Widerstands-Apéro gegen Atommülllager

85 Personen folgten dem Aufruf unseres Vereins KAAZ! und versammelten sich gestern Abend auf der Gemeindestrasse vor dem Gelände der Hochuli AG in Kölliken, das von der Nagra als Oberflächenstandort für ein Atommülllager vorgesehen ist.

KAAZ!-Präsidentin Eva Schaffner führte zunächst aus, dass mit überschweren Transporten der Atommüll in den Oberflächenstandort angeliefert würden. Dann wird der Atommüll aus den Transportbehältern in die Endlagerbehälter umgeladen. Von dort wird der Müll durch unterirdische Stollen in die Endlager-Kavernen gebracht. Dafür aber muss in Kölliken der grosse Grundwasserstrom durchbohrt werden. Dies birgt später die Gefahr von Wassereinbrüchen in das Endlager. Sollte die Anlage oberirdisch oder unterirdisch undicht werden, würden die Menschen weit in der Umgebung radioaktiv verseucht. Ein erhöhtes Krebsrisiko und Missbildungen bei Neugeborenen sind die Folgen.

Sehr starke Verstrahlung kann zum Tod führen.

Anschliessend führte Martin Bossard aus, dass aus dem Grundwasserstrom die Stadt Aarau und die umliegenden Gemeinden sowie Kölliken selbst ihr Trinkwasser beziehen. Er wies darauf hin, dass vor allem der Untergrund in Kölliken ungeeignet sei für ein Atommülllager. Man habe in Kölliken in Zusammenhang mit der Giftmülldeponie Erfahrung mit Experten, die behaupteten Opalinuston sei dicht. Bis heute sei insgesamt bereits eine Millarde Franken in die Sanierung geflossen und kein Ende sei absehbar.

Andre Rotzetter, Vorstandsmitglied von KAAZ, machte darauf Aufmerksam, dass von einem Atommülllager in Kölliken das gesamte Ballungsgebiet von Zofingen über Aarau bis Lenzburg betroffen sei. Es sei nun wichtig ein Signal an die Regierung in Aarau und den Bundesrat in Bern zu senden, dass die Bevölkerung ein Atommülllager am Jura-Südfuss ablehne.

Zum Abschluss des offiziellen Teils halfen alle Anwesenden beim «Pflöcke einschlagen». Am diese Pflöcke wurden Blachen und Plakte gehängt. Im goldenen Licht des Sonnenuntergangs fand bei Wurst vom Grill, Brot, Bier,Wein und «kerngesunden Atomküchlein» der Widerstands-Apéro seinen Abschluss.

Quelle: Medienmitteilung KAAZ!

Angekettet gegen Gaskraftwerke

Auf spektakuläre Art  und Weise protestieren UmweltaktivistInnen der Gruppe « Stop Dirty Energy» am «Swiss Energy and Climate Summit» auf dem Bundesplatz in Bern gegen Gaskraftwerke.  «Stop Dirty Energy, Gas-Doris! Gas destroys our climate» steht auf dem Banner in sechs Meter Höhe, welches an Energieministerin Leuthard adressiert ist. Ihr wird vorgeworfen, den Klimawandel nicht ernst zu nehmen und sogar anzuheizen.

Vom 12. bis und mit 14. September findet auf dem Bundesplatz der Swiss Energy and Climate Summit statt, mit bekannten Persönlichkeiten wie Doris Leuthard, Gerhard Schröder und anderen Entscheidungsträger_innen. Die Gruppe  protestiert vor Ort mit einer spektakulären Kletter- und Ankett-Aktion gegen den Bau von Gaskraftwerken und gegen die Nutzung nicht erneuerbarer Energieformen. Sie kritisieren die Haltung des Bundesrats bezüglich des Klimawandels und fordern, dass Gas, Kohle und Atom nicht mehr länger gegeneinander ausgespielt werden dürfen. Um ihre Nachricht, dass es jetzt Zeit für eine echte Energiewende ist, zu unterstreichen haben sie zwei 7m hohe Dreibeine vor dem Eingang installiert, auf denen je ein_e Kletter_in sitzt. Weitere sechs Personen haben sich angekettet, andere verteilen Flyer. Doris Leuthard, die am Swiss Energy and Climate Summit zeitgleich eine Rede hielt, unterstützt laut der Aktivistengru ppe Gas zur Energiegewinnung und bietet dabei der Energiewirtschaft Hand. Eine der angeketteten Aktivist_innen meint dazu: “Für das Klima ist Gas, egal ob Kombigraskraftwerke oder Wärmekraftkoppelung, eine fatale Entscheidung, sie setzten enorme Mengen an CO2 frei. Ausserdem ist es unverständlich, dass uns die Regierung weis machen will, dass wir uns zwischen Atomenergie und Gaskraftwerken entscheiden müssen. Die Umwelt verträgt weder Atom, noch Gas, noch Kohle!“

Am 14. September wird die Energieministerin voraussichtlich preisgeben wie die Energiestrategie 2050 konkret aussehen wird. Laut den Umweltaktivist_innen ist schlimmstes zu befürchten, denn der Bund hat bereits mehrmals die Vorgaben für Gaskraftwerke, die im CO2-Gesetz geregelt sind, schrittweise abgeschwächt. Die Gruppe Stop Dirty Energy kritisiert dies, denn es  ebnet den Weg, dass die Stromfirmen auch nach dem möglichen Atomausstieg mit Energie aus Gas weiterhin viel Geld auf Kosten des Klimas verdienen können statt in eine erneuerbare Zukunft zu investieren. Im Inland bestehen derzeit konkrete Gaskraftwerkpläne in Chavalon (VS) und Cornaux (NE). Erdgas setzten enorme Mengen an CO2 frei, nur Kohlekraftwerke und Öl sind noch katastrophaler fürs Klima.

Im Moment sind verschiedene Massnahmen zum Schutz des Klimas in der politischen Diskussion, so die CO2-Abgabe und Evelyn Widmer-Schlumpfs Ökologische Steuerreform. Genau diese bekämpft die Umweltministerin. Die Gruppe Stop Dirty Energy fordert, dass sich Bundesrätin Leuthard  gegen jegliche  fossil-thermische Kraftwerke im In- und Ausland ausspricht, anstatt diese zu fördern.

Die Gruppe wirft der Umweltministerin und dem Bundesrat vor, den Klimawandel nicht ernst zu nehmen und sogar anzuheizen. Die Bündner Stromfirma Repower plant in Kalabrien (I) ein riesiges Kohlekraftwerk, welches ca. 20 Prozent des jährlichen CO2 Ausstosses der Schweiz produzieren würde. Obschon Kohlekraftwerke Klimakiller seien werde Repower vom Bundesrat unterstützt: Die Schweizer Behörden fördern das Projekt in Italien, obwohl die lokale Bevölkerung das Kohlekraftwerk mehrheitlich ablehnt. Die Medienverantwortliche der Gruppe Stop Dirty Energie stellt klar: „Die Nutzung fossiler und atomarer Brennstoffe ist schlicht unverantwortlich. Der einzig gangbare Weg um in Zukunft Energie zu nutzen ist die Verwendung erneuerbarer Energiequellen. Alles andere ist für die Umwelt und somit für die Menschen und andere Lebewesen untragbar. Wir müssen jetzt handeln,. Doris Leuthard muss ein starkes Zeichen für den Klimaschutz setzten. Da s bedeutet kein Gas, keine Kohle und kein Atomstrom.

Weitere Infos: www.stopdirtyenergy.ch

Klimagipfel: «Lehren aus der Finanzkrise nicht gezogen»

Nach der ersten Enttäuschungswelle über den Rio+20-Gipfel läuft die Suche nach den Ursachen des Scheiterns. «Die Ergebnisse verdeutlichen, wie gegenläufig die Prioritäten der reichen und armen Länder sind», so das Urteil von Philip Campbell, Chefredakteur der Zeitschrift »Nature». Am besten zeige die Stadt Rio de Janeiro selbst diesen Missstand: Villen und Luxusstrände findet man hier Tür an Tür mit Favelas-Elendsvierteln. Dieser auch globale Kontrast sei schuld am Ausbleiben von Mut und Verbindlichkeit. » Weiterlesen

Klimacamp in Zürich eröffnet!

Seit Sonntag, 3. bis hin zum 10. Juni dreht sich am Zürcher Platzspitz alles rund ums Klima. «Es geht darum, unsere Zukunft mitzugestalten. Angesichts der drohenden Klimakatastrophe und deren verheerenden Folgen für das Leben auf der Erde ist es wichtig, sich auch mit den gesellschaftlichen Ursachen des Problems zu befassen», erklärt eine Mitorganisatorin.

Mit gegen fünfzig praktischen und theoretischen Workshops quer durch und um das Thema Klima können die Besuchenden ihr Wissen im Klimacamp erweitern, sich mit Interessierten vernetzen und austauschen. Eine direkte Aktion am Samstag und eine Ausstellung am Sonntag bilden den Abschluss des Camps. Das Klimacamp findet dieses Jahr in der Stadt Zürich statt, weil der Klimaschutz mit seiner Wichtigkeit ins Zentrum gehört. Denn das Klima ist relevant – jetzt und für alle. Laut dem Klimacamp ist Verantwortung für den Klimawandel nicht delegierbar und alle sollen die Möglichkeit haben Informationen zu erhalten, die Konsequenzen ihrer herkömmlichen Lebensweise zu erkennen und die Alternativen dazu zu entdecken.

Das Klimacamp ist eine unabhängige Gruppe von Klima-AktivistInnen und steht allen Menschen offen, die sich mit dem Thema «Klima» beschäftigen wollen. Ob dies nun im Rahmen des Besuchs eines einzelnen Workshops oder in einem mehrtägigen Besuch ist. Das Workshop-Programm rund ums Thema Klima ist mit Basiswissen und Hintergrundinformationen bis zu Methodik und Handwerk breit gefächert und kostenlos. Die Workshops werden von verschiedenen Einzelpersonen, Gruppen und NGOs gehalten, unter anderem Greenpeace, WWF, Schweizer Energiestiftung, Tier-im-Fokus und vielen mehr. Es ist keine Anmeldung nötig. Abends bietet ein kulturelles Programm mit Filmen und gemütlichem Beisammensein Abwechslung. Am Samstag wird es eine direkte Aktion zum Thema Soja als Klimakiller geben und ab 13.30 findet gemeinsam mit Greenpeace und der Gesellschaft der bedrohten Völker eine bewilligte Kundgebung statt. Abgeschlossen wird das Camp am Sonntag von der Ausstellung «zwei Blicke in die Zukunft», welche positive und negative Auswirkungen unseres Handelns aufzeigen soll, wobei ein Jeder seinen persönlichen Beitrag mitbringen oder hier anfertigen kann.

