Eine Begegnung mit der Geschichte 

Anjuska Weil ist seit Jahrzehnten aktiv in der Solidaritätsarbeit mit Vietnam und Autorin des kürzlich erschienenen Buchs «Begegnungen – Geschichten in der Geschichte Vietnams.»

lmt. Das Buch «Begegnungen – Geschichten in der Geschichte Vietnams» der Autorin Anjuska Weil gibt einen so noch nie festgehaltenen Einblick in die Geschichte des Landes. Ganz unterschiedliche Menschen erzählen ihre Lebensgeschichte und decken dabei Aspekte auf, die nicht in den Geschichtsbüchern zu finden sind. Ein Gespräch mit der Autorin.

«Begegnungen mit alten Menschen in Vietnam sind etwas Besonderes, immer auch ein Stück Geschichte, gelebte, persönliche Geschichte, welche sich in die grosse Geschichte des Landes einfügt», ist auf der ersten Seite zu lesen. Und genau so ist das Buch aufgebaut. 17 unterschiedliche Menschen erzählen über eine Zeit Vietnams, die geprägt war von Kriegen. Ihre Gefühle verpacken sie dabei in Gedichte, ein Brauch des Landes, der bis heute weitergeben und gelehrt wird. Der vorwärts sprach mit der Autorin des Buches Anjuska Weil.

Wie kamst du auf die Idee, dieses Buch zu schreiben?
Das ist eine alte Geschichte. Ich fing vor rund zehn Jahren damit an. Anfangs war es noch nicht klar, dass irgendwann daraus ein Buch entstehen würde. Ursprünglich wollte ich Geschichten von Menschen aufnehmen, die ich kannte. Die erste Geschichte war jene, des Mathematikprofessor und guten Freund von uns. Zum Glück habe ich damals seine Geschichte aufgenommen, denn heute wäre er nicht mehr in der Lage dazu. Ich fing also an, die Geschichten festzuhalten und irgendwann kam die Idee auf, die eine oder andere Geschichte im Hoa Binh, das ist die Publikation der Vereinigung Schweiz-Vietnam, zu veröffentlichen. So nahm das seinen Lauf und eine Reihe von Geschichten entstand. Es wurde immer klarer, dass diese Reihe an Geschichten zu einem Buch werden wird. Die Idee bestand daher nicht von Beginn weg, sondern sie entwickelte sich mit der Zeit.

Hat es eine Geschichte, die dich besonders gerührt hat oder am Herzen liegt
Nicht eine einzelne Geschichte, sondern es ist die Kombination der Lebensgeschichten und Gedichten. Viele Gedichte, die nicht in einem Text verankert sind, stammen von einem Cyclo-Fahrer. Aber eben wie schon gesagt, ich könnte nicht eine Geschichte herauspicken. Ihre Gesamtheit macht es aus. Ich habe mich darum bemüht, dass die Geschichten verschieden sind. Es sind Menschen mit verschiedenen Lebenssituationen, die alle auf ihre eigene Weise jene Zeit erlebt haben. Natürlich gibt es hin und wieder Überschneidungen, weil alles im gleichen Land und im gleichen Zeitraum passiert ist. Aber sie haben sich alle unterschiedlich stark und in verschiedenen Bereichen engagiert. Es hat zum Beispiel eine katholische Nonne und es hat auch eine buddhistische Nonne. Dass auch solche Geschichten ihren Platz finden, war mir wichtig.

Es war dir also wichtig, dass ganz verschiedene Menschen vorkommen?
Richtig. Auch aus verschiedenen gesellschaftlichen Schichten. Es hat eine Geschichte, die fast eine Doppelgeschichte ist, über eine Frau, welche eine Alphabetisierungskampagne gestartet hatte. Sie erzählte aber auch von ihrem Vater. Er stammte aus dem Hochadel und schloss sich der Revolution an. Es gibt eine Passage in der Erzählung, wo ihn eine Bäuerin mit «endlich Bruder!» und nicht als «Herr» anspricht. Solche Geschichten wollte ich eben auch sichtbar machen.

