«Ein Massaker, als wäre es ein Krieg»

lampe-sos«Ich bin die neue Bürgermeisterin von Lampedusa. Ich wurde im Mai 2012 gewählt, und bis zum 3. November wurden mir bereits 21 Leichen von Menschen übergeben, die ertrunken sind…, weil sie versuchten, Lampedusa zu erreichen.

Das ist für mich unerträglich und für unsere Insel ein grosser Schmerz. Wir mussten andere Bürgermeister der Provinz um Hilfe bitten, um die letzten elf Leichen würdevoll zu bestatten. Wir hatten keine Gräber mehr zur Verfügung. Wir werden neue schaffen, aber jetzt frage ich: Wie gross muss der Friedhof auf meiner Insel noch werden? Ich bin über die Gleichgültigkeit entrüstet, die alle angesteckt zu haben scheint; mich regt das Schweigen von Europa auf, das gerade den Friedensnobelpreis erhalten hat, und nichts sagt, obwohl es hier ein Massaker gibt, bei dem Menschen sterben, als sei es ein Krieg.

Ich bin mehr und mehr davon überzeugt, dass die europäische Einwanderungspolitik diese Menschenopfer in Kauf nimmt, um die Migrationsflüsse einzudämmen. Vielleicht betrachtet sie sie sogar als Abschreckung. Aber wenn für diese Menschen die Reise auf den Kähnen den letzten Funken Hoffnung bedeutet, dann meine ich, dass ihr Tod für Europa eine Schande ist.
Wenn Europa aber so tut, als seien dies nur unsere Toten, dann möchte ich für jeden Ertrunkenen, der mir übergeben wird, ein offizielles Beileidstelegramm erhalten. So als hätte er eine weisse Haut, als sei es unser Sohn, der in den Ferien ertrunken ist.»

Giusi Nicolini, Bürgermeisterin von Lampedusa.

 

Europa spielt mit dem Feuer

Tausende Menschen beteiligen sich Flüchtlingsdemo in BerlinFriedensnobelpreis für die Europäische Union? Schlechte Realsatire oder dadaistische Selbstinszenierung, könnte man sich jetzt laut fragen. Oder einfach etwas Balsam auf die krisengeschüttelte Seele der europäischen Zwangsgemeinschaft? Schliesslich hat die EU sonst grad nicht viel zu jubilieren.

Aus der Sonderbeilage zur Jahresendnummer vom 21.Dezember. Unterstütze uns mit einem Abo.

«Wir werden stets auf der Seite derjenigen stehen, die nach Frieden und Menschenwürde streben» sagte EU-Kommissionspräsident Barroso in seiner Rede bei der Preisverleihung in Oslo am 10. Dezember. Schöne Worte! Ob Herr Barroso mit dem «Streben nach Menschenwürde» auch an die wagemutigen «Boat People» gedacht hat?  Alleine 2011 ertranken im Mittelmeer gemäss offiziellen Statistiken über 2300 Menschen, beim Versuch nach Europa zu kommen. Ein neuer, trauriger Rekord. Seit 1993 sind insgesamt 18000 Menschen an den Aussengrenzen Europas gestorben. Das sind die offiziellen Zahlen, die Dunkelziffer dürfte noch viel höher liegen.

Verschiedene erschütternde Berichte belegen zudem, dass immer wieder in Seenot geratenen Flüchtlingsschiffen die Rettung verweigert wird und die Menschen ihrem Schicksal überlassen werden. Ziemlich viele Tote für einen Kontinent des Friedens. Da wäre das Bekenntnis, man stehe zwar zu Freiheit, Menschenrechten und sozialem Wohlstand, nur wolle man sie nicht teilen, wohl ehrlicher gewesen. Europa mit seinen zwei Gesichtern: Für die einen existiert das Europa der freien Fahrt für freie Bürger, für die anderen warten Internierungsknäste, wo selbst Kinder hungern und in Urinlachen schlafen, wie unlängst ein schockierter François Crépeau, Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für die Menschenrechte von MigrantInnen, nach einem Besuch in griechischen Internierungslagern feststellen musste. 

In Europa gestrandet

Gerade in Mittelmeerländern wie Griechenland oder Malta ist die Situation besonders prekär und angespannt. Auf Grund des Dublin-Abkommens entziehen sich die wohlhabenden Staaten Mitteleuropas ihrer Verantwortung, denn für die Bearbeitung eines Asylantrages ist ausschliesslich das Land der Erstankunft zuständig. Reisen Flüchtlinge trotzdem weiter und stellen in einem anderen Land ihr Asylgesuch, werden sie umgehend mittels Fingerabdrücken und biometrischen Daten identifiziert und zurückgeschafft. Länder wie Griechenland werden so zu Bollwerken der Festung Europa umfunktioniert.

Heute sollen alleine in Athen über 100000 Illegale leben. Viele von ihnen obdach- und mittellos und ohne Perspektive. Die Chance überhaupt ein Asylgesuch in Griechenland stellen zu können, liegt praktisch bei null. Nicht mal da hält Europa, was es verspricht. Kein Wunder, dass die EU Griechenland nicht fallen lassen wird. Die neuen Armenhäuser Europas werden mit den Armen der Welt gefüllt. Da verwundert es auch nicht, wenn im antifaschistisch geprägten Griechenland eine offen neonazistisch auftretende Partei wie die «Goldene Morgenröte» gemäss aktuellsten Umfragen bis zu 18 Prozent Wähleranteil erreicht und mit diesem Ergebnis die dritt stärkste Partei wäre. Europa spielt mit dem Feuer.

Scharfmacher Schweiz

Im innereuropäischen Wettbewerb um die asozialsten Gesetze und besten Vergrämungsstrategien gehört die Schweiz zu den fleissigsten Platzhirschen. Kein Jahr vergeht, in dem die Ausgrenzungsmaschinerie mit neuen Gesetzen nicht noch tödlicher und effizienter gestaltet wird. Kein Jahr, in dem die Schrauben nicht noch mehr angezogen und neue Notstandsgesetze in Kraft gesetzt werden, obwohl ähnliche Gesetze längst schon bestehen. Europa hat sich satt gefressen und kackt moralisch ab. Die Schweiz gehört bei der mörderischen Politik der Wohlstandsverteidigung zu den zentralen Scharfmachern Europas. Die parlamentarische Linke spielt mit und schweigt, wohlwissend dass mit netten Worten über Ausländer derzeit keine Wahlen zu gewinnen sind. Und die SVP ist längst die europäische Gallionsfigur einer extremen Rechten schlechthin, auch wenn sie sich gern als Partei für alle darstellt. Doch falsch ist auch dieses Urteil nicht ganz, zumal die Mitte zunehmend weiter an den rechten Rand rückt.

Und sie kommen trotzdem

Egal wie hoch und tödlich die sichtbaren und unsichtbaren Mauern in und um Europa und in den Köpfen der Menschen sein mögen, die Verdammten dieser Erde, sie werden sich auch weiterhin auf den gefährlichen Weg in die reichen Ländern des Nordens machen – und dafür alles riskieren. Auf diese Realität hat das vereinte Europa bis heut keine gerechte Antwort gefunden. Je undurchlässiger diese Grenzen werden, desto mehr Tote wird es an den Aussenrändern der Festung Europa geben. Und das Perverseste, der tausendfache Tod wird durch Schlagworte wie «Menschenrechte» oder «Kampf gegen Menschen- und Frauenhandel» durchgesetzt und mehrheitsfähig gemacht. Arbeitslose senegalesische Fischer (die EU-Hochseeflotte lässt grüssen), die sich als Fluchthelfer betätigen, werden zu schleppenden Massenmörder hochsterilisiert und junge Frauen, die für etwas Glückseligkeit bereit sind, den eigenen Körper zu verkaufen, zu willenlosen Sklavinnen verklärt, die man ertrinken lässt, damit sie nicht ausgebeutet werden können. Angesichts dieses Zynismus passt der Friedensnobelpreis für die EU vielleicht doch grad wie die Faust aufs Auge. Die Stimmen in den Länder der Verdammten, die ein Ende der Kollaboration mit Europa sowie eine historische Aufarbeitung der Tausenden von Toten an den europäischen Aussengrenzen fordern, sie werden nicht leiser werden. Die neue Zeitrechnung, sie hat längst begonnen.

Auf Wiedersehen, good old Europe.

Studidemo in Ankara von Polizei attackiert – Student in Lebensgefahr

18.12.2012 – Eil-Kurzmeldung:
Demonstration gegen den Besuch des Ministerpräsidenten Erdogan an einer Universität in Ankara. Mehrstündige Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und Demonstrierenden. Resultat: Zwei Schwerverletzte und zahlreiche weitere verletzte Studierende.

«Verkäufer der Wissenschaft und imperialistischer Marktschreier Tayyip [Erdogan], raus aus MET Universität»

Studierende von Wasserwerfern attackiert

Linkes Schild: Revolution& Sozialismus
Mittleres (unsicher): Polizei raus
Rechtes: Gleiche, freie Wissenschaft (Bildung)

Am Nachmittag und frühen Abend des 18. Dezembers 2012 protestierten gemäss gut unterrichteten Quellen 1000 Studierende an der Middle East Technical University (METU) in Ankara Türkei. Die Studierenden protestierten gegen den Besuch des Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan an ihrer Universität. Erdo?an und seine AKP-Regierungspartei treiben seit Jahren die Privatisierung und Ökonomisierung der Hochschulen voran. Grund des Besuchs war aber der Start des Satelliten «Gokturk2» der türkischen Regierung und des türkischen Militärs. Der Satellit wurde am Montag, 18. Dezember um ca. 17:00 türkischer Zeit ins All geschossen. Der Start wurde von Erdo?an, hochrangigen Militärs und deren Entourage per Live-Übertragung an der METU beigewohnt.

Der Grund des Protestes war jedoch hauptsächlich gegen Erdo?an gerichtet und stand unter dem Zeichen des Protests gegen die «nationale und internationale Politik der Regierung.» Auf dem Frontransparent der Demonstration stand: «Verkäufer der Wissenschaft und imperialistischer Marktschreier Tayyip [Erdogan], raus aus METU»

Die 1000 Menschen starke Demonstration setzte sich um 15:50 in Bewegung und wurden um 16:15 ohne Vorwarnung von den 3000 Polizistinnen und Polizisten mit Gummigeschossen, Reizgas und 8 Wasserwerffern attackiert. Zwei Studierende erlitten schwere Verletzungen. Ein Student, Baris Barisik, schwebt in Lebensgefahr. Zahlreiche weitere Studierende wurden während den mehrstündigen Auseinandersetzungen mit der Polizei ebenfalls verletzt. Unsere Quellen sprechen von mindestens deren 20. Um 22:45 soll die Polizei gerufen haben «Keine Verhaftungen mehr, nur noch knüppeln und (liegen) lassen.»

