Die einzige mögliche Lösung

sit. Millionen von Menschen sind bereits heute wegen des Klimawandels auf der Flucht – weitere Millionen werden hinzukommen. Noch mehr Kriege drohen, weil sich die Lebensmittelversorgung in vielen Teilen des Planeten weiter verknappen wird. Steht die Welt vor dem Abgrund? Sie ist auf dem Weg dorthin, aber noch ist nicht alles verloren.

«Der Klimawandel könnte zum Hauptfluchtgrund werden. Er verstärkt den Wettstreit um die Ressourcen – Wasser, Nahrungsmittel, Weideland – und daraus können sich Konflikte entwickeln.» Diese Worte sprach António Guterres, damaliger Hoher Flüchtlingskommissar und seit 2017 Generalsekretär der Vereinten Nationen, 2009 auf dem Weltklimagipfel in Kopenhagen. 13 Jahre später ist festzuhalten, dass Guterres leider recht hatte.
Klimawandel, Konflikte, Armut, Ernährungsunsicherheit und Vertreibung überschneiden sich zunehmend, sodass immer mehr Menschen auf der Suche nach Sicherheit fliehen müssen. «Dabei lösen Naturkatastrophen mehr als dreimal so viele Vertreibungen aus wie Konflikte und Gewalt», ist auf der Website des UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR zu lesen. Laut dem Internal Displacement Monitoring Centre (IDMC), so das UNHCR, haben 2021 rund 23,7 Millionen Menschen ihre Heimat aufgrund von Naturereignissen wie Dauerregen, lang anhaltenden Dürren, Hitzewellen und Stürmen sowohl kurz- als auch langfristig verlassen müssen. Und die Zukunft verspricht nichts Besseres. Das Gegenteil ist der Fall. Das UN-Büro für Katastrophenvorsorge (UNISDR) in Genf stellt seit Jahren eine kontinuierliche Zunahme der klimabedingten Katastrophen fest: 2021 waren es 389, mehr als eine am Tag.

Trauriges Bild
Was dies alles konkret heisst, kann sehr gut am Beispiel des Inselstaats Indonesien aufgezeigt werden. «Schätzungsweise 65 Prozent unserer Bevölkerung, heisst etwa 170 Millionen Menschen werden 2050 zu Opfern des Klimawandels. Rund 6000 der 17000 Inseln Indonesiens sind bewohnt. Die Küstenregionen werden zerstört werden», erklärt Rachmat Witoelar, von 2004 bis 2009 Staatsminister für Umwelt in Indonesien, in der ARD-Dokumentation «Klimaflucht». Er fügt hinzu: «Was die Anzahl der Klimamigrant*innen angeht, so haben unsere Expert*innen die Zahl von 40 Millionen genannt. Das sind diejenigen, die an den Küsten leben, und vermutlich Opfer von Überschwemmungen und Erdrutschen werden. Also 40 Millionen Menschen werden gezwungen sein, ihre Heimat zu verlassen.» Durch den ständig steigenden Meeresspiegel versinkt die Hauptstadt Jakarta buchstäblich ins Meer. Jakarta ist ein Ballungszentrum von mehr als zehn Millionen Menschen.
Gefragt, wie die Welt im Jahr 2050 denn aussehen wird, antwortet der ehemalige indonesische Umweltminister Witoelar: «In der Mitte dieses Jahrhunderts werden die Wetterbedingungen extrem sein. Das Leben allgemein wird nicht mehr so sein, wie wir es heute kennen. Es werden Seuchen ausbrechen. Das globale Wirtschaftswachstum wird gestört werden von erbitterten Kämpfen, einer gegen den anderen, um Essen, um Wasser, vielleicht auch um gute Luft. Das ist das sehr traurige Bild der Erde im Jahre 2050.»

Kriegerisches Konfliktpotenzial
Sowohl UN-Generalsekretär António Guterres als auch Rachmat Witoelar unterstreichen die an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit, dass die Klimakatastrophe zu weiteren Konflikten, kriegerischen Konflikte wohlverstanden, führen wird. Und dies wird auch auf der Website des UNHCR festgehalten: «Begrenzte natürliche Ressourcen wie Trinkwasser, werden sicherlich noch knapper. Viele Feldfrüchte und einige Vieharten werden in bestimmten Gebieten nicht überleben können, wenn es zu heiss und trocken oder zu kalt und nass wird.» Die Lebensmittelversorgung sei in vielen Regionen der Welt «schon jetzt ein Grund zur Sorge». Die Schlussfolgerungen für die Zukunft: «Die Situation hat das Potenzial Konflikte zwischen Staaten heraufzubeschwören, wenn immer mehr Menschen um immer weniger Ressourcen konkurrieren.» Der Klimawandel erhöht also massiv die Gefahr weiterer Kriege, die wiederum Millionen von Menschen in die Flucht treiben werden.

