Libyen: NATO verstärkt Kriegseinsatz am Boden

Es  ist klar, dass der Einsatz von Kampfhubschraubern nur zur Bekämpfung von Zielen am Boden dienen kann. Das hat mit der Durchsetzung einer «Flugverbotszone», wie sie ursprünglich in der einschlägigen Libyen-Resolution von UNO-Sicherheitsrat genehmigt worden ist, absolut nichts mehr zu tun. Nach dem Wortlaut der UNO-Resolution sollten westliche Flugzeuge nur eingesetzt werden, um eine «Flugverbotszone» durchzusetzen, die Gaddafis Luftwaffe an Angriffen auf die Zivilbevölkerung hindern sollte. Der Einsatz von westlichen Truppen für Kämpfe am Boden war ausdrücklich ausgeschlossen worden. Inzwischen ist die Gaddafi-Luftwaffe infolge des anhaltenden NATO-Bombadements einsatzunfähig. Bereits die NATO-Bomben auf Panzerkolonnen, Militärlager, Kraftstoff- und Fahrzeugdepots und andere Ziele am Boden waren ein Eingreifen in Kämpfe am Boden, das deutlich über die in der UNO-Resolution festgelegten Grenzen hinausging. Doch der nun praktizierte Einsatz von Kampfhubschraubern kann sich überhaupt nur gegen Bodenziele richten. Er stellt also eine weitere Eskalation des Eingreifens in den Bodenkrieg weit über den vom UNO-Sicherheitsrat genehmigten Rahmen hinaus dar.

Geheimdienstveteranen  helfen mit

Statt auf den vorliegenden Friedensplan der «Afrikanischen Union» zur raschen Beendigung der Kämpfe und zur Einleitung eines Verhandlungprozesses über demokratische Reformen in Libyen einzugehen, der vom Gaddafi-Regime akzeptiert wurde, eskaliert die NATO die Kriegsführung am Boden, die von keinerlei UNO-Beschluss gedeckt ist. Gleichzeitig gab sie am 1. Juni bekannt, dass sie ihr «Mandat» für den Libyen-Einsatz, das eigentlich Ende Juni ausgelaufen wäre, aus eigener Machtvollkommenheit bis Ende September verlängert – ohne dass der UNO-Sicherheitsrat dazu auch nur gefragt worden wäre. Die NATO-Strategen rechnen offensichtlich noch mit einer längeren Dauer des Libyen-Krieges, mindestens bis in den Herbst hinein, ungeachtet der Tausende von Todesopfern und Verletzten einschliesslich von Opfern unter der Zivilbevölkerung und ungeachtet schweren Zerstörungen der Infrastrukturen des Landes.

Es kommt hinzu, dass die Einsatzziele für die Kampfhubschrauber offensichtlich von vor Ort am Boden eingesetzten «Aufklärern» ermittelt werden. Das ergibt sich aus einer Veröffentlichung der britischen Zeitung «The Guardian» am 31. Mai unter der Überschrift: «SAS-Veteranen helfen der NATO, Gaddafi-Ziele in Misrata zu identifizieren».

SAS steht hier für «Special Air Service». Das ist eine etwa 500 Mann starke Spezialeinheit der britischen Armee, die seit Jahrzehnten weltweit zur «Aufklärung» und «Nachrichtenbeschaffung» im Einsatz ist, unter anderem im Irak, in Afghanistan und im Iran. Aber auch «operative Einsätze» wie Geisel- und Gefangenenbefreiung, Sabotageakte, «Terroristenbekämpfung» vor Ort und «verdeckte Einsätze» in anderen Ländern ohne Wissen der betreffenden Regierungen gehören zu ihren Aufgaben. Sie ist teilweise mit dem deutschen KSK («Kommando Spezialkräfte») vergleichbar.

Wie der «Guardian» schrieb, haben «gut platzierte Quellen» der Zeitung berichtet, dass «frühere SAS-Soldaten und andere westliche Angestellte von privaten Sicherheitsfirmen der NATO helfen, Ziele in der libyschen Hafenstadt Misrata zu identifizieren». Die «Spezialkräfte-Veteranen» sollen Details über Standorte und Bewegungen der Gaddafi-Truppen an das NATO-Hauptquartier in Neapel melden. Danach würden diese Ziele durch «Spionageflugzeuge» und US-«Predator»-Drohnen «verifiziert». Die so erkundeten Ziele würden dann an die Piloten der britischen und französischen Kampfhubschrauber weitergegeben. Die früheren SAS-Soldaten seien «mit dem Segen Grossbritanniens, Frankreichs und anderer NATO-Länder»  im Einsatz, die sie mit entsprechenden Kommunikationsgeräten ausgerüstet haben.

Verstoss gegen die UNO-Resolution

Der Einsatz der «Geheimdienstveteranen» wurde bekannt, weil in einem Film des Senders Al-Jazira kürzlich sechs mit Sonnenbrillen und Käppis ausgestattete «Westler» mit «britischem Aussehen» an der Frontlinie bei Misrata in Gesprächen mit «Rebellen» zu sehen gewesen waren. Auf Nachfrage verneinte das britische Verteidigungsministerium nachdrücklich, dass es in Libyen ausser zehn Militärberatern in Bengasi irgendwelche weiteren «Kräfte am Boden» im Einsatz habe. Jedenfalls würden die gesichteten «Westler» nicht von der britischen Regierung bezahlt. Inoffiziell hiess es dann, dass die SAS-«Veteranen» jetzt als «private Soldaten» für «Sicherheitsfirmen» agierten, die «von arabischen Staaten, besonders Katar» bezahlt werden.

Das in Paris ansässige Afrika-Magazin «Jeune Afrique», das die Veröffentlichung des «Guardian» am 1. Juni auf seiner Internet-Seite aufgriff, stellte im Anschluss an die Darstellung der Fakten die Frage: «Aber wer bezahlt letzten Endes diese Sicherheitsfirmen und gibt ihre Informationen an die internationale Koalition weiter?»

Es liegt auf der Hand, dass es sich um einen dürftig getarnten Einsatz von britischen «Spezialtruppen» am Boden handelt, der gegen die UNO-Resolution vestösst.

G. Polikeit

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Ein Kommentar

  • Toni

    Also die Beschreibung „Westler“ ist total rassistisch.Trommelwirbel!Jetzt die Phrase „Volker verbindet euch gegen diesen Faschismus“

    Aha auch trotz Sonnenbrillen und Käppis war das „britische aussehen“ nicht zu verbergen. Diese Aussage ist aber völlig unpräzis-hat keiner gesehen das die Leute aus der Grafschaft Essex kamen. Diese Ehtnologen haben Ihr Studim auch nicht durchgezogen.

    Und Ihr zitiert diesen Schwachsinn noch! Doppelpfui!!

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