 

 

Zwei Videos zu der Demonstration und den Auseinandersetzungen mit der Polizei sind hier zu finden.

 

 

 

Verschiedene Bilder der Demo in Ankara

Verschiedene Bilder der Demo in Ankara

Eine Stimme aus Israel für den Frieden

Tamar Gozansky, kommunistische Knesseth-Abgeordnete von 1990 bis 2003, von Beruf Wirtschaftswissenschaftlerin, heute 72 Jahre alt, veröffentlichte im Internet folgenden persönlich gehalten Artikel (leicht gekürzt):

«Ihre Brüste schwollen vor Bedeutung: Premierminister Benjamin Netanjahu und Verteidigungsminister Ehud Barak kündigten den Medien und der Öffentlichkeit den Start eines neuen Krieges an, diesmal in Gaza. Wie zu erwarten war, wedelten beide mit der abgenutzten Ausrede eines „Krieges ohne Wahl. Und wie zu erwarten war, schwatzten die Politiker von Kadima (Liberale) und Arbeiterpartei (sozialdemokratisch) auch von dieser Ausrede; aus ihrer Sicht ist die Bombardierung des Gaza-Streifens ein Grund, um der Regierung Grüsse zu schicken.

Die Erfahrung hat uns immer wieder gelehrt, dass die Regierung beim Beginn eines jeden Krieges feierlich versicherte, dass es diesmal mit dem Abfeuern von Raketen auf israelisch Städte und Dörfer ein Ende haben werde. Aber dann kam danach jedes Mal ein neuer Krieg, mit dem das Problem «ein für allemal» gelöst werden sollte. Auf Lügen folgte Enttäuschung, die auf die vergiftete Illusion der Macht folgte.

Krieg als Wahlpropaganda

Im vergangenen Jahr bereiteten uns Netanjahu und seine Partner auf einen grossen Militärfeldzug gegen den Iran vor, indem sie uns immer wieder erklärten, dass Iran eine «existenzielle Bedrohung» sei. Aber für einen Krieg gegen den Iran ist es immer noch nötig, einen amerikanischen Partner zu haben, und dieser Partner hat bisher Netanjahu kein grünes Licht gegeben, sodass der Krieg gegen den Iran, wie er ankündigte, auf das Frühjahr verschoben wurde.

Doch inzwischen gibt es Wahlen. Da sagten sich Netanjahu und Barak wohl: Wenn es keinen Krieg gegen den Iran gibt, wie können wir dann die Dinge in einer Weise arrangieren, dass es in den Wahlkampf der rechten Koalitionspartner passt, der auf der einen Seite die Siedler und auf der anderen Seite die Familien der reichen Tycoons (Grossindustriellen) an sich drückt. So kam es, mit perfektem Timing gerade jetzt organisiert, zwei Monate vor den Wahlen, zu einer Eskalation im Süden…

Selbst die Netanjahu-Liebermann-Barak-Regierung weiss, dass die Bombardierung Gazas und auch eine Invasion durch die Streitkräfte kein einziges Problem lösen wird. Es lohnt sich daran zu erinneren, dass Barak am 27. November 2008 – damals ebenfalls Verteidigungsminister in Ehud Olmerts Regierung – den Beginn der Operation «Gegossenes Blei» verkündete, jenes Krieges, der angeblich Hamas eine entscheidende Niederlage beibringen sollte. Und jetzt, vier Jahre später, wagt der gleiche Barak wieder einen Krieg, und wieder gegen Gaza. Und wieder stopfen sie uns voll mit den Wundertaten von Mord und Zerstörungen, solange sie die israelische Öffentlichkeit damit täuschen können, dass das Problem dieses Mal gelöst werden wird.

Aber die Ähnlichkeit zwischen dem Krieg, der gerade begonnen hat, und der Operation «Gegossenes Blei» ist nicht nur ein Bluff, dass es eine Sache von „Knall und Fall“ sein werde. Beide Male, jetzt und 2008, hatte der Krieg ein durchsichtiges politisches Ziel: die öffentliche Atmosphäre anzuheizen und auf diesem Weg mehr Stimmen bei der Knesseth-Wahl zu bekommen.

Krieg war und ist immer noch ein sehr machtvolles Werkzeug, um soziale Probleme vom Tisch zu wischen, die sich verschlimmernde Wohnungskrise und die täglichen Preiserhöhungen für Grundbedürfnisse zu verdrängen, ebenso für die Rechtfertigung von drastischen Einschnitten in den Haushalt 2013. In Kürze werden sie uns erzählen Seid ruhig und lasst uns weitere 15 Milliarden Schekel für einen weiteren Krieg verschleudern, und dann lasst uns die noch kommenden Einschnitte in den Haushalt bei Arbeitslosenhilfe, Kinderunterstützung, Krankenhausversorgung, Bildung und Infrastruktur damit rechtfertigen.

Manchmal wundere ich mich: Wie lange werden zwei Völker, Israelis und Palästinener, noch zu leiden haben, bis der Groschen fällt und wir endlich begreifen, dass militärische Gewalt das Problem von Raketen auf israelische Gemeinden nicht lösen wird und den Kindern von Siderot und Ashkelon keine ruhige Kindheit sichern kann?…»

Israels Kommunisten bei Friedensdemonstrationen

Noch in der Nacht nach dem ersten israelischen Militärschlag am vorletzten Mittwoch versammelten sich hunderte Menschen auf Initiative der Kommunistischen Partei Israels zusammen mit anderen Friedensaktivisten vor dem Haus von Verteidigungsminister Barak in Tel Aviv und dem Wohnsitz des Premierminsters Netanjahu in Jerusalem, um gegen die erneute Kriegsbrandstiftung der Regierung zu protestieren. Am darauf folgenden Donnerstag gab es weitere Demonstrationen in Tel Aviv, Haifa und Jerusalem, in Tel Aviv mit 5‘000 Teilnehmern. Auf ihren Schildern hiess es u.a.: «Israel – Palästina – zwei Staaten für zwei Völker» und «Geld für Wohlfahrt, nicht für Krieg». Auf einigen wurde Verteidigungsminister Barak als «Terrorist Nummer 1»  bezeichnet. Gefordert wurde die sofortige Einstellung der Luftangriffe auf den Gaza-Streifen und der Beginn ernsthafter Verhandlungen über eine dauerhafte Zwei-Staaten-Friedenslösung zwischen Israel und Palästina. Der kommunistisch Knesseth-Abgeordnete Dov Khenin (Hadash) erklärte: «Die Netanjahu-Administration beharrt darauf, nichts aus den Erfahrungen zu lernen». «Anführer zu ermorden, ist nie eine Lösung. Anführer sind in der Vergangenheit ermordet worden und andere kamen.»

Amerikanische Schande

Jährliches Ritual bei den Vereinten Nationen: Die UN-Vollversammlung hat von den USA die Aufhebung ihrer Handelsbeschränkungen gegen Kuba gefordert – zum 21. Mal. Für eine entsprechende Resolution stimmten am Dienstag, 13. November 188 der 193 Mitgliedsländer. Zwei enthielten sich, nur drei Staaten stimmten dagegen: Israel, die kleine Inselrepublik Palau und die USA selbst.

Das mehr als 50 Jahre alte Embargo habe einen wirtschaftlichen Schaden von mehr als einer Billion Dollar verursacht, beteuerten Vertreter Kubas. „Humanitäre und wirtschaftliche Schäden“ seien die Folge. Ein US-Diplomat sagte hingegen, die USA stünden an der Seite des kubanischen Volkes. Das Embargo treffe aber die Führung, die ihrem Volk grundlegende Menschenrechte verweigere.

Kaum jemand erwartet, dass die USA der Aufforderung folgen. Die Vollversammlung hat, stets initiiert von lateinamerikanischen Staaten, zuvor schon 20 Mal Washington zur Aufhebung des Embargos aufgefordert – 20 Mal ohne Erfolg. Die Unterstützung für die Resolution hat sich allerdings innerhalb von 20 Jahren von anfangs etwa 50 Staaten inzwischen mehr als verdreifacht.

Das Embargo, in Kuba «el bloqueo» genannt, geht bis auf das Jahr 1960 zurück, wurde aber mehrfach verschärft. Bevor Präsident John F. Kennedy 1962 das eigentliche Handelsembargo verhängte, bestellte er nach Angaben eines Mitarbeiters noch eine Kiste kubanischer Zigarren.

Eine ganze Gesellschaft erwacht!

Im 2010 kündigte die liberale Regierung Québecs eine Studiengebührenerhöhung an. Die Studierendenorganisation «CLASSE» (Coalition large de l’Association pour une solidarité syndicale étudiante) mobilisierte als Antwort darauf zu einem Studierendenstreik. Dieser weitete sich schliesslich zu einer in der Geschichte Kanadas einmaligen sozialen Bewegung aus, die Studierende, SchülerInnen und Lohnabhängige zusammenbrachte. Ein Gespräch mit Katherine Ruault, Studentin und Mitglied von «CLASSE».

Aus der Printausgabe vom 9. November. Unterstütze uns mit einem Abo!

 

Was waren die Gründe für die Mobilisierung der SchülerInnen und Studierenden in Québec?

Im Jahr 2010 präsentierte die liberale Regierung von Québec das neue Staatsbudget. Darin waren massive Austeritätsprogramme vorgesehen. Es ging in erster Linie um zwei wichtige Elemente: Einerseits wollte die Regierung die Gesundheitskosten mit einer zusätzlichen Steuer vermehrt auf die Lohnabhängigen überwälzen, andererseits sollten die Studiengebühren um 127 Prozent erhöht werden. Das dominante Argument: In Zeiten der Krise müsse der Staat sparen. Für die «CLASSE» war von Anbeginn klar: Die Erhöhungen können nur durch einen unbefristeten Streik blockiert werden.

Kannst du kurz erklären, was  die «CLASSE» ist?

