Front gegen Flüchtlinge

Foto: noborder.org

Die Flüchtlingsdramen, die sich auf den trügerischen Gewässern des Mittelmeers abspielen, lassen in Deutschland die Kritik an der Agentur für die operative Zusammenarbeit an den EU-Aussengrenzen (Frontex) wachsen. Quer durch die Parteien formiert sich Widerstand gegen die rechtlich fragwürdigen Operationen von Frontex auf hoher See, an denen auch Beamte der Bundespolizei beteiligt sind und in deren Zug es um das Abfangen und Eskortieren von Flüchtlingsbooten in Länder ausserhalb der Europäischen Union geht. Im Zentrum der Kritik steht die Frage, inwieweit die Grenzschützer auch bei „exterritorialem Handeln“, also außerhalb der Zwölf-Seemeilen-Zone, international verbriefte Flüchtlingsrechte einhalten müssen.

Der menschenrechtspolitische Sprecher der Grünen, Volker Beck, ist der Ansicht, dass „auch auf hoher See und an Bord von Frontex-Schiffen der Schutz der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention ohne Abstriche gelten muss“. Beck bezieht sich auf die Kritik von Menschenrechtsorganisationen, die sich begründet in der oft fehlenden Unterscheidung zwischen Asylsuchenden, denen in ihrer Heimat Verfolgung, Folter oder die Todesstrafe droht, und Migranten, die auf bessere Arbeitsbedingungen hoffen. Frontex leite Flüchtlingsboote in die Gewässer afrikanischer Staaten zurück, ohne bei deren Insassen möglicherweise bestehende Asylgründe zu erfragen. „Die Flüchtlinge müssen deshalb in einen sicheren europäischen Hafen gebracht werden“, fordert der FDP-Politiker Max Stadler. Er hat sich dem Aufruf „Stoppt das Sterben“ der Flüchtlingshilfsorganisation Pro Asyl angeschlossen, in dem Frontexeinsätze verurteilt werden.

Auch in der SPD rumort es angesichts der Tatsache, dass im ersten Halbjahr 2008 die Zahl der Todesopfer bei Fluchtversuchen nach offiziellen Angaben auf etwa 380 angestiegen ist. Im vorigen Jahr sollen es mehr als 500 gewesen sein. Christoph Strässer, für die SPD im Ausschuss des Bundestags für Menschenrechte und humanitäre Hilfe, pocht deshalb auf den Anspruch der Flüchtlinge, nach den Maximen menschenrechtlicher Konventionen behandelt zu werden, „und wenn ich das richtig sehe, wird der bei Frontexeinsätzen in vielen Fällen missachtet. Da liegt einiges im Argen“.

Stetig wachsendes Budget

Die Meinungen von Politikern jedweder Couleur stehen im direkten Gegensatz zur offiziellen Linie der Bundesregierung, die in Frontex ein probates Mittel sieht, illegale Einwanderung einzudämmen und gleichzeitig die Zahl der Todesfälle auf hoher See zu verringern. So sollen 2006 und 2007 mit Hilfe von Frontex 53 000 Flüchtlinge vor dem Ertrinken gerettet worden sein. Die deutsche Regierung bezweifelt aber, dass Bundesbeamte im Rahmen der Frontexoperationen auch in internationalen Gewässern an die menschenrechtlichen Garantien des Grundgesetzes gebunden seien, wie aus einem Schreiben des Innenministeriums an den Menschenrechtsausschuss des Bundestags hervorgeht, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt.

Zwar verwies Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) auf klare Anweisungen für Beamte der Bundespolizei, Menschenleben zu retten, wo immer sie können. Gleichzeitig wisse er aber nicht, ob alle Mittelmeeranrainer sich an die gemeinsame europäische Politik der Rettung und des Schutzes von Flüchtlingen hielten – eine Aussage, die Grünen-Politiker Volker Beck „zynisch“ findet.

Seit nunmehr drei Jahren ist die Agentur Frontex mit Sitz in Warschau für den Grenzschutz zuständig. Sie koordiniert dabei die Einsatzkräfte der einzelnen EU-Mitgliedstaaten und überwacht so die gängigen Routen der Flüchtlinge, die es nach Europa zieht. Seit Frontex im Jahr 2005 die Arbeit aufnahm, ist das Budget der Agentur, das zum grössten Teil von der EU gespeist wird, stetig gewachsen. In diesem Jahr verfügt die Agentur über 70,4 Millionen Euro, für 2008 hat Frontex einen Bedarf von 83 Millionen angemeldet. Und die Bundesregierung macht keinen Hehl daraus, dass sie die Pläne der französischen Ratspräsidentschaft unterstützt, die Grenzschutzagentur weiter zu stärken.

Schon jetzt verfügt Frontex über mehr als 100 Boote, etwa 25 Hubschrauber und 20 Flugzeuge. Alleine an der Patrouillenoperation „Nautilus“ im Mittelmeer zwischen Libyen und Tunesien auf der einen sowie Italien und Malta auf der anderen Seite waren im vorigen Jahr 95 Beamte der Bundespolizei beteiligt, insgesamt stellte Deutschland 2007 für sechs Operationen 148 Polizisten und zwei seeflugtaugliche Hubschrauber zur Verfügung. Kosten: 245 000 Euro. Angesichts dieser geballten Ansammlung an Mensch und Material zur Bekämpfung illegaler Migration spricht die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Ulla Jelpke, gar vom „Krieg gegen Flüchtlinge“. Migranten würden mit überzogenen Mitteln systematisch daran gehindert, das europäische Festland zu erreichen.

Um den Kritikern den Wind aus den Segeln zu nehmen, ist Frontex mit dem Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) eine Kooperation eingegangen. Am 17. Juni unterzeichneten beide Seiten in Warschau eine Absichtserklärung in Zukunft besser zusammenarbeiten zu wollen. Die Vereinbarung beinhaltet vor allem ein Schulungsangebot für Grenzschutzbeamte auf dem Gebiet der Menschen- und Flüchtlingsrechte.

