahlen vom Oktober zu sichern.

«Wir haben viele Mittel, um den Männer klar zu machen, was wir Frauen in Togo wollen», sagt Isabelle Ameganivi, die Wortführerin der Frauen innerhalb der Opposition. Und sie fügt hinzu: «Wenn sie unsere Schreie nicht hören wollen, dann greifen wir zu viel stärkeren Mitteln, als der Sexstreik.

Der Sexstreik wurde 2003 von liberianischen Frauen als Mittel in einer Kampagne für den Frieden in ihrem Land eingesetzt. Dem Aufruf zum Sexstreik gingen mehrere Demonstrationen gegen den Präsidenten voraus, bei der die Polizei Tränengas einsetzte und über 100 Demonstrantinnen und Demonstranten verhaftet

«Sozialpartnerschaft» für wen?

Für den 22. September rufen die Gewerkschaften zu einer schweizweiten Demonstration für den «Werkplatz Schweiz» und für die Erneuerung des Gesamtarbeitsvertrages (GAV) in der Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie (MEM-Industrie) auf. Unsere Solidarität mit den Arbeitenden dieses Sektors ist ein Muss. Genauso notwendig ist jedoch eine Reflexion der betrieblichen Auseinandersetzungen des letzten Jahrzehnts.

«Wir fordern eine neue Sozialpartnerschaft», so der Grundtenor der Mobilisierungszeitung der Gewerkschaft Unia für die Demo vom 22. September in Bern. Diese müsse auf zwei Säulen stehen: Erstens auf einen starken GAV, der die Arbeits- und Lohnbedingungen regelt und zweitens auf die gemeinsame (Gewerkschaften und Unternehmen) Entwicklung einer «industriepolitischen Agenda».

Ein Blick auf die «Strategie der Sozialpartnerschaft» wirft jedoch einen grundsätzlichen Zweifel auf. Historisch gesehen hat sie während der Hochkonjunktur zwar eine materielle Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen der Kernbelegschaft erbracht – jedoch immer auch mit Ausschluss des migrantischen und weiblichen Subproletariats. Der Verzicht auf kämpferische Strategien wurde von den Unternehmen mit Lohnerhöhung «erkauft». Doch diese Strategie geriet logischerweise dann «in die Krise», als das ganze kapitalistische System in eine Strukturkrise geriet.

 

Die Macht des Kapitals

In der Schweiz geniessen Unternehmen im europäischen Vergleich Wettbewerbsvorteile, die ihre Macht in den Betrieben stärken: ein schwaches Arbeitsrecht und ein inexistenter Kündigungsschutz. Diese Macht hat sich in der Verteilung des produzierten Reichtums übertragen. Wie unterschiedliche Studien der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich (KOF) festhalten, hat die produktive Reorganisation der 1990er Jahren einschlägige Effekte nach sich gezogen. Zwischen 1992 und 2002 hat die Produktivität in der Industrie um 38 Prozent zugenommen, die Löhne wurden – wenn überhaupt – nur der Teuerung angepasst. Ab 2004 schienen sie dann wieder einmal zu wachsen, doch die aktuelle Krise hat einen doppelten Effekt ausgelöst: Einige Produktionssektoren wurden geschwächt oder gar zerstört. Für diejenigen Sektoren allerdings, welche die Krise überlebt haben, wird die Produktivität noch einmal erhöht. Und dies auf Kosten der Arbeits- und Lohnbedingungen der ArbeiterInnen. Trotz scheinbarer Stille fanden in den letzten Jahren in der Industrie nicht wenige betriebliche Auseinandersetzungen statt. Meist ging es um Massenentlassungen und Betriebsschliessungen, doch auch um Arbeitszeiterhöhung und Lohnreduktion. In denjenigen Auseinandersetzungen, in denen die «Strategie der Sozialpartnerschaft» dominierte, isolierte sich die Belegschaft schnell in eine Position der Schwäche. Bei der Schliessung der Sappi in Biberist (SO) beispielsweise argumentierten die Belegschaft und ihre Vertretung, sie dürfen jetzt nicht streiken, sondern disziplinierter und intensiver arbeiten, damit die Direktion sehe, dass «ein guter Betrieb» geschlossen werde. Ironischerweise benutzte die Sappi das Argument der Disziplin der Belegschaft in Biberist Jahre zuvor, um ihren Standort in Finnland zu schliessen. Die Belegschaft hatte damals darauf verzichtet, sich mit den finnischen KollegInnen zu solidarisieren und somit den Kampf zu internationalisieren.

 

Standortpolitik gegen die ArbeiterInnen

Es gehört zur Strategie von Unternehmen, Standorte gegeneinander auszuspielen. Das mussten die Beschäftigten von Merck Serono in Genf diesen Sommer erleben. Mit dem Argument der Überkapazität wurde das Werk in Genf geschlossen und gewisse Bereiche der Produktion nach Darmstadt (D) verschoben. Als die Belegschaft zum Hauptsitz der Firma reiste, um gegen die Massenentlassung zu protestieren, weigerten sich die deutschen KollegInnen, sich zu solidarisieren. Die Gewerkschaft verhandle gerade den neuen GAV, was einen konfrontativen Kurs nicht erlaube.

