Frauen, die kämpfen!

8. März-Frauenbündnis Zürich. Wir organisierten während vieler Jahre die Demo zum internationalen Frauenkampftag am 8.März. Nun tun wir dies bis auf Weiteres nicht mehr. Uns gibt es aber weiterhin und wir kämpfen weiter gegen das Patriarchat und für die Befreiung der Frauen, auch auf der Strasse.

Uns ist nach wie vor wichtig, dass unser politisches Denken und Handeln unter Frauen stattfindet. Wir wollen Momente und Räume schaffen, in denen es für Frauen möglich ist, ihre gesellschaftliche Situation zu verstehen und diese zusammen mit anderen Frauen zu verändern.
Uns ist dabei sehr bewusst, dass das Patriarchat und der Kapitalismus neben anderen Machtverhältnissen so vielfältig und verwoben auf unsere Leben wirken, dass es manchmal schwierig scheint, darin ein kollektives «Wir» zu formen. In neoliberalen Verhältnissen wird Individualismus grossgeschrieben und Probleme und Verantwortungen auf Einzelne abgeschoben. Innerhalb der zunehmenden Flexibilisierung von Arbeit und Gesellschaft finden wir es aber umso wichtiger, gemeinsames Handeln entgegen der Vereinzelung zu ermöglichen.

Solidarität mit allen Frauen
Wir verstehen «Frau» als politisches Subjekt, das uns hinter Sexismus, Benachteiligungen, Gewalt und all den täglichen Zumutungen das System Patriarchat erkennen lässt. Wenn wir in der Schule, im Job, in der Familie und in der gemischten politischen Gruppe Abwertung, Lohnungleichheit, Beschränkung auf bestimmte Rollen und zu wenig Mitbestimmungsmöglichkeiten erleben, dann liegt es nicht an persönlichem Versagen, nicht daran, dass wir es nicht genug versucht hätten. Sondern es liegt daran, dass wir in einer Gesellschaft leben, in der Frauen und alles, was damit in Verbindung steht, konstant und auf allen Ebenen abgewertet und unterdrückt wird. Aufgrund dieser Erfahrungen ist es für uns ein emanzipativer Schritt, uns positiv mit der Kategorie «Frau» zu identifizieren und Frau als Selbstbezeichnung zu wählen.
Wir solidarisieren uns mit allen Frauen, egal ob sie diese Identität für sich gewählt haben oder vielleicht sogar entgegen ihrem Selbstbild von der Gesellschaft als solche gelesen werden. Wir verbünden uns und bestärken uns gegenseitig, unsere Leben selbstbestimmt und frei zu gestalten. Wir verteidigen uns gegen die gesellschaftlichen Zuschreibungen und Erwartungen, die an Frauen gestellt werden und wir wehren uns gegen die Zumutungen des Alltags und gegen die Abfälligkeit, mit der über Frauen gesprochen wird.
Deshalb beziehen wir uns ganz bewusst auf die Kategorie Frau, auch wenn in unserer Utopie Geschlecht kein Faktor mehr sein soll, der die Gesellschaft und unsere Position darin ausmacht. Aber jetzt, hier und heute herrschen im Patriarchat Männer über Frauen. Und solange dieses existiert, solange in der Gesellschaft die Menschen in Frauen und in Männer unterteilt werden und Frauen konstant benachteiligt werden, solange schon kleinen Kindern dieses Geschlechterverhältnis eingetrichtert wird, solange kämpfen wir als Frauen für Feminismus.

Gegen die Profitlogik
Im Jahr 2021 bedeutet dies konkret: Von der ak-tuellen Corona-Krise seit dem Frühjahr 2020 sind Frauen weltweit besonders betroffen: Einerseits arbeiten besonders viele Frauen in prekären Jobs, arbeiten auf Abruf, im Stundenlohn oder ganz ohne Vertrag in der Gastronomie, im Fitnessstudio, im Migros an der Kasse, in Privathaushalten, in der Reinigung oder in der Sexarbeit. Frauen wurden plötzlich zu – natürlich unentgeltlich – Hilfslehrpersonen befördert, als die Schulen und die Kitas schlossen. Denn es sind immer noch Frauen, die die Hauptverantwortung für Kinder tragen.
Andererseits sind es auch mehrheitlich Frauen, die in den Spitälern, in den Wohnheimen und bei der Spitex arbeiten. Also in den Berufen, in denen sich Menschen um Menschen und deren Bedürfnisse kümmern. Tätigkeitsfelder, die traditionell schlecht bezahlt und gesellschaftlich kaum anerkannt sind. Schon seit Jahren werden in diesen Bereichen anständige Arbeitsbedingungen gefordert. Überall auf der Welt fanden und finden unzählige Kämpfe statt, um den Care-Sektor gegen die Profitlogik des Kapitalismus zu verteidigen. Die Arbeiterinnen wehren sich gegen Dauerstress, chronische Unterbesetzung, Lohnabbau und Bevormundung.
Diese Kämpfe werden in der Coronakrise unsichtbar gemacht und Errungenschaften werden angegriffen. Plötzlich gelten für Pflegende nicht einmal mehr die allergrundlegendsten Arbeitsschutzmassnahmen. Wie kann es sein, dass in einem Beruf, der körperlich anstrengend ist und in dem grosse Verantwortung für das körperliche und seelische Wohlbefinden der anvertrauten Personen übernommen wird, 12 Stunde und 45 Minuten am Stück gearbeitet werden soll? Wann soll die eigene Erholung stattfinden? Wann können die Pflegenden mit ihren Freundinnen oder Angehörigen zusammen sein? Wie kann es sein, dass Pflegende die Bewohnerinnen der Altersheime sicher durch die Pandemie bringen sollen, aber selber nicht einmal mit anständiger Schutzbekleidung ausgerüstet sind? Logischerweise sind es auch die Pflegenden, die ganz besonders häufig an Covid-19 erkranken oder wegen fehlender Schutzausrüstung sterben.
Gerade jetzt besitzen PolitikerInnen aber die Frechheit, die wirklich sehr legitimen Forderungen der Arbeiterinnen zum Beispiel nach höheren Löhnen mit einer Schnodrigkeit abzutun, die ihresgleichen sucht! Was soll das? Her mit der Kohle und den Ressourcen! Spitäler und Altersheime gehören der Bevölkerung und sollen deren Versorgung garantieren, statt Profit abzuwerfen.

