Referendum gegen biometrische Pässe eingereicht

Über die Einführung von biometrischen Pässen kommt es wahrscheinlich zu einer Volksabstimmung. Das überparteiliche Komitee von Gegnern hat gestern in Bern 55’000 Unterschriften für ein Referendum dagegen eingereicht.

Die Unterschriftenkartons wurden um 17.30 Uhr bei der Bundeskanzlei in Bern überreicht. Um 18 Uhr lief die Frist für die Einreichung ab.

Robert Devenoges, der Sprecher des „Überparteilichen Komitees gegen biometrische Schweizer Pässe und Identitätskarten“, hatte zuvor auf Anfrage keine genaue Zahl angeben können. „Wir wurden in den vergangenen Stunden so überrannt, dass wir die Unterschriften selber gar nicht mehr aufnehmen konnten.“

Die Übergabe der Unterschriften bedeutet zwar nicht, dass das Referendum unter Dach und Fach ist. Damit das Referendum zu Stande kommt, muss die Kanzlei die Unterschriften zuerst prüfen und das Erreichen von 50’000 gültigen Unterschriften bestätigen. Ein allfälliger Abstimmungstermin ist noch offen. Das erste mögliche Datum ist nach Angaben der Bundeskanzlei der 17. Mai 2009.

Unterstützung für Rettungsplan der Gewerkschaften

Die Angestellten der Zellulosefabrik Atisholz in Luterbach SO wollen die vom norwegischen Borregaard/Orkla-Konzern angekündigte Schliessung nicht kampflos hinnehmen. An einer sehr gut besuchten Betriebsversammlung beschlossen sie am Donnerstagvormittag nahezu einstimmig, zusammen mit den Gewerkschaften Unia und SPV gegen das rücksichtslose «Todesurteil» und für die Erhaltung der 440 Arbeits- und Ausbildungsplätze zu kämpfen.

Die Mitarbeitenden fordern den Rückzug des Schliessungsentscheids, die Verlängerung der Konsultationsfrist bis 31. Januar 2009 und die sofortige Aufnahme von Sozialplan-Verhandlungen. Die Unia präsentierte an der Versammlung bereits erste Projekte eines Rettungsplans für die Erhaltung der 440 Arbeits- und Ausbildungsplätze.

«Wir lassen uns nicht mit einer menschenverachtenden Politik der fertigen Tatsachen abspeisen», rief der Unia-Branchenverantwortliche Corrado Pardini die Belegschaft zum Widerstand auf. Pardinis Forderung: «Borregaard muss unverzüglich an den Verhandlungstisch sitzen und alle Unterlagen offenlegen, die für die Erarbeitung und Prüfung alternativer Lösungen erforderlich sind.» Dabei wird die Unia auch vom Schweizerischen Papier- und Kartonarbeitnehmerverband (SPV) unterstützt.

Pardini verwies an der Betriebsversammlung zudem auf zwei konkrete Alternativ-Projekte («Hefe Süd» und «Austria»), welche von Kadermitarbeitern der Borregaard entwickelt und vorangetrieben werden. Mit diesen Projekten könnten nahezu die Hälfte der bedrohten Arbeitsplätze gerettet werden. Diese Pläne verdienen eine echte Chance und dürfen nicht durch eine überstürzte Schliessung zunichte gemacht werden.

Die Borregaard-Belegschaft in Luterbach verlangt daher eine Verlängerung der Konsultationsfrist bis Ende Januar 2009. Zudem müssten die Borregard-Mitarbeitenden mit einer Durchhalteprämie im Betrieb gehalten werden. Gefordert werden Lohnzuschläge von 50 % ab Oktober, 100 % ab Dezember und 150 % ab Januar. Mit Blick auf die fälligen Sozialplanverhandlungen verlangt die Belegschaft zudem die Offenlegung der Zahlen der Wohlfahrtstiftung. «Die Gelder, mit denen uns die Direktion billig abspeisen will, gehören sowieso uns» heisst es in der Entschliessung der aufgebrachten Belegschaft.

