Auf offenem Feuer

Andreas Boueke. Über ein Drittel der Weltbevölkerung kocht auf offenen
Feuerstellen. Die Weltgesundheitsorganisation schätzt, dass häusliche Abgase jedes Jahr 3,5 Millionen Menschen töten. Mehr Kinder sterben an Lungenentzündungen als an Malaria, Durchfallerkrankungen und Masern zusammen.

Konzentriert kurvt der guatemaltekische Ingenieur Herber Santos einen Geländewagen mit voller Ladefläche über die schmale Schotterpiste am Rand eines steilen Abgrunds. Im Auftrag der Hilfsorganisation Helps International ist er auf dem Weg in ein Armenviertel im Westen von Guatemala-Stadt. In der Siedlung La Alborada leben Menschen in Hütten ohne die elementarste Ausstattung, die eng beieinander stehen. Am Ende einer Stichstrasse parkt er den Wagen und klopft an eine Wand aus Wellblech. Eine Frau mit Schweissperlen auf der Stirn und einem freundlichen Lächeln auf den Lippen öffnet die Tür. In Begleitung des Sozialarbeiters Cesar Puac betritt Herber Santos einen staubigen Hof. Sofort werden die beiden Männer von einem Dutzend Kinder umringt. Hinter ihnen folgt die Grossmutter, Delfina Castillo.

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Nur die Spitze des Eisbergs

flo. Die skandalösen Arbeitsbedingungen beim Paketliefergiganten DPD in der Schweiz sind keine Ausnahme. Auch im Ausland macht der Konzern Negativschlagzeilen. Trotz hervorragender Umsatzzahlen sollen die Angestellten für noch mehr Gewinn ausgepresst werden.

Paketdienste haben in den letzten Jahren immer stärker sowohl den Detailhandel als auch die Post in die Mangel genommen. Aber spätestens mit Corona sind die Player auf dem Markt endgültig ökonomisch angekommen. Der wohl bekannteste der Lieferbarone ist Jeff Bezos, der bis zu seiner Scheidung letztes Jahr der reichste Mensch der Welt war. Amazon, für das er als CEO amtet, hat an den Börsen von 1785 Punkten im März 2020 auf 3090 Punkte im März 2021 aufgeholt. Ein weiterer Profiteur der Krise ist das Verpackungsunternehmen DPD (ehemals Deutscher Paket Dienst, heute Dynamic Parcel Distribution). Der Konzern beschäftigt weltweit 75000 Angestellte, die einen Umsatz von elf Milliarden Euro erwirtschaften. Zumindest in Europa ist man damit Marktführer.
Doch die Führungsriege des Unternehmens wünscht sich noch mehr: Im März kündigte sie an, dass man eine Verdopplung des Profits in den nächsten fünf Jahren anpeilt. Und für diese kapitalistische Interpretation eines Fünfjahresplans müssen die Arbeiter*innen des Betriebs leiden. Schon heute sind die Arbeitsbedingungen lausig. Die Gewerkschaft Unia berichtet von nicht bezahlten Überstunden, überlangen Arbeitszeiten, grossem Stress – und keinem Einsehen des Betriebs. Auf die Missstände angesprochen schiebt DPD die Verantwortung auf extern angestellte Subunternehmen ab. » Weiterlesen

Rojava: «Wir widerstehen, weil wir das Leben lieben!»

Maja Hess. Rojava ist der Ort, an dem die Sonne untergeht, der Westen. So bezeichnen die Kurd*innen den Nordosten Syriens. Hier versuchen sie, ein demokratisches konföderales System aufzubauen mit dem Ziel, dass Menschen verschiedener religiöser und ethnischer Herkunft in Frieden zusammenleben können. Der Pluralismus soll eine wichtige Basis für Frieden sein, genauso wie die demokratische Beteiligung aller Gesellschaftsschichten und die Befreiung der Frauen* aus dem engen patriarchalen Korsett.

