ArcelorMittal: 2.000 Stahlarbeiter protestieren

Obwohl ArcelorMittal in den beiden vergangenen Quartalen Verluste von 3,7 Milliarden Dollar ausgewiesen hat, erfreuten sich die Aktionäre über Dividenden  von 1,1 Milliarden Dollar. Eine Frechheit, die wütende Proteste der ArbeiterInnen zur Folge hatte. Die Polizei schritt massiv ein.

Als 200 Couponschneider am Dienstag zur Hauptversammlung von ArcelorMittal nach Luxemburg kamen, bereiteten ihnen knapp 2’000 französische und belgische Stahlarbeiter vor dem Konzernsitz in der Avenue de la Liberté einen heissen Empfang. Wurden schon auf dem kurzen Demonstrationszug von der Rue de Hollerich zum «Rousegäertchen» unzählige Knallkörper, Rauchbomben und Magnesiumfackeln gezündet, so versuchten aufgebrachte Demonstranten, das Haupttor zu stürmen und zu den Aktionären vorzudringen. Zwar gelang es, das Türglas mit Steinen und Eisenstangen einzuschlagen, die stählerne Tür aber liess sich auch mit als Rammbock eingesetzten Absperrgittern nicht eindrücken. Nach Augenzeugenberichten warf ein Stahlarbeiter eine Rauchbombe durch ein Fenster, woraufhin sich ein nebeliger Gestank bis zum Raum der Aktionäre ausbreitete.

Massiver Einsatz der Polizei.

Die martialisch ausgerüstete und zum Teil im Gebäude verschanzte Polizei war eigenen Angaben zufolge mit über 200 Beamten im Einsatz. Aus dem ArcelorMittal-Gebäude heraus nahmen Polizisten unterschiedslos gewalttätige oder gewaltbereite wie friedliche Demonstranten ins Visier und verschossen Tränengas und Gummigeschosse. Auch Journalisten wurden von den Polizeigeschossen getroffen, dabei wurde ein Kameramann von RTL an der Hand verletzt.
Ein Stahlarbeiter aus Lüttich, der ein Absperrgitter der Polizei zu einer Leiter umfunktioniert hatte, wurde bei dem Versuch festgenommen, durch ein Fassadenfenster ins Innere des Gebäudes zu gelangen. Als sich die Situation wieder beruhigte, versuchten Gewerkschaftsvertreter, ihren festgesetzten Kollegen freizubekommen. Dazu wurde die direkte Belagerung aufgegeben und die Demonstranten zogen sich wieder hinter die zuvor binnen weniger Minuten beiseitegeräumten Absperrungen zurück. Doch die Verhandlungen schlugen fehl und die Sprechchöre «Lasst unseren Genossen frei!» verhallten ungehört. Der Eindringling wurde auf Anordnung eines im Lagezentrum der Polizei anwesenden Staatsanwalts protokolliert und über die Grenze gesetzt.

Während die deutsche IG Metall eine Solidaritätsdelegation aus dem 500 Kilometer entfernten ArcelorMittal-Werk in Bremen nach Luxemburg entsandte, um gegen die angekündigte und vollzogene Arbeitsplatzvernichtung und Kurzarbeit an den französischen Standorten Florange und Gandrange sowie in Lüttich und Charleroi in Belgien zu protestieren, beteiligte sich keine Luxemburger Gewerkschaft an der Manifestation.

Wie Konzernchef Lakshmi Mittal gestern auf der Hauptversammlung erklärte, bleibt die Stahlproduktion konzernweit bis Ende Juni um 50 Prozent gedrosselt.

Quelle: Oliver Wagner, Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek