Die Schweiz ist mitverantwortlich

sit. Anfang August erhielt der Bundesrat einen eingeschriebenen Brief von 207 Personen. Sie fordern die Landesregierung auf, den sich aus dem Völkerrecht ergebenden Pflichten endlich nachzu-kommen, denn die Eidgenossenschaft hat bisher gegen den Genozid in Gaza nichts Substantielles unternommen, gar das Gegenteil ist der Fall.

«Die Schweizer Regierung ist durch ihre Haltung in Verletzung von Art.1 Genozi-dkonvention mitverantwortlich für den mutmasslichen Genozid an der palästinensischen Bevölkerung. Wir fordern den Bundesrat deshalb auf, in Erfüllung der völkerrechtlichen Verpflichtungen unverzüglich die dringend notwendigen Massnahmen zum Schutz der palästinensischen Bevölkerung zu ergreifen», heisst es in den Schlussfolgerungen des eingeschriebenen Briefs vom 9.August an den Bundesrat. Verfasst wurde das Schreiben von den Rechtsanwälten Marcel Bosonnet, Florian Wick und Philip Stolkin. Am Ende unterzeichneten 204 weitere Personen.

Keine Waffenlieferungen, keine Investitionen
Zu Beginn des 17-seitigen Schreibens heisst es: «Die Unterzeichnenden fordern den Bundesrat auf, in Befolgung der Genozidkonvention Art.I unverzüglich folgende Massnahmen zum Schutz der palästinensischen Bevölkerung zu ergreifen.» Es sind insgesamt elf Massnahmen, sprich klare Forderungen, so wie jene, die als erste genannt wird: «Jegliche Ausfuhr von Waffen oder militärischen Geräten nach Israel ist zu verbieten. Güter mit doppeltem Verwendungszweck (Dual-Use-Güter) sind durch das Verbot mitumfasst. Ebenso ist der Land- und Luftraum für deren Transfer über das Hoheitsgebiet der Schweiz zu schliessen.» Zweites soll «die Einfuhr aller Produkte und Waren, die aus den israelischen Siedlungen in den besetzten palästinensischen Gebieten stammen könnten, verboten werden.» Als Drittes folgt, dass «Investitionen, die zur Aufrechterhaltung der rechtswidrigen Besetzung Palästinas beitragen, soweit die Unternehmen der Schweizer Gerichtsbarkeit unterliegen, zu untersagen» sind. Damit verbunden ist die Forderung: «Jegliche Geldtransfers über Schweizer Banken oder andere von der Schweiz aus operierende Finanzinstitute an Siedler:innen und Siedlerorganisationen in den besetzten palästinensischen Gebieten sind zu unterbinden.» Auch weitere Massnahmen betreffen die wirtschaftliche und finanzielle Kooperation der Schweiz mit Israel. Das hat seinen Grund: Israel ist der viertwichtigste Handelspartner der Schweiz im Nahen Osten und Nordafrika, mit einem Handelsvolumen von 1675 Milliarden Franken im Jahr 2023.

Rechtliche Begründung
Die rechtlichen Begründungen für diese Massnahmen stützen sich unter anderem auf Entscheidungen des Internationalen Gerichtshofs (IGH) und des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH). Bereits 2004 stellte der IGH die Rechtswidrigkeit des Befestigungswalls auf palästinensischem Gebiet fest. Auch der UN-Sicherheitsrat bekräftigte im Jahr 2016 die Rechtswidrigkeit der israelischen Siedlungspolitik (Resolution 2334 vom 23.Dezember 2016), basierend auf der Vierten Genfer Konvention. Am 26.Januar 2024 traf der IGH im Verfahren Südafrikas gegen Israel eine einstweilige Anordnung: Israel müsse unverzüglich «alle ihm zur Verfügung stehenden Massnahmen» ergreifen, um einen drohenden Genozid nach Art.II der Genozidkonvention zu verhindern. Konkret müsse Israel Handlungen gegen die palästinensische Bevölkerung in Gaza unterlassen, die Tötung, schwere körperliche oder psychische Schäden, absichtliche Herbeiführung lebensfeindlicher Bedingungen sowie Massnahmen zur Verhinderung von Geburten umfassen.
Ein Völkermord nach Art.II der Genozidkonvention umfasst alle Handlungen, die darauf abzielen, eine nationale, ethnische, «rassische» oder religiöse Gruppe ganz oder teilweise «als solche» zu zerstören. Laut IGH bestehen hinreichende Anhaltspunkte, dass Israel im Rahmen seiner Militäroperationen in Gaza einige dieser Handlungen begangen hat. Genannt wird in der Begründung auch Artikel 89 Abs.1 des Zusatzprotokolls zu den Genfer Konventionen. Er verpflichtet die Vertragsparteien, und damit auch die Schweiz, bei schwerwiegenden Verletzungen gemeinsam wie einzeln tätig zu werden. «Dennoch hat die Schweiz bislang keine wirksamen Vorstösse unternommen. Art.I der Genozidkonvention von 1948 verpflichtet die Vertragsstaaten, Völkermord zu verhindern und zu
bestrafen – unabhängig davon, ob er in Friedenszeiten oder Krieg begangen wird», ist im Schreiben zu lesen.