Die Vision einer friedlichen Gesellschaft ist beeindruckend und gibt Hoffnung. Für Rojava wurde sie jedoch zur Bedrohung. Die kurdische Region wird an verschiedenen Fronten angegriffen, seine Bestrebungen nach Selbstbestimmung werden nicht toleriert. Die Türkei hat mit der seit 2018 andauernden militärischen Besetzung von Afrin gegen das Völkerrecht verstossen und im Leben der Menschen grosses Leid angerichtet. «Unser Herz ist gebrochen», sagte mir eine junge Freundin. «Unser Traum von Freiheit und Frieden ist zerrissen.» Als Folge leidet die junge Frau wie viele andere an Albträumen und Angstzuständen und weiss nicht, wo sie Unterstützung finden kann. » Weiterlesen

Aus der Schusslinie gebracht

dab. Vor zehn Jahren, im März 2011, brachte der Fukushima-Unfall verheerende Verstrahlung in Japan. Radioaktives Material breitete sich auf der ganzen Nordhalbkugel aus. Der in der Schweiz im Schock nach der Katastrophe verkündete Atomausstieg stagniert und die fehlende Erdbebensicherheit der Schweizer AKWs wird verwedelt.

«Nach dem Super-GAU von Fukushima waren die Menschen in Japan vielerorts radioaktivem Niederschlag ausgesetzt», schreiben die Ärzt*innen für soziale Verantwortung und zur Verhütung eines Atomkriegs PSR/IPPNW auf ihrer Webseite ippnw.ch Anfang Februar 2021. «Manche leben bis heute in verstrahlten Regionen, wo sie tagtäglich mit erhöhten Strahlenmengen konfrontiert sind: Radioaktive Hotspots am Strassenrand, im Reisfeld oder im Sandkasten, kontaminierte Pilze oder Algen, verstrahltes Grundwasser und Rekontaminationen durch Waldbrände oder Überschwemmungen.»

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Forcierte Rückkehr von Evakuierten

Redaktion. Die Schweizer Ärzt*innen zur Verhütung eines Atomkriegs PSR/IPPNW warnen das Internationale Olympische Komitee IOC im Vorfeld der Sommerspiele in Tokio: Die Nuklearpolitik in Japan bedeute, dass die Fukushima-Kinder schwere Krankheiten und den Tod riskieren.

Etwa eines von 15 Kindern, das 2011 geboren und 100 Millisievert (mSv) ausgesetzt wurde, wird unter den derzeit geltenden, zu hohen japanischen Strahlendosis-Grenzwerten während seines Lebens an Krebs oder einer anderen lebensbedrohlichen Krankheit als Folge der Verstrahlung leiden. In Regionen, die durch den Unfall im Kernkraftwerk Fukushima radioaktiv verseucht sind, wird diese Risikoerhöhung noch hunderte von Jahren andauern. Diese Regionen sind entsprechend dem üblichen Strahlengrenzwert von 1 mSv/Jahr unbewohnbar.

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Brutale Politik der Abschottung

Klaus Petrus. Als Pushback wird das Zurückdrängen von Migrant*innen von den Grenzen ihres Ziel- oder Transitlandes bezeichnet. In der Realität heisst dies für die betroffenen Menschen rohe Gewalt: zerrissene Kleider, Verletzungen, Prellungen und Hundebisse an Armen und Beinen sowie kaputte Handys, das Wichtigste was Geflüchtete bei sich tragen.

Zum ersten Mal davon gehört hatte ich im Spätherbst 2016, in Subotica, einer Stadt im Norden Serbiens, keine halbe Stunde von der ungarischen Grenze entfernt: von diesen «Pushbacks», bei denen Flüchtlinge von der ungarischen Grenzpolizei angeblich gewaltsam nach Serbien zurückgeschickt wurden.

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Abdullah Öcalan: Die Lunte an den Status quo des Nahen Ostens gelegt

Raimar Heider. Seit 2012 beobachten wir in Nordsyrien eine permanente Revolution, deren bekanntester Wendepunkt die erfolgreiche Verteidigung von Kobanê im Herbst 2014 gewesen ist. Doch die Revolution in Rojava ist nur der sichtbarste Ausdruck einer anderen Revolution, die viel früher begonnen hat und weiter reicht.

Es geht um nichts weniger als die Umgestaltung des Nahen Ostens, und zentraler Ideengeber ist ein Mann, der seit 22 Jahren in Isolationshaft sitzt. Abdullah Öcalan ist mit seinen Gefängnisschriften etwas gelungen, das nur wenigen linken Autor*innen vergönnt ist. Er wird massenhaft gelesen, diskutiert und besitzt so echten Einfluss.