Du hast es zwar schon angeschnitten, aber trotzdem die Frage: Was sind das für Menschen, die in deinem Buch vorkommen und ihre Geschichten erzählen?
Wie bereits erwähnt: Es sind unterschiedliche Menschen. Menschen, welche ihren Beitrag auf verschiedene Art geleistet haben in einer schwierigen Zeit. Als Erstes war da, was sie «französischer Krieg» nennen. Also der Kolonialkrieg, in dem Frankreich die Unabhängigkeit von Vietnam nicht anerkennen wollte. Danach kam der USA-Krieg. Es gibt Menschen, die haben beide Kriege erlebt. Es hat aber auch etwas jüngere Menschen, die den Kolonialkrieg nicht erlebt haben oder sie waren zu dieser Zeit Kinder. Es handelt sich um eine Zeit, welche vom Kriege geprägt war. Nach dem Sieg gegen die USA wurde unmittelbar ein Embargo gegen Vietnam verhängt und die westlichen Länder haben da mitgemacht. Das war für die Menschen in Vietnam sehr hart. Ihr Land wurde zuerst zerstört und danach auch noch unter Embargo gestellt. Die Nachkriegsjahre waren eine sehr schwierige Zeit. Das kommt teilweise auch zum Ausdruck in den Geschichten. 

Wenn du die Menschen in Alter einordnen würdest, sind es eher ältere Menschen?
Ja, genau. Um die ganze Zeit miterlebt zu haben, muss man doch ein gewisses Alter haben. Die Altersspanne reicht von 60 bis 80 Jahre, dies zum Zeitpunkt, als ich die Interviews führte. Es leben inzwischen nicht mehr alle.

Was machen die Geschichten so besonders?
Sie geben einen Einblick, den man in den Geschichtsbüchern nicht finden kann. Es sind «Sondierbohrungen», die in die Tiefe gehen und ganz konkret aufzeigen, wie die Zeit damals war und erlebt wurde. Eine Geschichte zum Beispiel berichtet darüber, dass Frankreich sogenannte vietnamesische Kontraktarbeiter nach Neukaledonien verfrachtete, damit diese dort in den Bergwerken schuften mussten. Ich meine, wer weiss schon so was? Und in meinem Buch gibt es eine Frau, die in Neukaledonien aufgewachsen ist, wobei ihr Vater genau auf diese Weise dorthin kam. Sie war dann eine von den Letzten, die nach Vietnam zurückging. Denn sie trat einer Jugendbewegung bei, die sich dafür einsetzte, dass alle, die möchten, zurückkehren konnten. Es kommen Ereignisse aus der Geschichte hervor, die nicht allgemein bekannt sind. Mein Buch gibt Einblicke in persönliche Lebensgeschichten, deckt aber auch Sachen auf, die einer grossen Öffentlichkeit nicht bekannt sind. Die Abmachung mit den Interviewten war, dass sie nur das erzählen, was sie wollen und ich auch nicht weiter nachhake. Das führt dazu, dass gewisse Geschichten nicht sehr viele Gefühle aufweisen. Aber ich muss dazu sagen, dass die Menschen ihre Gefühle immer wieder in Gedichten ausdrücken. Es ist in Vietnam üblich, dass Gefühle in Gedichte verpackt werden.

Was wolltest du mit dem Buch festhalten und dementsprechend auch bewirken?
Ich wollte die Erinnerung an diese Menschen festhalten. Aber zur gleichen Zeit wollte ich auch einen Einblick in die Geschichte des Landes geben. Mein Buch hält auch keine Biografie von einem berühmten Menschen fest, dies wollte ich bewusst nicht. Denn das gibt es schon. Es sind vor allem «Alltagsmenschen».

Bestellungen bei info@vsv-asv.ch oder direkt bei der Autorin: a.weil@sunrise.ch

Buch gebunden, 200 Seiten, ISBN 978-3-033-09524-3,Preis: CHF 28.- 

Peter K. alleine gegen den Staat

Peter K. (gespielt von Manfred Liechti) während einer Gerichtsverhandlung.

dom. Der neue Film von Laurent Wyss beleuchtet die politischen Hintergründe der Geschichte um Peter Hans Kneubühl nur ungenügend und unterstützt das gängige Narrativ vom «verrückten Rentner».

Vor rund zwölf Jahren hielt Peter Hans Kneubühl die Schweiz in Atem. Die Geschichte dürfte manchem in Erinnerung geblieben sein: Nach dem Tod seiner Mutter droht die Zwangsräumung des Hauses, in dem er aufgewachsen ist und in dem er seine Mutter jahrelang gepflegt hat.

