Wulff wackelt – Kreditaffäre des Bundespräsidenten der BRD

In Deutschland wackelt der Stuhl des Bundespräsidenten Wulff bedrohlich. Der CDU-Mann und höchste Vertreter der BRD hat mit einem hausgemachten Korruptionsskandal zu kämpfen: Er nahm einen «Privatkredit» der Frau des Grossunternehmers Geerkens im Umfang von 500 000 Euro an – und verschwieg dies sogar auf direkte Nachfrage. Wie Politik und Kapital zusammenarbeiten.

Es ist aber auch ein Fluch mit den Bundespräsidenten der BRD. Da redet sich der eine fröhlich durch die Radios und gibt ganz beiläufig bekannt, dass Deutschland im Afghanistankrieg eigentlich seine Industrieinteressen mit Militärgewalt durchsetzt, und kaum dass der erste unfähige Bundespräsident abtritt, kommt der zweite noch patzigere, und lässt sich für eine halbe Million Euro kaufen. Nachdem Horst Köhler der Wahrheit die Ehre und sich damit die Kündigung gab, sägt nun Christian Wulff (CDU) eifrig an seinem Stuhl als oberstem Vertreter der BRD. Hintergrund des jetzigen Trubels um Wulff ist ein obskurer Kredit, der ihm von der bourgeois-Familie Geerkens gewährt wurde.

Der Amtsantritt von Christian Wulff

Im Mai 2011 war der Skandal perfekt: Bundespräsident Horst Köhler trat mit sofortiger Wirkung zurück. Er fühle sich verraten und hätte nicht die Rückendeckung von Kanzlerin und Parlament bekommen, so Köhler. Tatsächlich hatte sich Köhler, der im Berliner Politsumpf für seine eher hölzernen Reden bekannt war, selbst unmöglich gemacht. In einem Interview mit dem «Deutschlandradio Kultur» sprach Köhler den Satz, der ihn das Amt kostete: «Ein Land unserer Grösse mit dieser Aussenhandelsorientierung und damit auch Aussenhandelsabhängigkeit [muss wissen], dass im Zweifel, im Notfall auch militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren, zum Beispiel freie Handelswege (…).» Damit bestätigte Köhler in einer Anwandlung unglaublicher Offenheit – aus bürgerlicher Sicht ein schlimmer Patzer – dass der Afghanistankrieg vor allem ein Wirtschaftskrieg für die BRD ist. Vorbei war es mit dem Bundespräsidenten namens Köhler.

Es folgte Christian Wulff (CDU). Der 52-jährige Osnabrücker wurde von der regierenden Koalition aus FDP und CDU/CSU durchgesetzt – wohlgemerkt nicht nur gegen den Willen von Grünen, SPD und der Linken, sondern auch gegen eine Mehrheit der Bevölkerung, die eher den Gegenkandidaten Gauck favorisierte. Aber Fakten wurden geschaffen und der ehemalige Ministerpräsdent von Niedersachsen ins Amt gehievt; für die Koalition, die sich damals (wie heute) in der Krise befand, war es zu einer Prestigesache geworden, den eigenen Bundespräsidenten zu installieren.

Altlasten

Allerdings: Wo man für das Prestige entscheidet, wird die Vernunft oppositionell. War es vernünftig, Christian Wulff zum Bundespräsidenten der BRD zu machen? Wohl nicht. Das Amt des Bundespräsidenten, obgleich es kaum reale Macht beinhaltet (eine Lehre, die man aus dem Ende der Weimarer Republik gezogen hatte), ist doch das höchste Amt der BRD. Es steht noch über dem der Bundeskanzlerin. Die diplomatische Vertretung der BRD, der Empfang von Staatsgästen und das Gegenzeichnen von Gesetzen gehören zum Aufgabenbereich des Bundespräsidenten. Es sind also repräsentative Tätigkeiten, die Christian Wulff ausführen sollte. Aufgaben, die eine gewisse Reputation erfordern.

Im Fall von Christian Wulff ist es aber so, dass das Parteienkalkül die Staatsüberlegung überwog; das Besondere hat sich das Allgemeine Untertan gemacht. Denn Christian Wulff schleppt Dutzende Altlasten mit sich. Er, der über die «Progrommstimmung» gegenüber Managern faselte; der dank seines Amtes kostenlose Flüge bekam und damit die «Air-Berlin-Affäre» ins Leben rief; der einen Privathubschrauberflug von Steuergeldern finanzieren liess; er dürfte wohl die denkbar schlechteste Wahl für den Posten des Bundespräsidenten gewesen sein.

