Kündigungen bei Tamedia?

Die heutige Meldung von Tamedia sieht auf den ersten Blick nach einer einfachen Personalie aus: Der Chefredaktor von 20 Minuten-online, Hansi Voigt, geht, es übernimmt der Chefredaktor von 20 Minuten Print, Marco Boselli. Letzterer wird der Chef über die künftig zu fusionierenden beiden Redaktionen.

Was das für die Ausrichtung der beiden Medien bedeutet, lässt sich noch nicht abschätzen. Die Meldung birgt aber Zündstoff für die Angestellten der beiden Redaktionen. Die beiden bisher grundsätzlich getrennt und unabhängig arbeitenden Teile werden im Zuge der neu verordneten Konvergenz schlicht fusioniert um Kosten zu sparen. Dabei gibt es offensichtlich nur Platz für einen Chef – aber auch auf den Redaktionen wird abgebaut werden, heisst es aus dem Verlag.

syndicom ist als die Gewerkschaft der Medienschaffenden besorgt über die Pläne des Verlagshauses Tamedia, insbesondere was die Personalpolitik anbelangt. syndicom erwartet von Tamedia, die Konvergenz von Print und online nicht als Sparprojekt zu missbrauchen und alles zu machen, um einen Stellenabbau und Kündigungen zu verhindern. Verschiedene Redaktionen der Tamedia-Titel wurden in den letzten Jahren bereits von Sparprogrammen heimgesucht und geschröpft. Das von Zürich aus operierende Unternehmen hat als grösster Medienverlag in der Schweiz und angesichts der millionenschweren Gewinne eine besondere Verantwortung gegenüber dem ganzen Personal und gegenüber der Öffentlichkeit.

Quelle: Medienmitteilung syndicom

Gewerkschaften fordern Bekenntnis zur Industrie

Mit der Industriedemonstration vom Samstag, 22. September, in Bern forderten die Gewerkschaften sichere und gute Arbeitsplätze sowie starke GAV mit Mindestlöhnen in einer zukunftsstarken Industrie. Dafür brauche es eine aktive Industriepolitik. Dies forderten es die Gewerkschaften vor den 5000 Demonstrierenden.

5000 Demonstrierende liessen sich vom anfänglichen Regen über Bern nicht abhalten. Sie zogen am Nachmittag des 22.September von der Schützenmatte auf den Bundesplatz, um dort nach dem Konzert der Blues-Band Stiller Has ihre Forderungen kundzutun. SP-Nationalrat und Gewerkschafter Corrado Pardini sprach sich in seiner Rede vor allem für eine «aktive Industriepolitik» aus, die sich an einem «ökosozialen Umbau» orientieren müsse. Knapper werdende Rohstoffe, die Energiewende sowie neue Technologien würden neue Chancen eröffnen. Das Potential des Industriesektors ergebe sich auch aus seiner grossen Bedeutung für die Schweizer Wirtschaft.

Die Schweiz hat unter allen westeuropäischen Ländern den höchsten Industrieanteil. 700000 Arbeitende erwirtschaften pro Jahr 100 Milliarden Franken. Das ist dreimal mehr, als der vom Bundesrat verhätschelte Bankensektor der Volkswirtschaft bringt. «Folglich haben die sozialen Beziehungen in diesem Wirtschaftssektor eine herausragende Bedeutung. Doch der Industriestandort Schweiz sei geschwächt», schreiben die Gewerkschaften in ihrer Medienmitteilung.

Situation im Industriesektor hat sich in den letzten Jahren verschärft

Schuld daran seien die Aushöhlung der Sozialpartnerschaft und die neoliberale Deregulierung seit den Neunzigerjahren. Unter dem Diktat der Banken und Aktionäre wurden Zehntausende von Industriearbeitsplätzen zerstört. Während der Druck auf die Arbeitnehmenden stieg und die Reallöhne stagnierten, häuften die Aktionäre immer gigantischere Gewinne an. Diese Gewinne heizten vor allem die Spekulation an den Finanzmärkten an. Sie flossen nur zu einem kleinen Teil in industrielle Investitionen und Innovation zurück.
Mit dem weltweiten Konjunktureinbruch, ausgelöst durch die internationale Finanzkrise, hat sich die Situation weiter verschärft. Im Jahr fünf der Grossen Krise seien die Zukunft des Industriestandorts Schweiz und die Sozialpartnerschaft gleich mehrfach in Frage gestellt, wie die Gewerkschaften weiter schreiben: Wegen dem viel zu hoch bewerteten Franken, wegen den extremen Kredit- und Zinsbedingungen der Banken, wegen der geringen Investitionsbereitschaft der Aktionäre und des Managements, wegen dem Rückstand der Schweizer Industrie bem ökologischen Umbau und wegen der drohenden Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland.

Verkündung der Forderungen für den GAV

Mit der Demonstration am Samstag fordern die Gewerkschaften vor allem auch einen guten GAV für die Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie, dem rund 110 000 ArbeiterInnen unterstehen. Der bestehende Vertrag läuft Ende Juni 2013 aus und wird demnächst neu verhandelt. «Die neue Sozialpartnerschaft  soll nicht in erster Linie dem Profit, sondern der Basis der Wertschöpfung, der Arbeit Sorge tragen», verlangt die Gewerkschaft Unia.
Folgende Forderungen stellen die Gewerkschaften zum baldigen Beginn der Verhandlungen um den MEM-GAV: Mindestlöhne, Schutz vor Lohndumping, ein Verbot von Gratisarbeit und einen wirksamen Schutz für aktive GewerkschafterInnen. Auch in der grafischen Industrie, wo der Unternehmerverband Viscom mit Lohnkürzungen und Arbeitszeitverlängerungen droht, brauche es einen starken GAV, der die bestehenden Arbeitsbedingungen schützt. Weiter forderten die Demonstrierenden die Abschaffung des so genannten «Krisenartikels».

Der Stellenabbau bei Industriebetrieben in den vergangenen Wochen gab einen zusätzlichen aktuellen Anlass für die Demo. So gab beispielsweise der Drehautomatenhersteller Tornos Anfang September den Abbau von bis zu 225 Stellen bekannt. Und Siemens will in der Schweiz rund 220 Stellen abbauen, wie am Donnerstag bekannt wurde.

Massenentlassungen trotz Rekordgewinnen!

«Siemens hat das Geschäftsjahr 2011 mit einem operativen Rekordergebnis abgeschlossen», verkündet der aktuelle Geschäftsbericht stolz. Tatsächlich: Das Betriebsergebnis des Konzerns ist letztes Jahr um 36% auf 9,1 Milliarden Euro gestiegen, der Gewinn um fast zwei Drittel auf 7 Milliarden Euro. Auch beim Umsatz (+7%) und bei den Auftragseingängen (+16%) legte Siemens deutlich zu. Die Siemens-Aktionäre dürfen sich freuen: Seit 2006 steigt die Dividendenrendite kontinuierlich. Sie hat sich in 5 Jahren mehr als verdoppelt und erreichte dieses Jahr einen Höchstwert. » Weiterlesen

Solidarhaftung: Versprechen gebrochen

Bürgerliche Parteien blockieren Schutz vor Subunternehmer-Lohndumping! In der Wirtschaftskommission des Ständerats (WAK-S) haben es die Vertreter der bürgerlichen Parteien abgelehnt, die Flankierenden Massnahmen mit einer echten Solidarhaftung zu verstärken.

Das unkontrollierte Lohndumping, verursacht durch die Weitergabe von Aufträgen an Subunternehmer, hätte so effizient bekämpft werden können.