Geplant und organisiert wird das Klimacamp, welches in der Schweiz bereits zum vierten Mal stattfindet, von einer Gruppe freiwilligen und engagierten Klima-AktivistInnen. Das Camp lädt alle dazu ein, mitzugestalten: Ideen einbringen, einen Workshop anbieten, sich bei der direkten Aktion einbringen, künstlerisch betätigen oder beim Auf- und Abbau helfen – jeder Beitrag ist herzlich willkommen.

Der braune Sumpf der Schweiz

Die Antifa Bern, Antifa Oberland und repro haben gemeinsam die Broschüre «Die braune Szene der Schweiz» herausgegeben, die einen ausführlichen Einblick in die Entwicklung der rechts-extremen Szene der Schweiz liefert. Neben der Portraitierung rechter Gruppierungen bietet das knapp 40-seitige Heft auch detaillierte Hintergrundinformationen.

Die beteiligten Gruppen haben einige Monate lang recherchiert: rechtsextreme Kundgebungen dokumentiert, Rechtsrock-CDs durchgehört, Webseiten und Diskussionsforen durchforstet und nun die gesammelten Daten veröffentlicht. Mit vielen, teils bisher unveröffentlichten Fotos bebildert, zeigt die neue Broschüre ein aktuelles Bild der rechtsextremen Szene der Schweiz, wirft aber auch einen Blick zurück auf die letzten Jahrzehnte. Nebst einem schön aufgearbeiteten geografischen Überblick und einer Chronologie rassistischer Übergriffe in den letzten zwei Jahren finden sich viele Portraits bekannter und weniger bekannter Gruppen der extremen Rechten. Diese gründliche Aufarbeitung mache die Broschüre laut HerausgeberInnen zu «einem unverzichtbaren Nachschlagewerk sowohl für alte Hasen als auch für NeueinsteigerInnen der Antifa-Szene».

Umfassende Darstellung

Einen grossen Teil der Broschüre nimmt die Einschätzung und Geschichte der umtriebigen «Partei National Orientierter Schweizer» (PNOS) ein, die ausführlich mit sechs ihrer Sektionen portraitiert wird. Zudem finden sich Texte zu der bekannten Gruppe «Blood & Honour» und zu den Hammerskins. Doch auch kleinere, unbekanntere Gruppen kommen nicht zu kurz: so werden der «Waldstätterbund», der «Volksbund Wasserschloss» und die «Europäischen Aktion» beleuchtet. Auch eine Darstellung der aktuellen Vertriebsstrukturen der Neonazi-Szene, wie etwa der Berner Oberländer Versand «Holy War Records» oder der Basler Kleiderladen «Power Zone», lässt sich in der Revue finden.

Einen umfassenden Einblick gibt die Broschüre in die enge Verbindung der braunen Szene mit ihren rechtspopulistischen Vorreitern. Der Befund der Broschüre: Die extreme Rechte – allen voran die PNOS als ihre wichtigste Akteurin – schwächelt mit wenigen Ausnahmen und steht im Schatten der übermächtigen Schweizerischen Volkspartei (SVP), die ähnliche Themenfelder besetzt hält. Auch in der Schweiz konnte die SVP mit ihrer Gewaltrhetorik bei extremen Rechten punkten. Es ist bezeichnend, dass an SVP-Kundgebungen immer wieder rechtsextreme Gruppen auftauchen und etliche SVP-PolitikerInnen auf Facebook mit Neonazis befreundet sind.

Ein genauer Blick

Die HerausgeberInnen beschreiben ihre Tätigkeit: «Der genaue und stete Blick nach Rechts ist ein wesentlicher Bestandteil und die eigentliche Basis der Antifa-Tätigkeit. Durch kontinuierliche Recherchearbeit können die Machenschaften der Alt- und Neonazis aufgedeckt und publik gemacht werden.» Schade ist, dass etwa die Machen- und Seilschaften der SVP als wohl wichtigste rechstpopulistische Kraft – wobei diese Charakterisierung auch nur bedingt taugt – etwas zu kurz kommt. Zudem könnte man bemängeln, dass zu wenig Gewicht auf die autoritären und repressiven Momente innerhalb demokratischer Strukturen gelegt wurde. Doch für antifaschistische AktivistInnen dürfte die Broschüre ein wichtiges Nachschlagewerk für ihre alltägliche Arbeit darstellen.

Bezogen werden kann die Broschüre gratis über: info@antifa.ch oder auf www.antifa.ch

Wenn Menschen Utopien bauen

Vom 3. bis zum 10. Juni 2012 findet das Klimacamp zum ersten Mal im Stadtgebiet von Zürich statt. Hier versammeln sich aktive Menschen um sich zu vernetzen, gegenseitig voneinander zu lernen und um ein Leben im Einklang mit Natur und Umwelt (vor-) zu leben.

Die Welt bewegt sich – und wir bewegen uns mit ihr. Mehr oder weniger. Es ist eine bekannte Tatsache, dass sich das Klima verändert. Und auch wenn es Argumente dagegen geben mag, so wird wohl kaum jemand abstreiten, dass die Jahreszeiten ihre Beständigkeit verloren haben und es noch nie so viele Umweltkatastrophen gab wie jetzt. Über die Thematik wird viel geredet und zu wenig Konkretes unternommen – dagegen setzen sich einige Menschen aktiv ein.

So treffen sich am 3. Juni 2012 um 14.15 Uhr Interessierte beim Bahnhof Stadelhofen, um zum Klimacamp zu spazieren und da mit dem Aufbau zu beginnen, damit am Montag das Programm mit Workshops, diversen Aktivitäten und künstlerischen Events beginnen kann. Um ein genaueres Bild vom Klimacamp zu erhalten, hier ein paar Fragen an einen jungen Mann, der sich aktiv mit der Umwelt auseinandersetzt und beim Camp und seiner Organisation mit anpackt:

Wer bist Du? Erzähl etwas über Dich.

Ich bin MO, 21 Jahre alt und selbständig als gelernter Schreiner, Bastler und Näher. Ich sehe mich ein bisschen als Lebenskünstler. Ein Interessengebiet von mir ist die Gartenarbeit zur Selbstversorgung und aktives «Radical Recycling». Und natürlich bin ich vernetzter Aktivist. Ich war in der Organisation vom Menschenstrom gegen Atom tätig und bin nun für das Klimacamp unterwegs. Bei AKW-Ade habe ich mich dafür eingesetzt, Menschen und Medien auf eine kreative Weise zu erreichen. Ich ernähre mich, ursprünglich aus tierrechtlicher Überzeugung, vegan – heute sehe ich auch Aspekte wie die Ökologie und den Welthunger.

Was sind deiner Meinung nach die grössten Umweltprobleme unseres Planeten?

Die Auswirkungen des Klimawandels wirken sich direkt auf die Vielfalt der Tier- und Pflanzenwelt aus. Die hohen Temperaturen können viele Arten nicht überleben. Ein weiterer Punkt ist der Besitzanspruch, den der Mensch auf den Planeten erhebt – durch den vielen Arten ihren Lebensraum genommen wird. Die Ausfischung der Meere ist ein ähnlich trauriges Kapitel. Wir Menschen tun grundsätzlich viel zu viele Dinge, bei welchen wir die Auswirkungen nicht abschätzen können. Ein gutes Beispiel dafür sind die AKWs.

Wie siehst du diesbezüglich die Ursachen und Zusammenhänge?

Das übertriebene Wirtschaftswachstum in Zusammenhang mit unserer Konsumgesellschaft, in der unbewusstes Konsumieren von Dingen, die der Mensch nicht wirklich braucht, gefördert wird, führt zu immer mehr Energie- und Ressourcenverbrauch. Die einzelnen Menschen könnten dies durch ihr Verhalten beeinflussen, dafür müssten sie aber eine Änderung in ihrem Bewusstsein vollziehen.

Was ist dein Lösungsansatz zu der Thematik?

«Décroissance». Das Wirtschaftswachstum muss schrumpfen, die Produktion quantitativ reduziert werden. Die Denkweise muss verändert, nachhaltige Produktion gefördert werden. Dinge, wie radikales Recycling (direktes Recycling – z.B. Taschen aus alten Veloschläuchen oder Sonnenstoren hergestellt) sollen gefördert werden. Durch solche Schritte werden nicht nur Ressourcen gespart, sondern auch Kreativität gefördert. Das allgemeine Bewusstsein für Mobilität und Nachhaltigkeit muss verstärkt werden. Die Einzelperson bewirkt alleine wenig. Durch Vernetzung und Anregung des Umfeldes zum Mitmachen können Strukturen verändert werden. Konsequentes Vorleben von Ideologien und das Aufmerksam-Machen auf bestehende Missstände und verbesserungsfähige Situationen sind ein guter Anfang. Wer weiter gehen will, wird aktiv und fordert Konzerne bestimmt dazu auf, ihre Firmenpolitik zu verändern.

Ein Themenwechsel: Du hilfst bei der Organisation des Klimacamps mit. Was ist der Sinn hinter der Veranstaltung?

Ich denke, der Hauptpunkt besteht aus der Vernetzung von aktiven Leuten und dem Weitergeben von Wissen. Dazu kommen die Workshops, die helfen, sich theoretisches Wissen anzueignen und in die Praxis umzusetzen.

Was genau muss man sich unter dem Klimacamp vorstellen?

Das Klimacamp repräsentiert sich in einer bunten und kreativen Zeltstadt. Camp-Leben, veganes Essen. Die Küche wird teilweise offen sein, so dass man mithelfen und dabei etwas über das vegane Kochen lernen kann. Das Workshop-Programm macht den zentralen Teil aus. Der Wissensaustausch dazwischen ist aber genauso spannend und lehrreich wie die Workshops selber. Die TeilnehmerInnen lernen sich untereinander kennen und vernetzen sich.