Die erste Euphorie ist jedoch Ernüchterung gewichen. Auf dem 8. Berliner Symposium zum Flüchtlingsschutz Ende Juni musste die UNHCR-Repräsentantin in Brüssel, Judith Kumin, eingestehen, dass die Gespräche zwischen Frontex, den EU-Mitgliedstaaten sowie dem UNHCR „bisher nirgendwohin führten“. Bislang konnte man keine Einigkeit erzielen, weil die Meinungen der einzelnen Länder so weit auseinandergingen, bestätigte Kumins Sprecher Gilles van Moortel der SZ. Er fragt: „Nimmt man die Leute an Bord oder nicht? Bringt man sie in einen EU-Hafen oder schickt man sie gleich wieder zurück? Gibt man ihnen Essen und Trinken oder nicht?“

Der Leiter der Einsatzzentrale der italienischen Militärpolizei in Rom, Francesco Saverio Manozzi, gibt bereits Antworten. In einem ARD-Radiofeature gab er zu Protokoll, dass seine Einheiten bei offiziellen Treffen mit Einsatzplänen und schriftlichen Befehlen konfrontiert worden seien, denen zufolge die Abwehr der illegalen Einwanderer darin bestehe, an Bord der Schiffe zu gehen und Lebensmittel sowie Treibstoff von Bord zu nehmen. Sollte dies zutreffen, sagt Volker Beck, „wäre für uns die Grundlage bei Frontex mitzuwirken entfallen“. So oder so: Die Aussagen Manozzis werfen ein neues Licht auf die Konflikte zwischen europäischen Einheiten im Rahmen von Frontexpatrouillen.

In der Frontexzentrale mit ihren zur Zeit 164 Mitarbeitern gibt man sich indessen alle Mühe, die Vorbehalte zu zerstreuen. Mehrmals hat Frontexdirektor Ilkka Laitinnen betont, wie sehr ihm an menschenrechtlich unbedenklichen Einsätzen im Mittelmeer gelegen ist. Allerdings werden die Kritiker wohl kaum zu besänftigen sein angesichts des hohen Masses an Intransparenz, die der Grenzschutzagentur innewohnt.

Nach Auskunft der Bundesregierung besteht für Frontex gegenüber den EU-Staaten beziehungsweise deren nationalen Parlamenten keine Informationspflicht. Da lediglich das EU-Parlament oder der Ministerrat den Exekutivdirektor auffordern können, Bericht über seine Tätigkeiten zu erstatten, ist Frontex der Kontrolle nationaler Parlamente entzogen. Für Volker Beck ein untragbarer Zustand: Weder Bundestag noch Europaparlament hätten ausreichende Informationen über Frontex. „Das muss anders werden.“ Für Max Stadler wäre es nun an der Bundesregierung, auf europäischer Ebene tätig zu werden. „Wir werden das Thema auch in Zukunft im Innenausschuss ansprechen.“

Quelle: Süddeutsche Zeitung

Schlamperei mit radioaktivem Material

Weltweit verschwindet hochradioaktives Material in dunklen Kanälen, gelangt in Schrottpressen und taucht so in neuen Produkten wieder auf. Verstrahlte Waren wie Uhren, Lampen und Haushaltsartikel werden jedoch in den seltensten Fällen entdeckt. Bisher gibt es aber nur wenig Bewusstsein für die Gefahr.
Bleibehälter mit hochradioaktivem Kobalt 60 sind im Frühjahr in Polen gestohlen worden. Deutsche Sicherheitsbehörden gaben deshalb europaweit eine interne Warnmeldung heraus. Bereits 2006, so erfuhr Plusminus exklusiv, gelangte waffenfähiges Uran 235 aus Russland 2006 über den Hafen von Wismar nach Deutschland. Nur durch Zufall wurde es in 6000 Tonnen Metall entdeckt, kurz vor dem Einschmelzen.

30.000 Strahler ´verloren´

Die Bedrohung geht nicht nur von Bombenmaterial wie Uran 235 aus. Ein Papier der Europäischen Kommission aus dem Jahr 2002 warnt: 30.000 Strahlungsquellen sind in den vergangenen 50 Jahren in Europa ´verloren´ gegangen. Die Strahlenquellen stammen beispielsweise aus Laboren, Krankenhäusern, aber auch Universitäten.

Strahlentod innerhalb von Sekunden

Das gefährliche Kobalt 60 wird zum Beispiel zum Bestrahlen von Lebensmitteln eingesetzt, aber auch in Kliniken. Ohne Ummantelung allerdings, wie Abschirmbehälter auch genannt werden, würde der starke Gamma-Strahler einen Menschen in Sekunden töten. Kobalt 60 kann auch dazu benutzt werden, die von Sicherheitspolitikern so gefürchtete ´schmutzige Bombe´ zu bauen – also einen Explosivkörper, der keine klassische Atombombe ist, aber dennoch durch breit gestreute radioaktive Verseuchung einen enormen Schaden anrichten kann.

Hochradioaktives Material im Schrott

Das ist nicht die einzige Gefahr, die von dem gestohlenem Kobalt 60 ausgeht. In der Sendung ´Plusminus´ warnt Horst Janku von der Gewerbeaufsicht in Bremen: ´Wir haben die Befürchtung, dass diese Behältnisse auf einem Schrottplatz landen können.´ Wird das radioaktive Material nicht entdeckt, droht eine Katastrophe. In Spanien blieb eine radioaktive Quelle in einer Recyclinganlage unentdeckt. Das ganze Werk musste entseucht werden. Schaden: eine Million Euro.

Der Strahler am Handgelenk

Und trotzdem war es Glück im Unglück. Denn die nukleare Quelle hätte auch eingeschmolzen und zu Produkten wie Lampen, Uhren oder Metallschränken weiterverarbeitet werden können. ´Plusminus´ berichtet, dass radioaktiv belastete Uhren auch schon in deutschen Supermärkten angeboten wurden. Sie mussten aus dem Verkauf genommen werden. Entdeckt wurden sie nur durch einen Zufall: Eine der Uhren löste im das französische Atomkraftwerk Tricastin Strahlenalarm aus.

Auch Endprodukte sind verseucht

Die Uhr war kein Einzelfall. Zöllner in Rotterdam beschlagnahmten 2006 Handtaschen aus Indien, die mit Kobalt 60 radioaktiv verseucht waren. ´Außerdem haben wir radioaktive Waschmaschinenteile, sogenannte ´Magic Balls´ aus China gefunden. Die werden dem Waschpulver beigegeben, da wird die Wäsche ´strahlend? schön´´, erzählt Bert Wiersemer, Leiter des Alarmzentrums im Rotterdamer Hafen, ´Plusminus´.

In den Niederlanden ist man weiter

In Rotterdam werden alle eingehenden und ausgehenden Container mit Hilfe deutscher Nukleardetektoren auf Radioaktivität untersucht – ursprünglich, um zu verhindern, dass eine ´schmutzige Bombe´ geschmuggelt wird. Deutsche Reeder lehnen es jedoch aus Platz- und Zeitgründen ab, alle Container scannen zu lassen.