Handfeste kapitalistische Interessen
All diese Fakten und vor allem die Worte von António Guterres und Rachmat Witoelar sagen uns im Grunde: Das aktuelle Wirtschaftssystem, der Kapitalismus, führt uns Menschheit direkt in den Abgrund. Sie sagen uns daher auch: Der Kapitalismus ist das Problem, infolgedessen kann er nicht die Lösung sein. So schwer zu begreifen ist dies nun wirklich nicht. Doch hier kommen handfeste Interessen ins Spiel, wie zum Beispiel: 592 Milliarden US-Dollar – das ist der Umsatz, den die 100 grössten Unternehmen der Rüstungsindustrie im letzten Jahr mit Waffenverkäufen und militärischen Dienstleistungen erzielt haben. Sie haben kaum das Interesse, den Krieg in der Ukraine und alle anderen kriegerischen Konflikte zu beenden. Mit einem realen Anstieg von 1,9 Prozent im Vergleich zu 2020 ist der Umsatz aus Waffenverkäufen im Jahr 2021 somit das siebte Jahr in Folge gestiegen. Dies geht aus einem am 5. Dezember veröffentlichten Bericht des Friedensforschungsinstituts Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI) hervor.
Auch die europäische Rüstungsindustrie konnte 2021 gute Verkaufszahlen verbuchen. So haben 27 der zu den 100 umsatzstärksten Rüstungsunternehmen zählenden Hersteller ihren Hauptsitz in Europa. Allein diese setzten im Jahr 2021 laut der SIPRI-Analyse insgesamt 123 Milliarden US-Dollar um, ein Anstieg von 4,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Das grösste europäische Rüstungsunternehmen ist derweil die deutsche Firma Rheinmetall, weltweit auf Platz 31.

Orte des Widerstands …
Gibt es noch Hoffnung? Ja, denn das Ziel ist bekannt: Es braucht kein Climata Change, sondern ein System Change. Es ist und bleibt die einzige Möglichkeit, das Ende des Planeten Erde zu verhindern. Es braucht, um es in deutscher Sprache auszudrücken, einen radikalen Wechsel. Damit verbunden ist, dass Antworten auf ganz grundsätzliche gesellschaftliche Fragen gefunden werden müssen. Zum Beispiel auf Fragen wie: Wie werden die Besitzverhältnisse der Produktionsmittel in Zukunft geregelt? Wer bestimmt, was wann und wie produziert wird? Die Antworten können nicht von heute auf morgen gefunden werden. Eine Patentlösung gibt es auch nicht. Aber von null aus muss nicht gestartet werden: Mit dem Marxismus liegt ein mehr als nur hilfreiches Analyseinstrument vor. Und aus der über hundertjährigen Geschichte des antikapitalistischen Kampfs können die richtigen Lehren gezogen werden.
Aufgabe der Klimabewegung, der gesamten anti-kapitalistischen Linken muss es daher auch sein, Orte zu schaffen, an denen die Antworten erarbeitet werden können. Orte, an denen der Prozess hin zum System Change entwickelt und gelebt werden kann. So Orte sind zum Beispiel die Klimabewegung oder die Kollektive, die den Frauen*streik 2019 organisierten und jenen von 2023 am planen sind. Also Orte, an denen gemeinsam Erfahrungen gesammelt werden, Widerstand sowie neue Perspektiven entstehen.

… und Akzeptanz schaffen
Klar ist auch, dass ein Systemwechsel nicht über die bürgerliche Demokratie und ihre Parlamente erreicht werden kann. Mensch soll sie deswegen nicht ignorieren und wenn immer möglich, sie für die eigene Sache als Bühne benutzen. Von zentraler Bedeutung ist jedoch der Widerstand, der ausserhalb des bürgerlichen Demokratieverständnisses stattfinden muss. Es läuft darauf hinaus, dass Aktionen und Kampfformen des zivilen Ungehorsams wichtiger Motor der nötigen gesellschaftlichen Veränderungen werden müssen. Aktionen wie Blockaden, Störaktionen, Streiks oder welche Formen auch immer der militante zivile Ungehorsam haben möge, sie stossen heute in der breiten Bevölkerung noch auf harsche Kritik und grossem Unverständnis. Das Verständnis für die Notwendigkeit dieser radikaleren Kampfform ist die Voraussetzung ihrer Akzeptanz. Diese Akzeptanz in der breiten Bevölkerung zu erreichen, ist eine Herkulesaufgabe der Klimabewegung, der gesamten antikapitalistischen Linke. Auch deswegen sind Orte, an denen Widerstand und neue Perspektiven entstehen, von zentraler Notwendigkeit im Prozess hin zum System Change.

Handeln, jetzt!
Rachmat Witoelar sagte voraus: «Das globale Wirtschaftswachstum wird gestört werden von erbitterten Kämpfen, einer gegen den anderen, um Essen, um Wasser, vielleicht auch um gute Luft. Das ist das sehr traurige Bild der Erde im Jahre 2050.» Es muss nicht so weit kommen. Die Menschheit hat es nach wie vor in der eigenen Hand, den Planeten und damit sich selbst zu retten. Aber wir müssen handeln, jetzt! Denn warten, können wir nicht mehr, 2050 liegt um die Ecke.

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