Rote Kulturtage in Zürich

Redaktion. Aus der Klasse für die Klasse: elf Tage, vom 30. Oktober bis 9. November, voller Film, Performance, Theater, Musik, Literatur, Theorie, Sport und geselligem Beisammensein. Alle Veranstaltungen sind frei zugänglich. Wir veröffentlichen den Aufruf der Organisator:innen.

«Die Kunst verlässt die Paläste und lässt ihr Wesen als Kulturgut für einige Auserwählte zurück, um sich in die gewöhnlichen Quartiere zu stürzen und für alle da zu sein. Meine Zeichnungen sind aus dieser Perspektive und aus dieser Verpflichtung heraus gemacht. Der Verpflichtung gegenüber meiner Klasse und meiner Mitmenschen. Das sind die einzigen Fesseln, freiwillig ausgewählt, die ich habe», José Maria Sanchez Casas. » Weiterlesen

Tanz dich frei

Dominic Dübi. Der Film «The Witness» zeichnet anhand der Geschichte der Tanzlehrerin Tarlan Ghorbani (Maryam Boubani), ihrer Adoptivtochter Zara (Hana Kamkar) und deren Tochter Gazal (Ghazal Shojaei) ein Porträt der Stellung der Frau im heutigen Iran – inspiriert von den «Frau, Leben, Freiheit»-Protesten von 2022.

Zumindest für einen kurzen Moment ist Tarlan Ghorbani glücklich: Mit einem Ausdruck tiefer Entspannung beobachtet sie die Aufführung der Tanzschule ihrer Adoptivtochter Zara. Unter den Tänzerinnen ist auch Zaras Tochter Gazal. Das Publikum besteht ausschliesslich aus Frauen, weshalb einige auch auf das in der Öffentlichkeit obligatorische Kopftuch verzichten. Solche glücklichen Momente sind in Tarlans Leben leider dünn gesät. Kurze Zeit später erfahren die Zuschauer:innen, dass der leibliche Sohn, der aus politischen Gründen mit einem Berufsverbot belegten Lehrerin im Gefängnis sitzt, weil er Schulden angehäuft hat. An diesem Punkt der Handlung wird auch ein erstes Mal die Tatsache thematisiert, dass die Rechtsstaatlichkeit im Iran heute nur oberflächlich existiert.

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Once upon a time in Eddington

Dominik Dübi. Regisseur Ari Aster inszeniert in seinem vierten Langspielfilm «Eddington» die politischen Grabenkämpfe, welche die USA seit Jahren spalten. Er zeigt den damit verbundenen zunehmenden Irrsinn der US-amerikanischen Gesellschaft.

Der Film spielt in der Kleinstadt Eddington während des ersten Covid-Lockdowns. Eddingtons Sheriff Joe Cross (Joaquin Phoenix) ist höchst unzufrieden mit der buchstabengetreuen Umsetzung der bundesstaatlichen Maskentragpflicht durch Bürgermeister Ted Garcia (Pedro Pascal). Eine persönliche Vorgeschichte der Frau des Sheriffs, Louise Cross (Emma Stone), mit Garcia heizt die Rivalität weiter an, während aufkommende Black-Lives-Matter-Proteste die Bevölkerung spalten.

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Hollywood im Leerlauf

Dominik Dübi. In «F1» kehrt der alternde Rennfahrer Sonny Hayes (Brad Pitt) auf Bitten seines früheren Teamkameraden Rubén Cervantes (Javier Bardem) nach über 30 Jahren in die Formel 1 zurück. Er soll helfen, dessen kriselndes Rennteam APXGP zu seinem ersten Sieg zu führen.

Rennsport und Film passen zusammen. Die Zuschauermassen, Prominente, die sich am Streckenrand ablichten lassen, und der extravagante Lebenswandel der Protagonisten sind dafür prädestiniert, die Fantasien von Filmemachenden blühen zu lassen.

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Tanz der Vampire

Dominik Dübi. Regisseur Ryan Coogler verarbeitet in «Sinners» die Rassentrennung in den Südstaaten der USA. Er erzählt die Geschichte als Horrorfilm, in dem Musik eine grosse Rolle spielt.

Der Sound der Bluesmusik geht darauf zurück, dass gewisse Tonstufen anders intoniert werden als im westlichen Tonsystem üblich. Diese Töne werden als «Blue Notes» bezeichnet und geben dem Blues seinen schwermütigen Klang. Die dadurch geweckten Emotionen harmonieren mit den behandelten Themen wie Rassendiskriminierung, Sklaverei und der anschliessenden Segregation in einzelnen Bundesstaaten. » Weiterlesen

Ceasefire Babies

Im Mittelpunkt des Films steht die nordirische Rap-Gruppe Kneecap

Dominik Dübi. Kneecap ist der erste fiktive Langspielfilm des irisch-britischen Regisseurs Rich Peppiatt. Er erzählt mit gewissen künstlerischen Freiheiten die Gründungsgeschichte der nordirischen Rap-Gruppe Kneecap.