Die «Strategie der Sozialpartnerschaft» wird also auch in Zukunft kaum materielle Verbesserungen herbeiführen für die Lohnabhängigen. Gerade in Zeiten der Krise werden die Unternehmen ihre Position stärken wollen. Dagegen kann auch eine «neue Sozialpartnerschaft» nichts tun.

Ich kam verändert und gestärkt zurück [Teil 2/2]

9. März 2012 – Nr 11/12 Im zweiten Teil des Berichtes über den politischen Prozess gegen die sozialistische Linke in Istanbul beschreibe ich den Prozesstag aus persönlicher Sicht. Die vielen Gespräche mit GenossInnen und die Teilnahme im stinkigen Gerichtssaal sind prägende Lebenserfahrungen. Sie haben Einfluss auf mein eigenes Bewusstsein und meine Persönlichkeit gehabt.

 kafkaeskes Gerichtsgebäude beim Devrimci Karagah Prozess in der Türkei

Am Morgen des Prozesstages wurde ich mit den Worten «Comrade, it’s time» geweckt. Die Weise wie wir in der Türkei als «Comrades» angesprochen wurden, war speziell für mich. Es fehlte dieser leicht scherzende Unterton, welcher in der Schweiz oft beim Wort Genosse mitschwingt. Die Anrede Comrade, auf Türkisch «Yoldash», zeugt von tiefem Respekt, von Freundschaft und Vertrauen. Der Ausdruck ist geprägt durch das Leid, welches unsere GenossInnen in der Türkei tagtäglich erfahren. Wir leiden hingegen nur unter GenossInnen, welche meinen, besser zu wissen, was wahr und was falsch sei und uns die Ohren wund predigen. In der Türkei erklärte mir niemand von oben herab den wahren Weg zum Sozialismus. Das Wort Genosse war, was es bedeutet: Die Anrede für Gleiche unter Gleichen, für Menschenmit welchen man zusammen diskutiert und zusammen arbeitet.

 

Ein Geheimdienstdokument

«Das Recht ist die Grundlage des Staates». Dieser Satz prangte in grossen Lettern über den schläfrigen Richtern. Doch sinnbildlich für die ganze Situation eines politischen Prozesses war, dass die meisten ZuschauerInnen den Satz kaum lesen konnten. Es wurde extra ein so kleiner Gerichtssaal gewählt, dass die Menschen dicht gedrängt, fast wie in einer Massentierhaltung, kaum Platz zum Atmen hatten. Als ich im Vorfeld an den Prozess und an das Gerichtsgebäude dachte, ging ich immer von einem repräsentativen, die Mächtigkeit des Staates zeigenden Bauwerk aus. Dem war nicht so. Es war ein alltägliches, nicht als Gericht erkennbares Bürogebäude. Nur die drei Gefangenentransporter und die drei Polizeimannschaftsbusse wiesen auf die Wichtigkeit des Gebäudes hin. Die Toilette war ungeputzt und es stank wie in einem Schweinestall. War dies auch der Grund dafür, dass viele Polizisten Gasmasken am Gürtel neben ihrem Knüppel hängen hatten?

Im stickigen Gerichtssaal hielt zuerst Hanefi Avc?, der ehemalige Polizeivorsteher, seine über einstündige Verteidigungsrede. Die einzige wirklich erkennbare Reaktion eines Richters war, Avc? nach 40 Minuten anzuhalten, langsam zum Schluss zu kommen. Dabei enthielt Avc?s Rede überaus brisante, den Prozess betreffende Informationen. Avc? verwies auf ein Geheimdienstdokument, in welchem festgehalten war, dass die militant-kommunistische Untergrundorganisation «Devrimci Karargah» (DK), die beiden Parteien «Sozialistisch Demokratischen Partei» (SDP) und «Plattform für gesellschaftliche Freiheit» (TÖP) als Pazifisten bezeichnet. Deswegen sei für DK eine Zusammenarbeit mit diesen Organisationen kategorisch ausgeschlossen. Zur Erinnerung: Den Angeklagten, hauptsächlich SDP- und TÖP-GenossInnen, wird vom Staat vorgeworfen, Teil der DK zu sein. Die Arbeit der Richter beschränkte sich hauptsächlich darauf, nach den Verteidigungsreden einer Anwältin oder eines Angeklagten mit schläfriger Stimme «der Nächste» zu sagen. Das einzige Mal, als sich ein Richter veranlasst sah, einem Angeklagten etwas zu entgegnen, war bei der flammenden Rede des TÖP-Genossen Tuncay Yilmaz. Fesselnd appellierte dieser an einen der Richter sinngemäss folgendermassen: «Seit über 500 Tagen sitze ich im Gefängnis. Wenn die TÖP eine terroristische Organisation ist, sagen sie es mir jetzt!» Der Richter entgegnete zwei Mal leicht empört lediglich, dass er dazu nichts sagen könne, da er auch nur ein einfacher Richter sei. Ob diese Empörung des Richters durch die Ungerechtigkeit des Prozesses oder wegen der Unverschämtheit von Tuncay hervorgerufen wurde, weiss ich nicht.