Das Camp hat einen offenen Rahmen; es soll wachsen können. In den letzten Jahren waren wir so um die vierzig bis hundert Leute, dieses Jahr erwarten wir deutlich mehr. Sehr schön am Camp ist auch, dass es familienfreundlich und generationenübergreifend ist.

Weitere Infos unter: www.klimacamp.ch

 

Das Programm des Klimacamps

Das Klimacamp ist also ein Ort, um sich zu treffen, zu vernetzen, zu lernen und kreativ zu sein. Ein Ort, an dem Organisationen wie Greenpeace, SES, WWF und Tier-im-Fokus, aber auch Einzelpersonen wie die deutsche Kletteraktivistin namens «Eichhörnchen», ihr Wissen und Engagement mit einbringen.

Dies unter anderem mit Workshops, Infoveranstaltungen und Filmen mit Themen wie «Klima und Nutztierhaltung», «Medienarbeit-ABC», «Herstellen eines Pyrolyse-Ofens» und «Klimaskeptiker».

Am Samstag (9. Juni) ist im Rahmen des Camps eine direkte Aktion geplant: Grossverteilern soll die Verbindung von Soja in der Milch/Fleischproduktion mit Regenwaldabholzung und Klimazerstörung aufgezeigt werden.

Am Sonntag (10. Juni) findet zum Abschluss die Ausstellung «zwei Blicke in die Zukunft» statt. Hier sollen die Konsequenzen unseres Umgangs mit der Umwelt auf vielfältige Weise dargestellt werden. Wie an allen Aktionen des Camps sind auch hier TeilnehmerInnen jeglicher couleur willkommen. Ob mit von zu Hause mitgebrachten oder vor Ort ausgedachten Visualisierungen – es geht darum, aufzuzeigen, was passieren kann, wenn wir so weiter machen, oder aber was geschieht, wenn wir Menschen die Thematik endlich ernst nehmen und handeln.

Arbeit ist die Quelle von Reichtum, nicht Geld

Wir haben heute längst die Möglichkeiten, um eine effiziente Wirtschaft der gemeinsamen Planung zu errichten. In dieser Gesellschaft wäre  der tagtägliche Diebstahl an der arbeitenden Bevölkerung aufgehoben und der von ihr geschaffene Wert würde ihr direkt zukommen.

«Arbeit ist demnach ganz offensichtlich das einzige allgemein gültige und auch das einzige exakte Wertmaß oder der alleinige Maßstab, nach dem man die Werte der verschiedenen Waren immer und überall miteinander vergleichen kann.» (Adam Smith)

Wir leben in einer Welt, die der Macht des Geldes ausgeliefert ist. Geld heisst Macht und wer viel Geld hat, hat auch viel Macht, die er meist dafür einsetzt, um sich noch mehr Geld und damit auch Macht anzuhäufen. Doch eigentlich ist es erst die Arbeit, die dem Geld irgendwelchen Wert gibt. Arbeit schafft Reichtum, immer. Geld erhält jedoch nur Wert, solange jemand bereit ist, seine Arbeitskraft dafür einzutauschen. Wir sind nicht von der Finanzindustrie abhängig, aber die Finanzindustrie von uns.

Wieso brauchen wir das Geld?

Wir brauchen es, da es zusammen mit einem dazugehörigen Markt den Wertmassstab liefert, um die ungeheuer komplexen Abläufe einer hochgradig arbeitsteiligen Produktionsweise bewältigen zu können. Der Realsozialismus, der eine Wirtschaft ohne die negativen Folgen des Marktes erschaffen wollte, wurde somit im Jahre 1920 folgendermassen kritisiert: «Für die Wirtschaftsrechnung wäre die Statistik nur dann verwendbar, wenn sie über die Naturalrechnung, deren geringe Eignung für diese Zwecke wir nachgewiesen haben, hinausführen könnte. Das ist natürlich dort, wo kein Austauschverhältnis der Güter im Verkehr gebildet wird, nicht möglich.» (Ludwig von Mises, 1920) Dabei weist er auf die Schwierigkeit hin, den Wert einer Ware anders als indirekt über Marktmechanismen festzustellen. Denn die direkte Berechnung der Menge Arbeit, welche in einem Produkt steckt, schliesst eine Unzahl an verschiedenen Parametern ein, welcher kein Mensch alleine bewerkstelligen kann. Aus diesen Gründen war der freie Markt mit seiner oftmals brutalen Konkurrenzlogik also über lange Zeit ein quasi notwendiges Übel, um diesem rechnerischen Problem aus dem Weg zu gehen. Dieses Problem zeigte sich im Realsozialismus umso stärker, je komplexer die wechselseitigen Abhängigkeiten im Produktionsprozess wurden, was zu teils absurden Anekdoten aus dem wirtschaftlichen Alltag führte.

Neue Möglichkeiten

Im Unterschied zu 1920 haben wir heute jedoch völlig andere Möglichkeiten, um solche komplexen rechnerischen Probleme anzugehen: «Ich habe Experimente mit einem bescheidenen Computer unseres Instituts gemacht, und dabei stellte ich fest, dass ich die Gleichung einer Ökonomie etwa in der Größe der schwedischen Wirtschaft innerhalb von ungefähr zwei Minuten lösen konnte. Wenn man einen solchen Computer benutzen würde, wie die Abteilung für Physik oder jede Wetterstation ihn hat, dann wäre es eine ziemlich einfache Angelegenheit, solche Gleichungen auch in anderen Größenordnungen zu lösen.» (Paul Cockshott)

Damit einhergehend müsste also die gesamte Debatte über die Alternativen zur heutigen Organisation der Wirtschaft unter völlig neuen Prämissen aufgerollt werden. Denn so einfach es der Markt macht, anhand des Preises einer Ware rückzuschliessen, wieviel geleistete Arbeit darin steckt, so schwierig macht er es, die im Produktionsprozess stattfindende Ausbeutung augenscheinlich zu machen. Diese findet schlussendlich dort statt, wo man einem Arbeitenden weniger ausbezahlt, als er selbst an Wert erschafft. Konkreter ausgedrückt mit einem fiktiven Beispiel trägt zum Beispiel der Industriebäcker Hans Muster rein mit seiner Arbeitskraft täglich zur Produktion von 200 kg Brot bei. Mit seinem ausbezahlten Lohn könnte er sich jedoch nur 100 kg davon leisten. Das Zugriffsrecht auf die übrig gebliebenen 100 kg Brot in Form von Geld geht somit in konkret oftmals kaum mehr nachvollziehbarer Weise in die Taschen von irgendwelchen BesitzerInnen, SpekulantInnen, Bankiers oder sonstigen ProfiteurInnen des heutigen Systems.

Alltäglicher Diebstahl

Auch dank Jahrzehnte gezielter neoliberaler Propagandatätigkeit hat sich somit das Denken weitgehend durchgesetzt, dass Geld die Grundlage von Reichtum ist. Entspricht es ja auch unseren Alltagserfahrungen, dass es vor allem Leute sind, die sich gar nie direkt am Produktionsprozess zum Beispiel eines Ferraris beteiligen, die sich diesen auch leisten können. Rein objektiv betrachtet liegt die Grundlage dieses Reichtums jedoch im tagtäglichen Diebstahl an der arbeitenden Bevölkerung. Besteuerung der Reichen ist in diesem Zusammenhang also vor allem ein Mittel, um einen Teil des Diebesgutes wieder den Bestohlenen verfügbar zu machen.

Perspektivisch betrachtet wäre es jedoch sinnvoller, transparenter und auch weniger verwirrend, man würde die ganze Verteilungsproblematik schon dort anpacken, wo der tagtägliche Diebstahl beginnt: Im Erkämpfen von Rechten, die den ProduzentInnen selbst ihren erschaffenen Wert von Anfang an zusichert. Die Grundlage dafür bietet das Einführen einer gesamtgesellschaftlichen Zeitrechnung, die uns von der Abhängigkeit der Dynamik des freien Marktes emanzipiert, ohne uns in ein ökonomisches Chaos zu stürzen. Wer mit seinem Schweiss, seiner Lebenszeit und seinem Schöpfungsdrang den materiellen Reichtum unserer Gesellschaft Tag für Tag neu erschafft, sollte auch das Recht haben, darüber zu bestimmen.

P3, Generika, Eigentum

Hinter dem so genannten ACTA-Abkommen verbergen sich weit gravierendere Gefahren als die blosse Einschränkung der Meinungs- und Downloadfreiheit im Internet. An diesem Abkommen zeigt sich eine grundlegende Problematik der bürgerlichen Gesellschaft und dem ihr notwendig innewohnenden Ausschluss bestimmter Menschengruppen vom gesellschaftlichen Reichtum. Auch der Bundesrat und das Parlament werden sich damit befassen müssen.

Das 52-seitige «Counterfeiting Trade Agreement» kurz ACTA stösst momentan nicht auf viel Gegenliebe. Die Protestierenden, die in verschiedenen europäischen Ländern – im kleinen Rahmen auch in der Schweiz – Ende Februar auf die Strasse gingen, kritisieren vor allem, dass der internationale Vertrag die vermeintliche Freiheit im weltweiten Netz gefährde. Die Freiheit, Filmchen und Musikdateien aus dem Internet runter- und hochzuladen und auf Blogs seine Meinung dazu kundzutun. Tatsächlich soll der recht schwammig gehaltene Text des Abkommens eine Handhabe bieten, um gegen illegalisierte Praktiken im Internet härter vorzugehen. ACTA schafft im Vergleich zu bereits geltendem Recht wenig Neues. Es will aber die Rechtslage in den Teilnehmerstaaten angleichen und verpflichtet sie darum zum Beispiel darauf, im nationalen Recht Verfahren bereitzustellen, die einen wirksamen Schutz des geistigen Eigentums garantieren. Wie dies genau umgesetzt werden soll und was die Folgen davon sind, ist umstritten und ExpertInnen erklären die konkrete Umsetzung für eine Auslegungssache. Es ist also vieles im Unklaren. Klar allerdings ist, dass eine Verschärfung der Verfolgung von Internetvergehen, der Schnüffelei im Internet Tür und Tor öffnen würde. Dies, weil eine konsequente Ahndung solcher Gesetzesverstösse einer grossflächigen Überwachung bedürfte und damit die Datensammelwut von Facebook und Konsorten quasi zum notwendigen Standard erhoben werden dürfte.

