«Wir sind alle Chaot:innen!»

lmt. «Wir sind alle Chaot:innen!»Eine Initiative der Jung-SVP würde bei einer Annahme schwerwiegende Konsequenzen haben. Friedliche Demonstrant:innen und Aktivist:innen würden kriminalisiert und mit horrenden Kosten konfrontiert werden. Dagegen gründeten sich zwei Nein-Komitees.

Der 3.März rückt immer näher und so befinden sich auch die Abstimmungskämpfe in ihrem Endspurt. Es ist wohl kein Geheimnis, dass an jenem 3. März Volksbegehren zur Abstimmung kommen, welche entscheidende Auswirkungen auf die Bevölkerung haben werden. » Weiterlesen

Remigration?

dom. Eine Remigration, wie sie der identitäre Martin Sellner und die rechtsextreme AfD vorschlagen, geht der NZZ zu weit. Ihre eigenen Vorschläge sind aber auch nicht besser: Olaf Scholz soll jetzt «endlich im grossen Stil abschieben».

Es war einer der ersten grossen Aufreger des neuen Jahres: Ende November 2023 hatten sich AfD-Mitglieder, Unternehmer:innen und der Chef-Ideologe der österreichischen Identitären Bewegung Martin Sellner in einem Landhaus bei Potsdam versammelt.

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Man tut, was man kann

dom. Man sollte sich von schönen Worten wie «Friedensformel» oder «Wiederaufbau» nicht täuschen lassen. Das, wofür sich die Schweizer Regierung im Ukraine-Konflikt zurzeit einsetzt, hat mit einer friedlicheren Welt nur wenig zu tun.

Für eine neutrale Friedensstifterin wie die Schweiz seien Waffenlieferungen kein Thema, meint Viola Amherd in der SRF-Arena, «jedes Land tut, was es kann», und die Schweiz sei «immer schon stark gewesen im humanitären Bereich».

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Die Stadt Zürich und «ihre» Spanienfreiwilligen

Der Zürcher Genosse Otto Brunner führte im spanischen Bürgerkrieg als Kommandant das Bataillon Tschapajew an. Bild: wikipedia

sit. Wie war der Umgang der Stadt Zürich mit jenen, die im spanischen Bürgerkrieg gegen den Faschismus gekämpft hatten? Zu dieser Frage gibt es – dank eines Postulats der AL-Gemeinderäte David Garcia Nuñez und Andreas Kirstein – einen Bericht, der auch Einblicke in die Lebenssituation der Betroffenen ermöglicht.

«Diejenigen, die in die Schweiz zurückkehrten, wurden von der Militärjustiz zu unterschiedlich langen Haftstrafen verurteilt, die von wenigen Monaten bis zu zwei Jahren reichten. Hinzu kam die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenhaftigkeit für eine ebenfalls variable Dauer von einem Jahr bis zu fünf Jahren», ist im Bericht über das Rechercheprojekt «Zürich und die Spanienfreiwilligen» zu lesen. Die Rede ist von jenen Schweizer Frauen und Männern, die von 1936 bis 1939 im spanischen Bürgerkrieg auf der Seite der Republikaner:innen kämpften.

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Kein persönliches Problem!

sit. AL-Gemeinderat David Garcia Nuñez ist Mitunterzeichner des Postulats, das zu einem Bericht über die Zürcher Spanienkämpfer:innen führte. Im Interview mit dem vorwärts erklärt Nuñez, warum es auch ein Kampf gegen Ignoranz ist.