 

Kampf-, Gruss- und Liebesbotschaften

Diese visuellen, räumlichen und übel riechenden Umstände, führten den Satz «Das Recht ist die Grundlage des Staates» bereits vor Beginn ad absurdum. Über den Wahnwitz und die Hintergründe dieses Prozesses an sich, berichtete ich bereits ausführlich in der vorletzten Vorwärts-Ausgabe. Alle diese Eindrücke weckten ein spezielles Gefühl. Ein Gefühl, welches mir fremd und doch abstrakt bekannt war. Ich verspürte ein verwirrt-amüsiertes Kribbeln gemischt mit verwirrt-betroffener Ungläubigkeit. Es war das Gefühl, welches mich überkam, als ich Kafkas «Der Prozess» und «Das Schloss» gelesen hatte. Nach fünf Stunden wurde der Saal geräumt. Niemand wurde aus der Untersuchungshaft entlassen. Als die Gefangenen von den zehn Gendarmen hinausgeführt wurden, erhob sich ein riesiger Lärm. Die Menschen streckten ihre Arme den Gefangenen entgegen und ich hörte von überall her die Rufe «Yoldash! Yoldash!» Alle wollten ihre Freunde und GenossenInnen noch ein letztes Mal berühren, sei es auch nur mit einer Kampf-, Gruss- oder Liebesbotschaft. Vor dem Gerichtsgebäude trafen wir auf die AktivistInnen, welche vor dem Gebäude ausgeharrt hatten – unter strenger Beobachtung von gut 75 mit Knüppeln, Schildern und Gasmasken ausgerüsteten Polizisten. Parolen wurden gerufen und als die Gefangenentransporter losfuhren, versuchte man noch einen letzten Blick auf die GenossInnen zu werfen.

 

Brief an die Familie aus Istanbul

Der nächste Prozesstermin ist am 30. April 2012. Als ProzessbeobachterIn vor Ort zu sein, ist nicht nur wichtig, um Druck auf die Gerichte aufzubauen, sondern auch um die Moral der GenossInnen in und ausserhalb der Gefängnisse zu stärken. Persönlich ermöglicht es einem die Verhaltensweise der bürgerlichen Justiz zu erleben und zu verstehen, was ein «politischer Prozess» tatsächlich bedeutet. Eine solche Reise hat einen stark prägenden Einfluss auf das eigene Bewusstsein und die eigene Persönlichkeit. Exemplarisch hierzu ist die Mail, die ich am Vorabend des Prozesses an meine Eltern schrieb: «Das Erlebnis in Sulukule und die Erzählungen der GenossInnen zeigen mir einmal mehr die Unterdrückung, die Ausbeutung und den tatsächlichen Klassenkampf. Sulukule war die älteste Roma-Siedlung der Welt, welche nach über 1000 Jahren von der Regierung niedergewalzt wurde, um Eigentums-Luxus-Wohnungen zu bauen. (Mehr dazu im nächsten Vorwärts.) Solche Erlebnisse bestärken mich in meinem Bewusstsein, warum und wofür ich kämpfe. Ich bin tiefüberzeugt, bis ich sterbe für die revolutionäre Sache zu kämpfen. Liebe Eltern, die GenossInnen in Istanbul verkörpern das, was ihr mir als vertrauenswürdige Eigenschaften beigebracht habt: Offenheit, die sich in einem wachen Gesicht spiegelt und Ehrlichkeit, welche in einer festen Stimme hörbar ist.

Dank meiner türkischen GenossInnen weiss ich, dass ich mich nicht mehr verstecken muss, ohne ausschliessen zu wollen, dassman die gleiche Warmherzigkeit, Ehrlichkeit, Solidarität, Disziplin und Demut ebenfalls bei AnarchistInnen, (religiösen) SozialistInnen oder anderen für die Befreiung der Menschheit kämpfenden Menschen finden kann. Von nun an kann ich mit ehrlicher Überzeugung sagen: Ich bin Kommunist».

Nachtrag
In der Zwischenzeit (Ende August 2012) sind „nur“ noch 11 Genossen und Genossinnen in Untersuchungshaft. Zudem wurden weitere Genossen und Genossinnen angeklagt. Der letzte inhaftierte Genosse der TÖPG, Tuncay Yilmaz, wurde Anfang August überraschenderweise aus der Untersuchungshaft entlassen. Der Prozess läuft weiter.

Zu viel Kafka gelesen Mister Erdogan? [Teil 1/2]

24.Februar 2012 – Nr 07/08 Am 6. Februar 2012 fand der vierte «kafkaeske Prozesstag» gegen die sozialistisch-kommunistische Linke in Istanbul statt. Immer noch sitzen 24 GenossInnen der TÖP und SDP seit bis zu über 500 Tagen in Untersuchungshaft. Ein Bericht vor Ort.