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Zu sagen was ist, ist revolutionär

sah. 150 Jahre Rosa Luxemburg: Nicht nur als Vertreterin der europäischen sozialistischen Bewegung ist sie bekannt, sondern als prägende Theoretikerin zum Kolonialismus – damals noch kein aktuelles Thema.

Vielfältige Rosa Luxemburg: zum Jubiläum am 5.März 2021 der Aktivistin wurden zahlreiche Artikel veröffentlicht. Ihr Engagement in den Bereichen europäische Arbeiterbewegung, Marxismus, Antimilitarismus und proletarischer Internationalismus wurde beleuchtet und auch zu biografischen Aspekten geschrieben. Es fehlten aber Luxemburgs Beiträge gegen die Kolonialkriege rund um das Thema Kolonialismus. Im Volkspark in Halle an der Saale am 3.Dezember 1911 sagte die Aktivistin: «Kolonialkriege sind seit den letzten vierzig  Jahren eigentlich eine sta?ndige Erscheinung. Es ist ein sonderbarer Optimismus, von einem europa?ischen Frieden zu reden». Dieser Teil einer eher unbekannten Wahlkampfrede findet sich auf der Seite e-monos.sozialarchiv.ch.

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Freiheit für Salekh und Ismail

sah. Die beiden LGBTI*-Aktivisten Salekh Magamadov und Ismail Isaev wurden in Russland von der Polizei entführt. Dies nicht zum ersten Mal. Kontaktmöglichkeiten wurden den beiden Aktivisten verweigert. Amnesty International ruft zu einer weltweiten Protestaktion auf.

Im Februar 2021 wurden die LGBTI*-Aktivisten* Salekh Magamadov und Ismail Isaev in Russland erneut von der Polizei entführt. Festgenommen wurden sie in einer Wohnung in Nischni Nowgorod. Man brachte sie dann gegen ihren Willen nach Gudermes in Tschetschenien. Dem Rechtsbeistand wurde der Kontakt zu seinen Mandanten sowie jegliche Informationen über das betreffende Strafverfahren verweigert. Man verhörte Salekh Magamadov und Ismail Isaev somit ohne ihren Rechtsbeistand oder die Anwesenheit von Familienangehörigen. Dabei sind beide noch minderjährig. Später wurden sie freigelassen, dann aber wieder festgenommen und weggebracht – an einen unbekannten Ort. Niemand weiss, warum sie jetzt wieder inhaftiert sind. Noch heute ist ihr genauer Aufenthaltsort unbekannt. «Sie sind Opfer des Verschwindenlassens und ihre körperliche und geistige Unversehrtheit sowie ihr Leben sind in Gefahr», schreibt Amnesty Schweiz auf ihrer Internetseite. Folter und Misshandlung beim LGBTI*-Aktivsit*innen ist im Osten nichts Neues.

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Der Faschismus überlebt versteckt

dab. Nach dem mit extremen Verlusten erkämpften Sieg von Stalingrad im Frühjahr 1943 verfolgte die Rote Armee die deutsche Imperialisten-Wehrmacht ausdauernd bis nach Berlin und erreichte 1945 ihre bedingungslose Kapitulation. Auf den Sieg und die Anerkennung durch die Westalliierten folgten aber bald Kalter Krieg und Konterrevolution.

Er unterhält mit faszinierenden Bildern, realistischen Figuren und nicht zu dick aufgetragener Spannung und Action: der russische Spielfilm «Der weisse Tiger – Die grosse Panzerschlacht» (2012) von Karen Shakhnazarow. Darüber hinaus macht er Aussagen über den deutsch-europäischen Faschismus und Imperialismus.

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Der Frühling der Zuversicht

Thomas Brenner. Es muss ein schöner Frühling nach einem kalten Winter gewesen sein. Die Rote Armee hatte im Januar 1945 das KZ Auschwitz-Birkenau befreit und die Oder erreicht. Ende April war sie in Berlin.

Mit gigantischen Anstrengungen wurden rund zweieinhalb Millionen Soldat*in-nen mit über 6000 Panzern und über 7500 Flugzeugen zusammengezogen. Eine letzte grosse Offensive sollte den endgültigen Sieg über den Faschismus bringen. Die Schlacht um die Seelower Höhen vom 16. bis 19.April war der Auftakt für den Marsch nach Berlin. Eine Woche später war die deutsche Hauptstadt komplett eingeschlossen und zum ersten Mal in diesem Krieg trafen sich bei Torgau an der Elbe sowjetische und US-amerikanische Soldat*innen. Die Hoffnung von Millionen Menschen weltweit auf ein Ende des über ein Jahrzehnt herrschenden faschistischen Spuks war erfüllt.