Niemand fühlt sich zuständig

Zu den Fragen von ´Plusminus´ wollte das Bundesfinanzministerium – zuständig für den Zoll – vor der Kamera nicht Stellung nehmen. Schriftlich äußerte sich das Ministerium gegenüber der Redaktion: Man kontrolliere ´stichprobenartig, bei Verdachtsmomenten systematisch´. Die Pressestelle des Bundesinnenministeriums lässt verlauten, man sei nicht zuständig. Und das, obwohl Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble nicht müde wird, zu behaupten, er sei besorgt: ´Viele Fachleute sind inzwischen davon überzeugt, dass es nur noch darum geht, wann ein solcher Anschlag kommt, nicht mehr ob.´

Recycler treffen Vorsorge

Aus Furcht, ihnen könnten radioaktive Strahler untergeschoben werden, haben sich die größeren Recyclinganlagen und Stahlwerke inzwischen freiwillig Nukleardetektoren angeschafft. Besonders in Zeiten gestiegener Rohstoffpreise ist die Gefahr groß, dass nicht nur massenhaft geklautes Kupfer, Gullydeckel und Bahngleise an Recyclinganlagen verkauft werden, sondern auch radioaktive Metalle. Vorgeschrieben sind solche Detektoren allerdings nicht.

Die Deutschen warten offensichtlich darauf, bis etwas passiert. Dann soll die Zentrale Unterstützungsgruppe des Bundes (ZUB) es richten. Im Juni hat sich diese bislang streng geheime Truppe unter Führung des BKA in Leverkusen erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt. Die ZUB wird dann gerufen, wenn es zu spät ist, dann nämlich, wenn die jetzt gestohlenen Kobalt-60-Quellen für eine schmutzige Bombe verwendet sind oder in Alltagsgegenständen bei uns zu Hause auftauchen.

Quelle: Südwestrundfunk (SWR)

Deutsche Soldaten in den Kaukasus?

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Foto: Bundeswehr/Bienert

Von Georg Polikeit. Dass die Machthaber in Georgien und Russland nach fünf Tagen Krieg am vergangenen Wochenende den Verzicht auf weitere Gewaltanwendung und den Rückzug ihrer Truppen auf die jeweiligen Ausgangsstellungen unterschrieben haben, ist zu begrüssen. Aber tausende Tote und Verstümmelte, zahllose Flüchtlinge, zerstörte Häuser, Städte und Dörfer, vergrösserte Armut, ein neues Meer von menschlichem Leid sind die Folge. Und eine friedliche Regelung des Konflikts ist ferner als zuvor.
Der Kaukasus-Krieg zeigt einmal mehr, dass Militäreinsatz zur Regelung von Konflikten nicht taugt. Er rief in Erinnerung, wie schnell aus einem lokalen Konflikt ein grösserer Krieg auch unter Beteiligung von Grossmächten werden kann, der nicht nur die direkt Beteiligten, sondern uns alle in Mitleidenschaft zieht. Wie leicht hätte daraus sogar eine grosse militärische Konfrontation zwischen Russland und der NATO entstehen können. Das unterstreicht, wie gefährlich es ist, dass in den «Verteidigungskonzepten» von USA, NATO, EU und BRD der Einsatz von Waffengewalt zur Durchsetzung von eigenen Zielen wieder als etwas ganz «Normales» behandelt wird.

Um so alarmierender ist es, dass sich die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel im Gegensatz zu allen bisherigen Behauptungen von «Zurückhaltung» und von einer «Vermittlungsrolle der EU» bei ihrem Besuch am letzten Sonntag in der georgischen Hauptstadt Tbilissi eindeutig an die Seite des georgischen Machthabers Saakaschwili gestellt hat. Offenbar wollte sie demonstrieren, dass sie genau so gut wie US-Aussenministerin Rice Öl ins Feuer giessen und antirussische Emotionen schüren kann. Während sie zwei Tage vorher mit dem russischen Staatschef Medwedjew ein «eisiges Treffen» (laut FAZ v. 16.8.) abhielt, gab es «Freude über Merkel in Tiflis» (so «Focus-online» v. 15.8.). Die deutsche Kanzlerin bestätigte nicht nur die vom NATO-Rat im April dieses Jahres auf Drängen von USA-Präsident Bush beschlossene und von Russland als Provokation verstandene Absicht, Georgien (und die Ukraine) zu Mitgliedern der NATO zu machen. Sie forderte zudem den Abzug der russischen Truppen aus Georgien und die möglichst rasche Stationierung von «internationalen Friedenstruppen» unter Beteiligung der EU und der BRD. «Eine deutsche Beteiligung an einer internationalen Friedenstruppe in diesem Gebiet schloss Merkel nicht aus», berichtete «Spiegel-Online» am 17.8. Offener kann eine klar pro-amerikanische und anti-russische Parteinahme kaum verkündet werden. Von eigenständiger europäischer Politik und eigenständiger Rolle Europas keine Spur.

Inzwischen geht der Propagandakrieg, der jederzeit wieder in neue militärische Operationen umschlagen könnte, unvermindert weiter. Auch in den deutschen Medien mit ihrer vorwiegend anti-russischen Parteinahme und Meinungsmanipulation. Von objektiver oder «neutraler», glaubwürdiger Berichterstattung kann keine Rede sein. Wie in der Hoch-Zeit des kalten Krieges wird die Angst vor dem Gespenst einer «russischen Bedrohung» für alle Nachbarstaaten geschürt.

Damit soll offenbar so schnell wie möglich verdrängt werden, was anfänglich auch in bürgerlichen Medien zu erfahren war. Nämlich dass es der georgische Staatschef Saakaschwili war, der die Kriegsmaschine in Gang gesetzt hat, als er dem georgischen Militär den Befehl gab, in der Nacht vom 7./8. August mit Flugzeugen, Mörsern und Landtruppen die «abtrünnige» Provinz Südossetien anzugreifen. Die georgischen Truppen waren im Rahmen einer «Offensive zur Rückgewinnung der Kontrolle über die ganze Region» bis in die seit süd-ossetische Hauptstadt Zchinvali vorgedrungen, wo sie seit dem Waffenstillstand von 1992 nichts mehr zu suchen hatten. Erst danach traten die russischen Truppen in Aktion.

Vergessen gemacht werden soll damit auch, dass es nicht Russland ist, das einen Militärstützpunkt in der Karibik einrichten will, sondern die Bush-Regierung einen NATO-Stützpunkt in Georgien. In einem ARD-Bericht am 14.8.08 war noch zu erfahren: «Tatsache ist: Die Bush-Regierung hat Georgien in den letzten acht Jahren intensiv mit Schützenpanzern, Granat- und Raketenwerfern, Schlachtflugzeugen und Kampfhubschraubern aufgerüstet. Der Wert dieser Waffenlieferungen beläuft sich auf rund eine Milliarde Dollar.» Die georgischen Rüstungsausgaben sind seit Saakaschwilis Machtantritt verdreifacht worden. Noch im Juli 2008 haben 1000 US-Soldaten an einem Manöver in Georgien teilgenommen. Dabei hatte Saakaschwili, der 1995 aus den USA nach Georgien zurückgekommen war und sich im November 2003 per «Rosen-Revolution» an die Macht gedrängt hatte, schon bei seinem Amtsantritt 2004 die Rückeroberung von seit 1992 de facto nicht mehr der georgischen Regierung unterstellten Provinzen Süd-Ossetien und Abchasien zum «Ziel seines Lebens» erklärt.