«CLASSE» ist eine Vereinigung von 67 SchülerInnen- und Studierendenorganisationen, die zusammen über 100 000 GymnasiastInnen und Studierende in ganz Québec vereinigt. Diese Vereinigung ist zeitlich befristet und hat alle Organisationen versammelt, die unseren Grundsätzen zustimmten, sprich die Verteidigung der materiellen Interessen der Studierenden mit kämpferischen, demokratischen, feministischen und unabhängigen Mitteln. Wir haben zwei Ziele: eine öffentliche, kostenlose und nicht-diskriminierende Bildung für alle und den Aufbau einer gewerkschaftlichen, demokratischen, feministischen und kämpferischen Studierendenbewegung. Wir funktionieren nach den Prinzipien der Basisdemokratie. Das heisst, dass die dezentralen Studierendenversammlungen über die politische Stossrichtung der Organisation entscheiden.

Wann hat dann der tatsächliche Studierendenstreik begonnen?

Wir haben zwei Jahre lang auf einen Studierendenstreik hin mobilisiert. Dazu gehörten Petitionen, kleine Aktionen, kleine Demos und die Verbreitung von Informationsmaterial. Diese Vorarbeit war unabdingbar für das Gelingen unserer Mobilisierung und hat am 10. November 2011 zur ersten Grossdemo mit 30 000 Beteiligten geführt Im Januar 2012 hatten sich bereits 10?000 Studierende bereit erklärt, einen unbefristeten Streik zu führen. Die Mobilisierungsarbeit wurde natürlich weitergeführt, mit Aktionen und weiterer Informationsarbeit. Am 1. März fand dann eine Grossdemo statt und 100?000 Studierende traten in den unbefristeten Streik. Am 22. März fand eine landesweite Demo statt, an der sich 200?000 Personen beteiligten. Die massive Mobilisierung hat uns dazu veranlasst, jeden 22. des Monats auf die Strasse zu gehen.

Die Bewegung benutzte viele unterschiedliche Aktionsformen. Welche Vorteile konntet ihr daraus ziehen?

Wir haben stets zum zivilen Ungehorsam aufgerufen, das war die Hauptform unseres Kampfes. Darüber hinaus suchten wir die Unterstützung der ganzen arbeitenden Bevölkerung. Wir haben in den Quartieren und Nachbarschaften Versammlungen organisiert, die es erlaubten, die Beteiligung zu erweitern. Auch fanden spontane Nachtdemos statt, meist dezentral organisiert. Die «cazerolazos», also Demos durch die Nachbarschaften mit Pfannen, gehörten zu den Momenten, während denen sich Kinder, Frauen und ganze Familien an der Bewegung beteiligten. Doch wir haben schnell gemerkt, dass wir auch dort ansetzen mussten, wo der Staat und die Wirtschaft ökonomisch verletzlich sind. Wir begannen also Staatsunternehmen, Häfen und Brücken zu blockieren und somit die Wirtschaft lahmzulegen. Dadurch wurde unsere Mobilisierung zu einem Kampf «ums Ganze» ausgeweitet.

Auf einem Transparent war zu lesen: «Dies ist kein Studierendenstreik. Es ist eine ganze Gesellschaft, die erwacht». Wie erklärst du dir, dass diese Studierendenbewegung ein solches Ausmass annehmen konnte?

1970 erlebte Québec mit einer «stillen Revolution» die Unabhängigkeit von Kanada. Eine «stille Revolution» bedeutet aber nicht, dass keine Kämpfe stattgefunden haben. Tatsächlich kennt Québec eine lange Tradition von Arbeitskämpfen, Streiks und grossen Mobilisierungen. So war der diesjährige Streik bereits der siebte grosse Streik der SchülerInnen und Studierenden, wobei ein solches Ausmass nie erreicht wurde. Parallel zu unserer Bewegung befanden sich auch andere Lohnabhängige im Kampf. Das Reinigungspersonal von «Air Canada» streikte gegen die Ankündigung von Entlassungen, im Aluminiumunternehmen «Rio Tinto» wurden die ArbeiterInnen aufgrund ihres Kampfes gegen anti-gewerkschaftliche Entlassungen ausgesperrt und hatten somit keinen Lohn. Wir haben uns gleich solidarisiert, gingen die kämpfenden ArbeiterInnen besuchen und boten materielle Hilfe an. Die Verbindung von Kämpfen gehört zu einem Hauptanliegen von «CLASSE».

Wie reagierte der Staat, beziehungsweise die Regierung nach diesen massiven Mobilisierungen?

Die Regierung reagiert sehr repressiv gegen die Bewegung. Im Mai trat die «Loi 78» in Kraft, welche alle Versammlungen im Umkreis der Unis verbot, MitarbeiterInnen von Hochschulen das Streikrecht entzog und alle Personen, die unbewilligt demonstrieren, mit horrenden Bussen bestrafte. Unsere Mobilisierung musste sich also radikalisieren, um dagegen zu halten. Wir riefen zu einem sozialen Generalstreik auf. Am 22. Mai fand dann tatsächlich ein zweitägiger Streik statt, der nicht nur die Schulen und Unis erfasste, sondern die ganze Wirtschaft Québecs. Unterschiedliche Gruppen von Lohnabhängigen stellten sich aktiv auf unsere Seite. Es wurden unabhängige Kollektive gegründet wie «PflegerInnen gegen die Erhöhung», «RentnerInnen gegen die Erhöhung» und «Richter gegen die ‹Loi 78›». Aus dem Studierendenstreik wurde ein sozialer Kampf.

Hat diese Radikalisierung und Erweiterung der Bewegung auch Früchte gebracht?

Am 4. September fanden Wahlen statt, welche die «Parti Québecois» gewann. Sie kündete an, die Gebührenerhöhung und die repressiven Gesetze zurückzuziehen. Wir beendeten somit am 8. September den Streik, da unsere unmittelbaren Forderungen durchgesetzt wurden. Nun organisiert die neue Regierung ein Gipfeltreffen zum Thema Bildung, an dem auch die Studierendenorganisationen eingeladen sind.

Kann daher die «Parti Québecois» als politische Stimme der sozialen Bewegung bezeichnet werden?

Auf keinen Fall. Sie ist in der Geschichte sozialen Bewegungen repressiv begegnet. Zudem war sie die erste Partei, die in Québec neoliberale Programme umgesetzt hat. Trotz des Regierungswechsel haben wir weiterhin gute Gründe, wachsam zu bleiben.

Wie sieht die Zukunft der Bewegung aus?

«CLASSE» hat entschieden, nicht an das Gipfeltreffen zu gehen, um nicht vereinnahmt zu werden. Unser Ziel bleibt ein kostenloses Schul- und Universitätssystem. Wir haben im Sommer ein Manifest geschrieben, welches weiterhin an öffentlichen Versammlungen debattiert wird. Wir bleiben bei der Überzeugung: Wir sind die Zukunft und zusammen können wir unsere Ziele erreichen.

Gegen die Gewalt des Kapitals

Der Aufruft der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) zum europäischen Protesttag vom  14. November.

25 Mio. offizielle Arbeitslose in der EU, über 50 Prozent arbeitslose Jugendliche in Griechenland und Spanien, «Sparprogramme», nach denen in Deutschland kommunale Bäder, Büchereien usw. schliessen, in Griechenland aber ein Grossteil der Bevölkerung ausgehungert wird, das ist die Zwischenbilanz der sogenannten Eurorettung. In Wahrheit wird hier allenfalls den reichen Griechen geholfen, werden die Profite der Deutschen Bank, der Spekulanten und Zocker gesichert. Allein die Übernahme der faulen Papiere der Hypo Real Estate liess sich die Bundesregierung 173 Milliarden Euro kosten, eineinhalb mal soviel wie alle Schulden der Kommunen im Land. Gegen diese Politik im Interesse deutscher und internationaler Konzerne und «Finanzdienstleister» richtet sich am 14. November internationaler Protest des Europäischen Gewerkschaftsbunds.

Die Kapitalisten nützen die Krise

In Portugal, Spanien, Malta, Griechenland und Zypern wird zum Generalstreik aufgerufen, wahrscheinlich auch in Italien. Erhöhte Arbeitsmarktflexibilität, u. a. durch weniger Kündigungsschutz, Privatisierung öffentlicher Dienste und der Sozialversicherungen, Lohndumping, Rentenkürzungen, soziale Ausgrenzung und wachsende Ungleichheiten sind keine südeuropäischen Phänomene. Alltag hierzulande sind real sechs Millionen Erwerbslose, über 20 Prozent Niedriglöhner, Zeit- und Leiharbeit mit Aussicht auf Altersarmut. Die Kapitalisten nutzen die Krise, um ihre Umverteilungspläne und die zur Errichtung eines neoliberalen kapitalistischen europäischen Staats zu forcieren.

Mindestlöhne jetzt

In den DGB-Gewerkschaften laufen jetzt Vorbereitungen, auch hier den 14. November zum Aktionstag werden zu lassen, zur Verteidigung gewerkschaftlicher Rechte, die nicht nur in Griechenland von der Troika aus EU, EZB und IWF in den Dreck getreten werden. Es geht darum, die Krisengewinner für ihre Krise zur Kasse zu bitten. Die Forderung nach einer Millionärssteuer wird lauter. Her mit dem gesetzlichen Mindestlohn, weg mit der Rente erst mit 67. Vielerorts bilden sich Bündnisse wie in Frankfurt, wo vor dem griechischen Konsulat und der FDP-Zentrale demonstriert werden soll.

Sozialismus als Alternative

Der Schokoladenüberzug ist ab, der Kapitalismus zeigt sein über Jahrzehnte schamhaft verborgenes Gesicht als eine Ausbeuterordnung, in welcher der Profit das Mass aller Dinge ist. «Der Mensch muss vor dem Profit stehen», das fordern hingegen immer mehr Betroffene und stellen die Frage nach Alternativen. Das kann für uns letztlich nur eine sozialistische sein. Unterschiedliche Vorstellungen darüber, wie diese einmal aussehen wird, werden uns Kommunisten nicht daran hindern, mit allen fortschrittlichen Menschen gegen die, wie Marx sie nannte, alltäglichen Gewalttaten des Kapitals zu kämpfen, am 14. November und danach.

Quelle und weitere Infos: www.kommunisten.de

 

Grund der Verhaftung: Die Wahrheit!

Man kann es durchaus als symptomatisch ansehen und es hätte genau so gut in jedem anderen EU-Staat geschehen können: ein griechischer Journalist wurde kürzlich festgenommen und angeklagt, nicht weil er die Unwahrheit verbreitet hatte, sondern weil er ein Stück von der Wahrheit ans Licht brachte. Er veröffentlichte eine Liste von über 2000 reichen Griechen, die ihr Geld auf einer Schweizer Bank vor dem Zugriff der Finanzämter in Sicherheit gebracht hatten. Der Journalist heisst Kostas Vaxevanis und ist Herausgeber und Chefredakteur des Magazins «Hot Doc». Am 28. Oktober hatte ihn ein stattliches Aufgebot von rund einem Dutzend Polizisten aufgrund eines Haftbefehls der Athener Staatsanwaltschaft festgenommen, am 1. November fand auf deren Betreiben ein Prozess gegen ihn statt. Die Anklageschrift beschuldigte ihn der Verletzung des Datenschutzes, weil er vertrauliche private Daten bekannt gemacht hat, sowie der Verleumdung der genannten Personen.

