Die Friedensbewegung stellt klar

«Verhandeln statt sanktionieren» war eine der Forderungen der SFB am diesjährigen Ostermarsch. Die Organisator*innen des Marschs sehen in dieser Forderung einen Ausschlussgrund für die SFB. Bild: zVg

Redaktion. Von «Putin-Versteherei» und «Russlandtreue» ist im Artikel «Putin-Freunde am Ostermarsch» in der WOZ vom 28.April über die Schweizerische Friedensbewegung zu lesen. Diese spricht von «üblen Verleumdungen» in ihrer ausführlichen Stellungsnahe, die wir hier verkürzt veröffentlichen.

Keine Belege, keine Zitate, durchwegs blosse Unterstellungen. Die Wochenzeitung (WOZ) behauptet von sich, einem «unabhängigen und kritischen Journalismus» verpflichtet zu sein. Eine ganze Seite hat man in der WOZ einem Artikel zur Verfügung gestellt, bei dem man sich fragen muss, was das mit unabhängigem, kritischem Journalismus zu tun hat. Die WOZ-Journalistin Sarah Schmalz hat sich darin keinerlei Mühe gemacht, sich über die von ihr kritisierten Positionen zu informieren.

Haltlose Vorwürfe
Die Hauptanschuldigung im Artikel gegenüber der Schweizerischen Friedensbewegung (SFB) ist, dass wir uns «keinen Millimeter von der Russlandtreue und dem Blockdenken» des Weltfriedensrats (WPC) «distanzieren» würden. Konkret geht es um ein Statement des WPC vom 10.Februar, in welchem – laut Schmalz – erstens der Nato die «alleinige Schuld» am Krieg in der Ukraine gegeben wird. Zweitens in dem stehen würde, die «Ukraine werde von Nazis» regiert. Beide Vorwürfe basieren auf Verdrehungen des Originaltextes durch Sarah Schmalz selber. Das erste grosse Problem ist hier, dass sich Schmalz auf ein zwei Wochen vor dem Kriegsausbruch verfasstes, von den Ereignissen überholtes Statement des WPC bezieht. Dieses wurde erstens von der SFB gar nie an irgendeiner Stelle veröffentlicht und zweitens dann von Schmalz noch einmal komplett verdreht und ungenau wiedergegeben. Eine offizielle Übersetzung des Statements auf Deutsch gibt es nicht. Schmalz stützt sich für ihre Behauptungen auf eine schlechte Übersetzung irgendwo aus dem Internet.

Schlechter Journalismus
Schmalz behauptet in ihrer Wiedergabe des Statements, dass der Weltfriedensrat «der Nato die alleinige Schuld an der russischen Aggression» gibt. Das Wort «alleinig» ist hier schlicht falsch. Der Weltfriedensrat schreibt im Wortlaut, dass er «tief besorgt ist über die eskalierenden Spannungen in Osteuropa und insbesondere um die Ukraine, die primär durch die zunehmende, aggressive Expansion der Nato in Osteuropa und ihrer massiven Truppenverlagerung verursacht werden.» Auch wenn der Weltfriedensrat die Ursache in der Eskalation der Spannungen «primär» in der Nato-Expansion und -Truppenverlegung verortet, fordert er im selben Statement dennoch: «Deeskalation der Situation auf allen Seiten.»
Für Schmalz scheint dann im Statement besonders die Aussage empörend, dass «die Ukraine von Nazis regiert» würde. Das steht keinesfalls so im Original und auch die Übersetzung der Stelle, in welche Schmalz diese Behauptung hineinliest, ist nicht richtig. Schmalz zitiert es als: «Seit dem Staatsstreich 2014 in Kiew und der Regierungsübernahme durch reaktionäre und nationalsozialistische Kräfte […].» Im Statement steht aber: «Since the coup d’état of 2014 in Kiev and the takeover of the government by reactionary and pro-NAZI forces […].» Sie hat also «pro-NAZI forces» mit «nationalsozialistischen Kräften» übersetzt. Der WPC bezieht sich mit dieser Stelle übrigens auch klar auf den Maidan-Putsch 2014 und nicht auf die jetzige Regierung.
In einem Viertel des ganzen Artikels wurde ein Statement diskutiert, das weder die aktuelle Position des Weltfriedensrats (richtig) wiedergibt noch direkt etwas mit der SFB zu tun hat. Die SFB ist zwar Mitglied des Weltfriedensrats, laut Statuten des WPC sind die Mitglieder jedoch «autonome und unabhängige Organisationen». Hätte Schmalz auf ehrliche Weise versucht, die Position des WPC oder der SFB darzustellen, wären ihr nämlich solche klare Aussagen in die Quere gekommen: «Frieden muss wiederhergestellt werden in der und um die Ukraine. Die gegenwärtigen Militäraktionen Russlands müssen beendet werden und die Nato muss ihre Truppen und Raketen von den Grenzen zu Russland abziehen.» Die SFB schreibt noch deutlicher nach dem russischen Angriff: «Wir rufen alle Seiten zur Besonnenheit und zur Deeskalation der brandgefährlichen Situation auf. Die Angriffe in der Ukraine müssen unverzüglich beendet werden. Die von Russland begonnene militärische Offensive in der Ukraine ist völkerrechtlich durch nichts zu rechtfertigen.»