EURO 08: Grundrechte-Bilanz liegt vor

Gemäss grundrechte.ch vorliegenden Angaben sind während der EURO 08 nicht – wie die Verantwortlichen in ersten Bilanzen behauptet haben – 550 sondern 1000 Personen festgenommen oder  verhaftet worden.

Diese und zahlreiche weitere Informationen sind in der Auswertung des Beobachtungs- und Rechercheprojekts, das grundrechte.ch anlässlich der Euro lanciert hatte enthalten. Die fundierte Bilanz der Einschränkung von Grundrechten während der EURO 08 erscheint als Beilage der WOZ-Ausgabe vom 2. Oktober.

Ein offensichtliches Fazit aus Grundrechte-Sicht ist, dass die Polizei und die Sicherheitsdienste gegenüber ausgelassenen ausländischen EURO-Fussballfans eine wesentlich grössere Toleranz zeigten als gegenüber „einheimischen“ BesucherInnen oder anlässlich von Kundgebungen und schweizerischen Club-Fussballspielen. Die zahlreichen, bei grundrechte.ch und anderen Basisgruppen eingegangenen Erlebnisberichte zeigen die Zwiespältigkeit polizeilicher Gastfreundschaft eindrücklich auf. In diesem Zusammenhang setzt grundrechte.ch ein grosses Fragezeichen hinter die von diversen Polizeien nun geltend gemachten Überstunden.

grundrechte.ch fordert nun die Verantwortlichen in der Politik auf, genau zu prüfen, in wie weit Teile dieser Überstunden nicht hausgemacht sind – zum Beispiel anlässlich der unverhältnismässigen Polizeiaktionen im Vorfeld der EURO 08, die von der Polizei selbst als Euro-Testaktionen bezeichnet wurden (Grosseinsätze und flächendeckende Festnahmen von unbeteiligten oder friedlich demonstrierenden Personen in Basel, Bern, Luzern etc.) oder durch unnötige Personenkontrollen abseits jeglicher Euro-Fanmeilen.

„Das Casino schliessen!“

Mit einer symbolischen Blockade der Frankfurter Börse unter dem Motto „Das Casino schliessen!“ haben Aktivistinnen und Aktivisten des globalisierungskritischen Netzwerkes Attac und seiner Jugendorganisation Noya für eine echte Regulierung der Finanzmärkte demonstriert und einen entsprechenden Forderungskatalog von Attac vorgestellt.

„Wenn Merkel und Steinbrück uns jetzt glauben machen wollen, diese Jahrhundertkrise sei eine rein amerikanische Krise, dann ist das lächerlich. Die Krise hat ihren Ursprung in der neoliberalen Deregulierung der Finanzmärkte. Und die wurde in Deutschland genauso betrieben wie in den USA“, sagte Stephan Schilling, Finanzmarktexperte im Attac-Koordinierungskreis. In den USA müssten nun die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler hunderte Milliarden Dollar aufbringen, um den Zockern an der Wall Street aus der Misere zu helfen. Doch damit nicht genug: Die Finanzmarktkrise drohe die Weltwirtschaft mit sich nach unten zu reißen, der zu erwartende massive Einbruch der Realwirtschaft könne hunderttausende Arbeitsplätze kosten. „Die Banken haben mit ihrer Zockerei den Zusammenbruch des gesamten ökonomischen Systems riskiert – aktiv befördert von einer Politik der systematischen Deregulierung. Damit muss Schluss sein. Es ist Zeit, das Casino zu schließen“, stellte Stephan Schilling klar.