Daten von Geschäftsleute und Familienclans verschwunden

Nachdem in der griechischen Öffentlichkeit bereits seit einiger Zeit von der Existenz einer sogenannten «Lagarde-Liste» von griechischen Kontoinhabern bei der schweizer HSBC-Bank gemunkelt worden war, hatte das Magazin sie sich beschafft und Ende Oktober veröffentlicht. Allerdings wurden nur die Namen veröffentlicht, ohne Angabe von Konto-Nummern und Höhe der jeweiligen Einlagen. Das Magazin schrieb sogar dazu, dass nicht jeder Grieche, der ein Konto in der Schweiz hat, automatisch als Steuerbetrüger anzusehen sei. Auf der Liste standen zahlreiche Geschäftsleute und reiche Familienclans wie der des Textilmagnaten Lamaras sowie Ärzte, Zahnärzte, Journalisten, auch einige Politiker, darunter ein ehemaliger Minister der konservativen Karamanlis-Regierung.

Die Schweizer HSBC ist die fünftgrösste Bank in der Schweiz und eine Filiale des in London ansässigen internationalen Finanzkonzerns gleichen Namens mit 7’200 Filialen in 80 Ländern der Welt, darunter Hongkong, New York, Brasilien, Mexiko, Panama, Paris, Monaco, Luxemburg, Bahrain, Qatar, Singapur, Bahamas usw., Jahresgewinn 2011 vor Steuern 16,797 Milliarden Dollar.

In den Besitz griechischer Staatsstellen war die Liste bereits im Oktober 2010 gekommen. Christine Lagarde, heute Chefin des IWF, damals noch französische Wirtschafts- und Finanzministerin, hatte sie in Form einer CD an den damaligen griechischen Finanzminister Papakonstantinou von der PASOK weitergereicht. Daher «Lagarde-Liste». Ex-Finanzminister Papakonstantiou meint heute, die CD an die Steuerfahndung weitergegeben zu haben, behauptet aber, keine Ahnung zu haben, was danach damit geschehen ist und wo sie seither blieb. Angeblich hat die Steuerfahndung die Ermittlungen eingestellt, weil die Erkenntnisse «nicht gerichtsverwertbar» gewesen sein sollen, weil sie aus einer «illegalen Quelle» stammten,. Das französische Finanzministerium hatte die CD nämlich seinerzeit von einem ehemaligen Angestellten der HSBC erhalten, den die Bank des Datendiebstahls beschuldigt. Papakonstantinous Nachfolger als Finanzminister, der heutige PASOK-Vorsitzende Venizelos behauptete, in seiner Amtszeit einen USB-Stick mit der Liste an die griechische Justiz weitergegeben zu haben, über dessen Verbleib aber ebenfalls nichts weiter zu wissen. Er habe sich die Daten niemals selbst angesehen.

Also, oh Wunder, weder die CD noch der USB-Stick waren bisher noch irgendwo auffindbar. Auch der heutige wieder konservative Finanzminister Stournaras weiss von nichts. Bis «Hot Doc» offenbar findig genug war, das zu schaffen, was die früheren und heutigen Regierungsspitzen nicht schafften, nämlich die Liste wieder auftauchen zu lassen.

Nicht schuldig!

Ehre dem Athener Richter, der den angeklagten Journalisten am 1. November trotz der heftigen Ausfälle des Staatsanwalts dann doch für «nicht schuldig» erklärte! Das im Gerichtssaal anwesende Publikum erhob sich von den Plätzen, um dem Freispruch Beifall zu zollen. Vielleicht hatte den Richter ja das Argument des Angeklagten überzeugt, dass der griechische Staat besser gegen die Steuerbetrüger vorgehen und diese verhaften würde, statt die Gehälter von Richtern und anderen Staatsbediensteten zu kürzen und zu versuchen, die Wahrheit zu unterdrücken.

Allerdings war bisher nichts in der Richtung zu erfahren, dass die Namensliste nun tatsächlich einer gründlichen Untersuchung unterzogen wird und die Steuerflüchtlinge zur Verantwortung gezogen werden. Auch von der EU-Troika, deren Diktat die griechische Bevölkerung in immer größere Armut und die griechische Wirtschaft in immer tiefere Rezession stürzt, war nichts in dieser Richtung zu hören. Im griechischen Parlament soll jetzt zwar ein Untersuchungsausschuss gebildet werden, der nachforschen soll, warum zwei Finanzminister trotz der vorliegenden Fakten jahrelang nichts unternommen haben. Und das kann natürlich wieder dauern…

Europa streikt

Der Europäische Gewerkschaftsbund erklärt den 14. November zum europäischen Aktionstag  «Für Arbeitsplätze und Solidarität in Europa und gegen die Austeritätspolitik» und ruft seine Mitgliedsgewerkschaften mit 60 Millionen Mitgliedern in der Europäischen Union auf zu protestieren, zu demonstrieren und zu streiken. Erstmals wird es in mehreren Ländern gleichzeitig zum Generalstreik kommen. In  Portugal, Spanien, Griechenland und Zypern werden an dem Tag wohl alle Räder still stehen. In Italien sind verschiedene Aktionen geplant. In Italien ruft der kämpferische Gewerkschaftsbund CGIL zu einem vier Stündigen Generalstreik. Basisgewerkschaften sowie kommunistische Parteien und Gruppen haben sich dem Anruf angeschlossen. Die beiden anderen rosaroten Gewerkschaftsbünde UIL und CISL unterstützen den Generalstreik nicht.

Soziale Mindeststandards erkämpfen

Das Exekutivkomitee des EGB verurteilte am 17. Oktober die sogenannten Sparmassnahmen, die Europa in Stagnation und Rezession treiben und Ungleichgewichte sowie Ungerechtigkeiten vertiefen und den Sozialabbau beschleunigen. Es wirft dem IWF vor, mit falschen Berechnungen die zu erwartenden Folgen der Austeritätspolitik im Vorfeld geschönt zu haben. Es wendet sich gegen die frontalen Angriffe auf Tarifvertragssysteme und Gewerkschaftsrechte bei der Durchsetzung der Politik der Troika. Hier sei unsererseits daran erinnert, dass auch die Führungen von SPD und Grünen grundsätzlich den «Hilfsprogrammen»  zum Beispiel für Griechenland zustimmen. Bei letzterem ist dessen integraler Bestandteil die gesetzliche Nichtigkeitserklärung aller Tarifverträge. Warum sollen Politiker, deren einstiger Basta-Kanzler den Gewerkschaften mit staatlichen Eingriffen drohte, wenn sie nicht selbst ihre Tarifverträge für betriebliche Verschlechterungen öffnen würden, zu gegebener Zeit vor gleichen Massnahmen in Deutschland zurückschrecken? Unter Hinweis auch auf die wachsenden Proteste in den EU-Ländern will der EGB um bessere Arbeits- und Lebensbedingungen und soziale Mindeststandards in der EU kämpfen.

Quelle: www.kommunisten.de

Klarer Sieg für Hugo

Am Montag (Ortszeit) verbreitete der Nationale Wahlrat Venezuelas (CNE) ein aktualisiertes Ergebnis der Präsidentschaftswahl vom Sonntag, das sich auf einen Auszählungsstand von 97,65 Prozent  bezog. Die Wahlbeteiligung lag demnach bei für das Land historischen 80,72 Prozent. In 22 der 24 Bundesstaaten Venezuelas konnte sich Chávez durchsetzen, nur Mérida und Táchira an der Grenze zu Kolumbien fielen an die Opposition. Auch im von Henrique Capriles Radonski als Gouverneur regierten Miranda setzte sich Chávez – wenn auch knapp – durch. Am Mittwoch soll Hugo Chávez vom CNE offiziell zum Wahlsieger proklamiert werden.

Die Wahlergebnisse im einzelnen:

Hugo Chávez: 8062056 Stimmen, 55,14 Prozent
Davon:

  • Vereinte Sozialistische Partei (PSUV): 6287638 Stimmen (43,01%)
  • Kommunistische Partei (PCV): 482317 Stimmen (3,29%)
  • Heimatland für alle (PPT): 216293 Stimmen (1,47%)
  • Revolutionäre Netzwerke (REDES): 195283 Stimmen (1,33%)
  • Wahlbewegung des Volkes (MEP): 183178 Stimmen (1,25%)
  • Tupamaros: 166.772 Stimmen (1,14%)
  • Für die soziale Demokratie (PODEMOS): 153243 Stimmen (1,04%)
  • Fünf weitere Listen mit Ergebnissen von unter einem Prozent

Henrique Capriles: 6468450 Stimmen, 44,24 Prozent
Davon:

  • Tisch der demokratischen Einheit (MUD): 2154021 Stimmen (14,73%)
  • Zuerst Gerechtigkeit (PJ): 1807320 Stimmen (12,36%)
  • Eine Neue Zeit (UNT): 1189959 Stimmen (8,13%)
  • Volkswille (VP): 467532 Stimmen (3,19%)
  • Fortschrittliche Vorhut (AP): 252213 Stimmen (1,72%)
  • 13 weitere Listen mit Ergebnissen von unter einem Prozent

Reina Sequera:68936 Stimmen, 0,47 Prozent

Luis Reyes: 8063 Stimmen, 0,05 Prozent

María Bolívar: 7308 Stimmen, 0,04 Prozent

Orlando Chirino: 4062 Stimmen, 0,02 Prozent

Ungültige Stimmen: 282865 (1,89 Prozent)

(CNE/jW)

Quelle: junge Welt Online Spezial

12‘000 Kumpels entlassen

Der grösste Platin-Produzent der Welt, Anglo American Platinum, hat einem Bericht des südafrikanischen Nachrichtensenders E-News zufolge am 5. Oktober 12‘000 (!)  streikende Kumpels entlassen. Dies berichtete der südafrikanische Nachrichtensender E-News. Die Kumpel hatten wochenlang ihre Arbeitsaufnahme verweigert und sind trotz Erpressungen und Drohungen des Konzerns nicht eingefahren. 100‘000 befinden sich weiter im Streik.