Genozidkonvention wiederholt verletzt
Das Schreiben geht dann auf die Lage in Gaza ein. Dabei erinnert es unter anderem daran, dass die gesamte Bevölkerung unter «akuter Ernährungsunsicherheit leidet». Laut der Integrated Food Security Phase Classification (IPC) der UNO, einem internationalen Bewertungssystem für Ernährungslagen, sind 470000 Menschen von katastrophalem Hunger bedroht, über 71000 Kinder sowie mehr als 17000 Mütter benötigen dringend medizinische Behandlung.
Unter Punkt 3 geht das Schreiben auf die «Haltung der Schweiz» ein und hält gleich fest: «Die Schweiz hat gegen die durch Israel begangenen Kriegsverbrechen bis heute nichts Substantielles unternommen. Vielmehr verhinderte sie, dass solche Massnahmen ergriffen werden. Die Schweiz ist dadurch bis heute ihrer völkerrechtlichen Verpflichtung nicht nachgekommen und verletzt damit wiederholt die Schutzpflicht der
Genozidkonvention.» Mit der Unterzeichnung der Genozidkonvention übernahm die Schweiz gemäss Art.I eine Schutzpflicht, die auch Völkermord und Kriegsverbrechen im Ausland einschliesst. Erinnert wird aber auch daran, dass sich die «Pflicht zur Durchsetzung des Völkerrechts» auch aus der Bundesverfassung
ergibt: Schweizer Staatsorgane müssen das Völkerrecht im eigenen Verantwortungs-bereich durchsetzen, wenn andere Staaten es verletzen. Die Resolution 60/158 der UN-Generalversammlung vom 16.Dezember 2005 betont, dass Staaten bei der Terrorismusbekämpfung die Menschenrechte und Grundfreiheiten respektieren und gewährleisten müssen. Diese Resolution wird von Israel seit Jahren verletzt, ohne dass die Schweiz wirksame Schutzmassnahmen für die palästinensische Bevölkerung ergreift.

Anklageschrift und Lehrstunde
Wie bereits erwähnt, ist Israel ein wichtiger Handelspartner für die Eidgenossenschaft. Wenn auch nicht explizit so festgehalten, macht das Schreiben Folgendes deutlich: Für die offizielle Schweiz sind die wirtschaftlichen Interessen – und die damit verbundenen Profite der Schweizer Unternehmen – von viel grösserer Bedeutung als das Leiden der Menschen in Gaza. Der Brief hält fest, dass trotz «der Kenntnis über den mutmasslichen Genozid» die Schweiz weiterhin «ihre wirtschaftlichen Beziehungen zu Israel unverändert» beibehalten hat. Anders als beim Russland-Ukraine-Krieg, wo die Schweiz ab dem 28.Februar 2022 umfassende EU-Sanktionspakete umsetzte, wurden gegen Israel «keine vergleichbaren Massnahmen ergriffen, obwohl ein Schutzgebot der Genozidkonvention besteht.»
Der Brief an den Bundesrat ist eine Anklageschrift und zugleich eine Lehrstunde im Völkerrecht. Er kann auf der Website dieser Zeitung als PDF heruntergeladen werden – es lohnt sich!