Die WAK hat einzig beschlossen, dass die Erstunternehmer ihre Subunternehmen in einem schriftlichen Vertrag dazu verpflichten müssen, die in der Schweiz geltenden minimalen Lohn- und Arbeitsbedingungen einzuhalten. Heute reicht ein mündlicher Vertrag. Selbst das Staatssekretariat für Wirtschaft Seco schrieb in seinem Bericht zuhanden der WAK, dass diese Minimalstvariante nicht taugt, um Lohndumping in Subunternehmerketten zu unterbinden. Um Subunternehmer-Dumping wirksam zu bekämpfen, braucht es eine Kettenhaftung. Der Erstunternehmer muss für alle Verstösse in der Subunternehmerkette haften.

Mit ihrem Null-Entscheid brechen die bürgerlichen Parteien ein Versprechen aus der Sommersession. Damals versprachen sie, dass sie die Solidarhaftung noch dieses Jahr in einer separaten Vorlage zu den Flankierenden Massnahmen angehen wollten. Die bürgerliche Kommissionsmehrheit verkennt die Realität auf den Schweizer Baustellen und in Teilen des Gewerbes: Lohndumping über Subunternehmen ist allgegenwärtig. Mit der Osterweiterung hat sich dieses Problem verstärkt.

Der Schweizerische Gewerkschaftsbund erwartet vom Ständerat, dass er diesen Bruch des Versprechens durch seine Kommission in der Session korrigiert.

Quelle und weitere Infos: www.sgb.ch

Lohndumping am Beispiel Gartenbau

In der Schweiz kommt es häufiger zu Lohndumping als bisher angenommen. Dies legt eine Studie des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB) zum Gartenbau nahe. Darin zeigt der SGB, dass sich die Kontrolleure in diesem Sektor auf Richtwerte stützen, die im Vergleich zum üblichen Lohnniveau im Gartenbau viel zu tief angesetzt sind.

Zahlreiche Kantone tolerieren beispielsweise Löhne für Hilfsarbeiter von 3350 Fr./Mt oder für gelernte Gärtner mit Berufserfahrung von 4120 Fr./Mt., obwohl das Gartenbau-Lohnniveau deutlich darüber liegt. Mit diesen klar zu tiefen Richtlöhnen wurde immerhin bei 11 Prozent der kontrollierten Firmen Dumping festgestellt. „Tatsächlich ist die Dumpingquote aber viel höher“, erklärte SGB-Chefökonom Daniel Lampart am Dienstag. Dies zeigt sich laut Lampart in Kantonen, in denen mit Richtlöhnen kontrolliert wird, die näher bei den üblichen Löhnen liegen (Verstossquote in BL/BS: 34 Prozent). Um Lohndumping im Gartenbau zu bekämpfen, muss rasch ein nationaler Gesamtarbeitsvertrag mit guten, allgemeinverbindlichen Mindestlöhnen eingeführt werden.

Besonders häufig zu Lohndumping kommt es bei Subunternehmerketten, bei denen ein Generalunternehmer Aufträge durch Unterakkordanten aus dem billigeren Ausland ausführen lässt. Insbesondere seit der Ausdehnung der Personenfreizügigkeit auf acht osteuropäische Länder (EU-8) häufen sich krasse Missbräuche. „Es ist überfällig, dass bei der Weitervergabe der Arbeiten an Subunternehmer die Schweizer Arbeitsbedingungen durchgesetzt werden müssen“, sagte SGB-Präsident Paul Rechsteiner. Nur so kann sichergestellt werden, dass in der Schweiz auch Schweizer Löhne bezahlt werden.

Am Zug ist nun das Parlament: In der Herbstsession entscheidet als Erstrat die kleine Kammerüber die Ausgestaltung der Solidarhaftung. Für den SGB ist dabei klar, dass eine Erstfirma nicht nur für Missbräuche beim direkt beauftragten Subunternehmer geradestehen muss, sondern auch bei allen weiteren Subunternehmen. Nur diese sogenannte Kettenhaftung erlaubt es, Lohndumping wirksam zu bekämpfen. Für UNIA-Co-Präsident Renzo Ambrosetti ist deshalb klar: „‘Ordnung im Stall‘ gibt es nur dank korrekten Mindestlöhnen und mit einer Solidarhaftung“. Die Unia hat am 28. August eine entsprechende Petition auf den Baustellen lanciert.

Quelle und weitere Infos unter www.sgb.ch und www.unia.ch

Frauen zahlen einen hohen Preis

Die Gewerkschaft Unial führt am 3. Juli eine öffentliche Fachtagung zu den Arbeitsbedingungen im Detailhandel durch. Dabei stand die Situation der Verkäuferinnen und Verkäufer im Zentrum.

In einem ersten Teil präsentierte Vania Alleva, Mitglied der Unia-Geschäftsleitung, eine umfassende Analyse des Detailhandels aus gewerkschaftlicher Sicht. Alleva zieht ein klares Fazit: «Der Markt ist gesättigt. Die Unternehmen kämpfen um Marktanteile — und dieser Konkurrenzkampf findet immer mehr auf dem Buckel der Angestellten statt.»

Angestellte des Detailhandels, die über ihre Arbeitsbedingungen Auskunft geben, zeigen die Auswirkungen: «Ich muss flexibel sein: Von morgens um 7 Uhr bis abends um 20 Uhr, von Montag bis Samstag», erklärte eine Verkäuferin. Sie ist kein Einzelfall. Neben den langen Arbeitszeiten und den immer längeren Ladenöffnungszeiten berichten die Betroffenen über den Personalabbau, den grossen Stress, die Gesundheitsprobleme und die tiefen Löhne. Eine der Verkäuferinnen spricht für viele, wenn sie sagt:«„Du siehst deinen Partner selten, der von Montag bis Freitag arbeitet. Denn ich muss am Samstag und Sonntag oft arbeiten, man sieht sich am Abend nur todmüde. Man hat oft nicht einmal die Möglichkeit, einen Tag zusammen zu verbringen.»

Die Unia und die Beschäftigten verlangen mehr Respekt vor ihrer Leistung. Vania Alleva stellt fest: «isher gibt es nur wenige Gesamtarbeitsverträge auf betrieblicher oder regionaler Ebene, die das Personal schützen.»Die wichtigste Forderung sei denn auch ein Branchen-GAV zum Schutz der Angestellten. Dieser werde bisher von den Arbeitgebern abgewehrt.

Mario Santini, der Generalsekretär der Gewerkschaft Filcams CGIL Lombardei, zeigt am Beispiel Italiens die verheerenden Auswirkungen von total liberalisierten Ladenöffnungszeiten. Wenn es zusätzliche Arbeitsplätze gebe, dann seien es meist nur befristete Teilzeit-Verträge. Eine Erhebung in Italien zeige: 82 Prozent aller Arbeitsverträge im Verkauf müssen als prekär eingestuft werden.

Die Arbeitssoziologin Magdalena Rosende von der Universität Lausanne hat die Auswirkungen von Teilzeitarbeit im Detailhandel untersucht. Sie kommt zum Schluss: «In allen Ländern sind im Detailhandel Teilzeitverträge weit verbreitet. Betroffen sind vor allem Frauen und sie zahlen einen hohen Preis.»

Bruno Frick, Präsident der Swiss Retail Federation, weist insbesondere auf die negativen Folgen des Einkaufstourismus im benachbarten Ausland hin. Insgesamt macht er aber kaum Handlungsbedarf im Bezug auf die Arbeitsbedingungen aus.

Die Unia hat ihre Positionen zum Detailhandel in einer Broschüre zusammengefasst, die bei tertiaer(at)unia.ch bestellt werden kann.