Und nun stellt sich heraus, dass Christian Wulff seine Kontakte zur Grossbourgeoisie auch in bare Münze umzusetzen wusste. Wulff, der bestens mit dem Unternehmer Geerkens befreundet ist (Millionär dank Juwelenhandel und Immobilienspekulation), liess sich von dessen Frau einen Kredit über eine halbe Million Euro für ein apartes Einfamilienhäuschen geben. Während seiner Zeit als Ministerpräsident. Und als wäre es nicht schon Hohn gegenüber jeder wirklichen Demokratie, wenn sich der einflussreiche Politiker vom wohlhabenden Spekulanten sein Häuschen bauen lässt, verschwieg Wulff diese Verbindung dem Parlament auch auf direkte Nachfrage. Aber nun kam der Skandal ans Tageslicht und der Mann aus Osnabrück könnte genauso schnell wieder aus dem Amt verschwinden, wie er es zugeschachert bekam.

Wie viel kostet die Demokratie?

Man könnte endlos weitererzählen. Geerkens begleitete Wulff auf dessen Reisen, etwa nach China, und dürfte die Gelegenheit für günstige Wirtschaftsverbindungen im Fahrwasser des Bundespräsidenten genutzt haben. Kredithandel zahlt sich aus, eben auch politisch. Was sagt so ein Mann wie Geerkens, wenn auffällt, dass er dem höchsten Vertreter der BRD Geld für Heim und Haus zuschanzt? «Ich bin deprimiert über den Medienrummel.» In der Tat, Geschäfte lassen sich heimlich noch immer am besten tätigen.

Was ist die Amtsauffassung eines Wulff? Es lässt sich vielleicht an seinen Klagen über die Besoldung als Ministerpräsident erahnen: Er bekomme schliesslich nur 120 000 Euro im Jahr. «Jeder Direktor der Sparkasse, jeder Volksbankdirektor bekommt mehr als ein Ministerpräsident.» Und dann: «Ich habe mich immer gefragt: Was erwarten die Bürger von glaubwürdiger Politik? Und mein empfinden war immer: Die erwarten vor allem, dass die da oben bei sich anfangen.» Eine halbe Million fürs eigene Pöstchen ist tatsächlich ein guter Anfang. Zumal das deutsche Grundgesetz ja auch nur vorschreibt, dass der Bundespräsident «kein anderes besoldetes Amt, kein Gewerbe und keinen Beruf ausüben und weder der Leitung noch dem Aufsichtsrate eines auf Erwerb gerichteten Unternehmens angehören» darf. Von Spenden der Bourgeoisie steht da nichts geschrieben.

Aber lassen wir die Spielereien und sagen es ganz klar: «In der demokratischen Republik (…) «übt der Reichtum seine Macht indirekt, aber um so sichrer aus», und zwar durch die «direkte Beamtenkorruption» (…) und zweitens durch die «Allianz von Regierung und Börse» (…)». Von Engels verfasst, von Lenin zitiert, bis heute gültig. Wulff beweist es in Deutschland, Zuppiger in der Schweiz.

Gegen Call-Center-Kahlschlag der Telekom

Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) hat die geplante Umstrukturierung der Telekom-Call-Center scharf kritisiert und erheblichen Widerstand angekündigt. ver.di sei „erschüttert über die Unverfrorenheit, mit der die Telekom den Kahlschlag bei den Call-Centern“ betreibe, sagte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Lothar Schröder am Donnerstag. „Wir werden alle Möglichkeiten nutzen, um das Konzept der Telekom zu Fall zu bringen und die Beschäftigten sowie ihre Arbeitsplätze zu schützen“, kündigte Schröder an.

Nach ver.di-Informationen will sich die Telekom aus 39 Städten zurückziehen und die Call-Center-Aktivitäten künftig auf lediglich 24 Städte konzentrieren. Betroffen von den Umbaumassnahmen seien bundesweit etwa 8.000 Arbeitnehmer.

Die Telekom müsse sich auf eine „erhebliche Protestwelle“ gegen ihre Pläne einstellen, bekräftigte Schröder. ver.di werde gemeinsam mit Betriebsräten sowie mit Vertretern aus Politik und Gesellschaft der betroffenen Kommunen gegen den Kahlschlag vorgehen.

Gleichzeitig plant die Telekom nach Informationen von ver.di die Ausgliederung ihrer Netz-Center und die Verschmelzung auf eine deutlich schlechter tarifierte Tochtergesellschaft innerhalb des Konzerns. Ziel sei es offensichtlich erneut, die Löhne zu senken und die Arbeitszeit zu verlängern. Betroffen seien mehr als 6.000 Arbeitnehmer, hiess es. „Ein Unternehmen, dass die eigenen Beschäftigten zu Gegnern macht, wird die Kundenabwanderung nicht stoppen“, betonte ver.di-Vorstandsmitglied Schröder.