Siehe auch Interview mit Marcel Bosonnet

«Wir konnten nicht länger einfach wegsehen»

Redaktion. Am 31.August stachen von Barcelona und Genua zahlreiche Schiffe und Boote in See. Ihr Ziel: die israelische Blockade in Gaza zu durchbrechen und einen humanitären Korridor zu öffnen. Wenige Tage zuvor gab Elena Delia, die ita-lienische Sprecherin der Global Sumud Flotilla, ein Interview bei Radio Città Aperta. Wir veröffentlichen eine leicht gekürzte Fassung.

Elena, habt ihr mit der Aufmerksamkeit, dem Zuspruch und den vielen Unterstützungen
gerechnet, die in den letzten Wochen einge-gangen sind?
Wir haben es gehofft, aber eine derart grosse Resonanz nicht erwartet. In kurzer Zeit hat sich eine Dynamik entwickelt, die immer mehr Unterstützung aus der Zivilgesellschaft sowie aus der Kultur-, Musik- und Filmszene anzieht. Natürlich hatten wir mit Zuspruch gerechnet, aber nicht in diesem Ausmass. Das freut uns sehr, nicht nur im Hinblick auf unsere Initiative. Denn wenn es etwas gibt, das den Palästinenser:innen Kraft geben kann – und Kraft haben sie ohnehin viel –, dann ist es das Wissen, nicht vergessen zu sein. Nach fast zwei Jahren des ununterbrochenen Leidens ist es nur menschlich, dass diese Kraft manchmal ins Wanken gerät.

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Landwirt:innen solidarisieren sich mit Palästina

Redaktion. Schweizer Landwirt:innen sowie landwirtschaftliche Arbeiter:innen fordern in einer Petition den Bundesrat auf, alles zu unternehmen, um dem Einsatz von Hungersnot als Kriegswaffe in Gaza ein Ende zu setzen. Die Petition wurde Mitte August den Behörden überreicht.

Genau 331 Landwirt:innen und landwirtschaftliche Arbeiter:innen aus der ganzen Schweiz sind dem Aufruf der MAPC (Mouvement pour une Agriculture Paysanne et Citoyenne) und Uniterre gefolgt, sich gegen den Einsatz von Hungersnot in Gaza als Kriegswaffe zu positionieren. Insgesamt sind zwölf Kantone vertreten.
Obwohl sie mit der Arbeit auf den Feldern voll ausgelastet sind, haben die Bäuerinnen und Bauern am Mittwochmorgen, dem 13.August, ihre Petition dem Bundesrat sowie den Mitgliedern der Wirtschafts- und Abgabenkommissionen und den Aussenpolitischen Kommissionen beider Kammern übergeben, um ihre Bestürzung zum Ausdruck zu bringen. » Weiterlesen

«Die humanitäre Hilfe wird selbst aktiver Teil einer genozidalen Kriegsführung»

sit. Unter dem Deckmantel der Hilfe wird in Gaza humanitäre Hilfe militarisiert: Versorgung als Kontrolle, Hunger als Waffe. Eine in Genf gegründete Stiftung spielt dabei eine zentrale Rolle – angeführt von Ex-Militärs und finanziert aus militärisch- industriellen US-Kreisen.

«Welche Zusammenstellung von Buchstaben kann eine Szene beschreiben, in der ausgehungerte Menschen erschossen werden, während sie für Essen anstehen? Eine Szene, die sich nicht einmal, sondern vielfach abgespielt hat», schreibt Radwa Khaled-Ibrahim. Sie ist Referentin für Kritische Nothilfe in der Öffentlichkeitsarbeit der NGO Medico International Deutschland. Auf ihrem Beitrag auf der Webseite von Medico ist weiter zu lesen: «Zivile Strukturen, die humanitäre Hilfe in Gaza leisteten, wurden angegriffen, die UNRWA delegitimiert und ihre finanziellen Mittel gestrichen, lokale und internationale Helfer:innen getötet, Institutionen und Strukturen der lokalen Zivilgesellschaft zerstört, Menschen auf der Suche nach Hilfe getötet oder durch vom Himmel fallende Hilfspakte erschlagen.» » Weiterlesen

One Land for all!

Global Action – One land for all, Zurich Group. Die Umsetzung eines kooperativen Modells für und durch die Menschen auf diesem 27’000 km² grossen Gebiet bedeutet, ein globales Modell, ein Vorbild für die Gestaltung zwischenmenschlicher und gesellschaftlicher Beziehungen zu schaffen. Der vorwärts veröffentlicht einen Auszug aus der lancierten Initiative.