Saakaschwili kann den Angriffsbefehl für den Überfall vom 7./8. August nicht ohne Wissen und Einverständnis der USA gegeben haben. Denn es sind seit 2002 offiziell rund 100 US-Militärberater in Georgien, die in die georgische Armee trainieren. Und noch im Juli war US-Aussenministerin Rice zu einem demonstrativen Besuch nach Tbilissi gekommen. Sollte ihr der georgische «Freund der USA» da wirklich kein Wort von seinen nächsten Plänen gesagt haben?

Mit anderen Worten: es geht bei dem Konflikt in Georgien keineswegs nur und in erster Linie um einen «ethnischen Konflikt» mit «abtrünnigen Provinzen». Das ist nur der Vorwand. Es handelt sich vielmehr um ein von der Bush-Regierung seit langem eingefädeltes und systematisch vorangetriebenes Vorhaben der imperialistischen Globalstrategie der USA. Die Kaukasus-Region ist seit langem im Visier der US-Strategieplaner, sowohl wegen der Rohstoffressourcen und Transit-Pipelines vom Kaspischen Meer in die Türkei unter Umgehung Russlands als auch aus geostrategischen Gründen. In der Online-Enzyklopädie «Wikipedia» ist zu lesen: «Die Vereinigten Staaten sehen Georgien und Aserbaidschan, die beide zur Koalition der Willigen gehören, als einen wichtigen Brückenkopf in der bis nach Zentralasien und Iran angrenzenden Region».

Sicherlich betreibt auch das Tandem Putin – Medwedjew seine eigene russische Grossmachtpolitik im Interesse der heute dort herrschenden Kreise von Politik, Wirtschaft und Militär. Aber im konkreten Fall ist die imperialistische Weltmachtpolitik der USA das aggressive Element, das die bisherigen Kräfteverhältnisse verändern will, wogegen Russland sich wehrt.

Diese Beurteilung wird nicht zuletzt auch dadurch bestätigt, dass die USA-Strategen soeben zeitgleich zum Kaukasus-Krieg ihre aggressive Stützpunktpolitik durch ein weiteres Kettenglied ergänzt haben: das Raketenabkommen vom 14.8. mit Polen. Deutlicher konnte kaum unterstrichen werden, dass dieser sogenannte «Raketenabwehrschirm» nichts mit dem vorgeschobenen Argument einer «Bedrohung» aus dem Iran zu tun hat, sondern gegen Russland gerichtet ist.

Die EU hat sich anfänglich mit der Aktivität des französischen Staatschefs Sarkozy als amtierendem EU-Ratspräsidenten in einer «Vermittlerrolle» betätigt. Im Hintergrund dafür dürfte vor allem die realistische Erkenntnis stehen, dass Europa – anders als die USA – auch weiterhin auf russisches Gas und Öl und andere wichtige Rohstoffe angewiesen ist. Und dass der grosse russische Markt ein beachtliches Absatzgebiet für die grossen EU-Konzerne wie auch eine gewinnträchtige Anlagesphäre für Finanzgeschäfte darstellt. Für Frau Merkel scheint das allerdings weniger wichtig zu sein. Wieder einmal war die EU offensichtlich nicht in der Lage, «mit einer Stimme» zu sprechen.

Mit lauter Stimme sprechen sollte jedoch die deutsche Öffentlichkeit. Es gibt Anlass, am bevorstehenden Antikriegstag am 1. September und bei anderer Gelegenheit mit Nachdruck die Forderung zu erheben: Keine deutsche Soldaten im Ausland, weder im Kaukasus noch sonst wo in der Welt.

Bolivien stärkt Evo Morales

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ALBA, die Arbeitsgruppe Lateinamerika Basel, hat mit Erleichterung zur Kenntnis genommen, dass der bolivianische Präsident Evo Morales als Exponent der sozialen Bewegungen Boliviens das Referendum vom Sonntag mit überwältigendem Mehr gewonnen hat. Gemäss den Hochrechnungen haben 67% der Stimmenden den Präsidenten in seiner Politik bestätigt. Damit war die Zustimmung noch grösser als bei seiner Wahl vor knapp drei Jahren, als er 53,7% der Stimmen erhielt.

Evo Morales will die begonnenen sozialen Reformen fortsetzen und mehr Gerechtigkeit für die indigene Bevölkerungsmehrheit Boliviens schaffen, einer Bevölkerung, die seit Jahrhunderten unterdrückt und benachteiligt wird.

Allerdings mischt sich in die Freude auch die Besorgnis darüber, dass seine Gegner in ihren Wahlkreisen in den ressourcenreichen östlichen Provinzen ebenfalls bestätigt worden sind. Sie werden nichts unversucht lassen, der Regierung in La Paz weiterhin die Arbeit zu erschweren. Die Oligarchie – vor allem weisse Einwanderer – ist nicht bereit, für ein gerechteres Bolivien auch nur ein Minimum an eigenen Privilegien aufzugeben. Das Referendum, das eigentlich den Machtkampf zwischen den reichen Provinzen und dem ärmeren Hochland hätte beenden sollen, hat somit  die tiefe Spaltung des Landes erneut deutlich gemacht.

Die Aufgabe des Präsidenten wird nicht einfacher. Die Arbeitsgruppe Lateinamerika Basel organisiert deshalb mit der Unterstützung zahlreicher Organisationen am Montag, den 18. August 19h30 im Gewerkschaftshaus an der Rebgasse 1 in Basel, eine Veranstaltung zum Thema „Bolivien, wie weiter nach dem Referendum“ mit Gerardo Garcia, dem Vizepräsidenten der MAS – IPSP (Movimiento al Socialismo – Istrumento Politico por la Soberania des los Pueblos) und Abgeordneten. Gerardo Garcia vertritt die indigene Bevölkerung von Santa Cruz. Der Anlass wird um 19h00 mit einem kleinen Apéro eröffnet.

Die internationale Solidarität mit Bolivien ist heute wichtiger denn je!