Quelle und weitere Infos: www.unia.ch

Internationaler Protest gegen Kahlschlag bei Merck Serono

Rund 200 Angestellte von Merck Serono in Genf reisen am 30. Mai, dem Welt-Multiple Sklerose-Tag, nach Darmstadt an den Firmensitz der Merck-Gruppe. Die Angestellten von Merck Serono Schweiz solidarisieren sich mit den deutschen und europäischen Angestellten, deren Arbeitsplätze im Zuge des Restrukturierungsprogramms ebenfalls gestrichen oder in Billiglohnländer verschoben werden sollen.

Beschäftigte von Merck Serono aus der Schweiz und Deutschland werden gemeinsam gegen die brutalen Restrukturierungsmassnahmen protestieren, denen in ganz Europa Tausende von Arbeitsstellen – alleine 1500 am Standort Genf – zum Opfer fallen sollen. Und dies, obwohl noch vor einem Jahr die Merck-Gruppe – die noch immer zu rund 70 Prozent im Besitz der Familie Merck ist – die Dividendenzahlungen um 20 Prozent erhöht hat.

Die Delegation der Schweizer Merck-Serono-Beschäftigten sowie die Gewerkschaft Unia laden Sie herzlich ein, an der Reise nach Darmstadt teilzunehmen. Die Reise verläuft nach folgendem Programm:

– Dienstag, 29. Mai, 23 Uhr: Abfahrt per Bus von Genf nach Darmstadt

– Mittwoch, 30. Mai, 7 Uhr: Ankunft in Darmstadt

– Bis 14 Uhr: Diverse Aktionen auf dem Gelände von Merck Serono gemeinsam mit den deutschen KollegInnen sowie ein Treffen mit der Direktion von Merck Serono

– 14 Uhr: Demonstration in Darmstadt (Treffpunkt vor dem Haupteingang des Werks von Merck Serono zwischen Pyramide und Bistro)

– 17 Uhr: Rückreise nach Genf

Wenn Sie die Schweizer Delegation auf Ihrer Protestreise nach Darmstadt begleiten möchten, wenden Sie sich bitte so rasch als möglich an den Regio-Sekretär der Gewerkschaft Unia in Genf, Alessandro Pelizzari.

Alessandro Pelizzari, Regio-Sekretär Unia Genf, 079 817 29 04

 

Der Evergreen «Lohnschere»

Die Einkommens- und Lohnschere öffnet sich seit den 1990ern in der Schweiz zusehends. Dies belegt eine aktuelle  Studie des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes. Um diese Entwicklung einordnen und über den blossen Befund hinausgehen zu können, muss man einen Blick auf die Entwicklungsgesetze des Kapitals werfen.

Eine Woche vor dem 1. Mai legte der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) eine aktualisierte Version seines Verteilungsberichtes vor. Dieser zeigt, dass die Einkommensungleichheiten in der Schweiz «dramatische Ausmasse» angenommen haben. Im hohen Einkommenssektor hat eine Familie mit zwei Kindern 2010 am Jahresende real 15 000 Franken mehr zur freien Vergüng als zehn Jahre zuvor. Die selbe Familienkonstellation mit einem tiefen Einkommen hat bloss 1 300 Franken zusätzlich. Ein alleinstehender Normalverdiener hat 2010 sogar 1 300 Franken weniger zum Leben als noch 2000. Dies vor allem wegen den steigenden Krankenkassenprämien und Wohnungsmieten. Zwar haben in der Krise die höchsten Einkommen – etwa wegen ausbleibender oder gekürzter Boni – etwas eingebüsst, aber der allgemeine Trend ist damit keineswegs umgekehrt. Die Lohn- und Einkommensschere spreizt sich zusehends. Bei den höchsten Löhnen sei jedes Mass verloren gegangen, so SGB-Präsident Paul Rechsteiner. Schuld sei aber auch die Steuerpolitik: So entlaste etwa die Unternehmenssteuerreform II, die Steuereinbussen bis zu 7,5 Milliarden Franken nach sich zieht, vor allem AktionärInnen, die dies gar nicht nötig hätten. Der SGB resümiert im Bericht: «Die Einkommens- und Lohnschere ist seit den 1990er-Jahren eines der grössten wirtschaftspolitischen Probleme in der Schweiz».

Klassenkampf von oben

Die goldene Zeit des Kapitalismus, die vom Ende des Zweiten Weltkrieg bis Anfang der 70er Jahre andauerte und den proletarischen Massen eine zunehmende Anteilnahme am gesellschaftlichen Reichtum in Aussicht stellte, ist längst passé. Auch sie war näher betrachtet für den grössten Teil der ArbeiterInnen nicht viel mehr als das Versprechen auf ein Leben harter Arbeit mit Kühlschrank, Abwaschmaschine und Kleinwagen. Doch selbst dieser nicht sonderlich verführerische Traum sollte sich in den 70er Jahren aufzulösen beginnen. Mit den sinkenden Profitraten des Kapitals kam dieses in Zugzwang und versuchte, die Raten über einen generalisierten Angriff auf die Arbeitskräfte zu sanieren. Der sogenannte neoliberale Angriff ist nur vor diesem Hintergrund zu verstehen und nicht etwa einfach eine böse Idee niederträchtiger PolitikerInnen. Der SGB-Bericht spricht davon, dass sich diese Politik der Umverteilung in England und den USA unter Thatcher und Reagan in den 80ern verschärfte, und dass das kontinentale Europa ab den 90er Jahren zunehmend betroffen war. Die strukturelle Krise des Kapitalismus hat also in seinem offenen Ausbrechen die obersten Einkommensklassen kurzfristig etwas nach unten korrigiert, aber sie ist auch die Ursache dafür, dass die unteren und mittleren Einkommen zunehmend unter Druck kamen und kommen. Nur in diesem Zusammenhang versteht man, wie sich die Zwänge der kapitalistischen Akkumulation vermittelt durch WirtschaftsführerInnen und PolitikerInnen durchsetzen und die Lebensbedingungen der ArbeiterInnen angegriffen werden. Und nur so erkennt man auch, wie stark die Kämpfe von unten sein müssen, um diese Tendenzen abbremsen oder kurzfristig gar umkehren zu können.

Kapital und Lohn

Die Studie spricht auch davon, dass 2008 etwa 2,6 Prozent der Bevölkerung 50 Prozent des gesamten Vermögens besassen und die Schweiz damit eines der ungleichsten Länder weltweit ist. Es ist jene Minderheit, die die Einkommensschere ins schier unermessliche aufspreizt. Das Vermögen dieser Menschen ist zum allergrössten Teil deckungsgleich mit dem Geld, das im Wirtschaftsprozess angelegt ist. Ihr Geld ist Kapital und als solches wirft es Gewinn ab, ob nun als Rente, Zins oder industrieller Profit. Die normalen ArbeiterInnen dagegen verbrauchen in der Regel den grössten Teil ihres Geldes für den Lebensunterhalt. Sie müssen tagtäglich ihre Arbeitskraft wieder für einen Lohn verkaufen. Sie sind es aber, die den ganzen Reichtum schaffen, auch wenn das an der Oberfläche der Gesellschaft verschleiert ist. Es kann nicht darum gehen, mittlere und tiefe Löhne abzugleichen oder innerhalb der Arbeiterklasse eine Lohnschere zu bedauern. Zwar kann man die Managersaläre skandalisieren – auch wenn damit niemandem geholfen ist –, aber letztlich muss man den Widerspruch zwischen den ArbeiterInnen und dem Kapital auf die Tagesordnung der Kämpfe setzen.

Officina Bellinzona: Fest zum Jahrestag des Sieges von 2008

Officina Bellinzona: Fest zum Jahrestag des Sieges von 2008

Zum vierten Mal feierte kürzlich das «Volk der Officina» in der legendären «Pittureria» den Sieg von 2008.
Die klare Botschaft des Streikkomitees: Wir sind immer noch da und wir werden uns wenn nötig zu wehren wissen.