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Eskalation am Golf?

Matin Baraki. In seinem Buch «Krieg am Golf» geht es Dr. Guido Steinberg,
Nahost-Experte der Stiftung Wissenschaft und Politik, hauptsächlich um den «Kernkonflikt» zwischen Saudi-Arabien und dem Iran, die sich um die Vorherrschaft streiten. Viel Wichtiges bleibt im Buch unerwähnt.

Der Autor machte sich sehr viel Arbeit. Er trug umfangreiches Material zur jüngsten Geschichte und der internen Verfasstheit der beiden Mächte Saudi-Arabien und Iran sowie deren Verbündeten am Golf, wie dem Emirat Katar, den Vereinigten Arabischen Emiraten und dem Emirat Bahrain zusammen. Sehr minuziös beschreibt er die innenpolitischen Kräftekonstellationen in den Golfländern, zum Beispiel die Rollen des saudischen Kronprinzen Mohammad Ibn Salman, des Kronprinzen Hamad Ibn Issa von Bahrain. Genauso auch die dominierende Funktion des iranischen religiösen Oberhaupts Ali Chamenei und der Garden der islamischen Revolution, die Sepãh-e Pãsdãrãn-e Enqelãb-e Eslãmì. Ihr legendärer Kommandeur Generalmajor Mohammad Qassem Soleimani wurde von den USA per Drohneneinsatz am 3.Januar 2020 exekutiert.

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Nationalrat stimmt gegen US-Blockade

Der Nationalrat hat heute Morgen, 9. März 2021, das Postulat 20.4332 «US-Blockade gegen Kuba aktiv bekämpfen zugunsten einer der ärmsten Bevölkerungen weltweit» mit 98 gegen 89 Stimmen überwiesen. Dies gegen den Willen des Bundesrats, der sich für eine Ablehnung ausgesprochen hatte.

Die Partei der Arbeit der Schweiz (PdAS) ist übe die Annahme des Postulats höchst erfreut. «Es ist ohne Wenn und Aber einen Sieg der Solidaritätsbewegung mit Kuba», hält Gavriel Pinson, Präsident der PdAS, in einer ersten Stellungnahme fest. «Ausgangspunkt des Postulats war eine Petition von medicuba-Suisse und der Vereinigung Schweiz-Cuba, die von unserer Partei selbstverständlich unterstützt wurde», erklärt Pinson. Die Petition forderte unter anderem, dass «die Schweiz nicht nur an der Vollversammlung der Vereinten Nationen für die Aufhebung der seit 1962 bestehenden Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade der USA gegenüber Kuba stimmt, sondern sich auch aktiv in der Aussenpolitik dafür einsetzt.» So sieht das Postulat ein konkretes Engagement der Eidgenossenschaft in den UN-Gremien vor, um «den Druck für eine Deblockierung auf die neue US-Regierung zu erhöhen.» Weiter muss nun der Bundesrat «Massnahmen überprüfen, damit Handel und Investitionen mit Kuba aus der Schweiz heraus ermöglicht werden.»

Der Bundesrat hat nun zwei Jahre Zeit, das Postulat zu erfüllen. Dies, indem er im Geschäftsbericht oder in einer Botschaft zu einem Erlassentwurf der Bundesversammlung Bericht erstattet. Die PdAS fordert die Regierung auf, rasch und konkret im Sinne des Postulats zu handeln, um so ein klares Zeichen gegen die völkerrechtswidrige US-Blockade gegen Kuba zu setzen.

Partei der Arbeit der Schweiz
9. März 2021

Frauen, die kämpfen!

8. März-Frauenbündnis Zürich. Wir organisierten während vieler Jahre die Demo zum internationalen Frauenkampftag am 8.März. Nun tun wir dies bis auf Weiteres nicht mehr. Uns gibt es aber weiterhin und wir kämpfen weiter gegen das Patriarchat und für die Befreiung der Frauen, auch auf der Strasse.