 

Demokratische Legitimation?

Die GegnerInnen von ACTA werfen den MacherInnen des Vertrages zudem vor, dass er jeglicher demokratischen Grundlage entbehre. Das hat was für sich, denn das Abkommen wurde seit 2006, 2007 oder 2008 – die Angaben variieren – unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandelt und die Vertragstexte fanden nur den Weg in die Öffentlichkeit über sogenannte «Leaks», undichte Stellen. Über diese Art der Kritik muss man einige Worte verlieren: Die demokratische Legitimation eines Vertrages, der vor allem den Grosskonzernen zugute kommen würde, würde ihn vom Standpunkt der breiten Bevölkerung noch lange nicht zu etwas Vernünftigem machen. Einen solchen Vertrag sollte man danach beurteilen, was seine Konsequenzen sind und nicht danach ob er die hohen Weihen der Demokratie erhalten hat. Mit dieser Logik müsste man glatt die Ablehnung der 6-Wochen-Ferien-Initiative für gut erklären oder die restriktive Ausschaffung «krimineller» Ausländer gut heissen. Das war schon in der ehemaligen Antiglobalisierungsbewegung eine komische Argumentationsfigur: Das WEF oder die G8 – in deren Umfeld das ACTA-Abkommen entstanden ist – wurden in weiten Kreisen nicht deswegen kritisiert, weil sie direkte Geschäftsausschüsse der potentesten Nationen und deren Kapital sind, sondern weil ihnen die demokratische Legitimation fehle. So erhebt man die bürgerliche Demokratie und Öffentlichkeit zu einem Wert als solchen und geht ihr damit auf den Leim.

 

Ausschluss von 

lebenswichtigen Gütern

In den Protesten gegen ACTA geht es zumeist um die Freiheit im Internet. Auch die Medien berichteten und berichten vor allem unter diesem Gesichtspunkt über das Abkommen und den sich formierenden Widerstand. Dabei gerät aus dem Blick, dass eine Verschärfung der Überwachungs- und Bestrafungspraxis von Verstössen gegen das geistige Eigentum wesentlich elementarere Güter betrifft als MP3-Dateien und Avi-Filmchen. Sollte das ACTA-Abkommen tatsächlich in Kraft treten, dann dürfte es Firmen wesentlich leichter fallen, Patentrechte auf Saatgut durchzusetzen oder die Produktion und Ausfuhr von Generika zu verhindern. Dies würde für einen grossen Teil der Welt eine Verschlechterung der ohnehin katastrophalen Zustände bedeuten. Dieses Problem wird leider bloss von wenigen KritikerInnen thematisiert. Doch auch sie graben in den allermeisten Fällen zu wenig tief – obwohl das Problem eigentlich offen zu Tage liegt: ACTA würde eine Verschlechterung bedeuten, ja. Aber diese Verschlechterung kann es bloss geben, weil den Menschen in der sogenannten Dritten Welt – und nicht nur da –überlebenswichtige Güter überhaupt als Firmen-Eigentum an Saatgut und Medikamenten gegenüber tritt. Zugang zu diesen dringend benötigten Mitteln erhalten sie nur, wenn sie über eine zahlungskräftige Nachfrage verfügen. Wenn sie also das entsprechende Geld dafür aufbringen können. Dass diese Waren nun durch das ACTA-Abkommen drohen verteuert zu werden, ist problematisch. Weit problematischer aber ist doch der Mechanismus, dass die betroffenen Menschen ganz grundsätzlich über das Geld von diesen Waren ausgeschlossen werden oder sie nur in unzureichendem Masse erhalten. Darüber sollte man im Rahmen der ACTA-Proteste mal nachdenken. Wenn aber auf der offiziellen Webseite der Anti-ACTA-Bewegung in Deutschland vorgerechnet wird, dass das Abkommen dem Handel schade, dann macht man das glatte Gegenteil und erklärt sich objektiv mit dem Ausschluss von Menschen vom gesellschaftlichen Reichtum einverstanden.

 

Beschluss im Parlament

Wenn der Bundesrat voraussichtlich im März nächsten Jahres das Abkommen unterzeichnen will, um es dann vor das Parlament zu bringen, dann wird er sich aller Voraussicht nach keinen der obigen Gedanken machen. Dass das Abkommen über das parlamentarische Verfahren seine demokratischen Weihen erhalten würde, würde die potentiell mörderische Problematik dieses Abkommens um keinen Zentimeter wett machen. Fraglich wäre lediglich, ob sich der humanistische Schleier in den Köpfen einiger PolitikerInnen durchsetzen könnte und so ACTA zurückgewiesen würde oder ob sich die direkten Profitinteressen der Grosskonzerne einmal mehr recht unvermittelt durchsetzen könnten.

Nein zu neuen AKWs

Die Allianz «Nein zu neuen AKW» anerkennt die Bestrebungen der BKW für eine nachhaltige Stromversorgung der Schweiz und wartet auf Tatbeweise. Kein Verständnis hat die Allianz gegenüber dem Ansinnen, das AKW Mühleberg bis 2022 weiter zu betreiben. Weiter fordert die Allianz, dass die BKW nun das sistierte Neubaugesuch für ein AKW Mühleberg II zurückzieht.

Die BKW hat die Zeichen der Zeit erkannt und plant – anders als Alpiq und Axpo – die Anpassung ihrer Infrastruktur an die dezentrale Stromproduktion. In der neuen Strategie «nach Mühleberg» will sie auf Effizienz, erneuerbare Energie und auf intelligente Netze setzen. «Das ist löblich,» sagt Jürg Buri, Präsident der Allianz «Nein zu neuen AKW» und Geschäftsführer der Schweizerischen Energie-Stiftung SES, «doch nun muss der Tatbeweis folgen, dass dies kein reines Lippenbekenntnis bleibt.»

Energiezukunft ohne Atomkraft
Denn nach wie vor hält die BKW an der Atomkraft fest. Dies zeigt der Fall Mühleberg, bei dem die BKW mit dem Weiterzug des Bundesverwaltungsgerichtsentscheids ans Bundesgericht den eigenen Profit über die Sicherheit der Bevölkerung stellt. Dies zeigt auch das sistierte Neubaugesuch für ein AKW Mühleberg II, welches nach wie vor hängig ist. «Wenn die BKW glaubhaft sein will, muss sie das Gesuch für ein AKW Mühleberg II nun zurückziehen» so das Fazit von Jürg Buri.

Die Allianz «Nein zu neuen AKW» setzt auf die Zukunft und damit auf die umwelt- und sozialverträgliche Nutzung neuer erneuerbarer Energien und auf Stromeffizienz. Sie setzt sich gegen den Bau neuer AKW in der Schweiz ein.

Weitergehende Informationen zur Allianz «Nein zu neuen AKW» und zu Risiken und Gefahren der Atomenergie finden Sie auf der Website www.nein-zu-neuen-akw.ch.

Die postfeministische Angst vor den Frauen

 

Natalie Schmidt. Postfeminismus ist ein Schlagwort, das salonfähig geworden ist. Während Feministin zu sein meist heisst, als verklemmte Emanze und hässliche Verliererin bei der Partnerwahl abgestempelt zu werden, steht Postfeministinnen scheinbar der goldene Weg zum Erfolg offen.

Die attraktiven Vertreterinnen des Postfeminismus propagieren medienwirksam eine Emanzipation, die Spass machen und sich von einer Ästhetik der behaarten Beine und lila Latzhosen der zweiten Frauenbewegung abgrenzen soll. Junge Frauen sind heute dazu aufgerufen, ihre Emanzipation selbst in die Hand zu nehmen. Doch dass sich eine junge Frau als Teil der Frauenbewegung sieht, passiert eher selten. Vielmehr geht es um die Ausgestaltung der eigenen Identität, den individuellen Kampf um Erfolg im Berufsleben und vor allem um die Abgrenzung von anderen Frauen. Eine verallgemeinernde Aussage wie «Wir Frauen werden geschlechtsspezifisch benachteiligt und müssen uns deshalb solidarisieren und gemeinsam kämpfen!», scheint irgendwie nicht mehr in den Zeitgeist zu passen und ist seit den 1990er Jahren in manchen akademischen Kreisen sogar ein politisches No-Go, weil damit die verschiedenen Identitäten von Menschen einfach unter dem Begriff Frauen subsummiert werden. Aber wie kommt es, dass in einer Zeit des Sozialabbaus, des verstärkten Drucks auf Frauen in Haushalt und Beruf gerade die Frage nach Frauensolidarität so absurd erscheint?
Der unsichtbare kapitalistische Rahmen

Auffällig ist, wie wenig sich der Postfeminismus mit ökonomischen Verhältnissen befasst. Vielmehr steht im Vordergrund, kulturelle Codes zu knacken, das eigene Rollenverhalten zu ändern und den individuellen Weg zu finden, um im Patriarchat zu überleben. Das klingt nicht nach Kapitalismuskritik, die die Verhältnisse als ganzes und damit eben nicht nur in Bezug auf kulturelle Spielarten von Geschlecht betrachtet. Es beschreibt vielmehr einen Weg um innerhalb der bestehenden kapitalistischen Ordnung eben noch den grösstmöglichen persönlichen Vorteil herauszuschlagen.
Es ist beunruhigend, wie viel die Ideale des Postfeminismus mit denen der neoliberalen Ideologie gemeinsam haben. In der neoliberalen Ideologie spielt Eigenverantwortung eine wichtige Rolle. Im Zusammenhang mit dem Abbau der sozialen Sicherungssysteme wird argumentiert, dass alle Menschen eigenverantwortlich am besten ihr Leben organisieren könnten und deshalb die Gemeinschaft beziehungsweise der Staat nicht mehr eingreifen müsse. Dabei geht es eigentlich darum Kosten zu sparen und weniger Geld für die Versorgung der Menschen auszugeben. Damit das aber nicht so unpopulär klingt, wird betont, dass es so besser funktioniert, weil es angeblich in der Natur des Menschen liegt, sich für seinen eigenen Vorteil einzusetzen (vergleiche von Hayek 1971, S.58ff).
Es wird die Vorstellung vermittelt, alle Menschen könnten ihren Erfolg in Beruf und Lebensalltag selbständig beeinflussen. Das ist zwar in gewissem Maße möglich, doch die Ausgangspositionen von Menschen, das Milieu in dem sie aufwachsen, welche Bildung sie erhalten, in welchem Teil der Welt sie geboren sind, welche Hautfarbe und welches Geschlecht sie haben, wie ihre Körper beschaffen sind, sind Faktoren, die massgeblich bestimmend für den Erfolg oder Misserfolg von Menschen im kapitalistischen System sind. Vor allem Frauen «sollen sich neu erfinden und werden permanent dazu aufgefordert, flexibler zu werden und sich den neuen Gegebenheiten anzupassen» (McRobbie 2010, S.173). Dies bezieht sich laut der Soziologin und Kulturwissenschaftlerin Angela McRobbie vor allem auf den Arbeitsmarkt und die Selbstdarstellung.