Der Scheinwerfer eines Polizeihubschraubers leuchtet ins Gesicht von Naoise Ó Cairealláin alias Móglaí Bap, als er das erste Mal auf der Leinwand zu sehen ist. Zu diesem Zeitpunkt ist er ein Baby und soll gerade getauft werden. Móglaís Vater Arlo, ein überzeugter irischer Nationalist, hatte sich als Ort für die Taufe eine Stelle im Wald ausgesucht, an der früher von irischen Widerstands:kämpferinnen illegale katholische Messen abgehalten worden waren.

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It’s okay to be happy

Dominik Dübi. In seinem neuesten Film «Mickey 17» verarbeitet Bong Joon Ho die aktuelle politische Situation in den USA. Mickey Barnes nimmt aufgrund einer finanziellen Notlage den Job eines Expendable an und wird auf einer Kolonisierungsmission zum fernen Planeten Niflheim immer wieder getötet und neu geklont.

«How does it feel to die?», diese Frage hört Mickey Barnes im Verlauf des über zweistündigen Films immer wieder. Selten weiss er darauf eine Antwort. Als er sie schliesslich findet, ist sie relativ schlicht: Es ist eine unschöne Erfahrung. Er muss es wissen, schliesslich hat der von Robert Pattinson verkörperte Hauptcharakter in Bong Joon Hos neuestem Werk schon 16-mal das Zeitliche gesegnet, als wir ihm das erste Mal auf der Leinwand begegnen. Er ist Teil der Crew einer Weltraummission unter dem Kommando des schmierigen Politikers Kenneth Marshall, die zum Ziel hat, den Eisplaneten Niflheim zu kolonisieren.

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V. Gordon Childe und die Zeit vor unserer Geschichte

flo. Am Ursprung des Marxismus als Methode, um die Welt zu verstehen, steht die Frage nach dem Ursprung und der Funktion menschlicher Gesellschaften. Dass Marxist:innen sich mit Fragen von Geschichte und Vorgeschichte des Menschen auseinandersetzen, muss nicht erstaunen — wie sehr vor allem einer von ihnen damit die Archäologie prägte, aber schon.

Für einen späteren Kommunisten wuchs Vere Gordon Childe wirklich nicht unter den idealsten Umständen auf. Er wurde 1892 in Sydney als Sohn einer zu Reichtum gekommenen Engländerin und eines anglikanischen Priesters geboren und wuchs in einem palas-tartigen Landhaus in den Blue Mountains, westlich von Sydney auf. Der Sohn eines Mannes, der selbst für den Priesterberuf nicht taugte (Veres Vater Stephen Childe stritt oft mit seiner Gemeinde von der Kanzel herab während Gottesdiensten), sollte dereinst einer der wichtig-sten marxistischen Gelehrten der Welt werden.

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Résistance mondiale mit Mal Élevé

Von links: Der Drummer Stixonspeed, Sänger Mal Élevé, Gitarrist Paolo Valente und Sänger Osy.
Bild: Christoph Mangler,
dynamo.ch

sit. Am 5.Dezember spielte Mal Élevé im Zürcher Dynamo. Der grossartige deutsch-französische Musiker ist ein überzeugter antifaschistischer Aktivist. Alle seine Songs sind politische Botschaften und Aufrufe zur internationalen Solidarität zugleich. Ein schon fast emotionaler Rückblick auf ein denkwürdiges Konzert.

Bereits ab dem ersten Song «Partigani» ist die schier unglaubliche Energie, die Mal Élevé ausstrahlt, spürbar, ja fassbar. «Partigiana, Partigiano, wir jagen Nazis aus dem Barrio (…) Solange Faschos hier marschiern, leisten wir Widerstand. Wenn rechter Terror wieder regiert – hilft nur Militanz. Wir kämpfen weiter gegen Nazis, bis zu ihrem Niedergang – auf den Trümmern des Faschismus tanzen wir diesen Tanz: C’est la danse des partigiani.» » Weiterlesen

«Solange» initiiert

sah. Wie lange bist du noch Feminist:in? Das fragt die österreichische Künstlerin Katharina Cibulka im Rahmen ihres Kunstprojekts, das international gezeigt worden und nun auch in der Stadt Bern zu sehen ist.

Erst wenn Männer und Buben die Grenzen von Frauen und Mädchen respektieren, dann können sich diese unbeschwert im öffentlichen Raum bewegen. Dieser Respekt beginnt mit sprachlichen Veränderungen und endet mit konkreten positiven Taten.

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«Preise steigen nicht»

Eugen Rieser. Das Buch «Die Sprache des Kapitalismus» geht der Frage nach, wie gesellschaftliche Verhältnisse unsere Sprache prägen und verweist damit auf deren ideologische Funktion. Ein Kompendium für politisch Interessierte und linke Aktivist:innen.

Die beiden Autoren, der Literatur- und Kulturwissenschaftler Simon Sahner sowie der Ökonom Daniel Stähr, haben zum komplexen Thema Sprache und Gesellschaftsordnung breit recherchiert: «Als Sprache des Kapitalismus bezeichnen wir bestimmte Sprachbilder und Metaphern, Redewendungen und Phrasen, Mythen und Erzählungen sowie einzelner Begriffe, mit denen ökonomische Zusammenhänge beschrieben und erzählt werden.»

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Der Lehrling Trump

dom. Mitten in den Wahlkampf fiel die Veröffentlichung von Ali Abbasis neuestem Film «The Apprentice». Er zeigt, wie Trump in den 1970er- und 1980er-Jahren mithilfe mächtiger Männer, schweren Deals und krummer Geschäfte zu «New Yorks wichtigstem Bauherren» wird.

Lange Zeit war ungewiss, ob der Film überhaupt gezeigt werden kann. Donald Trump fühlte sich von Abbasi verleumdet und drohte mit einer Klage, weshalb die US-amerikanischen Filmproduktionsunternehmen zögerten, sich die Rechte an dem Film zu erwerben. Inzwischen hat es der Film in die Kinos und Trump zurück ins Oval Office geschafft. » Weiterlesen

Aufruf zur Meuterei

Peter Nowak. Peter Mertens, Generalsekretär der Partei der Arbeit Belgiens, präsentiert in Berlin sein neues Buch. Er lässt darin Arbeiter:innen aus allen Kontinenten zu Wort kommen und betont die Bedeutung der Lohnabhängigen für eine erfolgreiche linke Politik.

Es gibt noch linke Parteien in Europa, die einen Zuwachs an Wähler:innen und Mitgliedern haben. Dazu gehört die belgische Partei der Arbeit (PTB/PVDA). Da ist es kein Wunder, dass das Interesse gross ist, wenn deren Generalsekretär Peter Mertens sein neuestes Buch «Meuterei – wie die Weltordnung ins Wanken gerät» vorstellt. Schliesslich erhoffen sich viele eine Antwort auf die Fragen, warum die belgische Linkspartei auf Erfolgskurs ist und was man in Deutschland daraus lernen kann.

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Wunder und Wandel im Film

Italienische Arbeiterinnen in der Schweiz Ende der 1960er-Jahre. Bild: zVg

Gaudenz Pfister. Samirs Film «Die wundersame Verwandlung der Arbeiterklasse in Ausländer» macht die Migration der Italiener:innen nach dem Zweiten Weltkrieg anschaulich und verständlich. Die politische Argumentation ist klar, sie bedient aber auch die kleinbürgerlich-fortschrittliche Identitätspolitik.

So viele Geschichten, dachte ich, als ich nach der Filmvorführung in die kalte Zürcher Nacht trat. Und so viele Gesichter. Das finde ich eine Stärke dieses Films: Die Arbeitsmigration in die Schweiz nach dem Zweiten Weltkrieg erhält Gesichter.

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Freigeistig und divers

Salomé, Vernissage Galerie Deschler Berlin 2006, fotografiert von Henning von Berg. Bild: Wikihomo

sah. 70 Jahre Salomé. Die Berliner Galerie Deschler eröffnet eine Ausstellung von Wolfgang Ludwig Cihlarz, der den Künstlernamen Salomé trägt. Die Bilder erzählen vom langen Kampf für Geschlechtergerechtigkeit und Akzeptanz, von sexueller Vielfalt.

Wolfgang Ludwig Cihlarz alias Salomé wuchs in Deutschland in Karlsruhe auf. In den 1970er-Jahren zog er nach West-Berlin und studierte an der Universität der Künste Berlin (UdK) Malerei. Im Rahmen von Nebenjobs in einschlägigen Bars wie dem «Dschungel» tauchte er nach und nach tiefer in die queere Szene ein. Zu dieser Zeit war Berlin ein kreativer Treffpunkt – unter anderem auch David Bowie lebte hier. Es entstanden allerlei Projekte in dieser Zeit. Ende der 1970er-Jahre gründete Wolfgang Ludwig Cihlarz zusammen mit Freunden eine Galerie. Salomé war aber auch Mitglied einer Punkband.

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Imitieren! Sofort!

sah. Kunst ist eine todernste Sache… und nur Erwachsene können das? Nein! Spass muss es machen und keine:r ist zu klein, um dabei zu sein. Alles beginnt mit Inspiration und Nachahmung und mündet in Ideenvielfalt und eigene Projekte.

Da spricht mir jemand aus dem Herzen mit der Aussage: «Für Kunst ist es nie zu früh». Heute laufen entsprechende Bücher für Kinder eher unter dem Motto: «Lieber später oder nie».

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Smitty liebt die Grossstadt

sah. Ein Haustier haben, das wünscht sich Edward, und zwar ein Pferd. Leider wohnt er in einem Hochhaus im 21.Stock. So scheint der Wunsch nicht realisierbar zu sein. Doch der Traum wird wahr, auch dank der Hilfe eines Feuerwehrmannes.

Was passiert, wenn eine amerikanische Architektin ein Bilderbuch schreibt? Wer diese Frage beantwortet haben möchte, muss «Edward und das Pferd» lesen, das neulich beim Midas-Verlag erschienen ist.

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