Am 21. September 2010 rollteDemonstration vor dem Devrimci Karagah Prozess gegen die sozialistisch-kommunistische Linke in der Türkei die erste Verhaftungswelle über die Türkei. 17 Personen, darunter Journalistinnen, führende Vertreter der Sozialistisch Demokratischen Partei (SDP) und der Plattform für gesellschaftliche Freiheit (TÖP) wurden durch Anti-Terror Spezialeinheiten verhaftet und in Untersuchungshaft gesetzt. » Weiterlesen

Erneuter Streik bei Lufthansa

Die Gewerkschaft der Flugbegleiter (UFO) weitet ihre Streiks bei der Lufthansa am 4.September 2012 aus. Es werde «länger und an mehr Orten» gestreikt als am Freitag,  kündigte der Gewerkschaftsvorsitzende Nicoley Baublies heute an.

Nach Berlin und Frankfurt bestreiken die Flugbegleiter der Lufthansa am Dienstag auch den Flughafen in München. Der Ausstand soll von von 13.00 Uhr bis Mitternacht dauern. Bereits wegen der achtstündigen Arbeitsniederlegung am Freitag musste die Lufthansa 190 Flüge streichen. Mit einer so umfassenden Beteiligung an dem Streik habe man nicht gerechnet, sagte Baublies: «Das hat es noch nicht einmal beim Pilotenstreik gegeben.»

In ihrer am Abend verbreiteten Erklärung bedauerte die Gewerkschaft UFO, «dass es zu dieser Eskalation kommen musste». Die Verhandlungen seien jedoch «an einem Punkt angekommen, an dem es zu einem Streik keine Alternative mehr gibt», hiess es auf ihrer Webseite. Die UFO hat in den Verhandlungen nach drei Jahren Nullrunden neben fünf Prozent höheren Entgelten unter anderem das Ende der Leiharbeit und Schutz gegen die Auslagerung von Jobs verlangt. Lufthansa plant hingegen mittelfristige Einsparungen bei den Personalkosten und will dafür unter anderem die Beförderungsstufen strecken.

Solidarhaftung: Versprechen gebrochen

Bürgerliche Parteien blockieren Schutz vor Subunternehmer-Lohndumping! In der Wirtschaftskommission des Ständerats (WAK-S) haben es die Vertreter der bürgerlichen Parteien abgelehnt, die Flankierenden Massnahmen mit einer echten Solidarhaftung zu verstärken.

Das unkontrollierte Lohndumping, verursacht durch die Weitergabe von Aufträgen an Subunternehmer, hätte so effizient bekämpft werden können.

Die WAK hat einzig beschlossen, dass die Erstunternehmer ihre Subunternehmen in einem schriftlichen Vertrag dazu verpflichten müssen, die in der Schweiz geltenden minimalen Lohn- und Arbeitsbedingungen einzuhalten. Heute reicht ein mündlicher Vertrag. Selbst das Staatssekretariat für Wirtschaft Seco schrieb in seinem Bericht zuhanden der WAK, dass diese Minimalstvariante nicht taugt, um Lohndumping in Subunternehmerketten zu unterbinden. Um Subunternehmer-Dumping wirksam zu bekämpfen, braucht es eine Kettenhaftung. Der Erstunternehmer muss für alle Verstösse in der Subunternehmerkette haften.

Mit ihrem Null-Entscheid brechen die bürgerlichen Parteien ein Versprechen aus der Sommersession. Damals versprachen sie, dass sie die Solidarhaftung noch dieses Jahr in einer separaten Vorlage zu den Flankierenden Massnahmen angehen wollten. Die bürgerliche Kommissionsmehrheit verkennt die Realität auf den Schweizer Baustellen und in Teilen des Gewerbes: Lohndumping über Subunternehmen ist allgegenwärtig. Mit der Osterweiterung hat sich dieses Problem verstärkt.

Der Schweizerische Gewerkschaftsbund erwartet vom Ständerat, dass er diesen Bruch des Versprechens durch seine Kommission in der Session korrigiert.

Quelle und weitere Infos: www.sgb.ch

SIX FEET UNDER – LEBENDIG BEGRABEN

Ohne diesen Druck wüssten die direkt Betroffenen und wir jetzt nicht einmal, dass „für den Gemeinderat diese Unterbringungsform ebenfalls nicht befriedigend“ ist. Auch wenn sich damit niemand was kaufen kann: Es wäre immerhin mal eine Ausgangsbasis für eine Diskussion.

Das ist es aber von Seiten des Gemeinderats dann auch schon gewesen! Denn: Angesichts der anhaltend hohen Zahl von Asylgesuchenden (…) ist es unumgänglich, auf solche Anlagen als Notlösung zu-rückzugreifen.“ So wird dann auf subtile Art die Wahrnehmung gesteuert, wo das eigentliche Problem anzusiedeln ist. So werden wir darauf vorbereitet, dass die menschenverachtende Behandlung von Asylsuchenden grundsätzlich nicht zur Diskussion steht.

