«Konkrete politische Unterstützung einfodern»

Warum habt ihr euch entschlossen, die Zentrale der SP Schweiz zu besetzen? Was sind die Erwartungen und konkreten
Forderungen, die ihr euch durch die Aktion erhofft?

Philippe Blanc: Durch die Besetzung wollte die Bewegung selbstbestimmt ihre politische Isolation durchbrechen. Wir suchten eine politische Kraft, die nicht völlig von der xenophoben SVP-Migrationspolitik vereinnahmt ist. Die SP will sich «für alle statt für wenige» einsetzen. Durch unsere Aktion wollten wir die SP-Schweiz mit der Forderung nach einer kollektiven Regularisierung der Illegalisierten konfrontieren. Für die 173 Sans-Papiers der Regularisierungsliste suchten wir konkret politische Unterstützung im Kampf um Papiere und ein Bleiberecht.

Seid ihr mit dem Resultat der Gespräche zufrieden oder habt ihr konkretere Zugeständnisse und Ergebnisse erwartet?
Philippe Blanc: Wir hatten ein klareres Bekenntnis zu den Forderungen kollektive Regularisierung, Nothilfestopp, Ausschaffungsstopp erwartet und erhofften uns konkretere politische Unterstützung in unserem Kampf. Dennoch sind wir zufrieden, uns mit Levrat und Tschümperlin ausgetauscht zu haben. Es gelang den Sans-Papiers den Parteipräsident und den Franktionschef mit unseren Positionen, der Realität unserer Bewegung und den existenziellen Problemen der Sans-Papiers zu konfrontieren und Erwartungen zu formulieren. Zudem werten wir es als Erfolg, dass die SP zusicherte, sämtliche Reisekosten für die oft mittellosen Sans-Papiers zu übernehmen. Auch der versprochene Zugang zu Basismitgliedern der Partei schätzen wir als nicht-institutionelle Bewegung sehr.

Wie beurteilt ihr die beiden Aktionstage insgesamt? Welche Schlüsse zieht ihr aus dem Gespräch mit Bundesrätin
Sommaruga und der Besetzung der Büros der Parteizentrale der SP Schweiz?

Philippe Blanc: Der 13. und 14. März waren ein Erfolg. Erstens hat Frau Sommaruga unsere Liste erhalten und sich dem Druck der Bewegung gestellt. Zweitens hat die Presse breit und grundsätzlich positiv auf uns reagiert. Das ist nicht entscheidend, aber trotzdem sehr wichtig. Drittens gelang es, Position zu beziehen und die SP mit der Bleiberechtbewegung zu konfrontieren. Wir haben keinen Blankoscheck erwartet.
Die Aktion hat gezeigt, dass die Bewegung einen Schritt weiter gekommen ist. Die Heterogenität zwischen Sans-Papiers und Unterstützenden, zwischen AktivistInnen mit mehr oder weniger Erfahrung im politischen Widerstand oder zwischen Beteiligten mit unterschiedlichsten Zielen und Ressourcen hat sich weder hemmend noch lähmend ausgewirkt. Die politischen, sozialen, kulturellen und materiellen Unterschiede innerhalb der Bewegung wurden kollektiv als Stärke und Vorteil empfunden. Gegen aussen traten wir geeint, entschlossen und schlagfertig auf.

Wie geht es nun weiter? Was sind die nächsten Pläne und Schritte der Bleiberechtsbewegung?
Philippe Blanc: Unser Ziel bleibt die kollektive Regularisierung der 173 Sans-Papiers, die sich eingetragen haben. Es sind weitere «Blitzaktionen» in Planung. Ein grösseres Projekt ist die Teilnahme und Co-Organisation des «Europäischen Marsch der Sans-Papiers und MigrantInnen». Vom 2. Juni bis zum 2. Juli planen Sans-Papiers Kollektive aus Italien, Frankreich, Deutschland und der Schweiz einen Protestmarsch von Paris nach Strassburg. Die Probleme der Sans-Papiers und ein radikaler Bruch mit den herrschenden Migrationsregime verlangen eine internationalistische Perspektive und eine grenzenüberwindende Vernetzung des Widerstandes.

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