Gegen die Vereinzelung

Kafi Klick Team. Das Kafi Klick existiert seit 2009 als kostenloses Internet-kaffee für Armutsbetroffene. Der Treffpunkt an der Gutstr. 162 in Zürich ist für viele Leute zu einer sehr wichtigen Anlaufstelle geworden. Wir erzählen warum.

Die Ursachen, die in der Schweiz zu Armut führen, werden in der öffentlichen Diskussion meistens ausgeblendet. Oft wird gar behauptet, Armut existiere nicht! Viele Menschen müssen deshalb nicht nur unter prekären Umständen leben und arbeiten, sondern es wird ihnen ideologisch auch noch die Verantwortung für ihre Lebenslage in die Schuhe geschoben. Mit dem neoliberalen Umbau der Gesellschaft wurde ein Zeitalter der sozialen Kälte eingeläutet. Das heisst, dass die wirtschaftliche Krisentendenz auf die werktätige Bevölkerung abgewälzt wird. Ein Beispiel dafür: Kürzungen bei der Sozialhilfe im Zuge von Sozialabbau geschehen nicht selten zeitnah mit Massenentlassungen.

Mehr als nur ein Internetkaffee
Die Nachfrage nach kostenlosem Internetzugang und nach Unterstützung im Umgang mit digitaler Kommunikation ist unter Armutsbetroffenen gross. Nach wie vor gibt es praktisch keine Angebote dieser Art. Am 17. Oktober 2009, dem internationalen Tag zur Überwindung der Armut, eröffnete die IG Sozialhilfe das Kafi Klick. Es war erst das zweite Projekt dieser Art in der Deutschschweiz. Zuvor entstand in Basel mit dem «Planet 13» ein Internetkaffee für Armutsbetroffene, wenig später wurde in Bern das «Power Point» eröffnet. Mit beinahe zehn Jahren Existenz stellt das Kafi Klick keine Eintagesfliege mehr dar. Dafür kann es Kontinuität vorweisen.
Menschen mit den unterschiedlichsten Biografien und Anliegen verkehren im Kafi Klick, täglich sind es über achtzig Personen. Im Kafi Klick versuchen wir, den neoliberalen Verschärfungen und der Ausgrenzung von armutsbetroffenen Menschen entgegenzuwirken. Viele BesucherInnen kommen auf einen Kaffee vorbei oder um sich mit einer kostenlosen Suppe zu verköstigen. Dank der vielen Kleiderspenden stehen bei Notwendigkeit kostenlose Kleider zur freien Auswahl. Je nach Budget stellt dieses Angebot eine bedeutende finanzielle Entlastung dar.
Uns werden unzählige amtliche Papiere, Krankenkassen- und Lohnabrechnungen vorgelegt, die wir mit den BesucherInnen anschauen und ihnen erklären. Wir füllen Formulare für die Wohnungssuche aus, fordern fälschlich in Rechnung gestellte oder doppelt bezahlte Beträge an Telefongesellschaften zurück und helfen bei der Formulierung von Antwortschreiben. Es werden Bewerbungen verschickt, Lebensläufe aktualisiert, Versicherungs- und Lohnabrechnungen kontrolliert, Formulare für Familienzulagen und Prämienverbilligungen ausgefüllt und vieles mehr. Zudem veranstalten wir kostenlose Informationsabende und zeigen Filme mit dem Zweck, die Vereinzelung der BesucherInnen zu durchbrechen.

Internetzugang im Kafi Klick
Für Stellenbewerbungen im sich ausbreitenden Niedriglohnsektor sind Onlineformulare mit unterschiedlichen Anforderungen an Dateitypen und -grössen zum Standard geworden. Auch Behördenkorrespondenz wird je länger desto mehr in elektronischer Form erwartet. Nicht nur für fremdsprachige Menschen stellt dies eine hohe Hürde dar. Fehlt das Geld für Computer und Internetanschluss oder reichen Sprachkenntnisse und Bildung in digitaler Kommunikation nicht aus, ist die gesellschaftliche Teilhabe im 21. Jahrhundert stark eingeschränkt.

Gemeinsam mit GewerkschafterInnen organisieren wir regelmässige Beratungsnachmittage für hauptsächlich im Reinigungswesen beschäftigte Angestellte. In den Reinigungsfirmen und in privaten Haushalten sind die Arbeitsbedingungen oft prekär. Nicht selten ist es augenscheinlich, dass die Arbeitsverträge nicht einmal den gesetzlichen Standards entsprechen. Das Kafi Klick bietet Gelegenheit zum Austausch und zur Selbstermächtigung. Wer mit anderen Menschen in ähnlichen Situationen diskutiert, hat eine Grundlage, um sich zu organisieren und zu wehren.

Die Vielfalt der BesucherInnen des Kafi Klick und seiner Nutzung bilden eine durchmischte proletarisierte Bevölkerung ab, die durch die ökonomische Krise, Migration und prekäre Bedingungen laufend neu zusammengesetzt wird. Gemeinsamkeiten und Unterschiede der verschiedenen Lebensrealitäten werden sichtbar. Nur schon auf der sprachlichen Ebene bestehen Differenzen. Dennoch entsteht im Kafi Klick ein solidarisches Miteinander.

Kafi Klick braucht finanzielle Unterstützung

Somit geschieht im Kleinen, was im grösseren Rahmen zunehmend notwendig wird: Die Aufhebung von Spaltungslinien, ob diese rassistisch oder andersförmig verlaufen. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist die bedingungslose Gleichbehandlung aller Menschen – unabhängig von Geburtsort, Geschlecht oder davon, ob jemand eine Arbeitsstelle hat oder nicht. Im Kafi Klick kommen unterschiedlichste von Armut betroffene Menschen zusammen, welche die Angebote rege nutzen. Unabhängig von der jeweiligen Lebenssituation wird so auch für die BesucherInnen sicht- und erlebbar, dass Armut ein Massenphänomen und keine individuelle Einzelerscheinung ist. Das Kafi Klick unterstützt die Menschen in unterschiedlichen Lebenslagen. Dabei ist Freiwilligenarbeit für das Kafi Klick zentral, sie macht den Betrieb überhaupt erst möglich. Im Kafi Klick arbeiten knapp zehn freiwillige MitarbeiterInnen. Angestellte mit einer fachlichen Ausbildung, darunter zwei Leitungspersonen, helfen die Kontinuität von fünf geöffneten Nachmittagen pro Woche aufrechtzuerhalten. Das Team tauscht sich regelmässig aus, um das solidarische Klima zu unterstützen. Das ist der wichtigste Aspekt der Arbeit. Denn der Treffpunktcharakter des Kafi Klick ist mit dem Umzug an die Gutstrasse 162 im Sommer 2015 noch bedeutender geworden. Der neue Standort ist vielfältig nutzbar, hell, freundlich und geräumig. Unter anderem deshalb ist der Frauenanteil unter den BesucherInnen auf beinahe die Hälfte angestiegen. Solidarische Menschen sind herzlich eingeladen, im Kafi Klick auf einen Kaffee vorbeizukommen. Wir freuen uns auf den Besuch!

Zur Weiterführung des Kafi Klick brauchen wir dringend eine breite finanzielle Abstützung. Wir freuen uns darum sehr über kleine und grosse Spenden und danken im Voraus.

Kafi Klick, Gutstrasse 162, 8055 Zürich
PC Konto 85-660545-4
Öffnungszeiten: Montag bis Freitag, 14 bis 18 Uhr
www.kafiklick.ch

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