In diesen Zusammenhang passt dann auch ganz gut die Art und Weise, wie sich der Gemeinderat in Bezug auf die „Dienste“ der ORS Service AG aus der Verantwortung zieht: „Der Leistungsvertrag liegt der Stadt nicht vor – das ist auch nicht vorgesehen, da sie nicht Vertragspartei ist, sondern lediglich die Anlage zur Nutzung durch den Kanton bzw. dessen Leistungsvertragspartnerin zur Verfügung stellt.“ Das erinnert mich fatal an die Ausreden von Unternehmen, welche über die Machenschaften von Subkontrakt-Firmen selbstverständlich nie und nimmer informiert sind. Solange es sich bei den betroffenen Personen in beiden Fällen um politisch Rechtlose handelt, hat eine solche Form der Verantwortungslosigkeit in der Regel auch keine Folgen.

Die Partei der Arbeit verlangt vom Gemeinderat, dass er diese Verletzung der Menschenwürde auf dem Gebiet der Gemeinde als Herausforderung an die eigene Adresse annimmt und den Kopf nicht in den Sand steckt, wenn private Profite auf dem Buckel von wehrlosen Menschen gemacht werden. Solidarität ist kein Fähnchen für Feierstunden. Solidarität verpflichtet – gerade wenn Lösungen nicht auf billige Tour zu haben sind. Demokratie ist unteilbar – wer hier ist, gehört zu uns!

Paraguay

Am 22. Juni wurde der paraguayische Präsident Fernando Lugo innerhalb von wenigen Stunden mit einem parlamentarischen Putsch aus dem Amt gefegt. Dahinter stehen die Interessen von Grossgrundbesitzern und transnationalen Konzernen, Narcos und Pentagon. Ein neuer Putschismus macht sich breit. Die hiesigen Medien schweigen weitestgehend dazu. Unsere Solidarität ist gefragt! Die Veranstaltungreihe wird organisiert vom Solifonds und dem Zentralamerika-Sekretariat.

Dienstag, 4. September, 18:30 Uhr, Unternehmen Mitte, Gerbergasse 30, Basel
Donnerstag, 6. September, 19:30 Uhr, Casa d’Italia, Bühlstrasse 57, Bern
Dienstag, 11. September, 19:30 Uhr, Volkshaus, Stauffacherstrasse 60, Zürich

Sardinien: Kumpel verschanzen sich mit Sprengstoff

Die Bergleute auf Sardinien kämpfen mit einer verzweifelten Aktion für ihre Jobs, das einzige italienische Kohlebergwerk ist von der Schliessung bedroht: Sie brachten 350 Kilo Sprengstoff in ihre Gewalt und besetzten die Mine in 400 Meter Tiefe. Damit wollen sie die Regierung unter Druck setzen. Seit Sonntag halten sie die Kohlenmine «Nuraxi Figus» im Südwesten Sardinien besetzt.

Die Bergarbeiter drohen, im Falle der Nichtbeachtung ihrer Forderungen, sich und den Schacht in die Luft zu sprengen. Weitere Arbeiter blockieren die Strassenzufahrten zum Grubengebiet, Meter hohe Kohlehaufen versperren die Zufahrt. Der Protest der Arbeiter richtet sich gegen die Absichten des Unternehmens, die Kohlegruben von Sulcis im Südwesten Sardiniens zu schliessen. Die Minenarbeiter wollen erzwingen, dass die Regierung in Rom ein geplantes Projekt sauberer Energie für die Mine bald beschliesst, um bedrohte Arbeitsplätze zu sichern. Wenn das nicht rasch komme, sei die Mine am Ende, sagen sie. In den fünfziger Jahren arbeiteten hier noch 12.000 Bergarbeiter. Mit der Aktion in 400 Meter Tiefe wollen die Bergleute Druck auf die Beratungen der Regierung über die Zukunft des einzigen italienischen Kohlebergwerks ausüben.

«Wir machen uns Sorgen, dass das Bergwerk geschlossen werden könnte», sagte der 54-jährige Bergmann Sandro Mereu der Nachrichtenagentur Reuters. «Wir fürchten um unsere Jobs.» Er und seine Kollegen würden so lange unter Tage bleiben, bis sie eine Zusage der Regierung bekämen, dass die Zukunft des Bergwerks gesichert sei.

Das Aus für die ganze Region droht

Der Protest der Minenarbeiter von Carbosulcis ist nicht der einzige Widerstand, den Arbeiter im Südwesten der Insel leisten. Vor einer Woche unternahmen die Aluminiumarbeiter des dort ansässigen amerikanischen Konzerns Alcoa eine spektakuläre Protestaktion: Im Hafen von Cagliari, vor dem Einlaufen der Tirrenia-Fähre, sprangen Dutzende der Aluminiumwerker ins Hafenbecken, andere enterten das Schiff und machten auf ihre Misere aufmerksam: Der Konzern plant die Schliessung dreier Werke in Italien und Spanien, 1500 Arbeitsplätze sind bedroht.

