Gegen das digitale Prekariat

uberDas App-Unternehmen Uber sorgt für Lohndumping und schlechtere Arbeitsbedingungen in der Transportbranche. Die Gewerkschaft Unia hat nun ein Gutachten herausgegeben, das arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Fragen klärt und damit die gesetzliche Regulierung des Unternehmens fällig macht.

Die Gewerkschaft Unia kämpft bereits seit längerem gemeinsam mit den TaxifahrerInnen gegen Lohndumping, das durch die unregulierte Uber-Konkurrenz verursacht wird. Im Herbst 2015 organisierte sie in Basel eine kleine Streikaktion der Taxi-chauffeurInnen, um auf das Problem aufmerksam zu machen. Nun hat Unia ein Gutachten herausgegeben, das arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Fragen bei Uber klären soll und damit Druck auf die Behörden ausübt, den gesetzlichen Rahmen zu verschärfen. Die Problematik, die Uber für die Gesetzgebung aufwirft, deutet sich schon in der Umschreibung des Unternehmens an, die dem Gutachten zu entnehmen ist: «Uber ist eine Technologieplattform, die Fahrer mittels Smartphone-App mit Fahrgästen verbindet. Das Unternehmen sieht sich selbst als ein Technologieunternehmen, das eine App zur Verfügung stellt, und nicht als Transportfirma.» Komplexe Vertragsverhältnisse zwischen Uber, den Fahrgästen, den FahrerInnen und einer Uber-Tochterfirma führen zur Unsicherheit, ob ein ArbeitnehmerIn-ArbeitgeberIn-Verhältnis besteht und wer dabei die Verantwortung trägt. Das Gutachten kommt zum Schluss, dass Uber-FahrerInnen dem Unternehmen als Arbeitnehmende gegenüberstehen, in Form einer «Scheinselbstständigkeit». Uber Switzerland ist dabei die Arbeitgeberin. Die Tätigkeit der Uber-FahrerInnen fällt unter den Anwendungsbereich des Arbeitsgesetzes. Dabei kommt die ChauffeurInnen-Verordnung zur Anwendung.

Prekäre Situation für alle FahrerInnen

Der Unia-Gewerkschafter Roman Künzler bringt es auf den Punkt: «Das Uber-Management und die milliardenschweren KapitalgeberInnen haben ihr Geschäftsmodell bewusst auf der Umgehung von bestehenden Gesetzen aufgebaut.» Ein grosser Teil des Risikos und beinahe alle Kosten würden dabei auf die Allgemeinheit und die ArbeiterInnen abgewälzt. Steuern würden so praktisch keine gezahlt und die Gewinne fliessen in Steueroasen. «TaxifahrerInnen, welche zum Teil seit Jahrzehnten ein öffentlich reguliertes Gewerbe betreiben, werden in den Ruin getrieben.» Gewerkschaftsmitglieder hätten ihm in Zürich von Lohneinbussen von 50 Prozent und in Basel bis zu 30 Prozent berichtet. Dies führe zur unerträglichen Situation, dass viele trotz 53 Stunden Arbeit keine Chance hätten, von ihrer Arbeit zu leben, sagt der Gewerkschafter. Die Gewerkschaft kämpft nicht gegen die Uber-FahrerInnen, denn diese sind selber Leidtragende in diesem Fall. Sie werden vom Unternehmen massiv ausgebeutet. «Uber-FahrerInnen erbringen ‹Dienstleistungen auf Abruf›, damit haben sie keine Sicherheiten, weder über ihr Einkommen noch über die Zeit, die sie aufwenden müssen», sagt Vania Alleva, Präsidentin der Unia. Die Situation der Betroffenen ist prekär. Es gebe keinerlei Sicherheiten bei Lohn, Krankheit oder Erwerbsausfall. Vielmehr betreibt Uber Lohndumping und setzt die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten der gesamten Transportbranche massiv unter Druck. Die Unia betrachtet das Rechtsgutachten als klare Aufforderung an die kantonalen und nationalen Behörden, die Gesetze zu vollziehen und «das Geschäftsmodell von Uber so lange zu verbieten, bis es demokratisch entstandene Gesetze respektiert». Vania Alleva stellt klar: «Wir wollen verhindern, dass in der Schweiz ein digitales Prekariat entsteht.»

Aus dem vorwärts vom 9. September 2016 Unterstütze uns mit einem Abo.

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