Deutsche Soldaten in den Kaukasus?

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Foto: Bundeswehr/Bienert

Von Georg Polikeit. Dass die Machthaber in Georgien und Russland nach fünf Tagen Krieg am vergangenen Wochenende den Verzicht auf weitere Gewaltanwendung und den Rückzug ihrer Truppen auf die jeweiligen Ausgangsstellungen unterschrieben haben, ist zu begrüssen. Aber tausende Tote und Verstümmelte, zahllose Flüchtlinge, zerstörte Häuser, Städte und Dörfer, vergrösserte Armut, ein neues Meer von menschlichem Leid sind die Folge. Und eine friedliche Regelung des Konflikts ist ferner als zuvor.
Der Kaukasus-Krieg zeigt einmal mehr, dass Militäreinsatz zur Regelung von Konflikten nicht taugt. Er rief in Erinnerung, wie schnell aus einem lokalen Konflikt ein grösserer Krieg auch unter Beteiligung von Grossmächten werden kann, der nicht nur die direkt Beteiligten, sondern uns alle in Mitleidenschaft zieht. Wie leicht hätte daraus sogar eine grosse militärische Konfrontation zwischen Russland und der NATO entstehen können. Das unterstreicht, wie gefährlich es ist, dass in den «Verteidigungskonzepten» von USA, NATO, EU und BRD der Einsatz von Waffengewalt zur Durchsetzung von eigenen Zielen wieder als etwas ganz «Normales» behandelt wird.

Um so alarmierender ist es, dass sich die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel im Gegensatz zu allen bisherigen Behauptungen von «Zurückhaltung» und von einer «Vermittlungsrolle der EU» bei ihrem Besuch am letzten Sonntag in der georgischen Hauptstadt Tbilissi eindeutig an die Seite des georgischen Machthabers Saakaschwili gestellt hat. Offenbar wollte sie demonstrieren, dass sie genau so gut wie US-Aussenministerin Rice Öl ins Feuer giessen und antirussische Emotionen schüren kann. Während sie zwei Tage vorher mit dem russischen Staatschef Medwedjew ein «eisiges Treffen» (laut FAZ v. 16.8.) abhielt, gab es «Freude über Merkel in Tiflis» (so «Focus-online» v. 15.8.). Die deutsche Kanzlerin bestätigte nicht nur die vom NATO-Rat im April dieses Jahres auf Drängen von USA-Präsident Bush beschlossene und von Russland als Provokation verstandene Absicht, Georgien (und die Ukraine) zu Mitgliedern der NATO zu machen. Sie forderte zudem den Abzug der russischen Truppen aus Georgien und die möglichst rasche Stationierung von «internationalen Friedenstruppen» unter Beteiligung der EU und der BRD. «Eine deutsche Beteiligung an einer internationalen Friedenstruppe in diesem Gebiet schloss Merkel nicht aus», berichtete «Spiegel-Online» am 17.8. Offener kann eine klar pro-amerikanische und anti-russische Parteinahme kaum verkündet werden. Von eigenständiger europäischer Politik und eigenständiger Rolle Europas keine Spur.

Inzwischen geht der Propagandakrieg, der jederzeit wieder in neue militärische Operationen umschlagen könnte, unvermindert weiter. Auch in den deutschen Medien mit ihrer vorwiegend anti-russischen Parteinahme und Meinungsmanipulation. Von objektiver oder «neutraler», glaubwürdiger Berichterstattung kann keine Rede sein. Wie in der Hoch-Zeit des kalten Krieges wird die Angst vor dem Gespenst einer «russischen Bedrohung» für alle Nachbarstaaten geschürt.

Damit soll offenbar so schnell wie möglich verdrängt werden, was anfänglich auch in bürgerlichen Medien zu erfahren war. Nämlich dass es der georgische Staatschef Saakaschwili war, der die Kriegsmaschine in Gang gesetzt hat, als er dem georgischen Militär den Befehl gab, in der Nacht vom 7./8. August mit Flugzeugen, Mörsern und Landtruppen die «abtrünnige» Provinz Südossetien anzugreifen. Die georgischen Truppen waren im Rahmen einer «Offensive zur Rückgewinnung der Kontrolle über die ganze Region» bis in die seit süd-ossetische Hauptstadt Zchinvali vorgedrungen, wo sie seit dem Waffenstillstand von 1992 nichts mehr zu suchen hatten. Erst danach traten die russischen Truppen in Aktion.