David, was war der Grund, der Auslöser für das Postulat?
Der konkrete Auslöser war ein sehr banaler: Ein SVP-Exponent meinte im Rat, dass die Geschichte der Spanienkämpfer:innen mein persönliches Problem sei. Denn kein Mensch in Zürich würde sich zwischenzeitlich für dieses Thema interessieren. Das führte zu einer vertieften Recherche zu diesem Thema, indem ich Bücher darüber las und mich tatsächlich mit meiner Vergangenheit konfrontierte. Ich erinnerte mich an eine Szene, kurz nach meiner Ankunft in der Schweiz (1986). Eine der ersten Personen, denen ich im Glarnerland begegnete und die Spanisch sprach, war ein alter Mann, Pablo. Als Kind hätte ich mich gerne in meiner eigenen Sprache mit ihm unterhalten. Aber diesen Mann umgab eine Hülle des Schweigens, welche nicht von ihm, sondern von den anderen ausging. Auch als Neuankömmling war für mich klar: Mit dieser Person spricht man nicht. Den Grund erfuhr ich später: Pablo war ein ehemaliger Spanienkämpfer und damit ein «Verrückter», ein «komischer Kauz», ein «Aussätziger».
Ich sprach auch mit verschiedenen Personen in der Verwaltung und mit dem Stadtrat. Hierbei wurde Folgendes schnell klar: Um die Erinnerung an die Spanienkämpf-er:innen in unserer Stadt zu verbessern, braucht es keine weitere «Erinnerungsplakette», wie sie am Volkshaus und am Theater Neumarkt bereits angebracht sind. Denn trotz dieser gab und gibt es Ignorant:innen, welche die Spanienkämpfer:innen als «persönliches Problem» von AL-Exponent:innen erachten. Daher entstand die Idee, einen Bericht zur sozialen Situation der Betroffenen zu verlangen.

Entspricht der Bericht deinen Erwartungen?
Ja und Nein. Der Bericht ist fachlich ausserordentlich gut gemacht. Er zeigt in eindrücklicher Weise, wie «intersektional» die Diskriminierung dieser Personen stattfand. Manchmal wurden sie aufgrund ihres Kriegsengagements diskriminiert. Das mischte sich aber mit der Tatsache, dass sie als «Kommunist:innen» oder «linke Revolutionär:innen» betrachtet wurden, was damals ein Stigma per se darstellte. Zudem kam die übliche Ablehnung von Menschen, die teilweise in tiefster Armut leben mussten oder psychische Auffälligkeiten aufwiesen. Zu den Schattenseiten des Berichts: Ich hätte mir erhofft, dass die Stadt über mehr Quellen zu den Spanienkämpfer:innen und ihren Angehörigen verfügt. Insbesondere über die Situation ihrer Lebenspartner:innen und der Kinder wurden kaum Informationen gefunden. Es macht den Anschein, dass sie im wahrsten Sinne des Wortes ein Schattendasein führten, das von der Geschichte der Rückkehrer:innen dominiert wurde. Ich teile diese Meinung allerdings nicht. Die Partner:innen, die Familienangehörigen, die in Zürich blieben, waren vor, während und nach dem Krieg nicht untätige Zuschauer:innen.

Was ist deine Einschätzung zum Bericht?
Der Bericht ist in seiner bescheidenen Form sicher nicht schlecht. Er ist ein Anfang und zeigt trotz seiner Kürze auf eindrückliche Weise auf, wie die Spanienkämpfer:innen formell und informell, direkt und indirekt und in multiplen Arten und Weisen diskreditiert und diskriminiert wurden. Die ominöse «Schwarze Liste der Spanienkämpfer:innen» wurde zwar nicht gefunden. Damit haben wir auch nicht gerechnet. Diskriminierung findet immer subtilere Wege, um sich zu entfalten. Besonders in der damaligen Gesellschaft, die viel mehr auf persönlichen Beziehungen und dem helvetischsten aller politischen Konstrukte, dem bürgerlichen Filz, basierte. Gleichzeitig sind wir froh zu lesen, dass die Stadt Zürich die Spanienkämpfer:innen nicht systematisch ausschloss, sondern sich in vielen Fällen für sie eingesetzte. Wobei die Frage offen bleibt, ob die Unterstützung im zu erwartenden Umfang stattfand oder ob diesen Menschen nicht mehr geholfen worden wäre, wenn ihnen ihr schlechter Ruf nicht vorausgeeilt wäre.

Wie geht es jetzt weiter?
Der Bericht wird in der Kommission des Präsidialdepartements besprochen. Hier wird eine politische Wertung der Befunde stattfinden. Ich hoffe natürlich darauf, dass bei dieser Datenlage die Kommission sich bewusst wird, dass die Diskriminierung der Spanienkämpfer:innen und ihrer Angehörigen mehr als ein «isoliertes» oder «persönliches» Problem war. Ebenfalls wird zu besprechen sein, inwiefern sich die Stadt Zürich die Mühe machen sollte, Daten aus den Quellen, die bisher nicht besichtigt wurden, zu sammeln. Ich bin davon überzeugt, dass es noch viel Wissen zu dieser Sache zu entdecken gibt.