Circa 200 Mitarbeiter eines Stahlwerks in Portovesme auf Sardinien hatten Mitte August bereits den Flughafen der sardischen Hauptstadt Cagliari blockiert. Sie protestierten damit ebenfalls gegen den geplanten Produktionsstopp des Stahlwerks im Besitz des US-Konzerns Alcoa ab September.

Das Gebiet von Sulcis ist das industrielle Herz der Insel. Die drohenden Werksschliessungen könnten das wirtschaftliche und soziale Aus für die ganze Region bedeuten.

Die Bergleute von Carbosulcis, westlich der Stadt Cagliari, haben ihre Zeche schon in den Jahren 1984, 1993 und 1995 in Protestaktionen besetzt. Einmal hielten sie 100 Tage aus.

 

Quelle: o-solemio.de

Lohndumping am Beispiel Gartenbau

In der Schweiz kommt es häufiger zu Lohndumping als bisher angenommen. Dies legt eine Studie des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB) zum Gartenbau nahe. Darin zeigt der SGB, dass sich die Kontrolleure in diesem Sektor auf Richtwerte stützen, die im Vergleich zum üblichen Lohnniveau im Gartenbau viel zu tief angesetzt sind.

Zahlreiche Kantone tolerieren beispielsweise Löhne für Hilfsarbeiter von 3350 Fr./Mt oder für gelernte Gärtner mit Berufserfahrung von 4120 Fr./Mt., obwohl das Gartenbau-Lohnniveau deutlich darüber liegt. Mit diesen klar zu tiefen Richtlöhnen wurde immerhin bei 11 Prozent der kontrollierten Firmen Dumping festgestellt. „Tatsächlich ist die Dumpingquote aber viel höher“, erklärte SGB-Chefökonom Daniel Lampart am Dienstag. Dies zeigt sich laut Lampart in Kantonen, in denen mit Richtlöhnen kontrolliert wird, die näher bei den üblichen Löhnen liegen (Verstossquote in BL/BS: 34 Prozent). Um Lohndumping im Gartenbau zu bekämpfen, muss rasch ein nationaler Gesamtarbeitsvertrag mit guten, allgemeinverbindlichen Mindestlöhnen eingeführt werden.

Besonders häufig zu Lohndumping kommt es bei Subunternehmerketten, bei denen ein Generalunternehmer Aufträge durch Unterakkordanten aus dem billigeren Ausland ausführen lässt. Insbesondere seit der Ausdehnung der Personenfreizügigkeit auf acht osteuropäische Länder (EU-8) häufen sich krasse Missbräuche. „Es ist überfällig, dass bei der Weitervergabe der Arbeiten an Subunternehmer die Schweizer Arbeitsbedingungen durchgesetzt werden müssen“, sagte SGB-Präsident Paul Rechsteiner. Nur so kann sichergestellt werden, dass in der Schweiz auch Schweizer Löhne bezahlt werden.

Am Zug ist nun das Parlament: In der Herbstsession entscheidet als Erstrat die kleine Kammerüber die Ausgestaltung der Solidarhaftung. Für den SGB ist dabei klar, dass eine Erstfirma nicht nur für Missbräuche beim direkt beauftragten Subunternehmer geradestehen muss, sondern auch bei allen weiteren Subunternehmen. Nur diese sogenannte Kettenhaftung erlaubt es, Lohndumping wirksam zu bekämpfen. Für UNIA-Co-Präsident Renzo Ambrosetti ist deshalb klar: „‘Ordnung im Stall‘ gibt es nur dank korrekten Mindestlöhnen und mit einer Solidarhaftung“. Die Unia hat am 28. August eine entsprechende Petition auf den Baustellen lanciert.

Quelle und weitere Infos unter www.sgb.ch und www.unia.ch

«Asylgesetzrevision: Rechtskonservative Taktik geht auf»

Die Staatspolitische Kommission des Ständerates (SPK-S) hat gestern voraussehbare Entscheide zur laufenden Asylgesetzrevision gefällt. Unter dem Druck der Kantone scheiterte die «Nothilfe für alle» erwartungsgemäss an der föderalistischen Hürde. Trotz kleiner Lockerungen bestätigte die SPK-S ansonsten die harte Gangart des Nationalrates. Die Rechnung der rechtskonservativen Verschärfungspolitiker geht somit auf. » Weiterlesen

Kein Blut für Platin?

In Südafrika streiken seit dem 10. August tausende Minenarbeiter für eine Erhöhung ihrer kärglichen Löhne. Vor einigen Tagen hat die Polizei ein Blutbad unter ihnen angerichtet. Nach offiziellen Zahlen wurden 34 Arbeiter getötet und dutzende verletzt. Die Blutspur führt auch in die Schweiz.