Mit unerhörter Brutalität gehen Konzern und Polizeikräfte gegen die Arbeiter vor. Den Beschäftigten sei per Mail oder SMS gekündigt worden, sagte einer der Streikführer, Gaddafi Mdoda. Polizei und Spezialeinheiten gingen schon seit Donnerstag mit Knüppel und Gummigeschossen gegen die Streikenden vor. Arbeiter verteidigen sich mit Stöcken. «Am Freitagmorgen wurde die Leiche eines Arbeiters entdeckt. Laut Streikführer Mdoda wurde er offenbar von einem Gummigeschoss tödlich verletzt. In dieser Woche starben bereits sechs Menschen während der Proteste», berichtete am 6. Oktober das Onlineportal «südddeutsche.de».Inzwischen berichtet die südafrikanische Nachrichtenagentur, dass über 100.000 Kumpel auf vielen Zechen streiken. Bei schweren Zusammenstössen mit der Polizei waren im August insgesamt 44 Menschen getötet worden; auch am Freitag starb ein Minenarbeiter in Rustenburg.

Lügen und Einbusse in Millionenhöhe

Anglo American hatte stets die Meldungen ausgegeben, dass die grosse Mehrheit der Arbeiter wieder arbeiten würde. Das war offensichtlich gelogen. Sie fürchteten eine weitere Ausbreitung der selbständigen Streikwelle nach dem Massaker von Marakina, bei dem 34 Arbeiter von Polizeikräften erschossen wurden. Jetzt liess die Konzernzentrale offiziell in Johannesburg verlautbaren: «In vier Platinminen ist so wenig Personal anwesend, sodass die Produktionsprozesse in diesen Industriebetrieben seit Wochen nicht aufrecht erhalten werden konnten.»

Durch die selbständigen Kämpfe der Kumpel in den Platin- und auch Goldminen in Südafrika sind die internationalen Konzerne im Land schwer unter Druck geraten. Die Kreditwürdigkeit von Banken, Telekommunikationskonzernen und Kommunen wurde durch die Ratingagentur Moody‘s bereits herabgestuft. Der Streik droht die internationale Produktion empfindlich zu treffen. Platin ist ein unverzichtbares  Metall für die Herstellung von Katalysatoren in der Autoindustrie. Allein Anglo American nannte als Ausfall durch die Kämpfe  eine Höhe von 700 Millionen Rand (64 Millionen Euro).

Den mutigen Bergarbeitern gehört unsere Solidarität. Ein Minenarbeiter aus Rustenburg erklärt in einer kurzen Mail an die Zeitschrift «SÜDAFRIKA – Land der Kontraste», dass sich die Kumpels im «Kriegszustand» befinden und man den «Feinden» nicht nachgeben wird. «Millionen Kumpel werden eine Macht…», heisst es in der Bergarbeiterhymne, die vor vier Jahren bei dem 2. Internationalen Bergarbeiterseminar erstmals ertönte. Im kommenden  Jahr werden sich Bergarbeiterdelegationen aus aller Welt zur 1. Internationalen Bergarbeiterkonferenz in Peru treffen.

Marsch für Gerechtigkeit gestartet

Der „Jan Satyagraha „ Marsch für Gerechtigkeit ist heute in Gwalior gestartet. Mehr als 50’000 Menschen haben sich auf den 350 Kilometer langen Weg nach Delhi gemacht um in der Hauptstadt bei der Regierung ihre Rechte einzufordern. Am 2. Oktober fand der Auftakt statt.

In Indien begann gestern, am 2. Oktober, der „Jan Satygraha“ Marsch für Gerechtigkeit. Mehr als 50’000 Adivasi (Stammesvölker), Dalits (Landlose der untersten Kaste) und andere  marginalisierte Bevölkerungsgruppen aus ganz Indien versammelten sich am Morgen vor der Hauptbühne des riesigen Messegeländes in Gwalior, im indsichen Bundesstaat Madhya Pradesh. P.V Rajagopal, Gründer und Präsident der sozialen Landrechtsbewegung Ekta Parishad, hiess  die teils während mehreren Tagen  angereisten Menschen und viele indische Persönlichkeiten und Gäste aus aller Welt willkommen. In seiner Eröffnungsrede beschrieb er die Grossaktion als den „Kampf um Würde, Sicherheit und Identität“. Ziel ist eine neue nationale Landrechtspolitik, die sich an zwei Hauptforderungen ausrichtet: dem garantierten Zugang zu Land und Ressourcen um die Lebensgrundlage sicherzustellen und ein Gesetz, welches das Recht auf ein Stück Land und Unterkunft festschreibt.

Der Rede von P.V.Rajagopal folgten Beiträge bekannter indischer Persönlichkeiten, die an das Vermächtnis Mahatma Gandhis erinnerten und die Regierung aufriefen, die Forderungen des Jan Satyagraha (Marsch für Gerechtigkeit), dieses grossen gewaltlosen Einsatzes, ernst zu nehmen. Subba Rao, ein langjähriger Kämpfer in der gandhischen Tradition des gewaltlosen Widerstands betonte, “dass arme Leute nicht nur satt werden, sondern ein Leben in Würde und sozialer Gerechtigkeit wollen”.

Ramesh Sharma, Mitglied des Führungsteams von Ekta Parishad, erklärte die Forderungen des Jan Satyagraha im Detail. Unter den neunzehn mit der Regierung verhandelten Forderungen sind eine grundlegende Landreform und ein neues Gesetz, welches jeder land- und obdachlosen Familie ein eigenes Stück Land und ein Dach über dem Kopf ermöglicht. Im Weiteren wird die effektive Umsetzung von bestehenden Gesetzen, wie dem „Forest Right Act“ (Recht auf Wald) zugunsten der Stammesvölker verlangt, die Etablierung von Schnellgerichten, welche Landansprüche armer Menschen in kürzester Zeit entscheiden können, sowie gleiche Landbesitzrechte für Frauen und Männer.
Die Spannung stieg, als der Minister für landwirtschaftliche Entwicklung, Jairam Ramesh, das Wort ergriff. Seine Antwort auf die Forderungen des Jan Satyagraha, welche in den vorhergehenden Tagen Gegenstand intensive Verhandlungen gewesen waren, wurde mit grossem Interesse erwartet. Würde sich die Regierung öffentlich zur „Roadmap“ die im direkten Gespräch auch mit Premierminister Manmohan Singh, diskutiert worden war, bekennen, und falls ja, würde dies heissen, dass der geplante 350 Kilometer lange Marsch nach Delhi stattdessen zu einem Volksfest werden könnte?

Jairam Ramesh erklärte, dass die Regierung sich klar zu der längst überfälligen Landreform bekenne, jedoch nicht alle Forderungen erfüllen könnte, auch deshalb nicht, weil die Verteilung von Land von Gesetzes wegen vor allem im Befugnisbereich der Gliedstaaten liege. Er versprach, innerhalb von sechs Monaten einen Entwurf für eine nationale Landreform vorzulegen, der dann diskutiert und verabschiedet werden könnte. Als Teil dieser Vorgaben sollten zweieinhalb Millionen landlose Menschen das verbriefte Recht auf Land erhalten. Die gegenwärtig zur Diskussion stehende Nahrungssicherheits- und Landerwerbsgesetzesvorlage würde weitere Vorteile bringen und ein Gesetz zum Recht auf Unterkunft sei geplant. Ramesh wies auch darauf hin, dass in den vergangen fünf Jahren mehr als eine Million Adivasi in den Waldgebieten das Recht auf ein Stück Land erhalten hatten. Abschliessend betonte Ramesh sein persönliches Einverständnis mit den Anliegen der Anwesenden, obwohl nicht alle Forderungen umgesetzt werden könnten. Er erwähnte den 11. Oktober als den nächsten Verhandlungstag, an dem sich die Jansatyagraha Organisationen mit Vertretern der nationalen Regierung und der Regierungen der Gliedstaaten treffen würden, um eine Umsetzungsliste zu entwickeln.

Im Anschluss an die Ausführungen des Ministers zogen sich die Verantwortlichen der Ekta Parishad und der vielen weiteren den Marsch unterstützenden Organisationen zurück, um ihre Antwort auf das Angebot der Regierung zu besprechen. Nur knapp eine Stunde später, kehrte P.V. Rajagopal auf die Bühne zurück. Er gab der Enttäuschung der Organisatoren über die wenig konkreten Pläne der Regierung Ausdruck, welche sich nicht auf die vorgängig besprochenen Vereinbarungen ausrichteten. Der Marsch sollte durchgeführt werden, um den Druck auf die Regierung aufrecht zu erhalten.

Dem weiten Weg nach Delhi stehen jedoch ernsthafte Schwierigkeiten gegenüber, da die verfügbaren Lebensmittel für die Tausenden von Marschierenden nur für zehn der erforderlichen dreissig Tage ausreichen werden. Zusätzliche Spenden müssen gefunden werden. Trotz dieser Hindernisse beschlossen die Anwesenden, den Marsch wie geplant durchzuführen. Denn an diesem Punkt bat Rajagopal das riesige Publikum, seine Fahnen zu schwenken, wenn es sich mit diesem Vorschlag einverstanden erklären wollte. Ein riesiges Meer von grünweissen Fahnen erhob sich. Der Entscheid war klar. Jan Satyagraha wird stattfinden. Um 7 Uhr morgens des 3. Oktober, wird sich die mehr als zehn Kilometer lange Menschenschlange in Richtung Delhi in Bewegung setzen.

MEHR INFORMATIONEN finden Sie auf den folgenden Websites:

www.ektaparishad.com / www.ektaeurope.org / http://js2012.wordpress.com/

oder über die links auf der website des CESCI Fördervereins, Zürich: www.cesci.ch oder media.cesci@gmail.com

Streiks: Griechenland steht still

Zehntausende ArbeiterInnen und Angestellte beteiligten sich an den Streikkundgebungen der PAME in 70 Städten in ganz Griechenland. Aus der Stellungnahme der Kommunistischen Partei Griechenlands (KKE).

Die Streikaktion vom 26. September war in der Tat enormen Ausmasses. Zum Streik fanden sich Tausende arbeitende Menschen zusammen, die den Terror und die Drohungen der Arbeitgeber, sowie die Schwierigkeiten überwanden, die die barbarischen Massnahmen für das Leben der Familien aus der Arbeiterklasse und den anderen Volksschichten brachten und noch bringen.