Verschoben, nicht aufgehoben

sah. Im Juli 2023 wurde die Asylpraxis für afghanische Frauen geändert: Sie erhalten neu Flüchtlingsstatus. Diese Errungenschaft wird nun von rechten Parteien angegriffen, die Behandlung deren Vorstosses im Parlament aber vertagt. Es gilt wachsam zu sein.

Die Schweiz hat die rechtliche und humanitäre Verpflichtung, Menschen vor Verfolgung zu schützen. Es gibt viele Menschenrechtsverletzungen auf der Welt und daher ist die Verpflichtung gross. Seit die Taliban 2021 wieder die Macht in Afghanistan übernommen haben, ist die Menschenrechtslage insbesondere für Frauen und Mädchen dort mehr als schwierig.

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Wieder Gewalt an LL-Demo

Verhaftung an der LL-Demo vom 2024

Edgar Grylewicz. Für die Linke im deutschsprachigen Raum ist es traditionell eine der wichtigsten Demonstrationen des Jahres. Und eine der grössten! Doch auch die Polizei in Berlin scheint eine Tradition zu pflegen. Im Gegensatz zu uns geht es bei ihr aber nicht um Befreiung und Solidarität, sondern Gewalt und Repression.

Totgesagte leben länger! Das könnte man zumindest meinen, wenn man sich jedes Jahr die Demonstration anlässlich der Ermordung der Revolutionär:innen Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht durch reaktionäre Freikorps am 15.Januar 1919 anschaut.

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Ostentatives solidarisieren

Gaston Kirsche. In Hamburg begann der Prozess gegen fünf Aktivist:innen, die 2017 bei den Protesten gegen den G20-Gipfel in Hamburg verhaftet wurden. Die Hamburger Staatsanwaltschaft versucht verbissen, sie als unpolitische, gewaltgeile Hooligans zu verurteilen.

«Solange auf einen Prozess zu warten, macht was mit dir als Angeklagtem», erklärt Nils Jansen morgens vor dem imposanten Hamburger Strafjustizgebäude. Nils Jansen ist einer von fünf Angeklagten, die sich vor der 12.Strafkammer des Landgerichts Hamburg für die Teilnahme an einer Demonstration am 7.Juli 2017 gegen den G20-Gipfel durch die Strasse Rondenbarg im Hamburger Stadtteil Altona verantworten müssen. » Weiterlesen

«Ja, die sollen nur kommen, wir ziehen sie gleich ab»

Der Gasthof «Zum Hirschen» war eine klassische «Büezerbeiz» jener Jahre.

flo. Vor 90 Jahren, im Januar 1934, wurde eine Versammlung von Schweizer Frontist:innenen, die sich in Winterthur treffen wollten, von Werktätigen und linkspolitisch Organisierten aus der Stadt gejagt. Was geschah aber damals bei den Gasthäusern Freihof und Hirschen, und was kann unsere Klasse heute daraus lernen?

Der Donnerstag, 25.Januar 1934, war ein hektischer Tag in der sonst eher beschaulichen Arbeiter:innenstadt Winterthur mit seinen damals etwas über 50000 Einwoh-ner:innen. Über Nacht waren in der Stadt Zettel der Nationalen Front aufgetaucht. Die sogenannten Fronten riefen zur Versammlung im roten Töss, wie man das Winterthurer Arbeiter:innenquartier im Süden der Eulachstadt allenthalben nannte.

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EFAS versenken!

sit. Das Parlament hat im Dezember 2023 die sogenannte EFAS-Reform verabschiedet. Die Krankenkassen bekommen mehr Macht, die Arbeitsbedingungen des Personals im Gesundheitswesen verschlechtern sich. Die Gewerkschaft VPOD ergreift das Referendum.