Matrosenprotest vor Singapurs Botschaft

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Foto: Hapag-Lloyd

Mit einer Demonstration vor der Botschaft von Singapur in Berlin wollen Matrosen, Kapitäne, Speditionskaufleute, Schiffsmakler, IT-Experten, Schiffsoffiziere und Verwaltungsangestellte der Reederei Hapag-Lloyd am Dienstag gegen eine Übernahme des Unternehmens durch den singapurischen Staatsfonds Temasek protestieren. Die Abordnung der rund 3.000 Beschäftigten der deutschen Traditionsreederei aus Hamburg will aber auch der Bundesregierung und dem Bundeswirtschaftminister deutlich machen, „dass der Erhalt von Hapag-Lloyd für den Standort Deutschland von herausragendem Interesse ist“, erklärte Betriebsratsvorsitzender Uwe Klein. Das zum TUI-Konzern gehörende Unternehmen beschäftigt weltweit 7.800 Menschen. Der Reisekonzern will sich von Hapag-Lloyd trennen. Als Käufer hat sich die Reederei NOL ins Gespräch gebracht, die zum singapurischen Staatsfonds Temasek gehört.

„Die Interessen der Aktionäre dürfen nicht wichtiger genommen werden als die der Beschäftigten“, erklärte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Erhard Ott. Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) unterstützt die „Hamburger Lösung“. In der Hansestadt hat sich ein Konsortium örtlicher und überregionaler Investoren gebildet, an dem sich auch der Hamburger Senat mit einem dreistelligen Millionenbetrag beteiligen will. Sie wollen zusammen Hapag-Lloyd übernehmen und am Standort Hamburg belassen. Unter der Flagge der Traditionsreederei fahren zur Zeit 140 Containerschiffe auf den Weltmeeren. Die Gewerkschaften befürchten eine Verlagerung der Arbeitsplätze ins Ausland, wenn die Reederei aus Singapur Hapag-Lloyd übernimmt. NOL-Chef Ron Widdows hatte erklärt, er sehe in der Übernahme von Hapag-Lloyd eine gute Gelegenheit, die Stärken der Unternehmen zu „bündeln“. ver.di-Bundesvorstand Ott sagte, dies sei eine verklausulierte Ansage zum Abbau von Arbeits- und Ausbildungsplätzen an Land und auf See.

Schallende Ohrfeige für ver.di Führung

Foto: ver.di

Foto: ver.di

Formal wurde mit 51% zwar eine mehrheitliche Zustimmung bei der Urabstimmung über den Lufthansa-Abschluss erreicht. Aber es ist klar, dass dieses Ergebnis eine schallende Ohrfeige für die ver.di Führung ist. Ver.di-Sprecher Reuter hatte noch vor wenigen Tagen eine deutliche Mehrheit für die Zustimmung erwartet. Bezieht man die besonders gefrusteten ver.di-Mitglieder ein, die erst gar nicht mehr an der Abstimmung teilgenommen haben, so kassierte die ver.di-Führung eine mehrheitliche Ablehnung ihres Schmusekurses gegenüber dem Lufthansa-Management.

Das Ergebnis zeigt in jedem Fall, dass mit einer konsequenten Fortführung des Streiks viel mehr drin gewesen wäre und die Mitglieder dahinter gestanden hätten. Dass die ver.di Führung das Ergebnis auf 7,2% schön rechnet, ändert nichts daran, dass in Wirklichkeit im Schnitt gerade mal 4,2% durchschnittlich aufs Jahr gerechnet heraus kommen. Gemessen an den Verzichtsabschlüssen der vergangenen Jahre sowie den aktuellen Preissteigerungen bleibt das viel zu wenig.

Um eine weiter Schwächung von ver.di zu verhindern, fordern die ver.di-Oppositionellen eine radikale Kurskorrektur. „Die Streikbereitschaft der Mitglieder war da. Ohne die bremserische Haltung der jetzigen Führung wäre eine volle Durchsetzung der Forderungen möglich gewesen.“ so Angelika Teweleit (Sprecherin für das Netzwerk für eine kämpferische und demokratische ver.di.).

„Auch wenn die Wut verständlich ist, setzen wir uns dafür ein, dass die unzufriedenen KollegInnen mit uns aktiv werden“, so Angelika Teweleit, „Statt Resignation und Passivität hilft uns nur selbst aktiv zu werden: Wir müssen die Gewerkschaften für unsere Interessen zurück erobern!“

Das Netzwerk will eine politische und personelle Alternative zur ver.di Führung aufbauen. „ Für uns geht kein Weg daran vorbei, den Kampf auch innerhalb von ver.di zu führen, denn hier sind 2,3 Millionen Mitglieder, die eine konsequente Vertretung ihrer Interessen verdient haben und nicht eine Politik des Ausverkaufs“, so Eckhard Geitz, ver.di-Aktivist und Unterstützer des Netzwerks.

Das Netzwerk fordert unter anderem ein Ende der materiellen Abgehobenheit von Spitzenfunktionären und die Begrenzung ihrer Gehälter auf den durchschnittlichen Tariflohn ihrer Mitglieder. Materielle Bereicherung oder Vergünstigungen für Spitzenfunktionäre, unter anderem durch ihre Aufsichtsratstätigkeit, lehnt das Netzwerk ab. Zudem setzt sich die Gruppe in ver.di für die Kontrolle der Basis bei Arbeitskämpfen ein.

„Es darf keinen Streikabbruch ohne mehrheitliche Zustimmung der Mitglieder mehr geben. Die Entscheidung darüber muss auf Streikversammlungen der Mitglieder getroffen werden und nicht am grünen Tisch.“, so Eckhard Geitz.

Funktionär der Kommunistischen Partei ermordet

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Wie die Kolumbianische Kommunistische Partei (PCC) informiert, hat der schmutzige Krieg gegen die Opposition in dem südamerikanischen Land erneut ein Todesopfer gefordert. Luís Mayusa Prada wurde am vergangenen Freitag, 8. August, in dem nahe seinem Wohnort gelegenen Galán ermordet. Der 46-jährige war verheiratet und hinterlässt vier Kinder.

Wie seine Familie informierte, hatte Mayusa am Morgen das Haus verlassen, um seinen kleinen Sohn zu einem Arzttermin zu bringen. Auf dem Heimweg wurde er zwischen 7.30 Uhr und 8.00 Uhr morgens ermordet. Die Täter sind bislang unbekannt.

Mayusa entstammte aus einer kommunistischen Familie und war seit seiner Jugend in der kommunistischen Bewegung des Landes aktiv. In der 80er und 90er Jahren kandidierte er für die Patriotische Union (UP), die damals einen politischen Ausweg aus dem jahrzehntelangen bewaffneten Konflikt eröffnen sollte. Der Terror des Staates zerschlug diese Hoffnung, 4000 Mitglieder der Partei wurden ermordet.

Der anerkannte Gewerkschafter war bereits mehrfach Anschlägen auf sein Leben entgangen und musste mehrfach seinen Wohnort wechseln. Zeitweise lebte er im Ausland im Exil. Zuletzt war er Mitglied der Regionalleitung der PCC in Arauca, Mitglied der Provinzleitung des Mitte-Links-Bündnisses Polo Democrático Alternativo (PDA) und Parlamentskandidat bei den letzten Wahlen.