Beeindruckend und überwältigend waren die PAME-Kundgebungen in Athen und in Thessaloniki, was selbst ihre eingeschworenen Gegner zugeben mussten. Einige Stunden lang liefen die Demonstrationszüge der PAME am Syntagma-Platz vorbei. Zehntausende Arbeiter, Arbeitslose, Rentner, Migranten, selbständige Gewerbetreibende, Kleinhändler beteiligten sich an den Streikkundgebungen der PAME im ganzen Land. Besonders beachtlich war die starke Präsenz der Jugend. Die beeindruckende PAME-Kundgebung in Athen war das Ergebnis der Arbeit der Gewerkschaften, der Kampfkomitees in den Arbeitsstätten, der Volkskomitees in den Wohnvierteln in Versammlungen, Beratungen und Diskussionen. Sie zeigt die Stärkung der klassenbewussten Strömung in der Arbeiterbewegung, und eröffnet den Weg für weitere Schritte.

PAME-Streikposten sicherten seit den frühen Morgenstunden viele Betriebe und Arbeitsstätten ab, widersetzten sich dem Arbeitgeberterror und den ghettoähnlichen Arbeitsbedingungen, und trugen somit zum Erfolg des Streiks bei.

Erneutes Massnahmepacket

Die vorherrschenden Losungen lauteten: «Keine weiteren Opfer für die Plutokratie! Wir können auch ohne Memoranden und EU leben». Dieser Streik war eine gewichtige Antwort in einer Zeit, in der die Koalitionsregierung von ND/PASOK/Demokratischer Linke gemeinsam mit der Troika das neue Massaker gegen das Volk im Namen des «rettenden Schuldenschnitts» endgültig festlegen. Gleichzeitig streiten sich die EU und der IWF, wer von dem wahrscheinlichen neuen Schuldenschnitt profitieren wird, während sie sich bei der Frage einer weitergehenden Zerschlagung des Volkes einig sind. Das neue  «Massnahmenpaket» fordert die vollständige Abschaffung der Tarifverträge. Die Löhne und die Gehälter sollen einseitig von Arbeitgebern und Regierung festgelegt werden können. Die Abschaffung des Mindestlohns betrifft alle Arbeiter und Angestellte des privaten und des öffentlichen Sektors, weil dadurch Löhne und Renten insgesamt nach unten gedrückt werden. Die Erhöhung der Anzahl der Versicherungspunkte für die Rente um 33 % bedeutet, dass das Renteneintrittsalter nicht nur auf 67 Jahre erhöht wird, sondern auf 72, um sich der durchschnittlichen Lebenserwartung laut Maastrichter Vertrag zu entsprechen. Wer ein Haus oder einen Laden besitzt, wird massiv besteuert. Die Sozialleistungen sowie die Gesundheitsetats werden durch die Schliessung oder Zusammenlegung von Krankenhäusern dramatisch verkürzt. Den alten Kopfsteuern werden neue hinzugefügt. Familien, welche die Stromrechnungen nicht bezahlen können, werden mit Stromsperre geahndet. Strafzahlungen werden verhängt, Löhne, Renten, Urlaubsgeld werden beschnitten, während die Preise aller Waren in die Höhe schiessen.

Der Hauptredner an der PAME-Streikkundgebung in Athen Giorgos Perros, Mitglied des PAME-Exekutivkomitees, betonte unter anderem: «Wir haben nie behauptet, dass mit einem Streik alles umgekrempelt wird. Wirkungsvolle Kämpfe bedeuten vor allem Auseinandersetzung mit den kapitalistischen Arbeitgebern in den wichtigsten Produktionszweigen. Und gerade das fürchten die Arbeitgeber und wollen es vereiteln».

(…)

An der PAME-Streikkundgebung beteiligte sich eine Delegation des Zentralkomitees der KKE, mit der Generalsekretärin Aleka Papariga an der Spitze. Sie erklärte gegenüber Journalisten: „Damit die Kämpfe Ergebnisse zeigen, ist ein Neubeginn für den Zusammenschluss der Kräfte, für die Formulierung radikaler Forderungen, für qualitativ höhere Kampfformen vonnöten. Das Volk muss verstehen, dass ein von der EU losgelöstes Griechenland, in dem es die Führung seiner Geschicke in die eigenen Hände genommen hat, den gesellschaftlichen Wohlstand gewährleisten und Schlimmeres verhindern kann. Wenn das Volk das nicht versteht, dann werden die herrschenden Parteien, die Plutokraten und die verschiedenen Verwalter weiterhin die Oberhand haben.

Weitere Aktionen in Vorbereitung

Die wenigen Ausschreitungen, die besonders von den internationalen Massenmedien übertrieben dargestellt wurden, zielten darauf, vom Ausmass und von den Forderungen der Streikaktionen abzulenken. Die KKE kommentierte die Ausschreitungen wie folgt: «Die enorme Mobilisierung der Polizeikräfte um einigen Dutzenden Vermummten entgegenzutreten, die Verhaftungen sogar von Schülern sehr weit weg vom Athener Zentrum schon in den Morgenstunden, das ‹Katz- und Mausspiel› bis zum Omoniaplatz, zeigen den Versuch der Regierung und ihrer Apparate, dem Volk Angst einzujagen. Diese Aktionen beweisen die Existenz eines ausgearbeiteten Plans zur Unterdrückung der Volksbewegung, auch wenn er nicht heute vollständig während des Generalstreiks und der PAME-Kundgebungen in ganz Griechenland umgesetzt wurde.»

Nach diesem Streiktag werden die nächsten Schritte für weitere Aktionen in jeder Branche, an jedem Arbeitsplatz vorbereitet, damit die neuen Massnahmen zur Verelendung des Volkes nicht durchkommen. Ohne Furcht sollen die Kämpfe weiter verstärkt werden, damit die moderne Sklaverei abgelehnt wird.

Quelle: Kommunistische Partei Griechenlands / RedGlobe

Massive Polizeigewalt in Madrid

Tausende haben den Politikern der grossen Parteien vorgeworfen, sie hätten die «Demokratie entführt». Am späten Dienstag, 25. September kam es zu Strassenschlachten in der Nähe des Parlaments in der spanischen Hauptstadt Madrid. Nachdem viele tausend Menschen über den gesamten Tag friedlich in der Stadt demonstriert haben, kam es am Abend zu gewalttätigen Szenen. Einige Demonstranten hatten versucht, Absperrgitter niederzureissen, die um das Parlament aufgestellt waren. Danach ging die Polizei massiv gegen tausende Demonstranten vor, die sich am am Neptun-Platz versammelt hatten. Gummigeschosse, Knüppel, Tränengas und Pfefferspray wurden eingesetzt. Einige Demonstranten bewarfen ihrerseits die Polizei mit Flaschen und Steinen. Mindestens 64 Menschen wurden bei den Auseinandersetzungen verletzt, davon 27 Polizeibeamte. Ein Demonstrant erlitt eine schwere Rückenmarksverletzung. Bei den Auseinandersetzungen in der Innenstadt Madrids, die bis in die späte Nacht angedauert hat, wurden insgesamt 35 Demonstranten verhaftet.

1250 Spezialbeamten zum Schutz des Parlaments

Während die Veranstalter der Demonstration und Beobachter die Brutalität der Polizei kritisiert haben, lobt die konservative Regierung die Vorgehensweise der Beamten «ausdrücklich». Innenminister Jorge Fernández Díaz sagte, die Polizei sei «ausserordentlich gut» vorgegangen. Die für Sicherheit in der Hauptstadt Verantwortliche Christina Cifuentes sprach von einem «unverhältnismässigen Angriff» auf die Polizei von Demonstranten, die angeblich das Parlament stürmen wollten. Dabei war das unmöglich, denn die Polizei hatte am Montag drei Absperrringe um das Parlament gezogen, die von 1250 Spezialbeamten zur Aufstandsbekämpfung geschützt wurden. Obwohl auch Medien-Vertreter und Menschen verletzt wurden, die keinen Krawall angezettelt haben, sprach Cifuentes von einem «makellosen und professionellen» Einsatz.

Die «Koordination 25-S», die zum Protest aufgerufen hatte, sprach von «sehr kleinen Gruppen», die zu «Mitteln» gegriffen hätten, die nicht denen der Aufrufer entsprächen. Die Empörten-Bewegung hatte stets den friedlichen Charakter des Protests hervorgehoben und bei den Demonstrationen, die zum Parlament zogen, blieb es über den gesamten Tag friedlich. In einer Erklärung schliessen die Veranstalter nicht aus, dass sich unter den «Krawallmachern» auch «infiltrierte Polizisten» befunden haben. Neu wäre das nicht.

Wahlbetrug

Die Empörten wollten mit ihrer Aktion die «Demokratie retten», denn die Politiker hätten sie «entführt». Die Empörten sprechen von einer «Zweiparteiendiktatur der PPSOE». Die regierende Volkspartei (PP) und die Sozialisten (PSOE) hätten sich ein Wahlsystem geschaffen, das kleine Parteien stark benachteiligt, um sich gegenseitig an der Macht abzulösen und keine Alternative zuzulassen. Die Empörten fordern den Rücktritt einer Regierung, die in einem «gnadenlosen Wahlbetrug»gegen alle Versprechen die Steuern erhöht hat, Löhne im öffentlichen Dienst gekürzt und massive Einschnitte ins Sozialsystem vorgenommen habe. Die Vorwürfe haben kürzlich auch Hunderttausende in der Hauptstadt der Regierung gemacht. Unter Führung der grossen Gewerkschaften forderten sie erfolglos ein Referendum über die Regierungspolitik.

Die Empörten wollen aber nicht nachlassen und sich von der Polizei nicht von der Strasse vertreiben lassen. Schon am Mittwochabend soll erneut vor dem Parlament demonstriert werden, das am Donnerstag mit dem Haushalt 2013 neue massive Einschnitte beschliessen wird. Am Samstagabend soll erneut «friedlich» versucht werden, den Kongress einzukreisen. Vermummung soll auf weiteren Demonstrationen nicht geduldet werden, um Krawallmacher abzuschrecken, haben die Aufrufer erklärt.

Viedo zu den Ausschreitungen klicke hier

Ganz Spanien würdigt den Genossen Carrillo

Am Dienstag, 18. September ist Santiago Carrillo im hohen Alter von 97 Jahren gestorben. Er kämpfte im spanischen Bürgerkrieg und war 1960 bis 1982 Generalsekretär der Kommunistischen Partei Spaniens. Fast jedes Jahr veröffentlichte er ein Buch. 2012 erschien «Gegen den Strom schwimmend», ein Titel, der sein Leben prägnant zusammengefasst. 