Eigenverantwortung und Selbstmanagement

Ein populäres Bild, in dem Frauen in unserer Zeit dargestellt werden, ist das der berufstätigen und gut ausgebildeten jungen Frau. Sie tritt als unabhängige, erfolgreiche und kaufkräftige Teilnehmerin im neoliberalen Wettbewerb in Erscheinung. Sie feiert ihren Erfolg als individuellen Erfolg, den sie im Gegensatz zu anderen Frauen vorgeblich durch eigene Anstrengungen verdient hat und ist selbstverantwortlich für ihr Leben. Benachteiligung von Frauen wird so zum Einzelphänomen und zur individuell zu bewältigenden Niederlage. Um ihre Versagensängste in den Griff zu bekommen, wird jungen Frauen vermittelt, dass sie mittels Techniken des Selbstmanagements wie Tagebüchern, Fitness und einer durchdachten Lebensplanung Einfluss nehmen könnten auf ihren Erfolg. Wenn dies nicht gelingt, so kann die Frau keine Ansprüche an die Gesellschaft stellen, sondern sich nur selbst die Schuld für ihr schlechtes Selbstmanagement geben. Die Wahlfreiheit und Selbstständigkeit, die Frauen angepriesen wird, entpuppt sich als schwer zu bewältigende Last, ohne soziale Sicherungssysteme das eigene Schicksal in die Hand zu nehmen. Dieses Konzept der Selbstverwirklichung ignoriert die gesellschaftlichen Verhältnisse, in denen Frauen weiterhin ökonomischen Zwängen und hegemonial männlichen Hierarchien ausgesetzt sind, auf die sie als Einzelpersonen wenig oder keinen Einfluss haben. In der zweiten Frauenbewegung bedeutete Emanzipation, sich frei zu machen von der Abhängigkeit von Männern, solidarische Beziehungen zwischen Frauen zu knüpfen und eine antikapitalistische Position zu vertreten. Im Postfeminismus bedeutet Emanzipation – passend zur neoliberalen Ideologie – im kapitalistischen Sinne individuell erfolgreich zu sein und vermeintlich über den Ungerechtigkeiten zu stehen. Die Kritik an einer ökonomischen Benachteiligung von Frauen insgesamt steht zurück hinter dem Anspruch, auf eigene Faust Karriere zu machen und möglichst noch ohne Klagen Haushalt und Kinder zu bewältigen. Im Postfeminismus, der zur Änderung
der Produktionsverhältnisse und der Verteilung der Reproduktionsarbeit lediglich ein verändertes Rollenverhalten vorschlägt, werden Verteilungsfragen reprivatisiert. Reproduktionsarbeit, die stillschweigend den Frauen überantwortet wird, wird nur insofern thematisiert, als dass ihnen Strategien angeboten werden, mit ihrer Überlastung fertig zu werden. Politisch ist das Private hier nicht mehr.

Judith Butler und die Befreiung von der Identität Frau

Die Vereinzelung von Frauen findet sich nicht nur im postfeministischen Alltag sondern auch in der poststrukturalistischen Theorie der Philosophin Judith Butler.

In ihrem Aufsatz «Performative Akte und Geschlechterkonstruktion» formulierte sie, dass die Bezeichnung «Wir Frauen» nicht mehr haltbar sei (Butler in Wirth 2002, S.308). Die Bezeichnung «Frau» beschreibt Butler zufolge nur unzureichend die Identität eines Menschen und sie fordert eine stärkere Differenzierung zwischen Identitäten. Eine Politik zur Befreiung der Frauen bezeichnete sie als «nutzlos» und die «Kategorie Frau» sei ihrer Meinung nach nicht repräsentativ für die kulturelle Erfahrung aller Frauen. Für sie sind Frauen eine Kategorie, die so konstruiert ist, dass «Frausein per definitionem bedeutet, sich in einer Situation der Unterdrückung zu befinden». Ihre Argumentation läuft also auf eine Abschaffung des Begriffes «Frau» hinaus. Dass nicht alle Frauen die gleichen Erfahrungen gemacht haben und auch nicht die gleichen Vorraussetzungen haben, wurde bereits in der zweiten Frauenbewegung der 1970er Jahre in der BRD diskutiert (vergleiche Sommerbauer 2003, S.78f). Dabei ging es jedoch nicht um die Identität von Frauen, sondern um ihre gesellschaftliche Stellung.
Judith Butler brachte die Diskussion um Identität von Frauen auf und vollzog damit eine Verschiebung des Diskussionsgegenstandes. Identität bekommt bei Butler deswegen einen so hohen Stellenwert, weil sie davon ausgeht, dass mittels Repräsentation in der Gesellschaft Einfluss genommen werden kann. Sie beschäftigt sich also mit der symbolischen Präsenz verschiedener Identitäten in der Gesellschaft und nicht mit ökonomischen Verhältnissen und ihren Auswirkungen auf das Geschlechterverhältnis.

Die Gestaltung der eigenen Identität erscheint so als kulturelles Mittel um die Geschlechterhierarchien aufzulösen, jedoch ohne Bezug zum kapitalistischen System, in dem wir uns befinden. Es überrascht nicht, dass in einer Phase der gesellschaftlichen Umstrukturierung mit dem Ziel, Ausbeutung flexibler zu gestalten, auch die Forderung nach flexibleren Identitäten aufgenommen wird. Menschen, die flexible Identitäten zu ihrem persönlichen Ideal erheben, haben die besten Voraussetzungen, in dieser Gesellschaft ein erfolgreiches Individuum auf dem Arbeitsmarkt und
im Privatleben zu sein, bei dem sie sich auf staatliche Unterstützung und ökonomische Sicherheit nicht mehr verlassen können.
Frauenbünde ahoi!

Die Betonung von differenten Identitäten aller Menschen und die Nicht-Benennung kollektiver ökonomischer Benachteiligung von Frauen erschwert einen solidarischen Zusammenschluss von Frauen, der in der patriarchalen Gesellschaft historisch bedingt sowieso schwierig ist. Die poststrukturalistische Theorie Butlers greift mit ihrer Forderung nach pluralen Identitäten und ihrer Kritik am angeblich zu undifferenzierten Begriff «Frauen» feministische Frauenbünde an, die erst vor nicht allzu langer Zeit gebildet wurden. Es braucht also wieder einen Feminismus von Frauenbünden, die sich nicht durch die Unterschiedlichkeit ihrer Identitäten und auch nicht von den Verheissungen von eigenverantwortlichem Erfolg spalten lassen, sondern deren erklärtes Ziel es ist, die gemeinsame ökonomische Benachteiligung zu bekämpfen und sich in diesem Kampf solidarisch zu stützen.

Quellen:

– McRobbie, Angela: Top Girls. Feminismus und der Aufstieg des neoliberalen Geschlechterregimes. Wiesbaden 2010

– Hayek, Friedrich A.: Der Weg zur Knechtschaft. München 1971

– Butler, Judith: Performative Akte und Geschlechterkonstruktion. Phänomenologie und feministische Theorie.

– Uwe: Performanz. Zwischen Sprachphilosophie und Kulturwissenschaften. Frankfurt a.M. 2002

– Sommerbauer, Jutta: Differenzen zwischen Frauen. Münster 2003

Mumia wird nicht hingerichtet!

Endlich! Nach einem drei Jahrzehnte dauernden Kampf wird die Todesstraffe von Mumia Abu-Jamal in eine lebenslängliche Freiheitsstraffe umgewandelt. Doch der Kampf geht weiter bis Mumia frei sein wird.

Wie Abu-Jamals Anwälte mitteilten, akzeptierte die Staatsanwaltschaft die Umwandlung der Strafe in lebenslange Haft. Massive Zweifel an seiner Schuld hatten Abu-Jamal zu einer Symbolfigur im Kampf gegen die Todesstrafe in den USA gemacht.

Abu-Jamal war 1982 wegen Mordes an dem weissen Polizisten Daniel Faulkner zum Tode verurteilt worden. Der heute 57-Jährige hatte stets seine Unschuld beteuert. Immer wieder wurd darauf hingewiesen, dass es im Verfahren gegen Abu-Jaml rassistische Motivationen gegeben hat. Der Geschworenen-Jury hatten damals zehn Weisse und nur zwei Afroamerikaner angehört. Zudem sind bekanntlich die Ermittlungen schlampig geführt und Entlastungszeugen nicht gehört worden.

Abu-Jamal, der früher in der  afroamerikanischen Black-Panther-Bewegung aktiv war, konnte in seinem Kampf auf ein Netzwerk von Unterstützern auf der ganzen Welt zählen. Anfang 2010 richteten mehr als 7000 Menschen einen Appell an US-Präsident Barack Obama, sich für Abu-Jamal einzusetzen und die
Todesstrafe abzuschaffen. Zu den Unterzeichnern der Petition gehörte unter anderem der Literaturnobelpreisträger Günter Grass.