Die aufgereihten orangen Arbeitshosen, das Symbol des Streiks von 2008, hängen noch immer an der Wand der «Pittureria», der Karosseriemalerei der Officina von Bellinzona. Die Spruchbänder, die damals die gegenüberliegende Wand zierten, sind inzwischen entfernt worden. Die scheinbar bedeutungslosen, äusserlichen Merkmale charakterisieren treffend das weiterhin andauernde Seilziehen zwischen der Belegschaft und ihrem Streikkomitee auf der einen Seite und dem SBB-Management auf der andern, dessen erklärtes Ziel darin besteht, «die Normalität» wiederherzustellen, was im Klartext die uneingeschränkte Verfügungsgewalt des Kapitals über die Arbeit bedeutet. So soll beispielsweise künftig nicht mehr das von den Arbeitern gewählte Streikkomitee mit der SBB verhandeln, sondern – wie vor dem Streik – einzig die vertragsunterzeichnenden Gewerkschaften SEV und Transfair.

Erst allmählich füllen sich an diesem Samstagnachmittag, 14. April 2012, die Reihen der Sitzbänke und Holztische, die genau gleich dastehen wie im März 2008, als die «Pittureria» zum Symbol des Arbeiterwiderstandes gegen die Pläne des Kapitals wurde. Es sind Arbeiter der Officina mit ihren Familien, UnterstützerInnen, alte und junge, hauptsächlich aus dem Tessin, vereinzelt auch aus den andern Landesteilen, alles in allem etwa zweihundert an der Zahl, die gekommen sind und sich noch immer mit diesem Kampf verbunden fühlen, der am 7. März 2008 wie ein Blitz aus heiterem Himmel die offizielle Schweiz, Regierung und Parteien aller Schattierungen, Wirtschaftsverbände und Gewerkschaften gleichermassen aufschreckte.

30 Jahre Umstrukturierungen…

In seinem Referat zur aktuellen Entwicklung streift Gianni Frizzo nochmals die Geschichte der Officina in den letzten dreissig Jahren. Sorgfältig wählt er die Worte aus, will nicht unnötig polemisieren und provozieren. Wer aufmerksam zuhört, bekommt dennoch ein Bild, das an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig lässt. Was er erzählt, ist die Geschichte eines stetigen Niedergangs, die Geschichte von Umstrukturierungen und unternehmerischen Fehlentscheiden, von Verbesserungen, die sich regelmässig als Verschlechterungen entpuppten, von falschen Hoffnungen und nicht eingehaltenen Versprechungen. Es ist die Geschichte einer ganzen Generation von Wirtschaftsführern, deren unternehmerische Visionen sich darauf beschränken, mittels Stellenabbau und Arbeitsverdichtung Kosten zu sparen. Die Schliessung der SBB-Werkstätte in Biasca beispielsweise wurde der Belegschaft in Bellinzona mit dem Argument schmackhaft gemacht, dass dadurch dort zusätzliche Arbeitsplätze im Güterwagenunterhalt geschaffen würden. Wenige Jahre später hätte der Unterhalt der Güterwagen privatisiert und jener der Lokomotiven nach Yverdon verlagert werden sollen. Nur durch den entschlossenen Widerstand der Belegschaft und der ganzen Tessiner Bevölkerung wurde das Vorhaben rechtzeitig gestoppt.

… als Beispiel für den Abbau des Service public

Was Gianni Frizzo erzählt, steht stellvertretend für den Niedergang eines Service public, der keiner mehr ist, weil sein Zweck nicht mehr darin besteht, Leistungen im Dienste der Bevölkerung zu erbringen, sondern einen Gewinn für die Besitzer der teilweise oder ganz privatisierten Unternehmungen zu erzielen. Für den Niedergang eines gescheiterten Wirtschaftssystems, das mit der inzwischen erreichten Produktivität eine immer grössere Menge an unverkäuflichen Waren produziert, deren Gebrauchswert gleichzeitig immer geringer wird. Eines Systems, das sich nur noch am Leben erhalten kann, indem es nicht nur den geschaffenen Reichtum fortwährend zerstört, sondern auch das Leben der Menschen, die keine andere Wahl haben, als innerhalb der ihnen aufgezwungenen Bedingungen zu arbeiten.

Später im Gespräch macht Gianni Frizzo klar, es sei beim Streik von 2008 nicht nur darum gegangen, die über 400 Arbeitsplätze zu erhalten, als vielmehr das heutige System grundsätzlich in Frage zu stellen. Formell gehöre die Officina der SBB, in Wirklichkeit aber der Tessiner Bevölkerung. Es seien ihre Väter und Vorväter, die bereits dort gearbeitet und sie aufgebaut haben. Ebenso komme deren Tätigkeit – der Unterhalt der Lokomotiven und Eisenbahnwagen – allen zugute. Starre und schwerfällige Befehlsstrukturen stünden jedoch einem wirtschaftlich sinnvollen Betrieb im Wege. Die Hierarchie müsse viel flacher werden, sonst würden die dazwischen geschalteten Stufen weiterhin wie ein Filter wirken, an dem wichtige Informationen hängen bleiben.

Noch einmal erklärt Gianni Frizzo, was er bereits am Schluss seines Referates an die Adresse der SBB-Spitze unmissverständlich geäussert hat: «Wir sind nach wie vor offen für einen paritätischen Dialog. Wenn man uns aber diese Möglichkeit nimmt, indem man uns den Zugang zu den Zahlen verweigert und uns vor vollendete Tatsachen stellt, dann sind wir gezwungen, zu den Aktionsformen von 2008 zurückzukehren.» Und was mit «Aktionsformen von 2008» gemeint ist, braucht nicht näher erläutert zu werden. Das haben alle noch in guter Erinnerung.

Kampf auf dem Bau!

Die Baumeister lassen eine Verlängerung des Landesmantelvertrages scheitern. Dies obwohl die Gewerkschaften eine Verlängerung des Landesmantelvertrages (LMV) um drei Monate angeboten haben. Hier die Medienmitteilung der Unia und Syna.

Die Gewerkschaften haben letzte Woche einen Schritt auf den Baumeisterverband zugemacht und vorgeschlagen, den bestehenden Landesmantelvertrag um zwei Monate zu verlängern und die vom Baumeisterverband vorgeschlagene Lohnerhöhung von 1,5 Prozent allen Bauarbeitern ab dem 1. Januar 2012 zu gewähren. Der Baumeisterverband lässt eine Verlängerung nun scheitern, obwohl die Gewerkschaften gar zu einer Verlängerung um drei Monate Hand geboten hätten.

 

Heute fand eine Verhandlung zwischen Baumeisterverband und Gewerkschaften über eine Verlängerung des Landesmantelvertrages statt. Dabei hat der Baumeisterverband eine Verlängerung des bestehenden Landesmantelvertrages um drei Monate abgelehnt. Die Gewerkschaften hatten diese vorgeschlagen, um einen vertragslosen Zustand zu verhindern.

Die Gewerkschaften sind überzeugt, dass in weniger als drei Monaten Verhandlungszeit eine Lösung für einen neuen Landesmantelvertrag mit mehr Schutz gefunden werden kann, denn in verschiedenen Punkten liegen bereits Verhandlungsergebnisse vor. Differenzen bestanden insbesondere beim Schutz gegen Lohndumping durch Subunternehmen und beim Schutz der Gesundheit der Bauarbeiter bei Schlechtwetter.

 

Gewerkschaften fordern rasche Verhandlungen für neuen Vertrag

Der Baumeisterverband hat in den letzten sechs Wochen zweimal Vorschläge für Verhandlungen ausgeschlagen. Die Gewerkschaften haben heute erneut Vorschläge für Verhandlungstermine im Januar unterbreitet und fordern den Baumeisterverband auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren und rasch einen neuen Landesmantelvertrag zu vereinbaren. Denn an einem vertragslosen Zustand kann niemand ein Interesse haben, zunehmendes Lohndumping insbesondere durch ausländische Firmen wäre die Folge.

 

Rückzieher bei den Löhnen

Öffentlich hat der Baumeisterverband wiederholt angekündigt, er biete eine Lohnerhöhung von 1,5 Prozent an. Wer genau hinschaut stellt fest: Entgegen der bisherigen Äusserungen ist der Baumeisterverband nur noch bereit, für einen Zeitraum von drei Jahren – und dies bei bester Baukonjunktur – die Mindestlöhne um 1,2 Prozent zu erhöhen – im Schnitt sind das 0,4 Prozent jährlich. Für alle Bauarbeiter will der Baumeisterverband die Löhne nur um ein Prozent erhöhen und zusätzlich eine für niemanden kontrollierbare individuelle Lohnerhöhung gewähren. Der erneute Rückzieher des Baumeisterverbandes macht deutlich: Offensichtlich will der Baumeisterverband keine akzeptable Lösung.

 

Absurde Unterschriftensammlung

Auf den Baustellen sammelt der Baumeisterverband bei den Bauarbeitern Unterschriften „Kein Vertragsloser Zustand!“, bei den Verhandlungen lehnen die Baumeister hingegen den Vorschlag der Gewerkschaften für eine Vertragsverlängerung ab. Inhaltlich sind auch die Gewerkschaften für eine Vertragsverlängerung, viele Gewerkschaftsmitglieder werden daher diese Forderung unterschreiben. Nicht akzeptabel ist hingegen die Art und Weise, wie verschiedene Baumeister ihre Arbeitnehmer nötigen, die Aktion des Baumeisterverbandes zu unterschreiben. In zahlreichen Fällen wurde den Bauarbeitern mit der Entlassung oder der Streichung des 13. Monatslohnes gedroht, wenn sie nicht unterschreiben.

Gewerkschaften bieten Hand an

Die Gewerkschaften Unia und Syna sind bereit, den bestehenden Gesamtarbeitsvertrag mit der vom Schweizerischen Baumeisterverband (SBV) angebotenen Lohnerhöhung im 1,5 Prozent um zwei Monate zu verlängern. Dies während der Baumeisterverband die Arbeiter zwingt, ihre Forderungen zu unterschreiben.

Die Gewerkschaften Unia und Syna sind bereit, den bestehenden Gesamtarbeitsvertrag mit der vom Schweizerischen Baumeisterverband (SBV) angebotenen Lohnerhöhung im 1,5 Prozent um zwei Monate zu verlängern. Mit diesem Schritt wollen die Gewerkschaften einen vertragslosen Zustand verhindern. Sie erwarten vom SBV, dass er an den Verhandlungstisch zurückkehrt und rasch ein neuer Landesmantelvertrag mit mehr Schutz vereinbart werden kann. Die Gewerkschaften verurteilen hingegen die derzeit laufende hilflose Unterschriftensammlung des SBV, da sie eine Nötigung darstellt.

Im Baugewerbe droht ein gravierender Arbeitskonflikt, denn der bestehende Gesamtarbeitsvertrag läuft Ende Jahr aus. Der Baumeisterverband hatte letzte Woche die Verhandlungen mit den Gewerkschaften abgebrochen und Bedingungen für die Weiterführung der Vertragspartnerschaft gestellt. 100’000 Bauarbeiter stehen somit ab Januar ohne Gesamtarbeitsvertrag da.

Verlängerung des Vertrages um zwei Monate und 1,5 Prozent Lohnerhöhung für alle

Die Gewerkschaften Unia und Syna schlagen vor, den bestehenden Vertrag um zwei Monate zu verlängern. Die vom Baumeisterverband angebotene Lohnerhöhung von 1,5 Prozent soll ab dem neuen Jahr allen Bauarbeitern gewährt werden. So wird ein vertragsloser Zustand verhindert, und es kann rasch ein neuer Landesmantelvertrag ausgehandelt werden. Während den zwei Monaten werden sich die Gewerkschaften weiterhin an die Friedenspflicht halten und sind auch bereit, die externe Kommunikation mit dem Baumeisterverband abzusprechen.

 Baumeisterverband soll an den Verhandlungstisch zurückkehren

Die Gewerkschaften fordern den Baumeisterverband auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren und im Januar und Februar intensiv und ernsthaft über einen neuen Landesmantelvertrag zu verhandeln. In verschiedenen Punkten liegen bereits verhandelte Ergebnisse vor. Differenzen bestehen insbesondere noch in zwei Punkten:

– Solidarhaftung: Aufgrund des massiven Lohndruckes auch aus dem Ausland verlangen die Bauarbeiter einen verstärkten Schutz gegen Lohndumping durch Subunternehmer.

– Schlechtwetter-Regelung: Wegen der gestiegenen Belastung wollen die Bauarbeiter mehr Schutz für ihre Gesundheit, insbesondere bei Schlechtwetter.

 Hilflose Unterschriftensammlung der Baumeister ist Nötigung

Der Baumeisterverband führt bei den Bauarbeitern derzeit eine Unterschriftensammlung mit der Forderung «Kein vertragsloser Zustand!» durch. Inhaltlich können sich auch die Gewerkschaften dieser Forderung anschliessen, daher werden sicher auch viele Gewerkschaftsmitglieder unterschreiben. Die Aktion ist eher ein hilfloser Versuch des Baumeisterverbandes, die Gewerkschaften und die Bauarbeiter zu spalten.
Die Gewerkschaften verurteilen hingegen die Art der Durchführung der Unterschriftensammlung aufs Schärfste. Der SBV fordert die «Chefs» der Baufirmen auf, bei «ihren Bauarbeitern» mit «ihrem persönlichen Eingreifen» dafür zu sorgen, dass möglichst viele Bauarbeiter unterschreiben. Da jeder Bauarbeiter sich ausmalen kann, welche Konsequenzen bei einer Weigerung drohen, erfüllt dieses Vorgehen den Tatbestand der Nötigung. Die Gewerkschaften sind sehr erstaunt, dass der Baumeisterverband zu solchen widerrechtlichen Mitteln greift und erwägt juristische Schritte.

Wachstum schwach, Arbeitslosigkeit hoch

Die Krise lebt und die Schweizerische Arbeiterschaft wird sie ausbaden. Die gestiegene Arbeitslosigkeit im November und die gesunkenen Wachstumsprognosen für das kommende Jahr deuten auf weitere Massenverelendung hin. Eine Aufarbeitung der neuesten Entwicklungstendenzen der Schweizerischen Wirtschaft.

Zwei Nachrichten des heutigen Tages geben Anlass zur Sorge: die Arbeitslosigkeit in der Schweiz lag Ende November weit über der des Vormonats und die Wachstumsprognose zur Entwicklung der Schweizerischen Wirtschaft für das Jahr 2012 musste halbiert werden. Beide Nachrichten wurden seperat, zusammenhangslos dargebracht. Auf der einen Seite die Direktion Arbeit im Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), die die schlechte Botschaft der gestiegenen Arbeitslosigkeit überbringen musste. Auf der anderen Seite die Wachstumsprognose der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich (KOF). Der vorwärts sieht in beiden Nachrichten einen Ausdruck der allgemeinen Krise des Kapitalismus unter den spezifischen Bedingungen der Schweiz.

Hohe Arbeitslosigkeit

Gegenwärtig und präsent ist die gestiegene Arbeitslosigkeit in der Schweiz. So musste das Seco vermelden, dass die Arbeitslosenquote Ende November von 2,9 Prozent auf 3,1 Prozent gestiegen ist. Damit zählt die Schweiz nunmehr 121 109 Arbeitslose. Dies sind 5 931 Arbeitslose mehr als im Vormonat, also 5 931 Menschen, die nunmehr von der Staatshilfe abhängig sind. Eine Bevölkerungsgruppe ist von der steigenden Arbeitslosigkeit besonders betroffen: die Migrantinnen und Migranten. Sie werden unverhältnismässig oft in die Erwerbslosigkeit geschleudert, ihre Arbeitslosenquote liegt bei 6,2 Prozent (von vormals 5,7 Prozent). Das Risiko für MigrantInnen in der Schweiz arbeitslos zu werden, ist also doppelt so hoch, wie für SchweizerInnen. Mittlerweile machen migrantische Arbeitslose 45 Prozent sämtlicher Arbeitslosen in der Schweiz aus. Die Gründe für ihre häufige Arbeitslosigkeit dürften darin zu finden sein, dass Entlassungen oftmals ohnehin schon prekäre Arbeitsverhältnisse im Niedriglohnbereich treffen – jenen Bereich, den die Schweiz fast exklusiv den MigrantInnen vorbehält.

Im speziellen Fall erklärt sich die gestiegene Arbeitslosigkeit durch Entlassungen im Gastgewerbe und der Baubranche. Mehr als die Hälfte der der Entlassenen stammt aus einer der beiden Branchen. Und siehe da: In der Baubranche gibt es einen Anteil an migrantischen Arbeitern von etwa 69 Prozent. Wenig wunderlich also, wenn nun die Quote der migrantischen Arbeitslosen steigt. Darüber hinaus zeigen sich erste Zeichen der konjunkturellen Schwäche der Schweiz. Allerdings bemüht sich das Seco zu erklären, dass die Entwicklung auf dem Arbeitslosenmarkt «saisonbegint» sei – Gastgewerbe und Baubranche legen traditionell in den Wintermonaten in der Arbeitslosigkeit zu. Wenn wir der Seco in ihrer Logik allerdings folgen, so stehen uns umso düstere Monate bevor: die angekündigten Massenentlassungen von Industrie, Bankenbranche und Pharmakonzernen stehen noch aus. Es darf also mit weiteren sprunghaften Anstiegen der Arbeitslosigkeit gerechnet werden. Neuester Kandidat für Massenentlassungen ist hier die BKW FMB Energie AG. Sie hat angekündigt, 200 Angestellten kündigen zu wollen.

Niedriges Wachstum

Und doch ist die Seco nicht die alleinige Verkünderin schlechter Neuigkeiten. Die KOF hat bekanntgegeben, dass es die Wachstumsprognosen für 2012 nicht aufrecht erhalten kann. Gleich reihenweise mussten die Prognosen nach unten verringert, halbiert, verschlechtert werden. Statt um 1,3 Prozent soll das Bruttoinlandprodukt (BIP) nur noch um 0,6 Prozent wachsen. Investitionen in Bau und Aufrüstung der Betriebe werden nur noch mit 0,3 statt 2,6 Prozent veranschlagt. Die Exporte brechen massiv ein, man rechnet nunmehr gerade mal mit einem Wachstum von 0,2 statt 2,1 Prozent. Und auch die Arbeitslosenquote wird weiter wachsen, nämlich auf 3,4 Prozent. Was sich wie eine Liste der schlechten Nachrichten liest, ist als Produkt einer Befragung des KOF hervorgegangen. Die Ökonomen verschiedener Unternehmen wurden befragt, ihre Aussagen analysiert. Und wer sich da wie geäussert hat, ist durchaus interessant.

Es ist die Exportbranche, die noch immer ächzt. Unter dem starken Franken und der Schuldenkrise der Eurostaaten (wohlgemerkt zwei Phänomene, die einander bedingen). Dementsprechend ist auch die Tourismusbranche betroffen. Allerdings machen sich allenthalben Ermüdungserscheinungen breit. Wobei: Eben nicht allenthalben. Ein Sektor wächst und gedeiht, ist guter Dinger und guter Wachstumsprognose. Die Finanzbranche um Banken, Versicherungen und Börse. So ist man zuversichtlich, dass der Börsenindex – der «Swiss Performance Index» – auf 5 750 Punkte steigen werde. Das wäre allerdings ein sagenhaftes Wachstum von 10 Prozent.

Düstere Tage, aber nicht für das Finanzkapital

Die Schweizerische Wirtschaft ächzt. Noch immer liegt das Wachstum der Schweiz weit, weit hinter dem Jahr 2007 (mehr als 3 Prozent) zurück. Die hohe Arbeitslosigkeit jetzt und die noch steigende im nächsten Jahr sind Ausdruck der Krise des Kapitalismus, die seit 2008 anhält. Von der Subprime-Krise in die Finanzkrise in die Schuldenkrise und die Krise des starken Frankens in der Schweiz führt eine einzige, durchgehende Bewegung. Die Schweiz ist gefangen, allerdings nicht nur innerhalb Europas, durch dessen Schuldenkrise ihre Währung unter Druck gerät, sondern auch innerhalb ihres eigenen Wirtschaftssystems. Die Krise des Kapitalismus ist so sicher wie das Amen in der Kirche, ihre Auswirkungen sind die Massenentlassungen, die die Arbeiter und Arbeiterinnen zu tragen haben. Mit den Erwartungen für das nächste Jahr steht nun fest, dass wir über die Krisenbewegung noch nicht hinaus sind, dass es weitere Entlassungen und weitere Arbeitslose geben wird, dass sich die Situation sogar innerhalb der (noch) relativ behüteten Schweiz zuspitzen wird.

Aber zuspitzen nicht nur in die eine Richtung. Schon wieder steht das Finanzkapital strahlend und stark dar, verkündet neue Profite und hohe Wachstumsaussichten. Es sind die gleichen Banken, die gerade die Entlassungen von Hunderten ankündigten – das ist die Dialektik zwischen Profit und Elend. Aber selbst wer nicht MarxistIn ist, selbst wer nicht die Krisenhaftigkeit des Kapitalismus (und deren einzige Lösung, nämlich die Auflösung des Kapitalismus!) sehen will, selbst dem sei die Frage gestellt: Wie kann denn der Börsenindex um 10 Prozent streigen, wenn die Wirtschaft es nicht tut, aber die Börse Indikator der Gesundheit eines Unternehmens sein soll? Ungelöste Rätsel…

Streik für eine Nacht


Am 29. November traten die Arbeiter und Arbeiterinnen des Valrhône-Verteilzentrums bei Bussigny in den Streik. 70 ArbeiterInnen der Nachtschicht legten ihre Arbeit nieder, um gegen die Streichung von Gratifikationen und die Verschlechterung der Arbeitspläne Druck aufzubauen. Mit der Anreise des Finanzchefs Yann Cornec unterbrachen die ArbeiterInnen ihren Streik noch am selben Tag, um in Verhandlungen einzutreten.

Wer im Verteilzentrum der Valrhône Logistics AG in Bussigny arbeitet, der weiss um den Wert der Mindestlohninitiative. Viele der ArbeiterInnen verdienen weniger als 4 000 Franken im Monat. Aufgebessert wurde das kümmerliche Gehalt bislang durch Gratifikationen, die in etwa einem 13. Monatslohn entsprachen. Doch genau hier, bei den am wenigsten Verdienenden, will das Management sparen: Die Gratifikationen sollen bei denen gestrichen werden, die unter 4 000 Franken im Monat verdienen. Durch die enge Verwebung von Valrhône Logistics und der Westschweizer Detailhandelskette PAM betrifft diese Streichung die Belegschaften beider Firmern – von 870 Angestellten müssten 550 auf die Gratifikationen zukünftig verzichten.

Gleichzeitig hat man die Arbeitspläne der Belegschaft auf sechs anstelle von fünf Tagen gestreckt. Das folgt einer zynischen Logik, denn im Vorfeld gab es Entlassungen, sodass sich die Arbeitsdichte für die verbleibenden ArbeiterInnen erhöhte. Dass dann auch noch die Lohnzahlungen verspätet eintrafen, brachte das Fass zum überlaufen.

Die gereizte ArbeiterInnenschaft entschied sich zum Streik. Am frühen Morgen des 29. Novembers, gegen 1 Uhr, legten 70 Angestellte der Nachtschicht ihre Arbeit nieder. So mussten die Lieferwagen der Westschweizer Detailhandelskette PAM, die hauptsächlich von Valrhône beliefert wird, unverrichteter Dinge wieder abfahren. Nichts ging mehr im Verteilzentrum.

Forderungen und Erfolg

Es sind die willkürlichen Massnahmen der Geschäftsleitung, gegen die sich der Unmut der Streikenden richtet. Entsprechen sind die Forderungen der ArbeiterInnen auf mehr Sicherheit in den Arbeitsbedingungen gerichtet. Man will einen GAV, der solche Irrsinnsentscheide des Managements unterbindet. Und gleichzeitig kämpft die Belegschaft gegen die Streichung der Gratifikationen. Dabei setzt sie nun auf Verhandlungen.

Noch am am selben Tag wurde der Streik wieder unterbrochen. Den Forderungen der Streikenden entsprach das Management, indem sie Yann Cornec, den Finanzchef des Unternehmens, schickte. Nun tritt die Belegschaft – wohl vermittelt durch die Unia – in Verhandlungen ein. Dem Vermittlungsverfahren ist ein «Erfolg» sicher: Die ArbeiterInnen streiken nicht mehr.

 



			
		

Die Strassen gehören euch, ihr habt sie gebaut!

Am 25. November gingen mehr als 7 000 Arbeiter auf die Strasse. 4 000 Arbeiter in Genf, 2 000 in Lausanne, 800 in Zürich und 300 in Bern legten ihre Arbeit nieder und schlossen sich dem «Protesttag» an, denn die Verhandlungen um einen neuen Landesmantelvertrag (LMV) mit dem Schweizerischen Baumeisterverband (SBV) drohen zu scheitern.

Unia und Syna organisierten am 25. November einen Protesttag der Bauarbeiter. Die beiden Gewerkschaften, die ansonsten eher in Konkurrenz denn Solidarität zueinander stehen, kämpfen gemeinsam um den LMV. Verständlich, denn die Baubranche ist traditionell eine der Kernbranchen beider Gewerkschaften. Ihre strategische Bedeutung ist in diesem Fall grösser als die Differenzen, die man miteinander hat. Und sowohl Unia wie auch Syna sprechen vom «grossen Erfolg» des Protesttages. Dass es gelungen sei, 7 000 Arbeiter zu mobilisieren, habe auch sie «überrascht». Die Arbeiter legten ihre Arbeit nieder und demonstrierten in Bern, Lausanne, Genf und Zürich. Da Baustellen mittlerweile häufig von weniger als zehn Arbeitern bearbeitet werden, geht man davon aus, dass um die 1 000 Baustellen von Arbeitsniederlegungen ganz oder teilweise betroffen wurden.

 

Repression der Baumeister

7 000 Protestierende sind eine Masse. Sie sind es umso mehr, wenn man die Verhältnisse bedenkt, unter denen sie zusammenkamen. Denn gegen den Kampfwillen der Bauarbeiter steht die entschiedene Repression der Baumeister. Am 25. November zeigte sie sich in vielen Formen. Harmlos aber hinterhältig ist es, wenn viele Baumeister das Weihnachtsessen bewusst auf den 25. November legten, im Kalkül, dass die Arbeiter lieber feiern als streiken. Erpresserisch wirkt es, wenn dem Arbeiter gedroht wird: «Wenn du heute gehst, musst du am Montag gar nicht mehr wiederkommen.» Feige mutet es an, wenn die Securitas geholt wird, um die Baustelle abzuriegeln, damit auch ja niemand das Areal verlässt. Und schliesslich ist es offen illegal, wenn der Baumeister – auch das geschah am 25. November – versucht, seine Arbeiter in der Baracke einzusperren. In ihren Taten diffamieren sich die Baumeister selbst. Dass der Baumeisterverband die Gewerkschaften verklagen wollen und dass das noch am morgen des gleichen Tages, vor der ersten Aktion, bekannt war, darf gleichwohl Einschüchterung gewertet werden. Hier allerdings nicht mehr gegen den Einzelnen, sondern als Repression gegen das Allgemeine, gegen die gewerkschaftlich organisierte Arbeiterschaft.

Aber wer Angst benutzt, der hat sie meist selbst. Und tatsächlich wichen die Baumeister überall da zurück, wo sich die Arbeiter erhoben. Als die Grossbaustelle in Wallisellen besetzt und zum grossen Versammlungsort umfunktioniert wurde, da wagten die Baumeister keinen Widerstand, da schlossen sie die Baustelle kurzerhand. Als 1 000 Bauarbeiter vor dem Gebäude des SBV in Zürich standen, da traute sich kein Baumeister aus dem Haus. Es sind leichte Ansätze, aber sie zeigen, dass die Baumeister einer organisierten Arbeitermacht wenig entgegenzusetzen haben

 

Wütende Arbeiter

Und wütend sind sie, die Arbeiter. In Zürich zeigte sich das, als mit dem Geschrei und Jubel von Hunderten aufgebrachten Arbeitern eine LKW-Ladung voller Eis vor der SBV-Zentrale ausgeleert wurde. Der Mann, der den LKW fuhr, selbst ein Arbeiter, selbst grimmig lächelnd, war der Held der aufgebrachten Masse. Zornig, kämpferisch, zu mehr Taten bereit. So darf zumindest die Zürcher Arbeiterschaft bezeichnet werden – und die Vermutung liegt nahe, dass dem die Genfer und Lausanner und Berner Arbeitsgenossen wenig nachstehen.

Ganz im Gegenteil zur Gewerkschaftsleitung. Hansueli Scheidegger von der Unia und Ernst Zülle von der Syna sind Verhandlungsleiter der Gewerkschaften und leiteten die Medienkonferenz am gleichen Tag. Wir erlauben es uns, ihre Aussagen denen der marschierenden Arbeiterschaft entgegenzustellen. Gewerkschaftsleitung: «Wir glauben immer noch daran, dass mit Respekt und Fairness eine gemeinsame Lösung [mit dem SBV] möglich ist.» Arbeiter: «Sie zeigen nur dann Respekt, wenn wir ihn erkämpfen! Wir werden also auch in Zukunft kämpfen, die Arbeit niederlegen.» Gewerkschaftsleitung: «Wenn keine Einigung Zustande kommt, wären wir gezwungen Kampfmassnahmen, wie man das von ganz früher kennt, durchzuführen. Aber das wäre der falsche Weg. Es braucht jetzt die Vernunft des SBV.» «Verhandlungen sind der bessere Weg, als die schwere Arbeit eines Streiks einzugehen.» Arbeiter: «Wir kehren erst dann an den Verhandlungstisch zurück, wenn die uns mit mehr Respekt behandeln. Erst dann sind wir bereit, mit ihnen zu reden. (…) Und im Januar, ohne LMV, werden wir streiken!» «Illegal ist, wenn die Baumeister vor sieben Portugiesen stehen und Fragen: Wollt ihr für eure Rechte kämpfen oder weiterarbeiten? Das zeigt, wie feige sie sind. Wir haben nicht vergessen, wie die Baumeister unsere Kollegen eingeschüchtert haben. Und wir kommen wieder!»