In allen politischen Lagern wird Carrillo für seine grossen Verdienste geehrt. König Juan Carlos de Borbón hob seine «zentrale Rolle im Übergang» von der Diktatur zur Demokratie ab 1975 hervor. Nach 38 Jahren war Carrillo 1976 aus dem Exil nach Spanien zurückgekehrt. Im Exil gehörte er der republikanischen Exilregierung an. Seit 1960 Generalsekretär der Kommunistischen Partei Spaniens (PCE) war Carrillo daran beteiligt, dass der von Franco 1975 als Nachfolger eingesetzte König Juan Carlos mit einer neuen Verfassung abgesichert wurde. Deshalb würdigt auch die rechte Volkspartei (PP) seine Verdienste. Die PP wurde von Manuel Fraga Iribarne gegründet, der im Januar verstarb und Informationsminister in Francos Diktatur war. Mariano Rajoy, Fragas politischer Ziehsohn, hob als spanischer Ministerpräsident den Beitrag Carrillos «zur verfassungsmässigen Ordnung und dem neuen Rahmen des Zusammenlebens» hervor.

Eine umstrittene grosse Persönlichkeit

Die von der PCE geführte Vereinte Linke (IU) unterstrich, dass er sein «Leben für die Verteidigung des Kommunismus» eingesetzt habe. Der Stalin treu ergebene Carillo hatte 1936 und 1937 als Offizier und Polit-Kommissar des Zentralkomitees den Ausschuss zur Verteidigung Madrids gegen Francos-Putschtruppen geleitet, die schliesslich mit Hilfe Nazi-Deutschlands den Bürgerkrieg 1939 gewannen. Der frühere IU-Chef Gaspar Llamazares sagte, nicht nur eine «grosse Persönlichkeit der Linken» gehe verloren, sondern auch eine «Stück unserer Geschichte mit ihren Idealen und Fehlern».

Zwar hatten sich Carrillo und die IU in den letzten Jahren wieder genähert, doch abgebrochene Brücken konnten nicht erneut aufgebaut werden. Die Koalition sprach deshalb auch «politische Differenzen» an. In der Linken war Carrillos strikter Versöhnungskurs stets umstritten. Den hatte Carrillo angestimmt, nachdem er sich nach dem Einmarsch der UdSSR 1968 in die Tschechoslowakei von dieser zu distanzieren begann. Statt für ein Einparteiensystem trat er in Spanien für einen «pluralistischen Wettbewerb» der Parteien ein. Und: Nicht nur die Monarchie wurde durch die Versfassung abgesichert, sondern auch eine Amnestie für die zahllosen Verbrechen der Diktatur. Auch viele PCE-Mitglieder fielen ihr zum Opfer und liegen noch heute in Massengräbern. Die Widersprüche in der Partei wuchsen, weshalb er 1982 zum Rücktritt vom Posten des Generalsekretärs gezwungen wurde. 1985 wurde er sogar aus der PCE ausgeschlossen. Der IU, die ein Jahr später als Koalition unter Führung der PCE entstand, traute Carrillo nicht zu, eine «Neuorientierung» der KommunistInnen «in Richtung Sozialisten und Sozialdemokraten» zu führen. Die lange von Streit zerrissene IU verschwand fast in der Bedeutungslosigkeit. Von einst 23 Sitzen blieben 2008 noch ganze zwei übrig. Das lag vor allem daran, dass Llamazares sie auf einen Schmusekurs zu den regierenden Sozialisten (PSOE) geführt hatte. Seit sie unter Cayo Lara auf Abstand zu den SozialdemokratInnen geht, erholt sie sich wieder langsam.

Gewalt hat Probleme verstärkt

Carillo reflektierte in seinen letzten Jahren immer kritischer die verfassungsmässige Ordnung in Spanien. Er trat für einen «zweiten Übergang» ein, da die «Transición»  im Ansatz stecken geblieben sei. Vor allem forderte er, die Dezentralisierung Spaniens voranzutreiben: «Katalonien, das Baskenland, Galicien und Gemeinschaften wie Andalusien sollten das Gewicht erhalten, was ihnen in der Vergangenheit im spanischen Staat negiert wurde», schrieb er. «Gewalt und Unterdrückung»  gegen Unabhängigkeitsbestrebungen «haben das Problem der Einheit nicht gelöst, sondern verstärkt».  Carillo hat stets daran erinnert, dass viele Rechte die Verfassung nun zum unveränderlichen Dogma stilisierten. Dabei hätten sie einst gegen sie gestimmt, weil sie im Autonomiemodell eine Gefahr für die Einheit Spaniens sahen. Stets haben sie die Re-Zentralisierung betrieben und die Übertragung von Kompetenzen verhindert, sodass KatalanInnen und BaskInnen den Glauben an dieses Modell verloren.

Über Moral und Vaterlandsliebe der Reichen

Die Moral und Vaterlandsliebe der Reichen, speziell die Steuermoral, wurde unerwartet zu einem Medienthema in Frankreich. Die linksliberale Tageszeitung „Libération“ rief Aufsehen hervor, als sie am 10. September mit einem Titelblatt erschien, auf dem der superreiche französische Konzernchef Bernard Arnault mit einem roten Koffer zu sehen war, und auf dem Titelblatt stand: „Casse-toi, riche con!“. Das kann je nach Laune mit „Hau ab, reicher Blödmann!“ oder „Hau ab, reicher Sauhund!“ übersetzen werden.

Laut des einschlägigen US-Magazins „Forbes“ ist Arnault mit einem Vermögen von 41 Milliarden Dollar der reichste Mann Frankreichs und zugleich auch Europas, der viertreichste der Welt. Er ist Generaldirektor des französischen Luxusgüter-Konzerns LVMH, eine Funktion, für die er laut „Le Monde“ im Jahr 2011 ein Jahresgehalt und Aktien im Wert von 10,5 Millionen Euro einnahm. Stein des Anstosses war ein Bericht der belgischen Tageszeitung „La Libre Belgique“ vom 8. September, wonach der französische Multimilliardär die belgische Staatsbürgerschaft beantragt hat und seinen Wohnsitz nach Belgien verlegen will. Die Nachricht platzte mitten in die innerfranzösische Debatte, ob der sozialdemokratische Staatschef Hollande nach der Sommerpause nun sein Wahlversprechen wahr machen wird, die Reichen in Frankreich mit 75 Prozent zu besteuern, sofern ihr Jahreseinkommen die Grenze von 1 Million Euro übersteigt, wobei nur das, was über eine Million hinausgeht, mit jenem Steuersatz belegt werden soll. Die rechte Opposition griff die Nachricht von Arnaults Umzug und „Exil“ nach Belgien beflissen auf, um zu zeigen, dass Hollandes „Reichensteuer“ erfolgreiche Grossunternehmer und Steuerzahler aus Frankreich „vertreibt“ und damit der französischen Wirtschaft schadet. Niemand zweifelte daran, dass der reiche Franzose den Wechsel in die Obhut des belgischen Staates betreibt, um sich der Besteuerung in Frankreich zu entziehen und belgische Steuervorteile zu nutzen. „Patriotismus“, wie ihn Leute seines Schlages halt verstehen…

Inzwischen liess der 63-jährige Milliardär allerdings beschwichtigend mitteilen, dass er auch in Frankreich weiter Steuern zahlen werde „wie jeder Franzose“ und nur eine doppelte Staatsbürgerschaft in Frankreich und Belgien anstrebe. Dies stiess allerdings in der französischen Öffentlichkeit auf wenig Glauben. Denn Arnault kann als „Wiederholungstäter“ gelten. Er hatte sich 1981 schon einmal aus Frankreich abgesetzt, nachdem der „Sozialist“ François Mitterrand ans Ruder gekommen war, damals in die USA. Nach drei Jahren kehrte er zurück, als die damalige Regierung Fabius (heute französischer Aussenminister) ihm eine Subvention von 2 Milliarden Francs für die Übernahme des in finanziellen Schwierigkeiten geratenen Textilunternehmens Boussac zusagte, wenn dabei auf Entlassungen verzichtet wird.Der rechtsliberale Bürgermeister der reichen belgischen Gemeinde Uccle, ein Nobelvorort von Brüssel, in dem der französische Multimilliardär wie 8000 weitere reiche „Steuerflüchtige“ aus Frankreich (10 Prozent der Einwohnerschaft) seit November 2011 einen Wohnsitz hat, meinte jedenfalls, er sei sich sicher, dass Arnault „ein Ressentiment gegenüber einer Politik in seinem Land hat, die er als wenig entgegenkommend für Unternehmen und Unternehmergeist ansieht“. Der reiche Franzose wolle künftig mehr in Belgien investieren.

Genossen recherchieren

Die belgische Partei der Arbeit (PTB), mit der die DKP im Rahmen regelmässiger Vierparteientreffen zusammen mit der KP Luxemburg und der KP der Niederlande zusammenarbeitet, hat sich auf die Suche gemacht, um die Gründe für Arnaults neuerwachter Liebe zu Belgien genauer zu erforschen. In einer am 12. September veröffentlichten Pressemitteilung teilte sie mit, dass Arnault ausser der nach Belgien verlegten Firma LVMH Finance über mindestens zehn weitere Firmen mit Sitz in Belgien verfügt, die in den letzten drei Jahren (2009 – 2011) zusammen 630 Millionen € Gewinne gemacht und davon 24 Millionen Steuern abgeführt haben – gerade mal 3,8 Prozent. Hätte Arnault den üblichen Steuersatz von 33,99 Prozent bezahlt, hätte der belgische Staat 190 Millionen € mehr eingenommen. Es sei also verständlich, dass er vom Steuerparadies Belgien angetan sei, meint die PTB – zumal wenn man berücksichtigt, dass er in seinen elf belgischen Firmen gerade mal ganze sieben Vollzeitbeschäftigte eingestellt hatte.

Kapitalisten kennen kein Vaterland

Desweiteren sagt die PTB, dass es nach ihren Recherchen „seriöse Hinweise“ darauf gebe, dass das Interesse des superreichen Franzosen für Belgien vor allem mit seiner Erbschaft verbunden ist. Der Mann habe dort bereits eine private Stiftung namens „Protectinvest“ gegründet, die zur Absicherung der finanziellen Interessen seiner Erben gedacht ist. In Frankreich müsste er eine Erbschaftssteuer in der Grössenordnung von 45 Prozent bezahlen. In Belgien hingegen gibt es zwei besonders vorteilhafte Systeme von Schenkungen an direkte Erben, bei denen praktisch keine oder fast keine Steuern fällig werden. Das macht bei einem Vermögen von ca. 30 Milliarden die Kleinigkeit von 13,5 Milliarden Steuerersparnis aus. Das französisch-belgische Steuerabkommen von 1964 gewährt Inhabern der belgischen Staatsbürgerschaft einen besonders guten  Schutz vor „Doppelbesteuerung“.