Jahrelang beschäftigte der umstrittene Fall die Gerichte. Nachdem ein Bundesberufungsgericht in Philadelphia im Jahr 2008 das Todesurteil gegen Abu-Jamal aufgehoben hatte, zog der Bundesstaat Pennsylvania vor den Obersten Gerichtshof in Washington. Der Supreme Court wies den Fall Anfang 2010 wieder an das Bundesberufungsgericht mit dem Auftrag einer Neuprüfung zurück. Dort sollte
eine Jury über das Strafmass befinden.

Atomausstieg beschlossen

Mit dem heutigen Entscheid des Nationalrats ist der Atomausstieg der Schweiz auf parlamentarischer Ebene beschlossen. Nun kann der Bundesrat die konkrete Umsetzung vorantreiben. Gleichzeitig ist dieser Entscheid ein klares Signal für die Schweizer Wirtschaft und Gesellschaft, auf eine nachhaltige, zukünftige Stromversorgung der Schweiz hinzuwirken.

Der Nationalrat ist in neuer Zusammensetzung der Linie von Bundesrat, Ständerat und dem ehemaligen Plenum im Nationalrat gefolgt und hat die abgeänderten Motionen zum Atomausstieg klar überwiesen. Diese schliessen im Wortlaut Rahmenbewilligungen für neue Atomkraftwerke aus. Der Bundesrat hat jetzt die breite Abstützung, mit der Energiestrategie 2050 die Stromversorgung der Schweiz ohne neue AKW voranzutreiben.

Restrisiko bleibt bestehen
Die Allianz «Nein zu neuen AKW» ist erfreut über diese konsequente Haltung und gratuliert den Nationalrätinnen und Nationalräten zu diesem Entscheid. Dieser schafft klare Rahmenbedingungen für die Schweizer Stromwirtschaft und gibt den Unternehmen Rechts- und Investitionssicherheit, welche es dringend braucht, um die zukünftige, nachhaltige Stromversorgung der Schweiz in die richtigen Bahnen zu lenken

Damit sind die Probleme der Atomkraft allerdings noch nicht vom Tisch. Die laufenden AKW produzieren weiterhin Atommüll, die Endlagerung ist nach wie vor nicht gelöst. Noch bedenklicher ist, dass alte, gefährliche Risikoreaktoren wie das AKW Mühleberg trotz bekannter Mängel immer noch am Netz sind. Solange diese betrieben werden, ist der Atomausstieg nicht geschafft. Politik und Gesellschaft sind weiterhin gefordert, um Ihre Stimme gegen die Atomkraft und für die Energiewende zu erheben.

Die Allianz «Nein zu neuen AKW»
Die Allianz «Nein zu neuen AKW» setzt auf die Zukunft und damit auf die umwelt- und sozialverträgliche Nutzung neuer erneuerbarer Energien und auf Stromeffizienz. Sie setzt sich gegen den Bau neuer AKW und für den raschen Ausstieg in der Schweiz ein.

Quellle und weitergehende Informationen zur Allianz «Nein zu neuen AKW» und zu Risiken und Gefahren der Atomenergie finden Sie auf der Website www.nein-zu-neuen-akw.ch.

Infotreffe der Rechtsextremen im Kanton Luzern

Die Avalongemeinschaft besteht seit 1990 und orientiert sich an völkisch-nationalen Werten. Sie organisierte immer wieder Vorträge mit holocaustleugnenden Inhalten, an denen auch ehemalige SS-Angehörige teilnahmen. Ihr Schwerpunkt liegt  in der rituellen Zelebrierung einer nordischen-germanisch Herrenrasse. Die Organisatoren legen grossen Wert darauf, im Verborgenen zu bleiben und halten ihre Veranstaltungen jeweils klandestin und unter Ausschluss der Öffentlichkeit ab. Für den 12. November hatte die Gemeinschaft zwei einschlägig bekannte Namen gebucht: Hans Schmidt (Baden-Würthenberg) und Bernd Rabehl (Berlin).

Hans Schmidt zählt zu den Führungspersönlichkeiten der „Artgemeinschaft germanische Glaubensgemeinschaft wesensgemässer Lebensgestaltung“. Diese Organisation knüpft in ihrer Ideologie direkt an die Rassenlehre des nationalsozialistischen Deutschlands an. Bereits als Student  war Schmid politisch aktiv und gründete den „Nationaldemokratischen Hochschulbund“ (NHB) in Tübingen. Verheiratet ist er mit Edda Schmidt, eine der einflussreichsten Frauen in der deutschen rechtsextremen Szene. Gemeinsam betreiben sie ein Versandantiquariat für Schriften aus dem Dritten Reich in Bissingen-Steinhofen. Deshalb wurde das Ehepaar bereits wegen „Anstachelung zum Rassenhass“ verurteilt. Weiter gilt er als Mitautor für das Publikationsorgan der mittlerweile verbotenen „Hilfsgemeinschaft Nationaler Gefangener“ sowie der Zeitschrift „Nation und Europa“.

Bernd Rabehl war ursprünglich Träger der 68er Revolte in Deutschland und wechselte in den 90er Jahren ins rechtsextreme Lager. Er wandelte sich zum Vertreter eines völkischen Nationalismus und empörte sich immer stärker über die „Überfremdung“ und das „Antisemitismus-Tabu“. Er engagierte sich für die DVU und die NPD, wurde 2009 gar als gemeinsamer Kandidat für das Amt des deutschen Bundespräsidenten gehandelt. In der Schweiz hielt Rabhel bereits Vorträge bei der PNOS-Langenthal.

Die beiden Referenten wurden nicht zufällig ausgewählt. Ihre teilweise krude Argumentationsführung dient der rechtsextremen Szene als politischer Überbau für ihr  Selbstverständnis. Gerade der von der Artgemeinschaft vertretene Sozialdarwinismus und ihre Vorstellung von der Verbundenheit eines Volkes durch Blut und Erde legitimieren die Wertvorstellungen der Neonazis. Die Vorträge müssen somit als Teil der politischen Bildung von Neonazis verstanden werden, die durch Adrian Segessenmann, Kopf der Avalongemeinschaft, forciert wird.

Europäisches Fascho-Treffen in der Ostschweiz

 Am 10. September soll in der Ostschweiz das «Europafest» der «Europäischen Aktion» stattfinden. Die Organisation will damit für ein «neues europäisches Selbstbewusstsein» werben und dafür an nationalsozialistische Traditionen anknüpfen. Doch in St. Gallen formiert sich Widerstand.

In der Einladung zu ihrer «ersten Grossveranstaltung» schreibt die «Europäische Aktion» (EA): «Erwünscht ist traditioneller Stil, volkstreue Kleider (z.B. Trachten) (…) unerwünscht sind Bluejeans und die Monturen pubertärer angloamerikanischer Subkulturen.» Die EA grenzt sich also ästhetisch von den gewalttätigen Glatzköpfen ab. Gleichzeitig ist ihr aber der Traditionsbezug wichtig. Das sieht man auch an ihren ideologischen Grundlagen, die Anleihen an der nationalsozialistischen Tradition nehmen: Antisemitismus, Rassismus, rechte «Kapitalismuskritik» und Verschwörungstheorien gehören zu ihrem Repertoire. Nicht zufällig ist Bernhard Schaub einer der federführenden Exponenten des Zusammenschlusses. Der ehemalige Rudolf-Steiner-Lehrer und bekannte Holocaust-Leugner ist für seine Sympathien für das «Dritte Reich» bekannt. Schaub wird neben NPD-Exponenten und anderen europäischen Rechten einer der Hauptredner der Veranstaltung sein.

Ideologische Grundlagen

«Am Beginn einer europäischen Befreiungsaktion muss ein Feldzug für die Freiheit des Wortes stehen», erklärt die EA. Was sie damit wirklich meint wird klar, wenn man sich durch ihre Homepage klickt. Es geht vor allem darum, dass man endlich wieder den Holocaust leugnen und JüdInnen verunglimpfen darf. Wer sich die Texte der EA durchliest, stösst immer wieder auf krude Verschwörungstheorien: Der Anschlag auf die «Twin-Towers» habe vor allem der «Zionisten-Mafia» gedient, die Anschläge in Norwegen seien ein Geheimdienstprojekt um das «national- und europabewusste Lager» zu schwächen und der Zweite Weltkrieg habe wegen einer «von den Juden inspirierten Hintergrund-Diplomatie» stattgefunden. Die Juden haben an allem Schuld: sowohl am «zügellosen Rothschild-Kapitalismus» wie am «marxistischen Terror», sowohl an der «Rassenvermischung» wie an der «Neuen Weltordnung». Der Kampf der EA für «die Freiheit des Wortes» hat einzig zum Ziel, dass man diese irren Vorstellungen endlich wieder offen propagieren kann. Die Überschneidungen der EA mit dem Nationalsozialismus liegen offen zu Tage. Der verschwörungstheoretisch angereicherte Antisemitismus war eine zentrale Komponente bei den Nazis. Auch in anderen Fragen sind Schaub und seine Kameraden eng an den Nationalsozialismus angelehnt. Wo andere Rechte in den letzten Jahren vor allem von «Kulturkreisen» geredet haben, da poltert die EA offen von bedrohten Rassen und fordert eine «Repatriierung» aller «aussereuropäischen Einwanderer». Zudem hat die Vereinigung einen «rechten Antikapitalismus» auf Lager, der eine Verstaatlichung der Banken – des «raffenden» internationalen Kapitals – fordert, ohne aber die Produktionsstruktur des Kapitalismus als solche anzutasten. Die Verteidigung des «Dritten Reiches» in verschiedenen Texten rundet das Bild einer ziemlich traditionell nationalsozialistischen Vereinigung ab – auch wenn man heute das gesamte Europa im Sinne hat.

 

Widerstand in St. Gallen

In St. Gallen hat sich ein «Bündnis gegen Rassismus, Faschismus und Antisemitismus» zusammengefunden und will sich dem Treffen entgegenstellen. Das Bündnis erklärt auf Nachfrage: «Die Gefahr, die von einer Organisation wie der EA ausgeht, ist einerseits die kontinentale Zusammenarbeit einzelner faschistischer Gruppen, andererseits auch die Tatsache, dass es sich nicht um ungebildete, nur gewaltgeile Personen handelt. Diese Leute wissen, wie man möglichst viele naive, unzufriedene Menschen in den Bann ziehen und für sich instrumentalisieren kann.» Man solle «vor Ort sein und Gesicht zeigen», fordert das Bündnis. Genauere Angaben folgen in den nächsten Tagen auf öffentlichen Plattformen wie Indymedia, wenn der genaue Versammlungsort der EA beka

«Wer hat uns verraten?»