Uns ist nach wie vor wichtig, dass unser politisches Denken und Handeln unter Frauen stattfindet. Wir wollen Momente und Räume schaffen, in denen es für Frauen möglich ist, ihre gesellschaftliche Situation zu verstehen und diese zusammen mit anderen Frauen zu verändern.
Uns ist dabei sehr bewusst, dass das Patriarchat und der Kapitalismus neben anderen Machtverhältnissen so vielfältig und verwoben auf unsere Leben wirken, dass es manchmal schwierig scheint, darin ein kollektives «Wir» zu formen. In neoliberalen Verhältnissen wird Individualismus grossgeschrieben und Probleme und Verantwortungen auf Einzelne abgeschoben. Innerhalb der zunehmenden Flexibilisierung von Arbeit und Gesellschaft finden wir es aber umso wichtiger, gemeinsames Handeln entgegen der Vereinzelung zu ermöglichen. » Weiterlesen

Erzähl mir deinen Traum – Psychodrama in Rojava

Nikol Uçar. Die Ärztin Maja Hess von medico international schweiz war im Herbst 2020 in Rojava. Sie wollte an diesem einmaligen emanzipatorischen Projekt teilnehmen und hat im Auftrag vom kurdischen Roten Halbmond Heyva Sor Frauengruppen mit psychosozialem Fokus geleitet.

Maja Hess war schon mehrmals in Nordostsyrien mit Delegationen, unter anderem 2019 als die Türkei und ihre jihadistischen Söldner Serê Kaniyê angegriffen haben. Letzten Herbst reiste sie erneut nach Qasmislo, diesmal für vier Monaten in Zusammenarbeit mit Heyva Sor a Kurd. Der Kurdische Rote Halbmond, eine lokale NGO, wurde 2012 gegründet, da sich das syrische Regime aus Rojava zurückgezogen und alle Gesundheitseinrichtungen funktionsunfähig zurückgelassen hatte. Heyva Sor hat vorerst die ganze Notversorgung in den Konfliktzonen und den Flüchtlingslagern übernommen. Für die Menschen sind die roten Westen mit dem Halbmond ein Garant für Nothilfe und bedingungslose Unterstützung. Ausserdem baut Heyva Sor Gesundheitseinrichtungen auf, wo keine vorhanden sind, ist mit mobilen Kliniken in abgelegenen Dörfern unterwegs, um die Gesundheitsversorgung zu dezentralisieren. Auch für Kriegsversehrte baut Heyva Sor ein neues Zentrum zur Herstellung von Prothesen und zur integralen Betreuung der verwundeten Kämpfer*innen. Ziel von Heyva Sor ist es, möglichst bald die Gesundheitseinrichtungen, die nicht nur eine Notversorgung anbieten, an die Selbstverwaltung zu übergeben.
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«Die Revolution ist eine Frau und ein Schwuler»

Natalia Widla. Seit Oktober 2020 gehen in Polen wöchentlich Frauen, Queers und UnterstützerInnen auf die Strasse, um gegen das neue, restriktive Abtreibungsgesetz zu protestieren. Dass bei den Protesten gerade die queere Community eine zentrale Rolle spielt, ist kein Zufall.

Anna Prus atmet tief durch, dann liest die 28-jährige ihre Stellungnahme vor, Reue ist darin keine zu hören: «Maria hätte auch ein queeres Kind nicht verstossen», sagt Prus und lächelt selbstbewusst. Erschienen ist Prus vor Gericht in einem übergrossen Wollpullover in Regenbogenfarben. Für die Klägerin, die erzkonservative «Anti-Abtreibungsaktivistin» Kaja Godek, purer Hohn.

Prus und ihre beiden Mitstreiterinnen Elzbieta Podlesna und Joanna Gzyra-Iskandar sind wegen «der Verletzung religiöser Gefühle» angeklagt, anfangs drohten ihnen bis zu drei Jahre Gefängnis. Nach zwei Gerichtsrundem verlangte der Richter am 17.Februar, je sechs Monate Freiheitsentzug für die drei Frauen, sowie zahlreiche Sozialarbeitsstunden. Der Gerichtsentscheid wird Anfang März erwartet.
Im Mai 2019 hatten die drei Aktivistinnen auf Plakaten der berühmten «Heiligen Maria von Tschenstochau» deren goldenen Heiligenschein gegen einen regenbogenfarbenen ausgetauscht. Eine harmlose politische Aktion könnte man meinen, doch im erzkonservativen Polen ein Sakrileg. «Nigdy nie bedziesz sz?a sama» (you will never walk alone) skandieren Dutzende vor dem Gericht, schwingen Regenbogen-Fahnen, rote Blitze zieren ihre Masken. Der Prozess gegen die drei Frauen steht sinnbildlich für die tiefe politische und wertebezogene Spaltung, welche sich bereits seit vielen Jahren durch die polnische Gesellschaft zieht. Er verdeutlicht aber auch, wie eng die feministische und queere Bewegung in den letzten Monaten zusammengewachsen sind.