Das Private ist und bleibt politisch
Die sozialen und ökonomischen Auswirkungen der Covid-19-Pandemie trifft nicht nur jene Frauen, die im Pflegebereich arbeiten mit voller Härte. Sie wirkt sich auf alle marginalisierten und illegalisierten Frauen besonders hart aus. Wer kein sicheres Zuhause, keine Arbeit und/oder keinen gesicherten Aufenthaltsstatus hat, also sehr direkt der Willkür von Polizei, Behörden und Patrons ausgesetzt ist, verliert in dieser Zeit die wenigen Räume und Strukturen, die Schutz und Überleben bedeuten können, ist in prekären Arbeitsverhältnissen noch offenerer Ausbeutung und Abhängigkeit ausgesetzt. Wer jetzt in beengten Verhältnissen in miesen Wohnungen leben muss, hat ein grösseres Risiko häuslicher Gewalt zu erfahren und hat weniger Möglichkeiten, sich dieser Gewalt zu entziehen.
Die Pandemie trifft auch Kinder heftig. Besonders Kinder aus den Unterklassen: Sie wurden durch die Isolation praktisch von der Bildung abgeschnitten und verfügen häufig nicht über die Infrastruktur, die zum Fernunterricht benötigt wird und oft haben ihre Eltern weder Zeit noch Sprachkenntnisse, um die Arbeit der LehrerInnen zu übernehmen. Kinder in prekären Lebenssituationen sind auch mehr Gewalt ausgesetzt. Die Zahl der Verdachtsfälle von Gewalt an Kinder im Kanton Zürich sind während der Pandemie-Massnahmen von rund 400 im Jahr 2019 auf fast 600 Fälle gestiegen.
Das «traute Heim», das uns als Idealort zur Erfüllung «weiblicher Selbstverwirklichung» vorgegeben wird, ist nicht erst seit der Corona-Pandemie unter Umständen ein gefährlicher Ort. Alle zwei Wochen wird in der Schweiz eine Frau von ihrem Partner oder Ex-Partner ermordet. Jede Woche überlebt eine Frau einen Tötungsversuch. Die vorherrschenden Familienstrukturen führen zur Vereinzelung von Frauen und gehören abgeschafft. Die Hausarbeit und Kinderbetreuung gehören kollektiviert. Gegen die im Privaten versteckte und medial verharmloste Gewalt gegen Frauen in den eigenen vier Wänden benötigen wir eine starke, solidarische und sichtbare Frauenmobilisierung. Eignen wir uns den öffentlichen Raum an, machen wir die Gewalt gegen uns und unsere Wut sichtbar auf den Plätzen und Strassen.

Frauen, die kämpfen, sind Frauen, die leben
Doch trotz der weltweiten Pandemie und der sozialen Krise, die nun folgt und die auf unseren Rücken ausgetragen werden soll, haben Frauenbewegungen international nicht aufgehört zu kämpfen. Manchmal auch mit grossen und kleinen Erfolgen.
So haben die Frauen in Argentinien durch ihren wiederkehrenden Massenmobilisierungen das Recht auf Abtreibung bis zur 14.Schwangerschaftswoche durchgesetzt. In Polen füllen die gegen die reaktionäre Regierung und gegen die Verschärfung des Abtreibungsverbots kämpfenden Frauen seit Monaten die Strassen und Plätze trotz massiver Hetze gegen sie. Jahr für Jahr können wir von den kämpfenden Frauen in Kurdistan lernen, die ihre Selbstverteidigung organisieren gegen Krieg, Faschismus, Fundamentalismus und gegen patriarchale Strukturen.
Der Krise unsere Solidarität und Selbstorganisation entgegensetzen! Frauen bildet Banden!

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