«Effizientere» Polizeiarbeit

dab. PdA, Alternative Liste, Juso, Demokratische JuristInnen und Fahrendenorganisationen haben das Referendum gegen das massiv Grundrechte verletzende neue Polizeigesetz des Kantons Bern ergriffen. Am 10. Februar wird darüber abgestimmt.

In der Schweiz und in Deutschland machen Kantone und Bundesländer neue Polizeigesetze, Bayern hat bereits ein ähnlich repressives wie zur Nazizeit. Die bernische Abstimmungsbroschüre spricht von «zeitgemässen Instrumenten zur Bekämpfung von Kriminalität» und präzisiert später «schwere Kriminalität» wie «Pädophile im Internet, organisierter Drogenhandel oder illegale Waffenkäufe». Weiter wird versprochen, das neue Gesetzeswerk biete bessere Möglichkeiten gegen Stalking und häusliche Gewalt. Das total revidierte Polizeigesetz wurde vom bernischen Grossrat mit 123 zu 23 links-grünen Stimmen verabschiedet. Es regelt Pflichten und Zuständigkeiten der Polizei, gibt ihr mehr Möglichkeiten und Kompetenzen und bezweckt neue Einnahmen und «effizientere» Polizeiarbeit.

Demonstrieren kann teuer werden
Infam und grotesk ist die Überwälzung von vier- bis fünfstelligen Kosten an die VeranstalterInnen und an einzelne TeilnehmerInnen von politischen Kundgebungen – auch wenn sie selbst nicht zu jenen gehören, die Regeln verletzt haben, sich also an die bewilligte Route gehalten, keine Sachbeschädigung begangen haben oder keinen Nahkontakt mit PolizeibeamtInnen hatten. Im Kanton Luzern ist ein solches Polizeigesetz in Kraft; es gibt praktisch keine Demos mehr und schon gar keinen 1.-Mai-Umzug, da eine Veranstaltung oder auch nur eine Teilnahme teuer werden kann. Auch Grillieren nach 22.00 Uhr kann teuer werden: Ruft jemand aus der Nachbarschaft wegen Nachtruhestörung an, darf die Polizei vierstellige Sicherheitskosten in Rechnung stellen.
Grundrechte werden ebenfalls verletzt durch die Bestimmungen gegen Fahrende (schnellere Wegweisung neu ohne Genehmigung des Untersuchungsrichters und ohne, dass die öffentliche Ordnung gestört wurde), erleichterte Wegweisung von «störenden» Personen aus dem öffentlichen Raum und die Erleichterung von polizeilichen Vorermittlungen. Schon vor sieben Jahren bestimmte der Grossrat, die «Police Bern» dürfe gegen Personen «zur Verhinderung von Verbrechen oder Vergehen» an «allgemein zugänglichen Orten verdeckt beobachten und dabei Bild- und Tonaufnahmen machen», dies mit allen Schikanen wie Kameras und Drohnen auch durch Fenster in Wohnungen hinein. Mit dem zur Abstimmung vorliegenden Gesetz kann die Polizei ohne Verdacht aufgrund von Hinweisen oder Gerüchten und ohne richterliche Genehmigung, ohne Dokumentation und demokratische Kontrolle einen Monat (faktisch vielleicht noch länger) im Leben einer rechtschaffenen Person schnüffeln. Diskriminierung wird erleichtert.

Nicht nur gegen Kriminelle
NormalbürgerInnen, die den Gesetzestext nicht lesen, werden die Verschärfungen wie bei der Vorlage zur Überwachung der Versicherten mit der Formel schmackhaft gemacht, wer nichts zu verbergen habe, habe nichts zu befürchten. Das neue Gesetz richte sich nur gegen Chaoten, Asoziale und das organisierte Verbrechen. Es besteht bei vielen die Vorstellung, das herrschende System sei einfach sauber, gerecht und human, daran könne kein Gesetz etwas ändern. Die Unterschriften zusammenzukriegen war mit sehr grossem Aufwand möglich, aber die Abstimmung zu gewinnen ist wohl schwieriger. Die Meinungen sind gemacht, Überzeugung ist schwierig. Doch die Hoffnung stirbt zuletzt.

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