Lang leben die Frauenkämpfe hier und international!

2014_03_08_frauenkampftag2_fWir widmen den Internationalen Frauenkampftag 2015 der Frauenrevolution in Rojava, dem Widerstand der Frauenverteidigungseinheiten YPJ und allen kämpfenden Frauen der Welt. Den gefallenen und lebenden, den eingesperrten und freien Frauen, die um die Befreiung aller von Ausbeutung und Unterdrückung kämpfen, ihnen allen gilt unsere Verbundenheit und unsere Erinnerung. Es gibt dieses Jahr eine Demo für Lohngleichheit in Bern, die von den Gewerkschaften, den grossen Frauenverbänden und Parteien organisiert wird. Warum also noch eine Frauendemo in Zürich? Warum nicht nach Bern? Weil grosse inhaltliche Differenzen bestehen. So wird für eine gemischte Demo aufgerufen. Ausserdem ist der 8. März für uns Internationaler Frauen-kampf-tag. International soll auch unsere Perspektive sein, wohingegen der Inhalt der Demo in Bern einzig die Lohngleichheit ist. Dies unter Teilnahme der FDP, CVP und SP, die Verantwortung für neoliberale Sparprogramme und Privatisierungen tragen sowie für die Einführung der rassistischen Zwangsmassnahmen im AusländerInnenrecht vor nun 20 Jahren. Es ist Wahlkampf, die Parteien wollen sich profilieren und geben sehr viel Geld dafür aus. Trotz Gratis-Zug: Ohne uns!

Gleicher Lohn für gleiche Arbeit ist eine richtige Forderung. Doch für sich allein stellt sie die Perspektive weisser Mittelklassefrauen ins Zentrum und verschweigt die anderen Unterschiede, die grundlegend sind dafür, wer welchen Lohn erhält: «Bessere» Ausbildung oder gar keine, legale oder illegale Arbeitsverhältnisse, Produktions- oder Reproduktionsarbeit, bezahlte oder unbezahlte Arbeit, mit rotem Pass oder mit der Polizei im Nacken… Es geht in Bern nicht um einen Arbeitskampf, sondern nur um Teilhabe, um ein grösseres Stück des Kuchens für die Privilegierten.

So werden Spaltungen zementiert: Weisse Mittelklassefrauen leisten verhältnismässig gut bezahlte Lohnarbeit, feilen an ihren Karrieren und stellen eine Putzfrau an, da sie sich nicht mit ihren Lebenspartner über die Reproduktionsarbeit streiten wollen. Diese Arbeit wird also ausgelagert, meist an Migrantinnen (die erst eine Generation später vielleicht an einer Karriere feilen dürfen). Was individuell eine pragmatische Lösung zu sein scheint, ist letztlich eine Niederlage feministischer Kämpfe. Keine Kollektivierung von Arbeiten, keine Sprengung der klassischen Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern.

Frauen kämpfen!

Gerade an der Geschichte des 8. März zeigt sich, wie langsam sich Unterdrückungs- und Herrschaftsverhältnisse auflösen lassen. Es braucht die Kraft und den revolutionären Mut von tausenden von Frauen überall auf der Welt, um die bestehenden patriarchalen und kapitalistischen Verhältnisse zu ändern. Wir sehen uns verankert in einer langen Geschichte von feministischen, revolutionären und emanzipatorischen Kämpfen und wissen, dass diese Kämpfe noch nicht zu Ende gekämpft sind. Wie es unsere kurdischen Genossinnen in ihrem diesjährigen Aufruf treffend sagen: «Am 8. März 2015, 104 Jahre nach der Ausrufung des Internationalen Frauentages, kämpfen Frauen auf der ganzen Welt noch immer gegen das patriarchale Herrschaftssystem. In Erinnerung an die Textilarbeiterinnen in New York, die in ihrem Widerstand ihr Leben ließen, wurde auf der 2. Internationalen Frauenkonferenz 1910, auf Vorschlag Clara Zetkins, der 8. März als Symbol für Frauenkampf und -widerstand verankert. Diese Bewegung, dieser Aufschrei widerhallt noch immer auf den Strassen. Die Revolution gegen Ungleichheit, Sexismus und jede Form der Gewalt hat sich bis heute ausgeweitet und ist weiterhin Verteidigerin aller menschlichen Werte.»

Obwohl weltweit vieles erreicht wurde durch kämpfende Frauen, sind auch immer wieder Rückschläge und Niederlagen zu verzeichnen. Wir sind uns schmerzlich bewusst, dass hier in der Schweiz viele Frauen denken, es gäbe nichts mehr wofür es sich zu kämpfen lohne. Denn immerhin können einige (wenige) Frauen gar Bundesrätinnen oder Managerinnen werden und (fast) alle können ihr Glück im Konsum finden und Karriere und Kinder und Party mit etwas Geschick auf die Reihe kriegen und sich dabei selbst optimieren. Wenn frau sich nur genug Mühe gibt, lebt sie hier in der besten aller Welten…

Der individualistischen, neoliberalen Propaganda, die täglich über alle Kanäle, Zeitungen und Smartphones verbreitet wird, setzen wir unsern solidarischen und internationalistischen Kampf entgegen. Darum widmen wir den 8. März 2015 den Frauenverteidigungseinheiten der YPJ. In Rojava wird versucht mitten im Krieg eine emanzipatorische Gesellschaft zu erschaffen, in der die Frauen sich von patriarchaler, religiös und moralisch legitimierter Gewalt und Herrschaft befreien und ihr Schicksal in die eigenen Hände nehmen. Sie tun dies selbstbestimmt und greifen dabei zu den Waffen. Was ihnen ausnahmsweise zu viel Öffentlichkeit verhilft.

… hier und international!

Wir möchten dabei aber nicht jene kämpfenden Frauen vergessen, die weniger oder gar keinen Platz in den Schlagzeilen der bürgerlichen Medien erhalten.

So organisieren sich beispielsweise die Textilarbeiterinnen in Bangladesh und Kambodscha, unter massiven Angriffen der Polizei, in massenhaften Arbeitskämpfen; in Indien gingen Mitte Februar 100000 Frauen gegen die Privatisierung von Kinderkrippen auf die Strasse; auch in der Schweiz gab es Streiks von Verkäuferinnen und von Pflegearbeiterinnen. Vielerorts kämpfen Frauen gegen die Kriminalisierung der Sexarbeit. Auf allen Kontinenten mobilisieren sich Frauen gegen die anhaltende sexualisierte und physische Gewalt gegen Frauen, für die Selbstbestimmung über Körper und Psyche, für das Recht auf Abtreibung und gegen kolonialistische Bevölkerungspolitik.

Unter anderem in Indien, Mexico, Kolumbien und auf den Philippinen kämpfen Frauen in linken Guerillas um die Befreiung und Würde der Unterklassen, um die Rechte der Indigenen und gegen die Zerstörung und den Raub des Landes. In vielen verschiedenen Kämpfen nehmen Frauen eine zentrale Rolle ein: In den Kämpfen gegen Zwangsräumungen und Vertreibung der Armen aus den Städten, in den Kämpfen um das Territorium und den Schutz der Natur, wie im Val Susa gegen den Hochgeschwindigkeitszug (TAV) oder gegen die Keystone-Ölpipeline durch Kanada und die USA. Auch im Kampf gegen die mörderische rassistische Asylpolitik in Europa oder gegen die rassistische Polizeigewalt in den USA. Unsere Solidarität allen kämpfenden Frauen! Venceremos!

Aus der Printausgabe vom 27. Februar 2015. Unterstütze uns mit einem Abo

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