PdA-Nationalrat stellt unbequeme Fragen

sit. In der Herbstsession der Eidgenössischen Räte thematisierte der PdA-Nationalrat Denis de la Reussille die US-Aussenpolitik. Dabei stellte sich heraus, dass es zwei Arten gibt, die Wahrheit zu sagen. Ein weiteres Thema war das Palmöl in Zusammenhang mit den Freihandelsabkommen mit Malaysia und Indonesien.

Es ist bemerkenswert, wie eine Frage die Doppelzüngigkeit unserer Regierung entlarven kann. In der sogenannten Fragerunde an den Bundesrat hielt PdA-Nationalrat Denis de la Reussille folgende, international bekannte Tatsache fest: «Die USA haben kürzlich in einem wahrhaftigen Akt von Piraterie ein iranisches Schiff durchsucht, das Erdöl nach Venezuela transportierte. Zugleich hat die US-Regierung angekündigt, dass sie die auf dem Öltanker befindenden Rohstoffe zu ihren Gunsten konfisziert.» Und Genosse Denis stellte die Frage: «Kann der Bundesrat sagen, ob er eine solche Aktion – die auf keiner Entscheidung der UNO oder einer anderen internationalen Organisation gründet – gutheisst oder verurteilt?»
Da es sich um Aussenpolitik handelt, antwortete Bundesrat Ignazio Cassis als Vorsteher des Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA). Er sagte: «Dem Bundesrat liegen keine konkreten Informationen über die genauen Umstände und den genauen Ort der Beschlagnahme vor. Folglich ist es dem Bundesrat nicht möglich zu beurteilen, inwieweit diese Handlungen mit dem internationalen Seerecht, insbesondere mit dem Grundsatz der Schifffahrtsfreiheit, in Einklang stehen.» Nun gut, dass Herr Cassis die genauen Informationen nicht besitzt, kann stimmen. Aber er tut auch nichts dafür, um sie zu kriegen. So hätte er zum Beispiel antworten können: Wir beschaffen uns die nötigen Informationen, um uns ein Urteil zu ermöglichen. Fragwürdig, um es nett zu sagen, ist aber eine andere Aussage von Cassis in diesem Zusammenhang. So hielt er in seiner Antwort auch fest: «Die Schweiz wendet keine US-Sanktionen an.» Wirklich nicht, Herr Cassis?

Von Washington via Brüssel nach Bern
Am 7.Juli dieses Jahres unterschrieb Cassis eine Verordnung, welche die völkerrechtswidrigen Sanktionen gegen Venezuela verschärfte. Konkret wurden elf Funktionär*innen des venezolanischen Staates unter anderem die Einreise verboten. (Siehe vorwärts Nr. 25/26 vom 24.Juli) Wohlverstanden: Die betroffenen Venezolaner*innen haben hierzulande nicht mal eine Parkbusse bekommen. Grund ist der «Beschluss des Rates der Europäischen Union vom 29.Juni 2020, durch welchen diese natürlichen Personen in der EU sanktioniert wurden», erklärte Mitte Juli die Pressestelle des Seco auf Anfrage des vorwärts. Konkret: Was auf Befehl von Washington in Brüssel beschlossen wurde, hat Bern eins zu eins übernommen, als wäre es das Selbstverständlichste auf der Welt. Keine drei Monate später erklärt Bundesrat Cassis, die Schweiz wende keine US-Sanktionen an. Er lügt dabei nicht mal, denn die Verordnung gegen die elf Personen aus Venezuela wurde ja offiziell nicht mit den US-Sanktionen begründet, aber der FDP-Bundesrat verschweigt die wahren Hintergründe des Entscheids. Es gibt eben zwei Arten, die Wahrheit zu erzählen: Wahre Dinge sagen und Dinge wirklich sagen.

Zwei-Klassen-Justiz?
Die verbrecherische Politik der USA war auch Thema in einer Interpellation von de la Reussille an den Bundesrat: «Der US-Präsident D. Trump hat ein Dekret unterschrieben, mit dem er wirtschaftliche Sanktionen gegen die Chefanklägerin und die Richterinnen und Richter des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) androht, sollten diese gegen amerikanische Soldat*innen und Funktionär*innen wegen Kriegsverbrechen in Afghanistan ermitteln», hie Denis fest. Die Fakten sind bekannt: Seit dem Eingreifen der US-Armee in Afghanistan sind hunderte von unschuldigen Kindern, Frauen*, Männern* und alten Menschen bei Luftschlägen und weiteren Akten der sogenannten «chirurgischen Kriegsführung» getötet worden.
Genosse Denis hielt daher zurecht fest: «Es ist, gelinde gesagt, angebracht, dass eine internationale Gerichtsbarkeit diese Ereignisse untersucht.» Er fügt hinzu: «Doch der Präsident der Vereinigten Staaten denkt wahrscheinlich, dass er und sein Land über den Gesetzen stehen und dass diese nur für den Rest der Welt gelten.» So fragt de la Reussille den Bundesrat, der für die Schweiz einen Sitz im UNO-Sicherheitsrat anstrebt, ob er bereit sei, «solche Drohungen gegen die Vertreterinnen und Vertreter der internationalen Gerichtsbarkeit aufs Schärfste zu verurteilen?», und ob die Landesregierung die Bemühungen des IStGH unterstütze, «damit die Hunderten Opfer in Afghanistan Gerechtigkeit erhalten?». Die Interpellation wird mit einer Frage abgeschlossen, die mehr als nur reine Rhetorik ist: «Ist der Bundesrat tatsächlich der Meinung, dass es einer Zwei-Klassen-Justiz bedarf, eine für die Armen und Schwachen und eine für die Reichen und Mächtigen?»

Stopp Palmöl
Innenpolitisch meldetet sich Genosse de la Reussille bei der Debatte über das Eintreten auf Standesinitiativen der Kantone Jura und Bern zu Wort auf dem Redner*innenpult. Die Initiative aus dem Jura wollte den Ausschluss von Palmöl von den Freihandelsabkommen mit Indonesien und Malaysia, während der Kanton Bern keinen Freihandel für Palmöl aus Malaysia verlangte. «In den letzten Jahren hat die Palmölproduktion in Malaysia und Indonesien massiv zugenommen. Mit der Ausdehnung des Freihandels würde sie weiter wachsen und zusätzliches Land benötigen, wahrscheinlich in der Grössenordnung von Millionen von Hektaren. Die Auswirkungen dieser Produktion auf die Umwelt und die lokale Bevölkerung sind schlichtweg katastrophal», erklärte de la Reussille.
In der Tat: Um die Palmölproduktion zu ermöglichen, entwalden die betroffenen Länder zunehmend Regenwälder und zerstören dabei aussergewöhnliche Biotope von grosser Vielfalt, die eine bemerkenswerte Flora und Fauna beherbergen. So wurden beispielsweise im August 2019 in Borneo 3600 Brände registriert, hauptsächlich um die Anpflanzung von Ölpalmen zu fördern. Zum Schluss unterstrich der PdA-Nationalrat die Wichtigkeit der hiesigen Produktion: «Mit einem Wert von rund 70 Millionen Franken ist die Produktion von Raps- und Sonnenblumenöl von grosser Bedeutung für den primären Sektor unseres Landes – die Landwirtschaft – und für die Verarbeitungsbetriebe.» Er sprach sich dafür aus, auf die Standesinitiativen einzutreten. Der Rat lehnte mit den Stimmen der Bürgerlichen jedoch ab.

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