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Triangle of Sadness

dom. Ruben Östlund wurde für sein neustes Werk Triangle of Sadness mit einer «Goldenen Palme» geehrt. Ist diese schwarze Satire am Ende gar kein Angriff auf die Welt der Reichen und Schönen? Haben wir es hier tatsächlich mit einer Kapitalismuskritik zu tun oder rechtfertigt der Film am Ende doch nur die bestehenden Verhältnisse?

Der Film ist in drei Kapitel gegliedert: Einmal erhalten wir als Zuschauer*innen einen Einblick ins Privat- und Beziehungsleben der beiden Models und Influencer Carl und Yaya. Danach begleiten wir die beiden auf eine Luxusyacht, wo die Verhältnisse zwischen den superreichen Gästen und dem hart arbeitenden Schiffspersonal im Vordergrund stehen. Zuletzt befinden wir uns auf einer scheinbar verlassenen Insel, auf der einige Überlebende gestrandet sind, nachdem die Yacht von Piraten angegriffen wurde.

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Eine andere Ordnung ist möglich

Cyril Schäublin

Lea Fäh. Wie prägt die Epoche der 1870er-Jahre die Gegenwart? Und wie können wir heute unsere Zukunft neugestalten? Der Film «UNRUEH» regt zum Denken an über unsere gegenwärtige Organisation von Arbeit und Zeit. Der vorwärts sprach mit Regisseur Cyril Schäublin.

Die Uhrenfabrikarbeiterin Josephine und der intellektuelle Revolutionär Pyotr trotzen im Film «UNRUEH» dem industriellen Kapitalismus zu ihrer Zeit. Regisseur Cyril Schäublin sagt auf Anfrage des vorwärts: «Ich interessierte mich vor allem für den Arbeitsalltag in einer Uhrenfabrik und dafür, wie er die Wahrnehmung der Zeit bei der Belegeschaft prägte.» Er wünschte sich, die Werktage, die seine Vorfahrinnen in den Fabriken verbracht haben, in einem Film portraitieren und für die Nachwelt festhalten zu können. «Während den Recherchen zum Film wurde mir bewusst, dass fast nur Informationen zu männlichen oder bürgerlichen Personen des 19.Jahrhunderts in den Archiven zu finden sind. Deshalb entstand die Idee, die Arbeit der Regleusen-Arbeiterinnen filmisch in den Fokus zu stellen.» » Weiterlesen

Unnachgiebige Uhrmacher*innen

1877: Josephine (Clara Gostynski) arbeitet in einer Uhrenfabrik, wo sie die Achse der Unruhe herstellt.

Lea Fäh. Der Schweizer Spielfilm «UNRUEH» erzählt von den Nöten und Kämpfen einer anarchistischen Uhrmacher*innen-Gewerkschaftsbewegung im Nordwest-schweizer Tal Saint-Imier Ende des 19. Jahrhunderts. Ihre Ideale von Gleichheit und kollektivem Zusammenleben beeindruckte auch Pyotr Kropotkin, einer der heute weltweit bekanntesten Anarchisten.

Wir schreiben das Jahr1877 und befinden uns in der kleinen Uhrmacherstadt Saint-Imier im Jura, wo schon seit Generationen die berühmten Schweizer Zeitmessgeräte hergestellt werden. Die junge Fabrikarbeiterin Josephine Gräbli fabriziert das mechanische Herzstück der Uhren, die sogenannte «Unrueh».

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Nie wieder Krieg

Marius Käch. Mit dem Album «Menschenmühle» räumt die pazifistische Black Metal Band «Kanonenfieber» zünftig auf mit Kriegsromantik. Durch die originalen Texte aus dem Ersten Weltkrieg und den provokanten Auftritten ist die Platte ein rockendes und bleibendes Zeichen für den Frieden.

Wie eine geballte Ladung hat das Debut Album «Menschenmühle» der Band «Kanonenfieber» am 20. Februar 2021 bei der Veröffentlichung eingeschlagen. Innert weniger Monate hat es sich in grossen Teilen der Black Metal Szene etabliert – und das ganz ohne Werbung.

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Anatomie eines Sommerlochs

Dreadlocks wurden zum diesjährigen Sommerlochthema. Bild: zVg

flo. Wegen eines abgebrochenem Konzerts galoppierte ein Thema durch die Schweizer Presselandschaft, bei dem klar war: Der einzige Grund, warum die Sache Schlagzeilen macht, ist die angekündigte Empörung von links wie rechts. Das abstruse Thema, welches das diesjährige Sommerloch füllte.

Erinnert ihr euch noch an euer liebstes Sommerloch? Meines war 2017, als innerhalb weniger Tage in Schaffhausen zwei Schwimmer von einem Biber gebissen wurden. Das Ereignis füllte damals tageweise die auflagenstärksten Blätter des Landes. Tier-ärzt*innen wurden zum natürlichen Verhalten von Bibern befragt und selbst vermeintliche Sichtungen des aggressiven Tiers führten zu Medienberichten. Jetzt, wo langsam die Saure-Gurken-Zeit 2022 ihrem Ende entgegengeht, kann ich mit aller Offenheit sagen: Ich vermisse diesen aggressiven Biber. Zumindest hatte der einen gewissen Unterhaltungswert, während wir diesen Sommer vor allem mit einer Story traktiert wurden: Kultureller Aneignung. Dabei hatte es gar nicht so abstrus angefangen: Eine Gruppe von Reggae-Musikern musste in Bern auf Bitten von Personen aus dem Publikum ein Konzert in der Brasserie Lorraine abbrechen. Seit wann interessiert es Mainstreammedien, was in linken Szenekneipen läuft? Man kann sich schon wundern, wenn man bedenkt, wie gross die Story im Verlauf des Sommers wurde.

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Rote Kulturtage in Zürich

Ein Wochenende lang Musik, Lesungen, Film und Theater. Die Roten Kulturtage vom 6. und 7.August im Zürcher Volkshaus bieten professionellen und unprofessionellen Künstler*innen einen Raum, das zu zeigen, worauf sie Lust haben.

Doch warum die Rote Kulturtage? Die Schweiz kannte Ende 1930 eine blühende Gewerkschaftskultur. Es gab Chöre, Musikclubs und mehrere Arbeiter*innentheater, in denen Arbeiter*innen und professionelle Künstler*innen für Arbeiter*innen spielten. Sie orientierten sich an verschiedenen formalen Strömungen – am epischen Theater von Brecht, am experimentellen, maschinisierten Theater der sowjetischen Konstruktivist*innen, am Agit-Prop Theater und am traditionellen Volkstheater und Cabaret. Heutzutage besteht die Gewerkschaftsbewegung weiterhin, aber die kulturelle Arbeit wurde mehrheitlich aufgegeben.

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Kultur und Volk ist wieder da

sit. Am 22.Juni wurde die sozialistische Kulturorganisation «Kultur und Volk» wiederbelebt. Der Verein blickt auf eine lange und bewegte Geschichte zurück und soll – so wie damals – fortschrittliche Kultur erfahren und fördern. Vor ihm liegen die «Mühen der Ebenen».

Gute, positive Nachrichten für linke Kultur haben Seltenheitswert. Umso schöner, über eine berichten zu können. «Der Verein ‹Kultur und Volk› wurde, nachdem er um 1990 eingeschlafen ist, am 22.Juni 2022 wieder reaktiviert», schreibt der Verein in seiner Medienmitteilung. In Zürich trafen sich mehrere ehemalige Mitglieder und neuinteressierte Personen zur Vereinsversammlung und wählten dabei einen neuen Vorstand. «Mit Ernesto Wowes wurde ein langjähriger linker Aktivist und Kulturschaffender zum Präsidenten des Vereins gewählt», informiert Kultur und Volk (KuV) weiter. » Weiterlesen

Sie fliegen seit 100 Jahren und sind nicht müde: Die Roten Falken

Spass und Freude bei den Roten Falken aus Bern. Bild: rotefalken.ch

lmt. Die Roten Falken feiern ihr 100-jähriges Jubiläum. In Bern gab es dazu am 8.Juni ein Fest, welches die lange Geschichte der sozialistischen Jugendorganisation beleuchtete. Noch heute stehen sie für Werte wie Gleichheit, Gerechtigkeit und Frieden ein.

Im gut gefüllten Lichtspiel in Bern fanden sich am 8.Juni über 70 Personen ein, um das 100-jährige Bestehen der Roten Falken Schweiz gebührend zu feiern. Studierende der Universität Bern präsentierten historisches Material und eindrückliche Filme aus den Anfängen in den 1930er-Jahren. Nach einem Generationenpodium mit aktuellen Helfer*innen und einem langjährigen Mitglied der Roten Falken rundete die Generalsekretärin des International Falcon Movement – Socialist Educational International, Ruba Hilal, den Anlass ab.