Der Luxusgüter-Konzern „LVMH Moët Hennessy – Louis Vuitton S.A.“ ist eine französische Aktiengesellschaft, in der über 60 verschiedene Luxusmarken zusammengeschlossen sind, die in weltweit mehr als 2500 Filialen verkauft werden. „Louis Vuitton“ steht für Luxus-Lederwaren, „Moët“ für die Champagnerfirma Moët&Chaudon und „Hennesy“ für den gleichnamigen Cognac. Zu dem Firmenimperium gehören aber auch Ferienwohnsitze an der Côte d’Azur, Weingüter im Bordeaux und ein 70-prozentiger Anteil an dem Modehaus Dior. Arnault war ein enger Vertrauter des verflossenen französischen Staatschefs Sarkozy, für den er auch als Treuzeuge fungiert hat.

„Die Arbeiter haben kein Vaterland“, heisst es im „Kommunistischen Manifest“ – ein Satz, der von den Ideologen des Kapitals seit 150 Jahren aus dem Zusammenhang gerissen für ihre Propaganda missbraucht wurde. Das praktische Leben bestätigt aber: es gilt offensichtlich auch der Satz: „Die Kapitalisten kennen kein Vaterland“.

Massenprotest in Indien

Es war eine der grössten Protestaktionen in der jüngeren Geschichte Indiens. Rund 50 Millionen Menschen beteiligten sich am 20. September an landesweiten Aktionen gegen die neoliberale Wirtschaftspolitik der indischen Zentralregierung unter Führung der Kongress-Partei.

In mehr als der Hälfte aller 28 indischen Bundesstaaten herrschten generalstreikartige Zustände. Neben den Beschäftigten zahlreicher Industriebetriebe, Büros und Verwaltungen hatten die Bus-, Lkw- und Taxifahrer für 24 Stunden die Arbeit niedergelegt. Parallel dazu  streikten die Einzelhändler und Gewerbetreibenden, indem sie ihre Geschäfte geschlossen hielten. Auch die Märkte blieben geschlossen, ebenso Schulen und andere Bildungseinrichtungen. Es gab zahlreiche Kundgebungen und Demonstrationszüge.Tausende nahmen an Sitzblockaden auf Plätzen und Strassen teil. In mehreren Orten waren auch Eisenbahnschienen von Demonstrationen besetzt worden.

Zu den Protesten aufgerufen hatten der Allgemeine Indische Gewerkschaftsbund und Organisationen der Kleingewerbetreibenden sowie acht politische Parteien. Darunter die Kommunistische Partei Indiens – Marxisten (KPI-M) und die Kommunistische Partei Indiens (KPI) und vier zum sozialdemokratischen oder linkssozialistischen Spektrum gehörende Parteien. Die Führer der acht Parteien nahmen gemeinsam an einer Sitzblockade in Neu Delhi auf der Zugangsstrasse zum Parlament teil.

In dem gemeinsamen Aufruf der acht politischen Parteien hiess es, dass die Regierung angesichts der Auswirkungen der internationalen kapitalistischen Krise der Bevölkerung „neue grausame Schläge“ versetzt. Im Einzelnen werden vier konkrete Regierungsvorhaben erwähnt. An erster Stelle stand der Protest gegen die Erhöhung der Preise für Dieselkraftstoff um 5 Rupien pro Liter (etwa 7 Cent), weil die Regierung zur Reduzierung von Staatsausgaben Subventionen für den für viele Inder unentbehrlichen Diesel-Kraftstoff gekürzt hatte. Gleichzeitig wurde die Zahl von verbilligten Gasflaschen für den Gebrauch im Haushalt auf sechs Flaschen pro Familie begrenzt. Den benötigten Rest sollten die Verbraucher künftig zu „Marktpreisen“ kaufen, die fast doppelt so hoch liegen. Bei den Kleingewerbetreibenden hatte der Beschluss der Regierung, im Rahmen der „Wirtschaftsreformen“ den Handel für ausländische Supermarktketten-Multis wie Walmart (USA), Tesco (Grossbritannien), Carrefour (Frankreich) oder Metro und Ikea zu öffnen, das Fass zum Überlaufen gebracht. Es wird befürchtet, dass dies hunderttausende indische Kleinhändler um ihre Existenz bringen wird und die ausländischen Warenhauskonzerne danach die Preise dank ihrer Monopolstellung nach oben treiben werden. Schliesslich wird in dem Aufruf der acht Oppositionsparteien auch der von der Regierung beabsichtigte Verkauf von grossen Aktienpakten indischer Staatsfirmen wie Oil India an ausländische „Investoren“ erwähnt.

Die Kongresspartei, die einst die führende Kraft im nationalen Befreiungskampf gegen den englischen Kolonialismus war und in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts unter Nehru und Indira Gandhi einen antiimperialistischen Kurs der Blockfreiheit verfolgt hatte, ist nach einer Unterbrechung seit 2004 wieder an der Regierung. Sie wurde sowohl 2004 wie 2009 bei den Wahlen stärkste Partei im indischen Parlament, verfügte jedoch nicht über genügend Mandate, um allein eine regierungsfähige Mehrheit bilden zu können. Sie war deshalb immer wieder auf die parlamentarische Unterstützung unterschiedlicher kleinerer Parteien angewiesen. Zu diesen Unterstützern gehörten in den ersten Jahren auch die „Linksfront“ einschliesslich der beiden Kommunistischen Parteien, die von Fall zu Fall für Regierungsvorlagen stimmten, sich aber nicht in eine ständige Regierungskoalition mit dem „Kongress“ einbinden liessen. Wegen der linken Tolerierung bzw. Unterstützung wurde die Regierung in diesen Jahren als „Mitte-Links-Regierung“ bezeichnet. 2008 haben die Parteien der Linksfront diese Unterstützung jedoch aufgekündigt. Unmittelbarer Anlass war die Auseinandersetzung um den „Atomdeal“ mit den USA. Bald folgte aber auch eine wirtschaftspolitische Kurswende in Richtung der stärkeren Orientierung auf neoliberale Rezepte durch Privatisierung der Staatsunternehmen und „Öffnung“ des Landes für ausländische Investoren. Seitdem regiert die Kongress-Partei mit unterschiedlichen kleineren, mehr oder weniger stabilen „Partnern“. Derzeit befindet sie sich wieder einmal in einer politischen Krise, nachdem kürzlich der im Bundesstaat Westbengalen regierende Trinamool-Congress aus Protest gegen die „Wirtschaftsreformen“ seinen Rückzug aus der Regierung angekündigt hat. Es wird damit gerechnet, dass die Regierung bei einer kommenden Vertrauensabstimmung im Parlament möglicherweise keine Mehrheit mehr findet und vorgezogene Neuwahlen angesetzt werden müssen.

Grosser Erfolg nach fünf Wochen Streik

Mit Freudentänzen, Jubelrufen und Gesängen feierten die rund 5000 Teilnehmer einer Vollversammlung der streikenden Minenarbeiter in Südafrika im Stadion von Marikana am 18. September das Ergebnis von dreiwöchigen Verhandlungen zwischen der Direktion des britischen Platin-Konzerns Lonmin und vier Gewerkschaften unter Vermittlung eines katholischen Bischofs. Nach über fünf Wochen Streik sah sich die Konzernleitung gezwungen, endlich in eine substanzielle Erhöhung der Löhne um 11 bis 22 Prozent einzuwilligen, um den Konflikt beizulegen, der am 16. August in ein blutiges Massaker der Polizei an 34 Streikenden ausgeartet war.

Die Lohnerhöhung tritt ab dem 1. Oktober in Kraft. Die Entlohnung der «Rock drillers» («Felsenbohrer»), also der Bergleute, die unter Tage das Gestein brechen, wird um 22 Prozent auf 11 000 Rand (etwa 1000 €) angehoben. Das liegt zwar unter der Forderung von 12 500 Rand, die zu Beginn von den Streikenden erhoben worden war, ist aber gegenüber den bisherigen Löhnen ein enormer Fortschritt. Die übrigen Grubenarbeiter bekommen 15 Prozent mehr, die restlichen Beschäftigten je nach Art der Arbeit 11 – 12 Prozent. Ausserdem erhalten alle Beschäftigten, die sich am 20. September, dem vereinbarten Tag der Wiederaufnahme der Arbeit, zur Arbeitsaufnahme zurückmeldeten, eine Prämie von 2000 Rand (rd. 190 €), die auch als Überbrückungshilfe dienen soll, nachdem das Unternehmen während des Streiks mehrere Wochen lang keine Löhne gezahlt hat.

Ein echter Sieg

Unterzeichnet wurde das Abkommen neben der Firmenleitung sowohl von der Bergarbeitergewerkschaft NUM, die zu dem ANC-nahen Gewerkschaftsbund COSATU gehört, als auch von der von der NUM abgespaltenen AMCU, die den «wilden Streik» ab 10. August initiiert hatte, sowie zwei weiteren kleineren Gewerkschaften und einem Vertreter der Unorganisierten. Bischof Seoka sagte, es handle sich um eine Erhöhung, wie sie in der Geschichte der Lohnverhandlungen nicht oft vorgekommen ist. Deshalb könne dies als «ein echter Sieg für die Arbeiter» betrachtet werden. Ein Sprecher der „dissidenten“ Gewerkschaft AMCU sagte, das gleiche Ergebnis hätte auch schon vor Wochen ohne das blutige Massaker erreicht werden können, wenn die Firmenleitung die jetzt gemachten Zugeständnisse früher bewilligt hätte.

Der 11. Nationale Kongress der COSATU, der parallel zu den Vorgängen vom 17. bis 20. September in Johannesburg stattfand, begrüsste das erzielte Abkommen in einer extra dazu angenommenen Erklärung. Es hiess darin u.a., die Gewerkschaften hofften, dass andere Bergbaukonzerne nun rasch ähnliche Angebote machten. Übringes nennt die COSATU in dem Text die Zahl von über 60 Toten, die es im Zusammenhang mit dem Konflikt gegeben habe, weil schon vor dem Blutbad und auch noch während der «heissen Phase» des Konflikts mehrere aktive Gewerkschafter und andere Arbeiter getötet worden waren, teilweise, weil sie sich geweigert hatten, an dem Streik teilzunehmen. Der COSATU-Kongress appellierte an alle, die die NUM verlassen haben, sich ihr wieder anzuschliessen, denn «Vereint halten wir stand, geteilt fallen wir.»

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