Vergessen gemacht werden soll damit auch, dass es nicht Russland ist, das einen Militärstützpunkt in der Karibik einrichten will, sondern die Bush-Regierung einen NATO-Stützpunkt in Georgien. In einem ARD-Bericht am 14.8.08 war noch zu erfahren: «Tatsache ist: Die Bush-Regierung hat Georgien in den letzten acht Jahren intensiv mit Schützenpanzern, Granat- und Raketenwerfern, Schlachtflugzeugen und Kampfhubschraubern aufgerüstet. Der Wert dieser Waffenlieferungen beläuft sich auf rund eine Milliarde Dollar.» Die georgischen Rüstungsausgaben sind seit Saakaschwilis Machtantritt verdreifacht worden. Noch im Juli 2008 haben 1000 US-Soldaten an einem Manöver in Georgien teilgenommen. Dabei hatte Saakaschwili, der 1995 aus den USA nach Georgien zurückgekommen war und sich im November 2003 per «Rosen-Revolution» an die Macht gedrängt hatte, schon bei seinem Amtsantritt 2004 die Rückeroberung von seit 1992 de facto nicht mehr der georgischen Regierung unterstellten Provinzen Süd-Ossetien und Abchasien zum «Ziel seines Lebens» erklärt.

Saakaschwili kann den Angriffsbefehl für den Überfall vom 7./8. August nicht ohne Wissen und Einverständnis der USA gegeben haben. Denn es sind seit 2002 offiziell rund 100 US-Militärberater in Georgien, die in die georgische Armee trainieren. Und noch im Juli war US-Aussenministerin Rice zu einem demonstrativen Besuch nach Tbilissi gekommen. Sollte ihr der georgische «Freund der USA» da wirklich kein Wort von seinen nächsten Plänen gesagt haben?

Mit anderen Worten: es geht bei dem Konflikt in Georgien keineswegs nur und in erster Linie um einen «ethnischen Konflikt» mit «abtrünnigen Provinzen». Das ist nur der Vorwand. Es handelt sich vielmehr um ein von der Bush-Regierung seit langem eingefädeltes und systematisch vorangetriebenes Vorhaben der imperialistischen Globalstrategie der USA. Die Kaukasus-Region ist seit langem im Visier der US-Strategieplaner, sowohl wegen der Rohstoffressourcen und Transit-Pipelines vom Kaspischen Meer in die Türkei unter Umgehung Russlands als auch aus geostrategischen Gründen. In der Online-Enzyklopädie «Wikipedia» ist zu lesen: «Die Vereinigten Staaten sehen Georgien und Aserbaidschan, die beide zur Koalition der Willigen gehören, als einen wichtigen Brückenkopf in der bis nach Zentralasien und Iran angrenzenden Region».

Sicherlich betreibt auch das Tandem Putin – Medwedjew seine eigene russische Grossmachtpolitik im Interesse der heute dort herrschenden Kreise von Politik, Wirtschaft und Militär. Aber im konkreten Fall ist die imperialistische Weltmachtpolitik der USA das aggressive Element, das die bisherigen Kräfteverhältnisse verändern will, wogegen Russland sich wehrt.

Diese Beurteilung wird nicht zuletzt auch dadurch bestätigt, dass die USA-Strategen soeben zeitgleich zum Kaukasus-Krieg ihre aggressive Stützpunktpolitik durch ein weiteres Kettenglied ergänzt haben: das Raketenabkommen vom 14.8. mit Polen. Deutlicher konnte kaum unterstrichen werden, dass dieser sogenannte «Raketenabwehrschirm» nichts mit dem vorgeschobenen Argument einer «Bedrohung» aus dem Iran zu tun hat, sondern gegen Russland gerichtet ist.

Die EU hat sich anfänglich mit der Aktivität des französischen Staatschefs Sarkozy als amtierendem EU-Ratspräsidenten in einer «Vermittlerrolle» betätigt. Im Hintergrund dafür dürfte vor allem die realistische Erkenntnis stehen, dass Europa – anders als die USA – auch weiterhin auf russisches Gas und Öl und andere wichtige Rohstoffe angewiesen ist. Und dass der grosse russische Markt ein beachtliches Absatzgebiet für die grossen EU-Konzerne wie auch eine gewinnträchtige Anlagesphäre für Finanzgeschäfte darstellt. Für Frau Merkel scheint das allerdings weniger wichtig zu sein. Wieder einmal war die EU offensichtlich nicht in der Lage, «mit einer Stimme» zu sprechen.

Mit lauter Stimme sprechen sollte jedoch die deutsche Öffentlichkeit. Es gibt Anlass, am bevorstehenden Antikriegstag am 1. September und bei anderer Gelegenheit mit Nachdruck die Forderung zu erheben: Keine deutsche Soldaten im Ausland, weder im Kaukasus noch sonst wo in der Welt.