EFAS? Die vier Buchstaben stehen für die «einheitliche Finanzierung der ambulanten und stationären Leistungen». 14 Jahre lang brauchte das Parlament, um das EFAS-Dossier abschliessen zu können. So lange schlug er sich mit der Frage herum: Wer soll welchen Anteil an den stationären Leistungen und an der Langzeitpflege bezahlen? Am 22.Dezember 2023 beantwortete das Parlament die Frage. Und zwar so, dass die Prämienzahler:innen und das Personal im Gesundheitswesen die Leidtragenden der Reform sind. Dieser Ansicht ist auch die Gewerkschaft VPOD, die das Referendum gegen die Vorlage ergriffen hat. In der Mitteilung des VPOD zu seiner Medienkonferenz vom 12.Januar ist zu lesen: «Nein zu EFAS – einem unsozialen Projekt, das die Krankenkassenprämien erhöhen, die Arbeitsbedingungen der Pflegenden verschlechtern und die Qualität der Pflege beeinträchtigen wird.» » Weiterlesen

Kein ruhiges Hinterland

flo. Auch dieses Jahr verwandeln die Mächtigen und die Classe Politique Davos in etwas, was wie ein schlechter Film aussieht: Polizeisperren, Luftabwehr, Scharfschützen auf den Hoteldächern. An Proteste gegen den Bonzentreff im Schnee wird es auch heuer nicht fehlen.

Wir da, sie dort: Am Wochenende vom 13. und 14.Januar kamen in Berlin Tausende Kommunist:innen erst bei der Rosa-Luxemburg-Konferenz, dann bei der Lenin-Liebknecht-Luxemburg-Demonstration zusammen. Dies, um zu diskutieren, Strategien gegen den Kapitalismus und den Imperialismus zu entwickeln, sowie um gegen dieses System und Kriege zu demonstrieren. » Weiterlesen

Betteln verboten!

dom. Es ist Winter, es ist kalt. Doch Bettler:innen haben zurzeit nicht nur mit tiefen Temperaturen, sondern auch mit der Ausbreitung sozialer Kälte zu kämpfen. Der wahre Charakter einer Gesellschaft zeigt sich am eindrücklichsten im Umgang mit ihren Schwächsten – und auf die wird gerade scharf geschossen.

Sandra Schneider hat ein Problem. Die Opfer ihrer Politik sind sichtbar, die Ausgegrenzten des Systems, für das sich die Bieler SVP-Grossrätin so leidenschaftlich einsetzt, schlagen zurück – und zwar auf die brutalste Art: Sie betteln. Ja, es ist ein Jammer. Die arme Sandra kann kaum mehr ungestört durch die Berner Einkaufsmeile bummeln, ohne von Verbrecherbanden und Bettel-tourist:innen belästigt zu werden.

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Den Teufelskreis stoppen

Medienkonferenz der Gewerkschaft VPOD am 12. Jan. 24

sit. Die Gewerkschaft VPOD ergreift das Referendum gegen die EFAS-Reform, weil sie auch die Arbeitsbedingungen im Gesundheitswesen verschlechtert. Im Nationalrat hat die SP der Reform zugestimmt, jedoch hat der Parteitag das Schlusswort.

«Mit EFAS drohen die Prämien und Kostenbeteiligungen noch stärker zu steigen, weil viele Kosten weg von den Kantonen hin zu den Prämienzahlenden verschoben werden», informierte die Gewerkschaft VPOD an ihrer Medienkonferenz vom 12.Januar in Bern. » Weiterlesen

Smash WEF

sit. Die Proteste gegen das WEF sind nicht ganz verstummt, auch wenn sie in den letzten Jahren an Kraft und Breite immer mehr verloren haben. In Davos und Zürich kam es in diesen Tagen zu Kundgebungen und Demonstrationen gegen das Treffen der Mächtigen und Reichen.

Es gab Zeiten, so zu Beginn der 2000er-Jahre, als die Proteste gegen das Treffen der Supermächtigen im idyllischen Davos breite Teile der linken Kräfte mobilisierte: Von den Gewerkschaften, über Parteien und Bewegungen wie ATTAC bis hin zu radikalen, ausserparlamentarischen Organisationen riefen dazu auf, nach Davos zu gehen, um die Gegenstimme laut zu erheben.

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Enteignen!

sit. Pünktlich zum Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos veröffentlicht die Organisation Oxfam jeweils ihre Ungleichheitsstudie. Gefordert wird eine Besteuerung der Megakonzerne und der Superreichen. Das ist richtig, reicht aber bei Weitem nicht aus.

