Biographien und Kämpfe von Frauen 

Moira Millàn. Bild: orghan.ch

sah. Die Gruppe orghan hat sich in Bern neu zusammengefunden, um gegen Ausbeutung und Unterdrückung zu kämpfen. Nach anfänglichen Info- und Diskussionsveranstaltungen ist ihre letzte Aktion die spannende und schön gestaltete Kampagne zum 14.Juni. Eine Zusammenfassung der Arbeit.

Vor und während des feministischen Streiks vom 14.Juni 2023 fielen die schlichten Plakate in Schwarz-Weiss sofort auf. Die Gruppe «orghan – organisiert handeln», die sich jüngst in Bern zusammengefunden hatte, kreierte eine spannende Serie. Passend zum 14.Juni sammelten die Aktivist:innen Biografien und Kämpfe verschiedenster Frauen und trans Personen, als Kurzsteckbrief auf einen Papierstreifen gedruckt und in der Öffentlichkeit sichtbar gemacht. Mit einem Verweis auf die Webseite orghan.ch/14juni hatte orghan Protagonistinnen wie Moira Millán, Christa Eckes oder Ivana Hoffmann noch mit ausführlicheren Beschreibungen dargestellt.

 So erfährt man beispielsweise über Hoffmann, dass die Aktivistin in Duisburg geboren ist und in der kommunistischen Jugendorganisation Young Struggle aktiv war. Ab 2014 schloss sie sich aber den Einheiten der türkischen MLKP (Marxistisch-Leninistische Kommunistische Partei) in Rojava (Westkurdistan/Nordsyrien) an. Für die Revolution in Rojava kämpfend, verlor sie bei der Verteidigung der Stadt Til Temir 2015 ihr Leben. Auch Leslie Feinberg ist bereits tot. Sie wurde 1949 geboren und starb 2014. Als Butch war sie sowohl Teil der Arbeiter:innenklasse von New York als auch Mitglied der LGBT-Communitiy. Sie schrieb Kolumnen gegen Rassismus oder zu HIV/AIDS.

Unbekannt informatives
Auch Sylvia Rivera dürfte nicht jede:r kennen. Sie soll an den Stonewall Riots den zweiten Molotowcocktail in Richtung Polizei geworfen haben. Stonewall meint den Aufstand gegen die Polizeibeamten in New York, die im Juni 1969 im Stonewall Inn in der Christopher Street eine Razzia durchgeführt hatten. Die Bar war Treffpunkt der LGBTQ-Community. Für die Bewegung wurde dieser Kampf für Gleichbehandlung und Anerkennung ein Symbol für ihre Arbeit. Rivera gründete mit Marsha P. Johnson die Street Transvestite Action Revolutionaries (STAR). Die Gruppe wurde Motor des Austauschs und man organisierte sich. Leider sind heute weder Sylvia Riveras und Marsha P. Johnsons Anliegen vollständig erkämpft worden. Der Kampf und die Themen der Street Transvestite Action Revolutionaries dürfen «nicht in Vergessenheit geraten» schrieben die Autor:innen. Natürlich sind auch Mitglieder von bekannteren Gruppen bei der Kampagne mit dabei: So sind Frauen der RAF, des EZLN (Ejército Zapatista de Liberación Nacional) oder der Brigate Rosse Teil der Portraits. Figuren, die sonst eher weniger im schweizerischen Kontext der feministischen Aktionen erwähnt werden. 

Abseits des Mainstreams
Die Auswahl von orghan ist sehr divers. Es wurden viele verschiedene Aktivist:innen mit unterschiedlichen Herkünften, Motivationen und Aktionsformen berücksichtigt. Die Gestaltung der Webseite wie auch der Plakate ist schlicht und ästhetisch. Wer sich zum Thema feministische Kämpfe abseits des feministischen Mainstreams informieren möchte, wird bei orghan fündig.
Auch Christa Eckes wurde in die Auswahl aufgenommen. Die Aktivistin war in den 1970er-Jahren Teil der Hausbesetzer:innenszene in der Hamburger Ekhofstrasse. Später suchte sie intensivere Kämpfe, wurde Teil der RAF und ging in den Untergrund, wobei sie wenig später verhaftet wurde. Christa Eckes war viele Jahre in Haft und blieb ihren Prinzipien treu. Hier führte sie unter anderem auch Briefkorrespondenz mit anderen politischen Gefangenen. Ein Buch zum Briefwechsel zwischen Christa und Hüseyin Çelebi ist zusammengestellt worden. Çelebi war unter anderem Mitbegründer der Zeitschrift Kurdistan Report. Er ging nach seiner Entlassung nach Kurdistan und schloss sich der Guerilla an. Im Oktober 1992 ist er gefallen und auch Christa Eckes starb 2012. 

Verschiedene Kämpfe – eines gemeinsam
Wer die Mapuche nicht kennt, wird sie beim Portrait von Moira Millán kennen lernen. Sie wuchs in einem Slum auf, deren Bewohner:innen Mapuche und andere Indigene waren und das ein Symbol des Rassismus der Gesellschaft ist. Dank Institutionen der «Wohlfahrt» lernte Millán lesen und schreiben und erhielt Nahrung. Die Schule war ein Ort des rassistischen Systems und diente der Festigung der weissen Vorherrschaft. Moira Millán arbeitete im Alter von 12 Jahren als Dienstmädchen. Hier erlitt sie sexuelle Belästigungen durch ihre Arbeitgeber. Diese und weitere Erfahrungen politisierte Millán. Sie wurde Teil der Bewegung für die Rechte der indigenen Bevölkerung und der Frauen der Mapuche.
Das Potential all dieser Funken hat die Gruppe orghan erkannt und will es selber nutzen. In einem einführenden Text gehen die Aktivist:innen weiter: «In der Verbindung der vielen Kämpfe, die geführt werden, liegt das Potential, die Grundfesten der kapitalistischen Ordnung anzugreifen.» Eine grundlegende Erkenntnis geht aber dem voraus: Es gibt keinen Kampf der Befreiung, der nicht grundlegend feministisch ist.

Sylvia Rivera. Bild: orghan.ch

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