Die Kolumbianische Kommunistische Partei verurteilte das Verbrechen in einer Erklärung als „Teil der Regierungspolitik Álvaro Uribes, die Kommunistische Partei und die Opposition zu liquidieren“.

67 Prozent für Evo Morales

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Nach Auszählung von 87,44 Prozent der Stimmen zeichnet sich immer deutlicher die überwältigende Unterstützung für den bolivianischen Präsidenten Evo Morales ab. Den neuesten Zahlen zufolge sprachen fast 67 Prozent, also mehr als zwei Drittel der Wählerinnen und Wähler, dem ersten indigenen Präsidenten des Landes das Vertrauen aus. Zugleich wächst die internationale Solidarität mit dem Veränderungsprozess in dem Andenland.

So verurteilte der Vizepräsident der venezolanischen Gruppe im Lateinamerikanischen Parlament, Carolus Wimmer, die sezessionistischen Bestrebungen in den reichen Provinzen des sogenannten „Halbmondes“. Wimmer nannte konkret den in seinem Amt bestätigten Präfekten von Santa Cruz, Rubén Costas, der die sofortige Umsetzung des am 4. Mai in einem illegalen Referendum beschlossenen Autonomie-Statuts angekündigt hatte. „Das Vorhaben, eine eigene Polizei und eine Einrichtung zu schaffen, die die Ressourcen der Region einzieht, macht deutlich, dass der Sieg im Referendum kein Ende des Krieges bedeutet“, warnte Wimmer, der auch internationaler Sekretär der Kommunistischen Partei Venezuelas (PCV) ist.

Zugleich warnte der Abgeordnete: „Die Weigerung der (separatistischen) Provinzbehörden, an dem von der nationalen Regierung einberufenen Dialog teilzunehmen, weist darauf hin, dass, nachdem die Möglichkeiten zur Absetzung von Evo Morales durch Wahlen erschöpft sind, Aktionen zu einer zunehmenden Destabilisierung zu erwarten sind, die die Regierungsarbeit behindern soll“. Wimmer äußerte die Vermutung, dass die Separatisten eine Spaltung des Landes betreiben und sich dabei auf die Ergebnisse der Abstimmung in den Provinzen stützen werden.

Quelle: CNE

Gemeinsame Listen zur Europawahl

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Seit dem Parteitag am vergangenen Wochenende hat die Rifondazione Comunista (PRC) eine neue Führung, die relativ bunt zusammengesetzt ist. Sie sind Vertreter der linken Strömung um die Zeitschrift l’Ernesto. Mit 7,7 Prozent der Delegierten war es die grösste der drei kleinen Strömungen, die bei der Wahl von Paolo Ferrero zum neuen Generalsekretär entscheidend waren. Wird es nicht schwierig, so unterschiedliche Kräfte zusammenzuhalten?

Das stimmt. Die neue politische Mehrheit ist Ausdruck unterschiedlicher politischer Fraktionen. Aber auch wenn wir unterschiedlicher Herkunft sind, habe ich den Eindruck, dass das Dokument, das wir beschlossen haben, bedeutende Übereinstimmungen enthält. Vor allem besteht der klare Wille, eine Wende nach links, in Richtung kommunistischer Politik, zu vollziehen. Ausserdem wurde eindeutig festgestellt, dass das Gründungsprojekt einer Linkspartei, in der die Kommunisten sich hätten auflösen sollen, gescheitert ist. Dieses Vorhaben ist nicht das Projekt von Rifondazione heute nicht und morgen schon gar nicht. Darüber hinaus wurde die auf dem letzten Parteitag im März 2005 in Venedig mehrheitlich beschlossene Ausrichtung auf eine Regierungsbeteiligung aufgegeben. Wir sind keine Untertanen der Demokratischen Partei und der Ansicht, dass die Bedingungen für ein gemeinsames Regieren nicht bestehen. Auf lokaler Ebene werden wir von Fall zu Fall entscheiden. Und dabei die wichtigste Voraussetzung prüfen, nämlich ob das Bündnis dazu dient, die sozialen Missstände zu beseitigen. Wenn man regiert, ohne dass einem das gelingt, verliert man die Beziehung zur Gesellschaft. Und die Gesellschaft rückt nach rechts.

Ihre Fraktion steht der strategischen Linie der kleineren Partei der Italienischen Kommunisten (PdCI), die auf die Wiedervereinigung mit der PRC hinarbeitet, wohlwollend gegenüber. Werden Sie innerhalb der Rifondazione dafür kämpfen?

Darin sehen wir unsere Aufgabe. Wir werden versuchen, Mehrheiten für unsere Perspektive, die Vereinigung der Kommunisten, zu schaffen. Die erste Gelegenheit, um die Übereinstimmung zu testen, könnte die gemeinsame Organisation einer Grossdemonstration im Herbst sein. Es ist absurd, dass mehrere kommunistische Parteien nebeneinander existieren. Die Arbeiter und die Massen verstehen das nicht. Im übrigen haben PRC und PdCI in allem identische Positionen. Von den sozialen Fragen über die Rechte der Arbeiter und Migranten bis hin zur Vorstellung von Europa, das heisst in der Ablehnung des Lissabon-Vertrages. Die zweite Gelegenheit könnte die Aufstellung gemeinsamer Listen zu den Europawahlen 2009 sein – mit Hammer und Sichel als Symbolen.

Dennoch lehnt die knappe Hälfte der PRC die Wiedervereinigung der Kommunisten ohne zu zögern ab. Wie stehen Sie zur neuen Opposition innerhalb der Partei?

Diejenigen, die sich nicht als kommunistisch betrachten, das heisst die Minderheit von Rifondazione, die Demokratische Linke (Sinistra Democratica) und die Sozialistische Partei, sollten sich ebenfalls zusammentun, um eine linke Gruppierung sozialistischen Typs ins Leben zu rufen. Das könnte die Gelegenheit sein, parallel zu unserer Arbeit, den Balkanisierungsprozess, also die Zersplitterung, der linken Kräfte in unserem Land ein für alle Mal zu überwinden.

Ihre Strömung hat gegen das Vorgehen auf dem Parteitag von Venedig vor drei Jahren protestiert, wo Fausto Bertinottis Mehrheit die oppositionellen Vertreter aus der Parteiführung verbannte. Die jetzige Situation ist ähnlich, nur mit umgekehrten Vorzeichen. Fühlen Sie sich da nicht etwas unwohl?