Die Zahlen und somit die Fakten, die Oxfam veröffentlicht hat, zeigen nichts Neues. Doch genau das ist das Problem und muss daher immer wieder genannt und bekämpft werden. Weltweit übersteigen die höher werdenden Lebenshaltungskosten das Einkommen, wodurch Hunderte Millionen Menschen jeden Monat um ihr Auskommen kämpfen müssen. 4,8 Milliarden sind ärmer als 2019 und auch die Kluft zwischen Ländern des Globalen Nordens und Südens hat sich erstmals seit 25 Jahren vergrössert.

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Auf zum historischen GAV

sit. Die Gewerkschaft VPOD ruft dazu auf, sich am Prozess für einen Gesamtarbeitsvertrag für die Stadtzürcher Kitas zu beteiligen. Es geht auch darum, Forderungen des feministischen Streiks umzusetzen.

«Hallo historisch», dann folgt ein sogenanntes Emoji einer Baby-Rassel. So beginnt die WhatsApp-Nachricht, die aufruft, an der ersten Versammlung für einen Gesamtarbeitsvertrag (GAV) für die Stadtzürcher Kitas teilzunehmen. Dann ist zu lesen: «Wir wollen, dass er (der GAV) bahnbrechend wird und die Arbeitsbedingungen der Kitas nachhaltig verbessert.» Dies gehe aber nur, wenn «möglichst viele Kita-Mitarbeitende am Prozess mitbeteiligen.» Unten dann der Link auf die Seite der Gewerkschaft VPOD, die zum Treffen aufruft. » Weiterlesen

Der Aufstand lohnte sich

lmt. Die von der Finanzministerin Karin Keller-Sutter vorgesehene Streichung der Präventionsgelder für die nationale Kampagne gegen häusliche und sexuelle Gewalt ist dank grossem Engagement gescheitert. Der vorwärts blickt auf die Geschehnisse zurück.

«Unerhört! Keller-Sutter streicht den Präventionskampagnen gegen Gewalt sämtliche Gelder. Für uns ist klar; das nehmen wir nicht hin», teilten die SP Frauen Ende November auf X, ehemals Twitter, mit. Das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) konterte mit einem eigenen Post: «Das sind Fake News. Dem Eidgenössischen Büro für Gleichstellungsfragen stehen auch künftig drei Millionen Franken für derartige Kampagnen zur Verfügung.» Darauf antwortete Tamara Funiciello: «Diese drei Millionen sind für die Umsetzung der Instanbulkonvention vorgesehen und Mittel für Drittorganisationen und nicht für eine Kampagne des Bundes, wie das von den Motionärinnen verlangt wurde.» » Weiterlesen

Zur Bundesratswahl

Bei der Wahl zur Nachfolge von Bundesrat Alain Berset gibt es drei Gewinner:innen: Erstens Beat Jens, der gewählt wurde. Zweitens die Stadtbasler:innen, die aus Freude die Kirchenglocken 15 Minuten lang läuten liessen. Und drittens die Bürgerlichen, die ein Machtspiel gewonnen haben. Aber der Reihe nach.

Kaum ist das Resultat des erstens Wahlgangs für den frei werdenden Sitz von Alain Berset bekannt, stürzt sich die SP Co-Fraktionschefin Samira Marti ans Redner:innenpult. Sie ist offensichtlich wütend, ziemlich wütend sogar. «Ich bitte Sie, einen der offiziellen Kandidaten zu wählen!», sagt sie und hat Mühe, das Zittern in ihrer Stimme zu unterdrücken. Das Ticketsystem sei ein historisch gewachsener Kompromiss. Dann der Appell, der aber mehr einem frommen Wunsch gleicht: «Es gehört zum guten Ton, dass sich die Bundesversammlung daran hält.» Der Kurzauftritt von Marti beweist: Gross sind Anspannung, Wut und Nervosität in der Fraktion der Sozialdemokrat:innen.
Der Grund sind die 63 Stimmen, die Daniel Jositsch bekommen hat, dessen Namen bekanntlich nicht auf dem SP-Regierungsticket steht. Er liegt zwar klar hinter Beat Jens (89) zurück, aber deutlich vor Jon Pult (49), dem zweiten Namen auf dem SP-Ticket. Die Botschaft aus dem bürgerlichen Lager an die SP ist klar: Wir wählen den, den ihr auf keinen Fall wollt. Und was tut der direkt betroffene Jositsch? Nichts. Stoisch sitzt er auf seinem Stuhl und verzieht keine Miene – was die Nervosität und Anspannung von Marti und ihren Ratskolleg:innen kaum mildert.

