Rückschlag für die Partei der Arbeit

sit. Die Partei der Arbeit konnte ihren Sitz im Nationalrat nicht verteidigen. Sie blieb auch sonst unter den erhofften Resultaten, vor allem in Genf und im Kanton Waadt. Der vorwärts sprach mit dem Co-Präsidenten Alexander Eniline.

Die Partei hat ihren einzigen Sitz im Nationalrat verloren. Was sind die Gründe dafür?
Als allererstes danke ich Denis de la Reussille, unserem scheidenden Nationalrat, für sein Engagement für die Partei in den letzten acht Jahren im Parlament. Der Verlust dieses Sitzes ist sehr bedauerlich. Er lässt sich leider recht einfach erklären: Im Kanton Neuenburg stehen nur vier Sitze auf dem Spiel und die Partei hatte vor Denis noch nie einen Nationalrat gestellt. Dieser Sitz war vor allem der Persönlichkeit von Denis und seiner Popularität zu verdanken, die er sich durch sein langjähriges, beispielhaftes politisches Engagement für soziale Gerechtigkeit verdient hatte und die ihn über die Parteigrenzen hinaus bekannt gemacht hatte. Dieser Faktor reichte diesmal nicht aus, auch aufgrund der Konstellation der Allianzen. Das Ergebnis der Partei war in Neuenburg dennoch gut. Das eigentliche Problem war, dass wir aus anderen Kantonen keine weiteren Nationalratssitze hatten …

Was ändert sich für die Partei jetzt nach diesem Sitzverlust?
Es ist natürlich ein schwerer Verlust: Die Partei verliert die Möglichkeit, ihre Kämpfe in die Bundesversammlung zu bringen, um dort eine linke Oppositionsstimme hörbar zu machen. Sie verliert auch eine Quelle der Legitimität gegenüber den Medien, auch wenn wir selbstkritisch festhalten müssen, dass wir diese Möglichkeiten wohl besser hätten nützen können. Aber Tatsache ist eben auch, dass mit nur einem von 200 Sitzen im Nationalrat unser Einfluss auf die getroffenen Entscheidungen so gut wie nicht vorhanden war. Besonders beunruhigend für uns ist der Sieg der SVP mit einer offen rechtsextremen, fast faschistoiden Kampagne. Dies zwingt uns, den Kampf unter noch ungünstigeren Bedingungen fortzusetzen.

In den Kantonen Genf und Waadt blieb die PdA klar unter den Erwartungen. Warum?
Zunächst ist festzuhalten, dass die Listen unserer Partei überall ausser in Neuenburg niedrige Ergebnisse erzielten; unter ein Prozent in den Kantonen Wallis, Zürich und Aargau, etwas höher in der Waadt (1,8 Prozent) und im Kanton Genf mit 2,5 Prozent, wobei es hier das Ergebnis einer Koalitionsliste ist. Und auch andere Listen, die sich als radikale Linke bezeichnen, haben etwa gleich niedrige Ergebnisse erzielt. Alle unsere Sektionen und die anderen Organisationen der radikalen Linken hatten ihre Kampagnen mit sehr unterschiedlichen Taktiken und in unterschiedlichen Kontexten geführt. Das Problem ist offensichtlich umfassender und geht über diese Kampagne und unsere verschiedenen Strategien hinaus.
Der Verlust des Sitzes der radikalen Linken in Genf ist zu einem grossen Teil auf die verschiedenen Schwierigkeiten innerhalb des Bündnisses Ensemble à Gauche (EAG) zurückzuführen, die viele Genoss:innen demotiviert und der Öffentlichkeit ein schlechtes Bild vermittelt hat. Ein weiterer gewichtiger Grund ist die Abspaltung eines Teils der früheren Führung von Solidarités, welche die Union Populaire gegründet hat. Die Liste von EAG erreichte
2,5 Prozent und die vier Unterlisten von Union Populaire gemeinsam 3,5 Prozent der Stimmen. Um aus dieser Sackgasse herauszukommen, müssen wir eine neue Strategie festlegen und den Wiederaufbau unserer Partei fortsetzen, der auf dem richtigen Weg ist, aber Zeit brauchen wird. Das Ergebnis im Kanton Waadt ist zweifellos enttäuschender als anderswo, weil die Partei dort beträchtliche Kräfte in die Kampagne gesteckt hatte und diese Anstrengungen sich kaum auszahlten. Dieses Ergebnis wird auch der Arbeit nicht gerecht, die die Genoss:innen der Waadtländer Sektion in den letzten Jahren beim Wiederaufbau ihrer Sektion geleistet haben. Es ist schwierig, eine eindeutige Ursache für dieses Ergebnis zu nennen oder zu sagen, was man hätte machen sollen. Ich denke, dass weiterhin viel Aufbauarbeit an der Basis geleistet werden muss, bevor sie sich in Form von Wahlerfolgen auszahlt.

Was muss die Partei tun, um wieder im Nationalrat vertreten zu sein?
Zunächst einmal muss man anerkennen, dass die politische Situation immer ungünstiger wird mit der reaktionären Welle, die uns derzeit überrollt. Wir müssen auch die Schwäche unserer Partei anerkennen, und zwar in Bezug auf die Mitgliederzahl sowie auf die Mobilisierungsfähigkeit. Leider zeigen die Wahlergebnisse überall, unabhängig von der Strategie und den Aktionsformen, dass unsere derzeitige Praxis unbefriedigend ist und wir leider weit davon entfernt sind, mit den Arbeitnehmer:innen dieses Landes auf einer Linie zu liegen. Daher gibt es bedauerlicherweise keine einfachen, offensichtlichen oder schnellen Lösungen. Kurzfristig muss die Rückeroberung von Sitzen im Parlament angestrebt werden. Wobei: Generell sollte der Parlamentarismus kein Ziel an sich sein. Wir sind eine revolutionäre Partei, deren Ziel es ist, die Gesellschaft zu verändern, und nicht, parlamentarische Mandate zu erlangen. Wahlen und mögliche Wahlsiege sind Teil der Taktik in den Diensten unserer Strategie, aber nicht das Ziel. Derzeit haben wir keine Wahl: Die Partei muss unbedingt aus verschiedenen Routinen ausbrechen, insbesondere aus der Wahlroutine – ein Übel, an dem sie schon viel zu lange leidet. Sie muss lernen, sich neu aufzubauen, ausserhalb des Parlamentarismus zu kämpfen. Diese Arbeit an der Basis wird sich letztendlich auch auf der Ebene der Wahlen auszahlen. Wir haben nur wenige Jahre Zeit, um diese Wiederaufbauarbeit erfolgreich zu bewältigen, da sich die Umwelt zusehends verschlechtert und ein gesellschaftlicher Wandel zu einer lebenswichtigen Frage wird. Dies zwingt uns, eine Strategie zur Erreichung unserer revolutionären Ziele zu entwickeln und unsere ganze Kraft darauf zu verwenden, sie zu verwirklichen. Die gesamte Partei muss sich auf diese Aufgabe konzentrieren.

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