Am gestrigen Abend versammelten sich gegen 400 Menschen, um an einer Demonstration gegen die Aufhebung des AKW-Ade-Camps zu protestieren. Überraschend war das Camp in der Nacht auf den Dienstag polizeilich geräumt worden. Kritik wurde insbesondere an Stadtpräsident Alexander Tschäppät (SP) laut.

Spontan trafen sich die, die kamen: Erst am selben Tag war zur Demonstration aufgerufen worden, als direkte Reaktion auf die Räumung des AKW-Ade-Camps. Umso erstaunlicher, dass sich ein ansehnlicher Demonstrationszug versammelte. 400 vorwiegend junge Menschen verschafften ihrem Frust und ihrer Enttäuschung über die unvorhersehbare Aktion der Stadtregierung Raum, von der Reitschule bis zum Bundesplatz demonstrierte man friedlich, aber bestimmt. Unbehelligt von der Polizei skandierten die DemonstrantInnen gegen AKWs im Allgemeinen und die Stadtregierung im Besonderen.

Chronik einer Räumung

Gut 11 Wochen, vom April bis zum 21 Juni, hatte das AKW-Ade-Camp bestaden. Um 3.30 Uhr, am frühesten Dienstagmorgen, begann dann die Räumung. Räumung durch die Polizei, Räumung mit 26 Personen, die kontrolliert und festgehalten wurden. Die Polizei traf auf gänzlich überraschte AktivistInnen: Niemand hatte damit gerechnet, dass das Camp zwangsweise aufgelöst wurde. Tatsächlich hatte Stadtpräsident Tschäppät noch angekündigt, innert der nächsten paar Tage die Anliegen der «Camper» in den Gemeinderat zu tragen, zumindest aber weiterhin auf einen Dialog zu setzen. Ein besonders pikantes Detail: Sogar die Rechts-Bürgerlichen der SVP wollten dem Camp ein Ultimatum von 48 Stunden vor der Auflösung setzen; nun geschah die Räumung gänzlich ohne Ankündigung, ohne Ultimatum und weit früher, als sogar die SVP es sich erhofft hatte.

Der Gemeinderat hatte die Räumung befohlen. Dabei sticht ins Auge, dass dies ohne Zustimmung von SP oder Grünen nicht möglich gewesen wäre. Insbesondere Alexander Tschäppät (SP) als Stadtpräsident dürfte hier eine tragende Rolle gespielt haben. Ebenso wahrscheinlich scheint eine Beteiligung von Regula Rytz (Grüne). Direkt nach der Räumung des Camps wurde die Campstätte umgepflügt von Mitarbeitern der Stadtgärtnerei – diese untersteht Frau Rytz. Mit der Räumung des Camps geht auch der Rückzug eins Angebots einher. Bislang hatte die Stadtregierung den AktivistInnen angeboten, eine dauerhafte Mahnwache einzurichten. Dieser Vorschlag wurde nun mit dem Hinweis verworfen, dass man keine weitere Besetzung des Areals dulden werde. Spätestens hier lassen sich Vorsatz und Plan erkennen.

Enttäuschung und Frust

Während die Demonstration völlig friedlich verlief, war die Enttäuschung allenthalber spürbar. Die vorherrschenden Parolen schwankten zwischen Protest gegen AKWs und der Wut über das Vorgehen des Gemeinderates. Man konnte die Wiederbelebung eines Jahrzehnte alten Slogans miterleben: «Wer hat uns verraten? Sozialdemokraten!» Interessant hieran dürfte vor allem sein, dass auch vereinzelte Junggrüne und Jusos anwesend waren. Vor allem von den Junggrünen konnte man Worte wie diese hören: «Aus meiner Sicht ist das Tschäppäts Fehler, weil er angekündigt hatte, die Interessen des Camps in den Gemeinderat zu bringen. Und das Camp jetzt unangekündigt aufzulösen finde ich sehr, sehr feige.» Kritik an der eigenen Vertretung im Gemeinderat konnte aber nicht vernommen werden: «Über die Rolle von etwa Regula Rytz kann ich noch nichts sagen.»

Insgesamt war eine spürbar antiparlamentarische Stimmung vorherrschend. Von jenen verraten, die Sympathie und Verständnis bekundet hatten, fühlte man sich zu Recht betrogen. So kam man denn auch dazu, Folgendes zu skandieren: «Parlamenten nie vertrauen, Widerstand von unten bauen!» Es muss allerdings auch angemerkt werden, dass die Partei der Arbeit Bern ihre Solidarität mit den Demonstranten durch Anwesenheit bekundete. Sie warf Gemeinderat und Stadtregierung vor, heuchlerisch gegenüber den AktivistInnen vorgegangen zu sein und eine vorher von der PdA eingereichte Motion zur Unterstützung sämtlicher Aktionen gegen AKWs schlichtweg ignoriert zu haben.

Kundgebung und Fazit

Auf der Kundgebung brach sich die Wut ein weiteres Mal Bahn. Von einem der «Camper» konnte man die Geschichte der Räumung en detail erfahren: «Ich lag heute morgen in meinem Zelt und dachte zuerst, dass das wieder so besoffene Viecher sind, die nichts besseres zu tun haben als zu versuchen, unseren Infostand kaputt zu machen. Aber es waren keine besoffenen Viecher, es war die Polizei und sie haben uns mitgenommen und stundenlang festgehalten. (…) Das Camp war mehr als eine Stätte des Widerstands. Wir konnten uns dort organisieren und hatten eine schöne Zeit. Die vermissen wir jetzt! (…) Tschäppät ist für mich nicht mehr wählbar. Jemand der so sein Wort bricht, den kann ich weder in den Nationalrat noch sonst wohin wählen. (…) Wir machen weiter, bis Mühleberg abgestellt ist.» Beantwortet wurde die Ansprache mit einem Spruch: «Tschäppät raus, Tschäppät raus!»

Aber auch die Reaktion der PassantInnen ist aufschlussreich. Gefragt, wie sie zur Auflösung des Camps stehen, kamen  Antworten wie diese: «Ich finde es scheisse, wirklich scheisse! Ich bin enttäuscht von Tschäppät. Das ist einfach nicht das Feeling der Stadt. Es war friedlich und ja wirklich ein Anliegen, das jedem am Herz liegen sollte.» «Ich find’s doof. Enttäuschend, aber ich mach mir da keine Illusionen mehr.» Illusionslos, nüchtern, enttäuscht. Das dürfte die Reaktionen jener gut beschreiben, die in der rot-grünen Regierung eine Kraft des Fortschritts gesehen haben. Insbesondere, da an diesem Tag eine sehr simple Wahrheit ausgesprochen wurde: «Wenn Mühleberg explodiert, dann wird nicht mehr ein Camp, sondern die Stadt geräumt werden müssen.» Da macht es Hoffnung, dass die AKW-GegnerInnen ihren Widerstand fortsetzen wollen. Bereits diesen Donnerstag, gegen 18.00 Uhr am Viktoriaplatz, soll die nächste Protestaktion stattfinden.

Geräumt!

Heute morgen früh liess der Gemeinderat das AKW-Ade-Camp auf dem Viktoriaplatz in Bern von Dutzenden Polizisten räumen und alle anwesenden CamperInnen verhaften. Bis das AKW abgestellt ist, wird der Protest weiter gehen mit oder ohne die Genehmigung des Berner Gemeinderats. Kommt alle heute um 12h zum Viiktoriaplatz.

Mit der Räumung hat sich der Gemeinderat nun auch auf die Seite der Atomlobby gestellt, nachdem der Grosse Rat letzte Woche beschlossen hat nichts zu unternehmen, um das altersschwache AKW Mühleberg vom Netz zu nehmen.

Bis das AKW abgestellt ist, wird der Protest weiter gehen mit oder ohne die Genehmigung des Berner Gemeinderats. Kommt alle heute um 12h zum Viiktoriaplatz. Bereits zum 14. Mal findet das Dienstags-Protest-Picknick statt, heute mit einem Konzert von Trummer und Nadja Stoller. Und am Donnerstag wird es die nächste Donnerstagsdemo geben um 18h. Der Treffpunkt wird auf der Webseite akw-ade.ch bekannt gegeben, wie auch alle weiteren Aktivitäten.

Abschalten!

Nach dem erfolgreichen Protestmarsch gegen AKWs am Pfingstsonntag 2010, war für die OrganisatorInnen die Motivation hoch, auch 2011 wieder einen «Menschenstrom gegen Atom» auf die Beine zu stellen. Vor einem Jahr ahnte niemand, welche tragische Aktualität und Brisanz der diesjährige Protestmarsch bekommen würde.

«Die Kundgebung hat eines deutlich gemacht: Bundesrat und Parlament müssen den Sorgen der Menschen und ihren Hoffnungen auf eine atomfreie Zukunft endlich gerecht werden. Die Politik muss nächste Woche konkrete Schritte für den schnellen Ausstieg vollziehen. Wir werden die Sondersession aufmerksam verfolgen und nicht ruhen, bis das letzte AKW in der Schweiz abgeschaltet wird», sagt Michaela Lötscher, Sprecherin der Vorbereitungsgruppe. Im Mittelpunkt stehen die drei Hauptforderungen: Aus- stieg aus der Atomenergie, keine neuen Atomkraft- werke in der Schweiz und die Förderung der erneuer- baren Energien. Tatsächlich standen die Zeichen für einen Atomausstieg selten unter einem so guten Stern wie heute, auch wenn der Auslöser für dieses plötzliche Umdenken in weiten Teilen der Bevölkerung dem tragischen Unfall in Fukushima zu verdanken ist. «Die Katastrophe in Fukushima hat die gesamte Energiedebatte verändert. Politik und Stromwirtschaft können das nicht mehr ignorieren», hält Michaela fest und sie fügt hinzu: «Ich wünsche mir, dass der Bundesrat mit den Energiebeschlüssen von nächster Woche und das Parlament in der Sondersession im Juni den Sorgen der Menschen und ihrer Hoffnung auf eine atomfreie Zukunft gerecht werden. Wir müssen jetzt die Weichen in Richtung erneuerbare Energien stellen.»