Meines Erachtens gibt es einen deutlichen Unterschied. In Venedig hat die damalige Mehrheit mit 59 Prozent der Stimmen das Nationale Sekretariat komplett besetzt und unsere Forderung nach einer gemeinsamen Leitung abgelehnt. Dieses Mal hat die Mehrheit hingegen eine politische Linie vertreten und auf deren Grundlage eine gemeinsame Führung gefordert, die von der Minderheit abgelehnt wurde. Ich hoffe nur, dass letztere keine Obstruktionspolitik betreibt. Bertinotti und Niki Vendola verfolgen ganz eindeutig ein anderes strategisches Projekt als wir. Das respektiere ich. Aber wenn sie das umsetzen wollen, müssen sie es mit denjenigen tun, die dazu bereit sind.

Was soll demnach der erste Schritt der PRC sein?

Eine Grossdemonstration im Herbst, die nicht nur dazu dient, eine soziale Opposition auf den Weg zu bringen. Es geht darum, eine Plattform antikapitalistischen Typs zu schaffen, auf deren Grundlage alle verstreuten kommunistischen Kräfte zusammenkommen können.

Interview: Rosso Vincenzo, erschienen in der Jungen Welt

Russland macht Westen für Kaukasus-Krieg verantwortlich

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Soldaten der Friedenstruppen untersuchen Gefechtsorte. RIA Novosti

„Das, was in Südossetien geschehen ist, lastet in vieler Hinsicht auf dem Gewissen der westlichen Partner von Tiflis“, so Lawrow heute auf einer Pressekonferenz in Moskau. Nach seinen Worten hatte Moskau mehrmals betont, dass es gefährlich sei, Georgien aufzurüsten. So seien die US-amerikanischen „Partner“ darauf aufmerksam gemacht worden, dass die von ihnen vorgenommene Ausrüstung und Ausbildung der georgischen Armee zur Entstehung einer Situation führen könnte, in der sich die georgische Führung zu einer gewaltsamen Lösung der im Land bestehenden Konflikte entschliessen würde. „Es ist, wie man sieht, nicht gelungen, Michail Saakaschwili vor der Versuchung zu retten, all diese Probleme mit Hilfe eines Kriegs zu lösen“, fügte Lawrow hinzu.

Im staatlichen Rundfunksender „Stimme Russlands“, dem früheren Radio Moskau, kommentiert Viktor Jenikejew: „Es zweifelt kaum jemand daran, dass der Präsident Georgiens, Michail Saakaschwili, seine Aggression gegen Südossetien nicht unternommen hat, ohne dass die USA und einige andere Länder der NATO davon gewusst hätten. Mehr noch, man kann kühn behaupten, dass Washington und Brüssel in den letzten Jahren mit ihrer Politik die aggressiven Bestrebungen Tbilissis gefördert und diesbezüglich Nachsicht geübt haben. Die USA, Großbritannien, Frankreich, Israel, Tschechien, Polen und die Ukraine und andere Länder lieferten Georgien hochmoderne Offensivwaffen. Also Panzer, Flugzeuge, Kampfhubschrauber, Schützenpanzerwagen und vieles andere. Nach den Angaben des Stockholmer Instituts zur Erforschung der Weltprobleme soll der Militäretat Georgiens seit 2004 alljährlich um 60 Prozent gewachsen sein. Nicht zu vergessen auch die Tatsache, dass Instrukteure aus den USA und aus NATO-Ländern weiterhin die georgische Armee schulen. Hunderte solche Instrukteure halten sich auch jetzt als Berater in Georgien auf. Die beharrlichen Bemühungen der USA und ihrer Bündnispartner, Tbilissi in die NATO einzubeziehen, haben Saakaschwili sicher zu der Annahme geführt, ihm sei in jedem Fall die Unterstützung des Westens garantiert. Übrigens machte er die Kriegserklärung gegen Südossetien in englischer Sprache und zudem vor der Flagge der Europäischen Union und Georgiens. (…) Im Grunde genommen betreibt der Westen in der Praxis eine Politik zur Besänftigung des Aggressors. Er übt Nachsicht mit seiner Marionette, die er gegen Russland im postsowjetischen Raum zu nutzen hofft. Möge es manchem gefallen oder nicht, aber Russland hat gezeigt, dass es im Einklang mit der eigenen Verfassung und mit den internationalen Gesetzen seine Bürger schützen kann, und das auch tun wird.“

Nach Ansicht des ständige Repräsentanten Russlands bei der UNO, Vitali Tschurkin, handelt Russland in Südossetien „streng im Einklang mit dem internationalen Mandat“. Dieses Mandat geht auf ein am 24. Juni 1992 vom damaligen russischen Präsidenten Boris Jelzin und Georgiens Staatschef Eduard Schewardnadse unterzeichnetes Waffenstillstandsabkommen zurück, das die Aufstellung einer 1500 Soldaten umfassende Friedenstruppe festlegte. „Die russischen Friedenssoldaten befinden sich seit 1992 in Südossetien, und das im Einklang mit der 1992 in Dagomys unterzeichneten Vereinbarung. Aber sie wurden angegriffen, ebenso wie die Bevölkerung der nicht anerkannten Republik, unter der ein grosser Teil Bürger Russlands sind. Deshalb wurden zusätzliche Kräfte nach Südossetien verlegt, die fortfahren, die Aufgabe zu erfüllen, Georgien aus dem Territorium der nicht anerkannten Republik zu verdrängen.“ Deshalb sei jegliches Gerede zum Thema, ob die russischen Handlungen adäquat seien oder nicht, einfach haltlos, betonte Vitali Tschurkin.  Russland schütze „die Friedenssoldaten und die friedlichen Einwohner vor dem Aggressor“, so Tschurkin. Er erinnerte daran, dass der massierte Einsatz von militärischer Gewalt durch die georgische Seite, der in der Nacht zum 8. August begonnen habe, zu riesigen Opfern unter der Zivilbevölkerung und zum Tod russischer Friedenssoldaten geführt habe.

Ausser Südossetien und Abchasien hätten die russischen Soldaten keine georgischen Gebiete betreten, erklärte der Vize-Generalstabschef der russischen Streitkräfte, Generaloberst Anatoli Nogowizyn, auf einer Pressekonferenz. „Die Friedenstruppen haben das Territorium Georgiens nicht betreten“, sagte er und  stellte fest, dass die russischen Truppen sich das Recht vorbehalten, anrückende gegnerische Truppen unter Artilleriebeschuss zu nehmen, wenn die russische Aufklärung dafür stichhaltige Beweise vorlege. Der Verantwortungsbereich der Friedenskräfte werde dabei allerdings nicht verlassen.

In der Nacht zum 8. August waren georgische Truppen in Südossetien eingedrungen und hatten die Hauptstadt der abtrünnigen Republik, Zchinwali, beschossen. Die Stadt liegt in Ruinen. Nach Angaben des russischen Aussenministeriums gibt es 1600 Tote. Über 30 000 Flüchtlinge haben Südossetien verlassen.

