Deutsche «Privatmiliz» gegen streikende Arbeiter in Belgien

Deutsches Unternehmen schickt Schläger über die Grenze nach Belgien. So geschehen Ende Februar im belgischen Sprimont beim deutschen Autozulieferer MEISTER-Benelux. Die belgische Arbeitsministerin De Coninck verurteilt das Vorgehen der deutschen Firma aufs Schärftste.

Im Auftrag der deutschen Firmenleitung des Autoteilherstellers Meister haben am Sonntag, 26. Februar zwei Dutzend vermummte Schläger die streikenden ArbeiterInnen eines Zweigwerks in Belgien überfallen. Die schwarz gekleideten und mit Gummiknüppeln, Baseballschlägern und Tränengasspray bewaffneten Mitarbeiter einer deutschen «Sicherheitsfirma» waren über die Grenze geschickt worden, um drei bereits mit Maschinen und Teilen beladene Lastwagen «in Sicherheit zu bringen». Die ArbeiterInnen halten das Werk in Sprimont bei Liege seit mehr als einer Woche besetzt, um gegen die Pläne des zur Poppe+Poothoff-Gruppe gehörenden Unternehmens zu protestieren, einen Teil der Produktion nach Tschechien zu verlegen und dafür zahlreiche Arbeitsplätze im belgischen Werk zu streichen.

Ermittlungen gegen «Privatmiliz»
Den am Sonntag überfallenen ArbeiterInnen gelang es, in kürzester Zeit nahezu hundert KollegInnen und FreundInnen zu mobilisieren und mit ihnen das Überfallkommando auf dem Firmengelände zu blockieren, bis die Polizei kam und die Identität der Täter feststellte. Sie wurden dann von den BeamtInnen bis zur deutschen Grenze eskortiert und abgeschoben. Die Staatsanwaltschaft von Liege hat am Montag ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Drei der überfallenen ArbeiterInnen haben ihrerseits Anzeige wegen Körperverletzung erstattet. Wie die belgische Innenministerin Joelle Milquet erklärte, haben die Mitarbeiter der deutschen Sicherheitsfirma gegen geltende belgische Gesetze über die amtliche Zulassung solcher Unternehmer verstossen und sie würden daher juristisch behandelt wie eine «Privatmiliz». Arbeitsministerin Monica De Coninck schätzt ein, dass «diese Methoden nicht hinnehmbar sind und aus einer längst vergangenen Zeit stammen».

Grosse Empörung in Belgien
Die Gewerkschaft, die energisch gegen den Überfall protestiert, kritisiert zugleich das laxe Verhalten der belgischen Polizei, die die Täter «nur zur Grenze begleitet und nicht vorläufig festgenommen und verhört» habe. Die belgischen Medien berichten seit Tagen ausführlich über diesen Überfall und geben die empörten Reaktionen vieler BelgierInnen wieder.
Durch ihre belgischen KollegInnen wurden auch deutsche GewerkschafterInnen auf den ungeheuerlichen Vorfall aufmerksam. So protestierte der erste Bevollmächtigte der IG Metall Bielefeld Harry Domnick in einem offenen Brief «aufs schärfste gegen das brutale Vorgehen von Schlägertrupps gegen streikende Gewerkschafter». Von der deutschen Firmenleitung fordert er, «sich bei den belgischen Gewerkschaftern in aller Form zu entschuldigen». Dagegen erklärte der Geschäftsführer der Gruppe Poppe+Poothoff, Rüdiger Faustmann, in einer Pressemitteilung lediglich, dass er «sehr bedauert, dass es zu diesem Konflikt gekommen ist».

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