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Der Vielfalt verpflichtet

Die diesjährige Kuratorin des Festivals Taktlos, Martina Berther. Bild: martinaberther.ch

Peter Dürsteler. Vom 17.bis 20.März fand das diesjährige «Taktlos» statt – zum grossen Teil wiederum im Kunstraum Walcheturm in Zürich. Dieses Festival für grenzüberschreitende Musik steht für den «seismografischen Zustand der Welt» und wurde von der E-Bassistin Martina Berther kuratiert.

Im Vordergrund standen Solo-Konzerte und solche mit kleinen Formationen. Martina Berther hat ein sehr vielfältiges Programm zusammengestellt. Dabei stellen sie und das Taktlos-Team folgendes fest: «Musik und Politik sind miteinander verwoben. Musik steht nicht ausserhalb gesellschaftlicher Spannungen und Tendenzen.» Eine klare Absage also an den bürgerlichen «L‘art pour l‘art»-Gedanken, wonach Kunst nur um der Kunst willen existieren soll!

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Völlig unterschiedliche Darbietungen

Peter Dürsteler. Vom 1. bis 3. Juni fand im Kunstraum Walcheturm in Zürich ein «Taktlos im Sommer» statt, eine kleine Konzertreihe mit je einer Formation pro Abend. Das eigentliche «Taktlos 2021» fiel leider pandemiebedingt ins Wasser.

Die E-Bassistin Martina Berther hätte das «Taktlos 2021» kuratieren sollen. Sie wird dies hoffentlich im nächsten Jahr nachholen können. Allerdings bestritt sie zusammen mit der Schlagzeugerin Béatrice Graf im Duo «Ester Poly» (auch zu hören auf dem Album Pique Dame)– unter Einsatz auch ihres (Rap-)Gesangs – gleich den ersten Abend der sommerlichen Konzert-reihe. Dabei wurden verschiedenste musikalische Materialien verwendet, die zu verhältnismässig kurzen Tracks verarbeitet wurden.

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Der Faschismus überlebt versteckt

dab. Nach dem mit extremen Verlusten erkämpften Sieg von Stalingrad im Frühjahr 1943 verfolgte die Rote Armee die deutsche Imperialisten-Wehrmacht ausdauernd bis nach Berlin und erreichte 1945 ihre bedingungslose Kapitulation. Auf den Sieg und die Anerkennung durch die Westalliierten folgten aber bald Kalter Krieg und Konterrevolution.

Er unterhält mit faszinierenden Bildern, realistischen Figuren und nicht zu dick aufgetragener Spannung und Action: der russische Spielfilm «Der weisse Tiger – Die grosse Panzerschlacht» (2012) von Karen Shakhnazarow. Darüber hinaus macht er Aussagen über den deutsch-europäischen Faschismus und Imperialismus.

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Mehr Filme exportieren

dab. Eine erweiterte Investitionspflicht ins Filmschaffen soll laut der ständerätlichen Kulturkommission WBK im Filmgesetz festgeschrieben werden. Der Nationalrat hat die Pflicht schon mal zusammengestrichen.

Der ständerätliche Vorschlag wird in der Branche als «Lex Netflix» bezeichnet. Roland Hur-schler, Geschäftsleiter Verband Filmregie und Drehbuch Schweiz (ARF/FDS) spricht von einem «Hoffnungsschimmer für Schweizer Filmschaffende». Und weiter: «Die Revision des Filmgesetzes – besser bekannt als ‹Lex Netflix› – ist politisch umstritten. Und gleichzeitig für uns Schweizer Filmschaffende enorm wichtig. Wir begrüssen deshalb, dass die ständerätliche Kulturkommission viele Entscheide des Nationalrats wieder rückgängig machen will – denn dieser hat das Gesetz regelrecht ausgehöhlt.» Der Grundgedanke der Investitionspflicht lautet: Wer Filme zeigt, soll auch in Filme investieren. Streaming-Plattformen und ausländische Werbefenster sollen einen Anteil ihrer Einnahmen ins Schweizer Filmschaffen investieren oder eine entsprechende Abgabe leisten. Der Bundesrat hat in seiner Vorlage vier Prozent der Bruttoeinnahmen vorgeschlagen. Eine Abgabe, die im internationalen Vergleich nicht hoch ist. «Netflix muss beispielsweise seit Anfang Jahr 20 bis 25 Prozent der Einnahmen, die es in Frankreich generiert, ins Filmschaffen investieren», sagt Hurschler.