Geschichtsverdrehung
Eine weitere Richtigstellung, die gemacht werden muss, betrifft die Geschichte der SFB und des WPC. Im jenem Abschnitt des Artikels wird unsere Geschichte so dargestellt, wie man es sich normalerweise von rechten Kalten Krieger*innen gewohnt ist: Die «Sowjets» veranstalteten Schmalz zufolge in Paris die Weltfriedenskonferenz, aus der dann der «stramme» kommunistische Weltfriedensrat erwuchs. Man muss sich aber fragen, wie die «Sowjets» einen Kongress veranstalteten, bei dem die französische Regierung die Einreise der sowjetischen Teilnehmer*innen zum Grossteil verhinderte. In Wirklichkeit handelte es sich beim Weltfriedensrat um eine internationale Massenbewegung, die unter dem Eindruck des Zweiten Weltkrieges entstand und deren Ziel es war, einen weiteren solchen imperialistischen Krieg zu verhindern. Der WPC setzte sich in der Folge vor allem für die Verhinderung eines Atomkriegs und für weltweite Abrüstung ein.

Verhandeln statt Sanktionieren
Der wirkliche Zwiespalt unter den Friedensak-tivist*innen, in welcher die SFB eine besondere Position einnimmt, besteht in der Frage der Sanktionen und Waffenlieferungen. Die SFB setzt sich konsequent für Frieden und Abrüstung auf der Grundlage des Völkerrechts ein. Die SFB schreibt am 25.Februar: «Sanktionen und militärische Drohkulissen führen nur näher an den Abgrund. Sie sind schon seit Jahren Teil einer friedensgefährdenden Konfrontationspolitik und eines Wirtschaftskriegs gegen Russland. Sie haben keineswegs die beabsichtigte Wirkung erzielt, sondern das Gegenteil.»
Die Folgen von Sanktionen und Wirtschaftsblockaden sollten allen bekannt sein. Die Menschen in Kuba, Venezuela, Jemen, Iran und so weiter leiden seit Jahren durch diese. Getroffen werden durch Sanktionen stets und unverhältnismässig stärker die armen und ärmsten Menschen. Diese sind es, die durch die Folgen der Sanktionen ihre Arbeit verlieren, die hungern und an behandelbaren Krankheiten sterben. Auf diese Problematik haben wir am Ostermarsch mit einem Transparent «Verhandeln statt Sanktionieren» hingewiesen. Schmalz schreibt: «Das nicht durch die Gruppierung gekennzeichnete Schild zum Russlandkrieg verstiess gegen die offizielle Haltung des Ostermarschs, der sich klar von Russland distanziert und für Sanktionen gegen das Regime einsteht.» Wann und wo wurde kommuniziert, dass die Befürwortung von Sanktionen eine Bedingung für die Teilnahme am Ostermarsch darstellt?
Es ist auffallend, dass im Artikel über den eigentlichen Skandal an der ganzen Sache hinweg gewischt wird: Die zahlenmässig grösste Friedensorganisation der Schweiz und Hauptträgerin des Ostermarschs, die GSoA, ist laut Jo Lang, in zwei «ähnlich starke» Fraktionen gespalten. Wobei die eine Hälfte mehr Waffenlieferungen in ein Kriegsgebiet fordert. Lang hält Waffenlieferungen «derzeit» für «nötig». Die Hälfte einer Organisation, die tragend war für die Lancierung der Volksinitiative «Für ein Verbot von Kriegsmaterial-Exporten», fordert nun plötzlich in aller Öffentlichkeit Waffenlieferungen? Wieso wird von der WOZ nicht kritisiert, dass diese Leute damit kurzerhand ihre eigenen friedenspolitischen Grundsätze über Bord werfen?

Die vollständige Stellungnahme der SFB ist zu lesen unter: friendensbewegung.ch

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