Die Lohnschere öffnet sich weiter

Der vom Finanzsektor ausgelöste wirtschaftliche Einbruch ist noch keineswegs überwunden – aber schon öffnet sich die Lohnschere zwischen den Top-Gehältern und den Mindestlöhnen in den grössten Schweizer Unternehmen beziehungsweise Branchen erneut.

Dies zeigt eine alljährlich bei den 42 wichtigsten Schweizer Unternehmen durchgeführte Unia-Studie. Hauptverantwortlich für diese bedenkliche Entwicklung sind ausgerechnet die Banken und Versicherungen – allen voran die UBS, welche die Entlöhnung der Topkader gegenüber dem Vorjahr mehr als versechsfachte.

Klammert man die auch 2009 weiterhin krisengeschüttelte Schweizer MEM-Industrie und die Temporärbranche aus, ist die Lohnschere – das Verhältnis der durchschnittlichen Toplöhne zu den Minimallöhnen im jeweiligen Unternehmen – 2009 im Vergleich zum Vorjahr bereits wieder deutlich gestiegen. Sie betrug 2009 in den untersuchten Unternehmen 1:56 gegenüber 1:49 im Jahr 2008. Mit anderen Worten: Ein Topmanager verdient durchschnittlich in einer Woche mehr als die Angestellten mit den niedrigsten Löhnen im ganzen Jahr.

Die Spitzengehälter korrelieren dabei keineswegs mit hohen Firmengewinnen. Clariant, Roche, OC Oerlikon, Nestle, Sika und Holcim sind Beispiele für Firmen bei denen die Managerlöhne trotz massiven Gewinneinbrüchen gestiegen sind. Besonders krass ist das Missverhältnis von Leistung und Entlöhnung bei der UBS: Obwohl die Bank weiterhin Milliardenverluste schreibt, ist die Entlöhnung der Topkader von rund 800’000 Franken (2008) auf durchschnittlich 5,285 Millionen Franken (2009) explodiert. Und trotz «Subprime»-Krise und Fehlleistungen im Management nehmen die Bankmanager in der Gehaltsrangliste immer noch die Spitzenplätze ein – allen voran bei der CS, bei der ein Konzernleitungsmitglied im Durchschnitt über 11,4 Millionen verdient. Lohnscheren von über 1:100 sind in dieser Branche der Normalfall.

Umverteilung von unten nach oben stoppen

Nach dem krisenbedingten Einschnitt 2008 zeigt sich: Der Trend zur Lohnungleichheit ist ungebrochen. Die Umverteilung von unten nach oben geht weiter. Sie führt zu immer mehr Ungleichheit und zu grossen Ungerechtigkeiten in unserer Gesellschaft. Die Unia fordert eine Trendwende für mehr soziale Gerechtigkeit. Darum unterstützt die grösste Gewerkschaft der Schweiz die 1:12 Initiative der Jusos und lanciert selber in den kommenden Monaten eine Mindestlohninitiative, welche Lohndumping verhindern und das Niveau der Tieflöhne in allen Branchen heben soll.