Wer in der betroffenen Marikana-Mine des Unternehmens Lonmin arbeitet, verdient gerade mal um die 580 Franken im Monat und lebt in der Regel in einer schäbigen Baracke in der Nähe der Mine. Die Arbeiter traten in den Streik, um für Lohnerhöhung von rund 300 Prozent zu kämpfen. Die grosse Gewerkschaft «National Union of Mineworkers» (NUM), in der ein Teil der Arbeiter organisiert ist, überredete Streikende, an die Arbeit zurückzukehren und sprach sich gegen den Streik aus, während die «Association of Mineworkers» (AMCU) die Streikenden unterstützte. Vor diesem Hintergrund kam es im Vorfeld des Streiks zu Auseinandersetzungen zwischen den Arbeitern, in deren Verlauf zwei Menschen ums Leben kamen. Dies stilisierten einige der hiesigen Medien zum Auslöser der Repression hoch. Zur Eskalation der Lage und dem Massaker kam es aber, als die Polizei begann, Stacheldrahtbarrikaden aufzubauen, um die Streikenden auf einem besetzten Hügel einzupferchen und sie mit Wasserwerfer und Tränengas anzugreifen. Die Arbeiter wehrten sich mit Latten und Macheten, woraufhin die Polizei das Feuer eröffnete. Es darf nicht weiter erstaunen, dass sowohl die NUM als auch der regierende «African National Congress» (ANC) dieses Vorgehen der Polizei verteidigt.

Die Situation in Südafrika

Als Mandela und der ANC nach dem Ende der Apartheid 1994 an die Macht kamen, besassen gerade mal 13 Prozent der Bevölkerung – natürlich Weisse – 86 Prozent des Bodens und 90 Prozent des nationalen Reichtums. Trotz der offiziellen linksgerichteten Ideologie des ANC verfolgte dieser eine wirtschaftsliberale Politik, in deren Folge sich eine schwarze Mittelschicht herausbildete. Zudem ist der ANC mit den Minenbetreibern verbandelt, so wurden etwa Khulubuse Zuma, der Neffe des aktuellen Präsidenten, und Zondwa Mandela, die Enkelin des vormaligen Präsidenten, über Nacht zu MinenbesitzerInnen. Ein besonders lukratives Geschäft in einem Land, das 80 Prozent der weltweiten Platinvorkommen aufweist sowie reich an Bodenschätze wie Diamanten, Erdöl und Kohle ist.

Der grösste Teil der schwarzen Bevölkerung lebt nach wie vor in bitterer Armut. Die Arbeitslosigkeit liegt bei etwa 25 Prozent. Zudem sind die Armen mit harter Repression konfrontiert, wenn sie sich ausserhalb der offiziellen und vom ANC kontrollierten Strukturen organisieren und für ihre Bedürfnisse kämpfen. Auf der südafrikanischen Hompage «Abahlali base Mjondolo», der Webpräsenz der Bewegung der «Baracken-Bewohner», beurteilte man das Vorgehen der Polizei gegen die Streikenden treffend als weitere «massive Eskalation im Krieg gegen die Armen».

Und die Schweiz?

Was man in den hiesigen Medien kaum zu lesen bekam, ist, dass der Zuger Bergbau-Multi Xstrata im Besitz von rund einem Viertel der Aktien der betreffenden Minenkompanie Lonmin ist. Ausgerechnet jene Xstrata, die schon Besitzerin der Minen in Peru war, um die sich im Mai dieses Jahres ein Kampf entwickelte, in dessen Verlauf mindestens vier Menschen getötet wurden. Damals gab es vor dem peruanischen Generalkonsulat in Zürich eine Kundgebung und eine Demonstration in Zug. Es wird sich in den kommenden Tagen zeigen müssen, ob die Linke hierzulande auf das aktuelle Massaker reagieren kann. Die Minenbetreiber jedenfalls haben bereits auf ihre Art geantwortet: Wer weiter streike, der würde entlassen, haben sie angekündigt.

Wenn der Stammtisch die Asylpolitik bestimmt

Ist es die schiere Angst vor dem «schwarzen Mann», welche die aktuelle Stammtischpolitik im Asylwesen prägt? Zur enthemmten Debatte im Nationalrat.

Mitte Juni hatte der Nationalrat über die Asylgesetzrevision beraten und die Vorlage von Bundes- und Ständerat noch weiter verschärft. Massiv. Unverfroren. Von der Realität ein grosses Stück entrückt. Die Beschlüsse des Nationalrats kamen einer eigentlichen Zerlegung des Asylrechts gleich: Hier das Familienasyl streichen, da Internierungslager bauen, dort Botschaftsverfahren abschaffen. Sachliche Auseinandersetzungen? Man vermisste sie schon im Vorfeld der Debatte und erst recht im Rat selber. An ihre Stelle traten individuelle Profilierungssucht und Selbstdarstellung, jederzeit legitimiert durch das Bedürfnis, im Namen des Volkes «ein Zeichen zu setzen». Assistiert von einer mehrheitlich desinformierten wie mutlosen «Mitte» spielten SVP und FDP erfolgreich ein altbekanntes Spiel: Je dreister die Forderung, desto schärfer der spätere Konsens. Nothilfe für alle? Der Ständerat wird es wieder drehen, die Linke diese Rolle rückwärts als Erfolg feiern und die Rechte hat somit, was sie will: den ganzen Rest. Angesichts der enthemmten Debatte wurde es selbst manchem Journalisten Bange. «Ein unheimliches Gefühl, wenn es durch das Parlament schallt wie am Biertisch», schrieb Renato Beck in der «Tageswoche». Der Schriftsteller Lukas Bärfuss schrieb im «Tagesanzeiger» von «Schande» – was bei einigen Mitte-ParlamentarierInnen immerhin das Bedürfnis nach Rechtfertigung weckte. Das an Boshaftigkeit grenzende Bedürfnis nach diesem «Zeichen», das man so dringend setzen muss, das blieb jedoch bestehen. Und weitet sich aus. Weshalb aber will der nationalrätliche «Stammtisch» eigentlich ein Zeichen setzen? Gemäss dem Empfinden der «Volksseele» und einem Teil der Medien scheint die Situation im Asylwesen schon lange komplett ausser Kontrolle.