Bleibt zu hoffen, dass es dieses Mal mit dem Atomausstieg auch wirklich klappt. Schon nach Tschernobyl wäre ein solcher Atomausstieg längst überfällig gewesen. Trotzdem gelang der Atomlobby der Sprung vom Schafott und es bleibt zu befürchten, dass auch dieses Mal die milliardenschwere Atomindustrie wieder im letzten Moment den Kopf aus der Schlinge ziehen kann. Eins ist klar: Ob nun mit AKWs oder ohne, die fetten Gewinne werden einmal mehr die Energiegiganten einfahren. Nicht die Sicherheit von Mensch und Umwelt werden den Kampf um eine zukünftige Energiepolitik entscheiden, sondern wo es am meisten Rendite einzustreichen gibt. Den Ge- winn haben die einen, dass Risiko alle anderen. Und solange diese Logik nicht durchbrochen wird, wird die Motivation der Atomlobby für den Atomausstieg gering bleiben.

Schon am frühen Morgen treffen die ersten Anti-AKW-GegnerInnen an den beiden Treffpunkten ein. Sie kommen aus allen Landesteilen. Die länge- re Route (gute 10 Kilometer) für FrühaufsteherInnen, die kürzere (etwas mehr als drei Kilometer) für LangschläferInnen und Unsportliche. Nach der er- folgreichen Mobilisierung im Vorjahr mit rund 4 500 Teilnehmenden, war es der zweite Marsch mit dem Motto «Menschenstrom gegen Atom». Es werden immer mehr, die im Halbstundentakt in völlig über- füllten Regional- und Extrazügen im aargauischen Hinterland einfallen. Es ist ein bunter, fröhlicher und friedlicher Aufmarsch, der sich über Kilometer in die Länge zieht. Viele Fahnen und Transparente verleihen dem Protest noch weiteren Nachdruck. Unter den protestierenden Wandernden hat es auffallend viele Familien mit Kleinkindern und auch meine Gene- ration (die Mittlere) ist, verglichen mit dem Vorjahr, einigermassen angemessen vertreten. Trotzdem, das Gros der Teilnehmenden stellen auch in diesem Jahr wieder die Alten und die ganz Jungen. Während dem mehrstündigen Mammutprogramm mit vielen politischen Statements sowie kabarettistischen und musikalischen Einlagen, kommen immer mehr Menschen bei der Abschlusskundgebung an, während andere sich schon wieder auf die Heimreise begeben. Vor allem die Grussbotschaften aus Japan und dem nahen Ausland bekommen viel Applaus.

Entsprechend happy und gut gelaunt ist man beim Organisationskomitee. «Wir sind sehr zufrieden

mit dem heutigen Tag. Es ist ein Riesenerfolg und mit 20 000 Teilnehmenden ist es der grösste Anti-AKW- Protest seit 25 Jahren. Für uns ein riesiger Aufsteller und unsere Erwartungen wurden bei weitem über- troffen», freut sich der Mediensprecher Michael Tanner. Für Tanner ist klar, dass es nun vorwärts gehen muss, die nächsten Tage und Wochen werden für die Anti-AKW-Bewegung sehr entscheidend sein. «Es ist wichtig, dass nun die Weichen für die erneuerbaren Energien gestellt werden. Die Atomwirtschaft und der Bundesrat müssen zur Kenntnis nehmen, dass ein grosser Teil der Bevölkerung nach Fukushima den sofortigen Atomausstieg befürwortet.» Vor allem die drei veralteten Schrottmeiler Beznau I und II und Mühleberg sind dem sympathischen Aktivisten ein Dorn im Auge. Auch hier findet Tanner klare Worte: «Die drei alten Meiler müssen sofort vom Netz. Es ist inakzeptabel mit dem Leben und der Gesund- heit der Menschen zu spielen». Und das aus gutem Grund. Zwar war ursprünglich geplant, dass die Notstromgeneratoren jeweils doppelt eingebaut werden, letztendlich wurde aber aus Kostengründen darauf verzichtet. 2007 deckte dann die Organisation «Fokus Anti-Atom» einen Zwischenfall auf, bei dem die Notstromgeneratoren nicht einsatzfähig waren. Trotzdem räumte die Atomaufsichtsbehörde «Ensi» der Axpo als Betreiberin der beiden AKWs in Beznau eine äusserst kulante Frist bis ins Jahr 2014 ein, um die veralteten Anlagen zu modernisieren und ein zweites Notfallgeneratorsystem zu installieren.

Aus dem vorwärts, der am 27.Mai 2011 erscheint

Kampf dem Atomtod!

Fukushima. Mit Fukushima beendet man die Debatten um die Atomenergie, es braucht heute keine weiteren Argumente, keine weitreichenden Ausführungen mehr. Durch Fukushima wurde die Diskussion um die Atomenergie auf eine Ebene gezogen, auf der sie praktisch jedem Bürger und jeder Bürgerin anschaulich und erschreckend wird. Fragt man nun Menschen auf der Strasse nach ihrer Meinung bezüglich AKWs, so bekommt man unisono stark emotionalisierte, manchmal mit Furcht, manchmal mit Wut behaftete Antworten. Direkt nach Fukushima konnte man die ersten Umfragen lesen, die ein eindeutiges Bild zeigen: 73 Prozent der SchweizerInnen wollen keine neuen Atomkraftwerke und 77 Prozent wollen den mittelfristigen Ausstieg aus der Atomenergie.

 

Zweierlei Interessen

Der Wille des Volkes ist das Ende der Atomenergie. Der Wille der Atomindustrie ist das nicht. Deutlich wird dies am Beispiel eines Heinz Karrer, CEO der Axpo Holding AG – die an gleich mehreren Atomkraftwerken massgeblich beteiligt ist. Karrer hat eine gewisse Berühmtheit durch seine stoische Zuversicht in die Atomenergie erlangt – «In der Schweiz haben wir die höchsten Anforderungen. Unsere Betriebe sind sicher.» – und seine düsteren Zukunftsahnungen: «Ohne Atomenergie ist eine Strompreiserhöhung von einem Drittel möglich.» Traurig nur, dass davon nichts stimmt. Mit Mühleberg und Beznau entsprechen mehrere AKWs der Schweiz nicht dem, was der Volksmund als «höchste Anforderung» bezeichnen würde. So veröffentlichte die WOZ im März einen Bericht, der Risse im Kernmantel des Reaktors von Mühleberg thematisiert. Risse, die nur geflickt wurden und im Ernstfall dafür sorgen könnten, dass der Mantel nicht hält, die Reaktorstäbe freigelegt werden. Ähnliche Sicherheitsmängel finden sich dann auch in Beznau, wo die Reaktoren derart veraltet sind, dass wichtige Notstandssysteme nicht mit ihnen verbunden werden können. Dass die AKW-Betreiber dazu versuchen, die Einsicht in Akten um die Kraftwerke zu verhindern, vervollständigt das Bild wohl. Karrer und Konsorten geht es also nicht um die Versorgung der Schweiz mit sicherem Strom, es geht ihnen ebenso wenig um die Stromkosten der Verbraucher – was treibt sie also an?

 

Wahn und Geld

Ein Fakt ist, dass das gesamte Thema der Atomenergie kein genuin kapitalistisches ist. Wer sagt, dass die Atomkraft nur im Kapitalismus möglich ist und wer glaubt, dass sie entgegen all ihrer Risiken nur dort betrieben wird, der macht es sich zu einfach. Ein gerütteltes Mass an Fortschrittsglauben und Technokratie gehört untrennbar zum Komplex der Atomenergie; für diese Dinge aber ist nicht nur der Kapitalismus anfällig – Tschernobyl dient als Mahnmal der selben, wenn auch sowjetischen Selbstüberschätzung. Ein anderer Fakt ist aber der, dass heute, im Kapitalismus, viel Geld mit der Atomkraft gemacht wird. Man kann nur schätzen, wie hoch der Profit tatsächlich ist; als sicher aber gilt, dass er in die Milliarden gehen dürfte. In Deutschland machte letzthin die Zahl von einer Million Euro pro Tag pro Kraftwerk die Runde – da dürfte die Schweiz nur wenig nachstehen. So wird auch verständlich, weshalb trotz besserem Wissen Schreckensmeldungen von «Stromlücke» und horrenden Preisteuerungen verbreitet werden. Dass man dabei allerdings alle Risiken herunterspielt, in alter Manier dem Credo des «Bei-uns-ist-das-nicht-möglich» treu bleibt und, im Zweifel, das Leben von Menschen aufs Spiel setzt, ist ein dritter Fakt, der anerkannt werden muss.

 

Lobbyismus

Nun gibt es Dinge, die im Kampf gegen die Atomkraft sauer aufstossen. Eine bittere Pille ist es, wenn die Lobbyisten nicht nur in der Wirtschaft in Reih und Glied stehen. Sowohl die Politik als auch Ensi, die Atomsicherheitsbehörde, haben teils skandalöse Verbindungen zum Atomverband. Da sitzt ein Professor Prasser im Ensi-Rat und lässt seinen ETH-Lehrstuhl von Swissnuclear finanzieren; da ist eine Doris Leuthard, die, bevor sie das Energiedepartement übernahm, beim Lobbyistenverein Nuklearforum war. Ein Hans Wanner, Direktor von Ensi, ist nicht mal Spezialist für Kernkraftwerke, dafür aber mit der «Endlagerung» durchaus vertraut. In der Praxis bedeutet das, dass die, die über die Atomenergie zu entscheiden und sie zu kontrollieren haben, gar nicht objektiv urteilen können. Da wundert es dann auch nicht mehr, wenn der so klar artikulierte Volkswille nicht in Taten umschlägt. Die, die das Ende der Atomkraft betreiben könnten, sitzen stattdessen lieber im Dunstkreis von Lobbyisten. Bleibt zu hoffen, dass es nicht einer weiteren Katastrophe bedarf, bis der Gefahr von Verstrahlung und Atomtod ein Ende gemacht wird.

 

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