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Tötet Hitler

Gaston Kirsche. Elem Klimows Filmklassiker «Komm und Sieh» von 1985 über den deutschen Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion und die slawische und jüdische Bevölkerung ist in einer von Mosfilm restaurierten Fassung neu erschienen.

«Tötet Hitler» sollte der Film eigentlich heissen, erklärte Regisseur Elem Klimow Jahre später rückblickend in einem Interview gemeinsam mit dem Co-Autor des Drehbuchs, Ales Adamowitsch. Sieben Jahre lag das Drehbuch unter Verschluss – zu naturalistisch, zu verstörend, um verfilmt zu werden, fanden die sowjetischen Entscheider. Und der Name Hitler solle nicht durch Nennung im Titel aufgewertet werden. Dabei ging es Klimow und Adamowitsch, um Hitler als Symbol für den deutschen Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion. Adamowitsch zeichnete jahrelang kreuz und quer durch Belarus Testimonials auf von Überlebenden des deutschen Vernichtungsfeldzuges. Elem Klimow hatte die Dokumentation «Ich komme aus dem Feuerdorf» gelesen. So entstand die Idee zu «Komm und Sieh». Der Filmtitel geht auf ein Bibelzitat zurück. Da der Film nicht «Tötet Hitler» heissen durfte, bat Klimow seinen Bruder, einen Titel aus der Bibel herauszusuchen – aus der Apokalypse.

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Meist ohne politische Bezüge


dab. Zum ersten Mal waren die 56.Solothurner Filmtage («Home Edition») vollständig online. Filme konnten unterbrochen und zwei Mal geschaut werden. Festivalatmosphäre konnte nicht wirklich aufkommen, das kollektive Filmerlebnis und
der Austausch danach fehlten. Das einheimische Filmschaffen kann sich dadurch weniger unmittelbar öffentlich feiern als bisher.

Wie jedes Jahr wurde eine schwer zu überschauende Menge von Spiel-, Dok-, Kurz- und Trickfilmen, Werkschauen und Retrospektiven sowie Filmgesprächen, Podien und Workshops zu einer Fülle von Themen vorgeführt – und Preise in verschiedenen Kategorien vergeben. Die meisten Filme beschäftigen sich mit Liebe, Beziehungen, Lebenskrisen, Familiengeschichten, Krankheiten, tüchtigen Frauen* und Männern* und dem (Swiss) American Dream.
Auseinandersetzungen mit politischen und wirtschaftlichen Realitäten wie Flüchtlingspolitik, Transgender oder der Dokfilm «Der Ast, auf dem ich sitze» von Luzia Schmid über «Zug, Steueroase und einer der grössten Rohstoffhandelsplätze der Welt», kommen vor, bleiben aber Randerscheinungen. Die unter dem Titel «Lockdown Collection» gezeigten Kurzfilme werfen einen oberflächlichen, humorvollen, ästhetisierten Blick auf das Leben mit den Pandemiemassnahmen. Kritik wird gestreift, verwischt, aufgelöst – die Probleme und die körperlichen, psychischen, gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Folgen der Massnahmen werden dadurch verharmlost.
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Gelungene Neuausgabe

Alois Bühler. Walter Matthias Diggelmanns Roman «Die Hinterlassenschaft»
ist im Chronos-Verlag Zürich wieder erschienen. Er ist auch jüngeren Zeitge-noss*innen wärmstens zu empfehlen. Er ist gute Literatur und ein Geschichtsbuch gegen den Antikommunismus des Zwanzigsten Jahrhunderts.

Walter Matthias Diggelmann (1927 bis 1979), wurde als unehelicher Sohn der verwaisten Bauernmagd Maria Diggelmann geboren. Das Pflegekind durchlebte Konflikte mit der Vormundschaft. Nach abgebrochener Oberrealschule und abgebrochener Uhrmacherlehre floh er 1944 wegen eines Bagatelldiebstahls nach Italien.

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