Der Ton der Gewerkschaftsleitung ist versöhnlich; die Stimmung der Arbeiter, zumindest jenes aktiven Teils auf der Strasse, kämpferisch. Die Gewerkschaften setzen auf den Druck, um Verhandlungen zu erzwingen. Die Wut der Arbeiter könnte aber in einen eigenständigen Kampf umschlagen. Darauf angesprochen sagt Scheidegger: «Das ist etwas Gemeinsames. Ich würde hier nicht von oben und unten [in der Gewerkschaft] sprechen.» Wir weisen auf Altbekanntes hin: «Nicht aufs Wort glauben, aufs strengste prüfen!»

 

Weiterkämpfen!

Klar ist, dass weitergekämpft werden muss. Der Protesttag – das Wort «Streik» will zumindest die Gewerkschaftsleitung noch nicht in den Mund nehmen – lässt in dieser Hinsicht auf Gutes hoffen. Zumal sich im Kampf um den LMV die Ansätze einer Fragestellung zeigten, die weit über den eigentlichen Lohnkampf hinausgeht. Wer die Häuser baut und wer sie besitzt, für wen der Wert, den die Arbeit schafft, bestimmt ist – das wurde in Ansätzen, und musikalisch von der Internationalen unterlegt, angegriffen. In den Worten der Arbeiterschaft:

«Sie wollen die Arbeiter, die heute auf der Strasse stehen, morgen durch billige Arbeitskräfte ersetzen. Aber wir bauen die Schweiz und werden sie bauen. Wir bauen die Tunnel, die Strassen! Das müssen die Baumeister begreifen und endlich mehr Respekt zeigen. Die Arbeiter werden für ihre Rechte auf die Strasse gehen. Zwei Jahre haben wir nicht mehr Lohn bekommen. Jeder Banker und Versicherer hat mehr gekriegt, nur die Bauarbeiter nicht. Wir müssen ihnen zeigen, wie ernst wir es meinen, wie wütend wir sind. Wir streiken.»

Erfolgreicher Protestag

Die Bauarbeiter sind wütend. Sie können nicht verstehen, wie der Schweizerische Baumeisterverband (SBV) neun Monate lang mit den Gewerkschaften über einen neuen Landesmantelvertrag verhandelt und am Schluss alles bereits Ausgehandelte vom Tisch wischt. Sie fühlen sich vom SBV nicht ernst genommen. Denn der Bau boomt jetzt seit Jahren und der Druck ist massiv gestiegen: Allein im letzten Jahr ging die Zahl der Beschäftigten um 3,5 Prozent zurück, während der Umsatz um 3,1 Prozent stieg. Die Bauarbeiter bezahlen diesen massiv höheren Druck mit ihrer Gesundheit.

Bauarbeiter brauchen mehr Schutz
„Die Bauarbeiter brauchen einen Gesamtarbeitsvertrag mit mehr Schutz, sonst leidet ihre Gesundheit. Zudem mehren sich die Fälle von massivem Lohndumping in erschreckender Weise“, hielt Hansueli Scheidegger, Leiter des Sektors Bau der Gewerkschaft Unia an der heutigen Medieninformation fest. Die Gewerkschaften haben deshalb auch ganz konkrete Vorschläge eingebracht, welche wenig gekostet, aber viel gebracht hätten. Während zum Schluss eine vom Baumeisterverband modifizierte Lösung für den Schutz bei Schlechtwetter spruchreif auf dem Tisch lag, weigerte sich der Baumeisterverband standhaft, griffige Massnahmen umzusetzen, welche das ruinöse Preis- und Lohndumping bekämpft hätten. Dabei beklagen die Baumeister selber am lautesten den Margendruck wegen dem unseriösen Preiskampf auf den Baustellen!

Keine Verlängerung zum Nulltarif
Nach neun Monaten Verhandlungen mit 16 Treffen hat der Baumeisterverband fast alles Ausgehandelte vom Tisch gewischt und wollte einfach den bestehenden LMV unverändert übernehmen. Neun Monate Arbeit für die Katze? Die Gewerkschaften  wollen auf der Basis des Erreichten weiter aufbauen. „Mit gegenseitigem Respekt und dem Willen zu fairer Vertragspartnerschaft müssen und können Lösungen für die Erneuerung des LMV gefunden werden“, erklärt Ernst Zülle, Branchenverantwortlicher Bau der Gewerkschaft Syna. Eine Verlängerung des unveränderten Vertrages komme daher nicht in Frage. „Nur mit klaren und verbindlichen Eckwerten für die Einführung von griffigen Schutzmassnahmen gegen Lohndumping, dem Erhalt des bisherigen Geltungsbereiches und einer akzeptablen Lohnerhöhung für nächstes Jahr“, könne eine Verlängerung diskutiert werden.
Mit ihrem Protesttag rufen die Bauarbeiter die Baumeister auf, jetzt wieder an den Verhandlungstisch zurückzukehren, um auf der Basis des bereits Erarbeiteten fortzufahren, damit der LMV mit einer ergänzenden Eckwertvereinbarung verlängert werden kann.

Quelle und weitere Infos: www.unia.ch

Protestag auf dem Bau!

Der Schweizerische Baumeisterverband  (SBV) hat am 2. November die Verhandlungen über einen neuen  Landesmantelvertrag (LMV) für das Bauhauptgewerbe scheitern lassen. Statt die  aktuellen Probleme zu lösen, will er eine Verlängerung des heute ungenügenden  LMV zum Nulltarif. Dagegen wehren sich die Bauarbeiter und ihre  Gewerkschaften Unia und Syna. Sie wollen einen LMV mit mehr Schutz und führen  darum am kommenden Freitag, 25. November in Genf, Lausanne, Zürich und Bern  Protestaktionen durch..

Die Bauwirtschaft boomt und der Druck auf die Bauarbeiter  steigt: Allein im letzten Jahr ging die Zahl der Beschäftigten um 3,5 Prozent  zurück während der Umsatz um 3,1 Prozent stieg. Die Bauarbeiter bezahlen  diesen massiv höheren Druck mit ihrer Gesundheit und brauchen mehr Schutz.  Zudem mehren sich die Fälle von massivem Lohndumping in erschreckender Weise  – also braucht es auch hier mehr Schutz. Wer die Arbeitsbedingungen auf  dem Bau sichern will, muss den Landesmantelvertrag gezielt anpassen.

 

Bauarbeiter sind wütend

Der Baumeisterverband will die gravierenden Probleme nicht  angehen. So wehrt er sich gegen verbindliche Massnahmen gegen unseriöse Baufirmen,  die Aufträge zu Dumpinglöhnen an Unterakkordanten weitergeben. Zudem versucht  der Baumeisterverband den Geltungsbereich des LMV einzuschränken, für ganze  Berufsgruppen soll der Schutz des Gesamtarbeitsvertrages nicht mehr gelten.

Die Bauarbeiter sind ernüchtert  und führen am kommenden Freitag in Genf, Lausanne, Zürich und Bern  Protestaktionen durch. Am 2. Dezember werden Protestaktionen im Tessin  folgen.

 

Gewerkschaften verlangen echte  Verhandlungen

Seit neun Monaten verhandeln Gewerkschaften und Baumeister  über einen neuen Landesmantelvertrag. Zweimal hat der Baumeisterverband eine Verhandlungsrunde platzen lassen  und so auf Zeit gespielt. Die Gewerkschaften wollen die Probleme jetzt lösen.  Ihr Ziel ist es, noch in diesem Jahr einen neuen Landesmantelvertrag mit mehr  Schutz abschliessen zu können.

Quelle und weitere Infos: www.unia.ch

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