Attac forderte Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesfinanzminister Peer Steinbrück auf, sich endlich wirksam für verschärfte Finanzmarktgesetze einzusetzen. Zwar rede auch Merkel auf einmal von Regulierung, dahinter verberge sich aber der altbekannte wachsweiche Appell nach mehr Transparenz und Selbstdisziplin der Finanzakteure. So betonte die Kanzlerin am Montag beim Unternehmertag der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, es müsse „nicht immer gleich ein neues Gesetz geben“, sofern die Wirtschaft bereit sei, „bestimmte Regeln für sich selbst zu akzeptieren“. Dazu Attac-Finanzmarktexperte Detlev von Larcher: „Das ist ein schlechter Witz. Wer jetzt noch auf freiwillige Selbstverpflichtungen derjenigen setzt, die uns das Desaster eingebrockt haben, hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Was wir jetzt brauchen, ist neues Finanzsystem. Die Vorschläge dafür liegen längst auf dem Tisch.“

In dem vorgelegten Massnahmenkatalog fordert Attac

  • die Einführung eines effektiven Finanzmarkt-TÜVs, der neue Produkte standardisiert und prüft, bevor diese gehandelt werden dürfen,
  • einen speziellen Krisenfonds, dessen Kosten die Finanzmarktakteure selbst tragen,
  • wirtschaftliche Sanktionen gegen Steueroasen sowie
  • eine Finanztransaktionssteuer auf europäischer Ebene, um die Spekulation zu reduzieren und die Kurzfristorientierung der Finanzmärkte zu schwächen.

Zeitgleich zu der Blockade der Frankfurter Börse demonstrierten Mitglieder des europäischen Attac Youth Network auch vor den Börsen in Paris, Helsinki, London und Oslo.

Bürgerinnen und Bürger, die den Attac-Forderungskatalog unterstützen möchten, können sich an einer E-Mail-Aktion beteiligen http://www.casino-schliessen.de/aktuell/casino-schliessen/deine-stimme/

„Das Ende der letzten Staatspartei“

Die CSU ist zum 16. Landesverband der CDU geworden. Ein Jahr nach ihrer Gründung hat DIE LINKE einen engagierten Wahlkampf geführt aber leider den Einzug in den Bayerischen Landtag nicht geschafft. Fragen an Dietmar Bartsch, Bundesgeschäftsführer der LINKEN.

Das erste Wahlkampfziel – 50 Prozent minus x für die CSU – hat die LINKE erreicht. Das zweite – den Einzug in den Landtag – offenbar nicht. Gemischte Gefühle?
Auch wenn wir leider höchstwahrscheinlich nicht in den bayerischen Landtag einziehen können, war gestern für uns dennoch ein guter Tag. Wir haben den Trend des Zuwachses erhalten. Zur Bundestagswahl 2005 erreichte die LINKE in Bayern 3,4 Prozent, jetzt liegen wir deutlich über vier Prozent. Für Große Koalition und CSU ist das Ergebnis ein Desaster. Die CSU ist zum 16. CDU-Landesverband geworden. Wir sind Zeuge vom Ende der letzten Staatspartei.

Welche Folgerungen sehen Sie für die Große Koalition?
Ein weiteres Mal nach Hessen, Niedersachsen und Hamburg haben beide Parteien verloren – in Bayern fast 20 Prozent. Ich habe die große Sorge, dass die Große Koalition nun gar nicht mehr handelt. Im Prinzip ist gestern das Ende der Großen Koalition eingeläutet worden. Der Schwielowsee hatte für die SPD keinen Effekt, weil den Wählern das Auswechseln von Köpfen nicht reicht – die Politik muss verändert werden.

Bayern ist für die LINKE nach wie vor schwieriges Terrain oder?
Wir hatten es im Wahlkampf nicht leicht und haben trotz des ausgerufenen Kreuzzuges zulegen können. Fest steht: Die Bayern haben entschieden, dass sie als Letzte eine Linksfraktion bekommen. Sie sehen die linke Erfolgsserie im Westen nicht unterbrochen? Nein – auch wenn wir unser Ziel, in den Landtag einzuziehen, nicht geschafft haben.

Fragen: Gabriele Oertel, Neues Deutschland

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