Es kommt zum zweiten Wahlgang: Jens 112 Stimmen, Jositsch 70, Polt 54. Wieder liegt Jositsch klar vor Polt. Spätestens jetzt begreifen alle Sozialdemokrat:innen im Saal, dass die Wahl des neuen Bundesrats zu einer bürgerlichen Machtdemonstration wird: Die Anzahl Stimmen für Jositsch im zweiten Wahlgang ist der Beweis dafür. Und was macht Jositsch? Erklärt er den Verzicht auf die Wahl, so wie es seine Genoss:innen von ihm erwarten? Nein. Er bleibt sitzen, stoisch, und erweckt bei allen den Eindruck, dass selbst der Teufel ihn nicht dazu bewegen könnte, ans Redner:innenpult zu treten, um seinen Wahlverzicht zu erklären.
Der Rest ist Formsache: Im dritten Wahlgang wird mit 134 Stimmen Beat Jens zum neuen Bundesrat gewählt. Und Jositsch liegt mit 68 Stimmen wieder vor Pult (43).

Die SP fühlt sich – nicht ganz zu Unrecht – von den Bürgerlichen betrogen, genauer von der SVP und der FDP. Beide Parteien hatten im Vorfeld der Wahl beteuert, sich an die Wahlvorschläge der SP zu halten – haha. Trotzdem hatte das Versprechen zu einer Erleichterung bei der SP-Fraktion geführt, denn ihr primäres Ziel hiess: Jositsch verhindern. Um es zu erreichen, sabotierte sie ihren wichtigsten Bündnispartner im Parlament, die Grünen. Diese hatten mit Gerhard Andrey den Sitz des FDP-Bundesrates Ignazio Cassis angegriffen. Sie scheiterten dabei kläglich, unter anderem, weil die ganz grosse Mehrheit der SP-Fraktion für den FDP-Mann stimmte. Die Botschaft der SP an die Bürgerlichen hätte nicht klarer sein können: Wir halten uns «an den guten Ton», um es mit den Worten ihrer Co-Fraktionspräsidentin zu sagen. Genützt hat es nichts. Im Gegenteil: Das Verhalten der SP brachte bei den Grünen die Wut zum Kochen. Parteipräsident Balthasar Glättli wirft der SP in einem Interview mit dem Tagesanzeiger «fehlende Solidarität», ja gar «Verrat» vor. Glättli: «Die SP hat ihre Seele dem Machtkartell verkauft.» Kann man ihm Unrecht geben?

Die Sozialdemokrat:innen haben nun einen Bundesrat, der ihnen lieb ist und sie auch vorgeschlagen haben, wobei letzteres besonders wichtig für sie zu sein scheint. Sie zahlen dafür aber einen sehr hohen Preis, denn das Machtspiel der Bürgerlichen ist rundum aufgegangen – sie gehören zu den wahren Gewinner:innen dieser Bundesratswahl. Sie haben es geschafft, einen tiefen Keil zwischen Grüne und SP zu schlagen, der nicht so schnell wieder entfernt werden kann. Aber vor allem haben sie der SP unmissverständlich klargemacht, wer der Herr im Hause Parlament ist. Ganz im Sinne von: Wir brauchen euch nicht und ihr seid eine Minderheit, vergesst es nicht. Und dass die SP spätestens jetzt ein gröberes «Jositsch-Problem» im Hause hat, trägt auch zum schelmischen Lächeln der SVP und FDP bei. Das «Jositsch-Problem» wird die SP in Zukunft einiges an Zeit und Nerven kosten – ausser Jositsch verlässt die Partei, womöglich in Richtung GLP, was der SP auch sauer aufstossen würde.
Als wäre all dies nicht schon genug, hat sich auch noch die Juso zu Wort gemeldet. «Raus aus dem Bundesrat, rein in die Opposition!», fordert der Nachwuchs von der Mutterpartei. Wahrlich: Die SP hat auch schon eine friedlichere und ruhigere Weihnachtszeit verbracht.

Siro Torresan

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