Vorbeigeschossen

Die Ursachen für dieses Empfinden liegen auf der Hand. Seit Anfang 2011 gestiegene Asylgesuchszahlen führen zu einem anhaltenden Unterbringungsengpass im Asylbereich. Aus dem Unterbringungsengpass resultiert indirekt eine erhöhte physische Präsenz von Asylsuchenden im öffentlichen Raum. Ein Grossteil dieser Asylsuchenden sind junge afrikanische Männer, von denen einige wenige für einen Anstieg vorwiegend kleiner Delikte verantwortlich zeichnen. Jede solche Handlung wird von einem Grossteil der Medien bereitwillig skandalisiert. Die pauschale Schlussfolgerung daraus ist fatal, sie lautet: Junge Männer aus Afrika missbrauchten unser Asylsystem, übervölkerten unsere Plätze und begingen Straftaten; da ihre Asylgesuche überwiegend negativ behandelt werden, könnten sie gar nicht «echt» sein; ergo sei die Schweiz für Asylsuchende zu attraktiv, habe dementsprechend zu viele Asylgesuche und nicht einmal mehr Platz für «echte» Flüchtlinge. Deshalb erscheinen alle nur erdenklichen Massnahmen gegen solch «unechte» Asylsuchende legitim: sowohl diejenigen, die der Nationalrat neu im Gesetz verankern will als auch jene, mit denen die Kantone sich aktuell hervor tun: Die Einführung von Rayonverboten und Eingrenzungen für «kriminelle» Asylsuchende in Kreuzlingen und im Kanton Zürich; Eine Ausgangssperre und eine generelles Handyverbot für Asylsuchende in der Stadt Luzern. Oder die Erfassung der DNA-Profile aller Asylsuchender, wie das der jurassische Polizeichef fordert. BFM-Chef Mario Gattiker propagiert im «SonntagsBlick» kurz und bündig: «1. Handy-Verbot! 2. Ausgangssperre! 3. Knast!».

Das wahrhaft Bedenkliche an all diesen Strategien, Massnahmen und Verschärfungen ist ihre Unreflektiertheit. Zum einen treffen diese Massnahmen nicht nur jene Asylsuchenden, die als kriminell gebrandmarkt werden, sondern auch alle anderen. Die Delikte einiger weniger, auch wenn es grossmehrheitlich geringfügige sind, sollen als Legitimationsbasis zur breit enthemmten Verschärfungspolitik dienen. Zum anderen basiert die Politik der Zeichensetzung auf einigen nur schwer haltbaren Aussagen und bewussten Falschanalysen. Was bisher ein typisches Mittel rechtspopulistischer (Migrations-)Politik war, findet derzeit bis hinein in die rechte Hälfte der Linken Anklang. Dass dabei die (vorgegaukelten) Ziele der laufenden Asyldebatte aus dem Blickfeld geraten, versteht sich fast von selbst. Die im Juni gefällten Beschlüsse des Nationalrates kommen einem Schrotflintenschuss im Halbdunkeln gleich: man trifft willkürlich alles ein bisschen. Mit seriöser Asylpolitik hat das nichts mehr zu tun.

Ein Frontalangriff ist nötig

Es zeichnet sich heute ab, dass das Machtspielchen der politischen Rechten auch im Ständerat einmal mehr aufgehen wird. Der «politische Köder» der «Nothilfe für alle» wurde der Linken hingeworfen und sie hat sich darauf gestürzt. Es droht das eingangs erwähnte Szenario, dass sich die politische Linke von einem Scheinerfolg blenden und eine Asylgesetzrevision, die schärfer, umfassender und weitgreifender als die letzte ist, ohne adäquates Gegenrezept passieren lässt. Gegen die letzte Revision wurde vor acht Jahren das Referendum ergriffen. Heute scheint dies aus verschiedenen Gründen weder opportun noch ausreichend. Auf eine derart enthemmte politische Debatte, wie wir sie im Juni 2012 im Nationalrat erlebt haben, kann statt einer Reaktion nur ein Frontalangriff erfolgen. Ein umfassender Gegenentwurf muss her. Solidarité sans frontières wird ihn in Angriff nehmen.

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