Den bislang absurdesten Kommentar zum Krieg im Kaukasus gab US-Präsident  Bush ab, der sich empört darüber zeigte, dass „Russland in einen souveränen Nachbarstaat einmarschiert (ist) und eine demokratisch gewählte Regierung (bedroht)“. „Solch ein Verhalten ist im 21. Jahrhundert inakzeptabel,“ sagte der Hauptverantwortliche der völkerrechtswidrigen Kriege gegen den Irak und Afghanistan.

Während sich die kubanische Regierung in einer offiziellen Erklärung auf die Seite Russlands stellte und den Rückzug der georgischen Truppen aus Südossetien als Voraussetzung für einen Waffenstillstand ansah, kommentierte der frühere Präsident der Insel, Fidel Castro, in seiner neuesten, heute veröffentlichten „Reflexion“ unter dem Titel „Kanonenfutter für den Markt“: „Saakaschwili hätte sich niemals auf eigene Rechnung auf das Abenteuer eingelassen, die georgische Armee nach Südossetien zu schicken, wo sie mit den dort als Friedenstruppe stationierten russischen Truppen zusammenstossen würde. Man darf nicht mit dem Atomkrieg spielen und die Bereitstellung von Kanonenfutter für den Markt nicht belohnen.“

Quelle: RIA-Novosti

Kaukasus-Konflikt tobt auch im Cyberspace

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Defacement-Attacke gegen das georgische Aussenministerium (Foto: sophos.com)

Der russischen Nachrichtenagentur RIA Novosti zufolge wurden Webseiten auf beiden Seiten Opfer von Cyber-Attacken, darunter jene der Agentur selbst. Das georgische Außenministerium hat angesichts gestörter Webseiten einen Blog auf einem Google-Dienst genutzt, um seine Meldung massiver russischer Störungen georgischer Webseiten zu kommunizieren. Es ist zu Service-Störungen bei verschiedenen Webseiten gekommen, berichtet auch die New York Times unter Berufung auf einen US-Sicherheitsexperten. „Wir haben optisch veränderte Webseiten beobachtet“, meint wiederum Graham Cluley, Senior Technology Consultant bei Sophos. Der Cyberkonflikt dürfte auch internationale Beteiligte haben – zumindest in Form von Computern, die in Botnetze eingebunden sind.

Sogenannte Defacements, das sind optischen Veränderungen von Webseiten, seien definitiv vorgekommen, so Cluley. Auf einen solchen Angriff habe ihn ein russischer Kollege aufmerksam gemacht. Dabei sei georgischen Quellen zufolge die Webseite des Außenministeriums durch eine Bild-Kollage des georgischen Präsidenten Mikheil Saakaschwili und Adolf Hitlers ersetzt worden, so der Sicherheitsexperte. Das georgische Aussenministerium macht gar eine „russische Cyberkriegskampagne“ für Webseiten-Ausfälle verantwortlich, die dazu führen, dass es über einen Blog sowie die Webseite des polnischen Präsidenten Lech Kaczynski kommuniziert. Die RIA Novosti wiederum berichtet von DDoS-Attacken, das sind Angriffe, bei dem eine große Zahl von Computern einen Server durch gleichzeitige Anfragen lahm legt. Davon sei auch die eigene Webseite betroffen gewesen.

Ob die Berichte über DDoS-Angriffe stimmen, ist Cluley zufolge schwer zu beurteilen. „Wir haben festgestellt, dass angeblich betroffene Webseiten schwer zu erreichen sind“, bestätigt der Sicherheitsexperte. Theoretisch sei allerdings denkbar, dass das an einem krisenbedingt überhöhten Interesse an den Webseiten und nicht an Attacken liege. „Wenn es sich um DDoS-Angriffe gehandelt hat, waren wahrscheinlich Computer aus aller Welt beteiligt“, meint Cluley. Das liege daran, dass für die Angriffe wohl Botnetze genutzt würden, in denen Hacker Computer von ahnungslosen Nutzern aus aller Welt für ihre Zwecke missbrauchen.

Im Internet wäre es vergleichsweise einfach möglich, dass der Südostossetien-Konflikt weiter und in globalem Ausmass eskaliert. Zum einen sei die Online-Kommunikation militärisch heute wohl ein ebenso interessantes Ziel wie früher Rundfunk- oder Fernsehsender, so Cluley. „Es könnte zu Defacements oder DDoS-Attacken in anderen Ländern kommen“, meint er weiter. Für Internet-Angriffe gegen Webseiten, die nach Ansicht von Hackern die eine oder andere Seite im Konflikt zu stark unterstützen, spielen Grenzen kaum eine Rolle. „Die Hacker könnten auch beschließen, die Grösse ihrer Botnetze zu steigern, um effektivere Angriffe durchführen zu können“, warnt der Sicherheitsexperte. Dann würden neue Wellen von Spam und Malware drohen.

„Wir beobachten häufig, dass Cyberkriminelle Konflikte ausnutzen“, meint Cluley weiters. Ein Beispiel dafür war die im April dieses Jahres aufflammende Tibet-Problematik. Der Versand von E-Mails mit Anhängen von oder Links zu angeblichen Nachrichten über den Konflikt können auch von Kriminellen genutzt werden, die gar kein politisches Interesse an der Lage im Kaukasus haben.

Morales nahe an Zwei-Drittel-Mehrheit

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Nach der Auszählung von knapp 75 Prozent der Stimmen des Referendums vom vergangenen Sonntag liegt Boliviens Präsident Evo Morales bei 65 Prozent der Stimmen, die für seinen Verbleib im Amt plädiert haben. Damit liegt er nicht nur deutlich über dem Wahlergebnis vom Dezember 2005, als er 54 Prozent gewinnen konnte. „Das bedeutet, dass wir möglicherweise zwei Drittel erreichen, 66 Prozent“, sagte Morales in einem Telefongespräch mit seinem venezolanischen Amtskollegen Hugo Chávez.

Bedeutsam könnte auch zwei regionale Teilergebnisse sein. Während die von der Opposition kontrollierten Provinzen Santa Cruz und Beni mit deutlichen Mehrheiten gegen Evo Morales stimmten, stimmte in Tarija fast die Hälfte der Wählerinnen und Wähler für den Präsidenten. Mit 50,17 Prozent war die Ablehnung Morales‘ denkbar knapp – und hätte, wenn es das landesweite Ergebnis gewesen wäre, nicht für eine Abwahl des Präsidenten gereicht. Dafür wären mindestens 54 Prozent Nein-Stimmen gegen Evo nötig gewesen.

In Pando, der vierten oppositionellen Provinz im sogenannten „Halbmond“, stimmten sogar 52,67 Prozent für einen Verbleib Evos im Amt, was von der staatlichen Presseagentur ABI als „Einbruch in die Kontrolle des Halbmondes“ gefeiert wird.

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