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El Salvador: Arbeiterinnen besetzen die Maquiladora

Frauen*LesbenKasama. Als letzten Sommer eine salvadorianische Maquiladora plötzlich schliesst, besetzen die Arbeiterinnen kurzerhand die Fabrik und verwandeln sie in eine Bildungsstätte. Inzwischen sind sie auch in einem rotierenden Hungerstreik, um den Druck zu erhöhen.

Billiglöhne, gesundheitsgefährdende Arbeitsbedingungen, lange Arbeitstage ohne WC-Pausen, fehlender Arbeitsschutz – so sieht der Alltag in den Maquiladoras, den Weltmarkfabriken aus. Ob in Bangladesch, Mexiko oder El Salvador, Hunderttausende von Frauen nähen Kleider im Akkord für den globalisierten Norden. Diese Textilfabriken sind in Freihandelszonen angesiedelt, produzieren ausschliesslich für den Export und geniessen Sonderrechte: keine Zölle, keine Steuern, wenig Auflagen… Alles was das neoliberale Herz begehrt.
Im Zuge der Corona-Massnahmen mussten die salvadorianischen Maquiladoras die Produktion Mitte März einstellen. So auch die Florenzi S.A. in Soyapango unweit der Hauptstadt von El Salvador, die unter anderem Designerklamotten für Pierre Cardin näht. Nach vier Monaten teilt die Besitzerfamilie mit, dass die Fabrik definitiv schliessen werde. Sie weigert sich, der Belegschaft ausstehende Löhne und eine angemessene Entschädigung zu bezahlen – sie bot den 196 Frauen lediglich gebrauchte Nähmaschinen an. 113 Arbeiterinnen lassen sich nicht damit abspeisen und beschliessen, die Fabrik zu besetzen und verhindern so, dass die Maschinen abtransportiert werden.

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Feministisch und zapatistisch

encuentro feminista zapatista ZH/BS. Im Sommer wird eine Delegation der EZLN und weiterer indigener und widerständischer Organisationen aus Mexiko während einer dreimonatigen Reise Europa besuchen. 75 Prozent der 160 Personen sollen aus Frauen und dissidencias bestehen. Ein Text zur Wiedererinnerung an die zapatistische Bewegung und ein Ausblick in einen zapatistischen und feministischen Sommer – auch in Zürich.

Zwischen Oktober und Dezember 2020 hat die Ejercito Zapatista de Liberacion Nacional (EZLN) sechs Communiqués veröffentlicht, welche wohl einigen Menschen, in welchen Geographien auch immer, den Atmen verschlagen und/oder Tränen in die Augen getrieben haben.(…) Doch, haben wir den zapatistischen Diskurs vergessen, die schwarze Fahne mit dem roten Stern verstauben lassen oder uns gar einer schlechten Regierung angeschlossen?
Die Communiqués haben massive atlantische Wellen geschlagen, hinüber zum anderen Europa von unten. Diese Wellen sind erst unten und links spürbar, aber sie werden spätestens diesen Sommer 2021 mit voller Wucht auf Europas Festung treffen. Der Vorschlag, der aus den Bergen der Selva Lacandona im südöstlichen Mexiko kommt, beinhaltet nichts Geringeres als die Ankündigung der zapatistischen Invasion Europas. Im Sommer wird eine Delegation der EZLN und weiterer indigener und widerständischer Organisation aus Mexiko während einer dreimonatigen Reise Europa besuchen. 75 Prozent der 160 Personen sollen aus Frauen und dissidencias (spanisch für von den heteronormativen Gendernormen abweichende nicht-cis-Personen) bestehen. Als Anlass gilt der 13.August, der sich diesen Sommer zum fünfhundertsten Mal jähren wird. Es ist der Tag, an dem Hernán Cortez Tenochtitlán (heutiges Mexiko City) einnahm und König des Kolonialreichs Neuspanien wurde.

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