Worum geht es?

Unter den gegenwärtigen Bedingungen erscheint selbst ein Denkanstoss für ein kooperatives Zusammenleben, rational wie emotional, eine politische Halluzination zu sein.

GAZA, 2.2 Millionen Menschen auf 360 km², enthüllt schockartig, wozu Menschen am Ende des 1. Quartals des 21. Jahrhunderts noch fähig sind! Gaza ist heute der Inbegriff für den besorgniserregenden Zustand der menschlichen Zivilisation schlechthin. Wut, Ohnmacht, Orientierungslosigkeit und Resignation scheinen Oberhand zu gewinnen. Ein Zustand, der überhaupt das Engagement für ein kooperatives Zusammenleben in der Vielfalt, lokal oder global, aussichtslos erscheinen lässt.

Und doch:

Junge Menschen aller Zugehörigkeiten, in ihrer sozialpolitischen Vielfalt vereint, an verschiedenen Orten der Welt, widerstehen unermüdlich staatlichen Repressionen und strafrechtlicher Gedankenjagd. Insbesondere Menschen jüdischer, palästinensischer und anderer arabischer Herkunft, brechen mit der Doppelmoral und den Doppelstandards der politisch führenden Eliten und zeigen, dass Gerechtigkeitsprinzipien nicht teilbar sind!

(…) Dieser grosse Teil der Generation des 21. Jahrhunderts zeigt, dass das kooperative Zusammenleben nicht utopisch, sondern real möglich ist – nicht morgen aber in einer Zukunft, die sie mit ihren heutigen gemeinsamen politischen Aktionen jetzt schon gestalten.

Auf diese Teile der Generation des 21. Jahrhunderts kommt es an! Der Denkanstoss ist ihnen gewidmet! (…)

 

Der Konflikt ist global, der Weg zu seiner Beilegung ebenso:

  • Weil der Ursprung des seit 127 Jahren andauernden Konflikts nicht in ethnischen oder religiösen Auseinandersetzungen am Ort liegt. Der Konflikt ist auch nicht aus regionalen zwischenstaatlichen Grenzstreitigkeiten entstanden. Sondern: Er wurde von aussen aufgezwungen. Denn der Weltzionistenkongress hat sich 1897 in Basel konstituiert mit dem Ziel, «in Palästina eine sichere Heimstätte für die jüdischen Menschen aus aller Welt zu schaffen», ohne selbst die jüdische Glaubensgemeinschaft (ca.4 Prozent) der dort lebenden arabischen Bevölkerung zu befragen – geschweige denn die muslimischen, christlichen, säkularen und atheistischen Mitmenschen.
  • Weil sowohl der Zweck als auch die Gründung der Zionistischen Weltorganisation (WZO) 1897 ihren Ursprung und ihr Fortbestehen in der europäischen innergesellschaftlichen und staatlich-politischen Diskriminierung der jüdischen Mitmenschen haben.
    Ohne die systematische Ausgrenzung, Vertreibung und Genozide an den europäischen jüdischen Mitmenschen durch die Machteliten, einschliesslich des europäischen Faschismus, wäre das zionistische Projekt weder entstanden noch lebensfähig geblieben.
  • Weil die internationale Machtelite über die UNO 1947 Land und Menschen willkürlich geteilt hatte – ohne die dort lebende Bevölkerung (ca. 30 Prozent jüdische und 70 Prozent nicht-jüdische Menschen) zu befragen!
    Damit war das Fundament für die andauernde Zerstörung der Lebensgrundlagen, Genozide, Vertreibung und ethnische Säuberung global legitimiert. Eine ganze Region (Westasien) befindet sich seither im Kriegszustand.
  • Weil die Regierungen der westlichen Hemisphäre, allen voran die US-amerikanische und die deutsche, die Verteidigung der zionistischen Staatsstrukturen unverhohlen zur Staatsräson erheben, d.h. zur Existenz- und Verteidigungsfrage des eigenen Staates erklären. Damit wird die Haltung zur zionistischen Kriegsführung und die Übernahme der zionistischen Ziele zwangsläufig zu einer Frage ihrer eigenen Sicherheit und Existenz gemacht. Folglich sind alle Staatsangehörigen dieser Staaten unmittelbar vom Konflikt betroffen. (…)
  • Weil die USA, das globale Machtzentrum, weltweit Einzelpersonen wie auch soziale Gruppen, Studierende, Regierungen, Staaten, UN-Institutionen wie auch Hilfsorganisationen mit Sanktionen belegen, wenn sie es wagen, der zionistischen Kriegsführung entgegenzutreten.
  • Weil das von der Zionistischen Weltbewegung diktierte politische, mediale und juristische Menschenbild (jüdische versus nicht-jüdische Menschen) global eine reale Gefahr für das friedliche Zusammenleben der Menschen in der Vielfalt darstellt. Diese rassistische Sonderstellung der jüdischen Mitmenschen, fördert brandgefährliche Vorurteile und Stereotype und dient nur der zionistischen Kriegsführung. Es ist an der Zeit, am Ende des 1. Quartals des 21. Jahrhunderts, diesem menschenverachtenden Relikt vergangener Jahrhunderte ein Ende zu setzen. Insbesondere die junge Generation jüdischer Mitmenschen kann und ist in der Lage, diesem überkommenen Menschenbild einen Riegel vorzuschieben.
  • Weil auch das spiegelbildliche Menschenbild (muslimische versus nicht-muslimische Menschen) von global agierenden Organisationen wie der Muslimbruderschaft und ihren Ablegern wirksam verbreitet wird.
    Diese islamisch-politische Aufteilung der Menschheit stellt ebenso global eine reale Gefahr für das Zusammenleben in der Vielfalt dar. Ein solch rassistisches Menschenbild verschleiert die ökonomischen, politischen und sozialen Ursachen von Unterdrückung und Kriegen, heizt Vorurteile an, zementiert Stereotype und dient wiederum nur den Interessen und der Machtentfaltung der herrschenden Eliten!
    Grosse Teile der jungen Generation muslimischer Herkunft können und sind in der Lage, diesem brandgefährlichen Menschenbild Einhalt zu gebieten, indem sie die Vision eines kooperativen Zusammenlebens in den Mittelpunkt stellen. (…)
  • Weil aber grosse Teile der Generation des 21. Jahrhunderts, palästinensischer, anderer arabischer und jüdischer Herkunft, das Prinzip des Zusammenlebens in der Vielfalt, insbesondere ausserhalb des Gebiets Westasiens, bereits real leben, sind eher sie in der Lage, gemeinsame, kooperative Strukturen zu schaffen. Diese Strukturen können den dort im Kriegsgebiet lebenden Menschen Hoffnung stiften. Sie können vor allem eine hochwirksame Stütze für die dort entstehenden gemeinsamen Bewegungen bilden. (…)
  • Weil in letzter Konsequenz aus den historischen und aktuellen Zusammenhängen alle Gesellschaften der Welt ein aktiver Bestandteil des Konflikts sind, kann sich niemand seiner Verantwortung gegenüber der zionistischen Kriegsführung entziehen. Deshalb ist das aktive politische Engagement für eine kooperative Zukunft nicht nur ein Akt menschlicher Solidarität, sondern eine innen und weltpolitische Notwendigkeit.
    Wenn junge Menschen der Generation des 21. Jahrhunderts überall auf der Welt sich für die Vision eines kooperativen Zusammenlebens der Menschen auf dem 27’000 km²-Gebiet einsetzen, verändern sie damit die Bedingungen für ein kooperatives Zusammenleben in ihren eigenen Gesellschaften.

From the river to the sea, no war will we see:

  • Weil der Ruf alleine nach einem Waffensillstand schon immer nur die Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln, anderen Akteuren und dessen Verlagerung an andere Orte in der Region bedeutet. Die systematische Ausweitung des Kriegszustandes auf die ganze Region dient lediglich den herrschenden Eliten und führt zur fortdauernden massenhaften Vertreibung. (…)
  • Weil die dauerhafte Beendigung der Kriegslage in der gesamten Region nur auf kooperativem Weg erreicht werden kann. (…)

For life do we call, one land is for all:

  • Weil das Leben im Mittelpunkt jeglicher Überlegung stehen muss.
  • Weil die realen demographischen, territorialen und gesellschaftlichen Gegebenheiten der Wohnbevölkerung auf dem ganzen Gebiet von 27 000 km² keine nationalistisch-territoriale Lösungen ermöglichen. (…)
  • Weil Chauvinismus (wie ethnischer, religiöser, nationalistischer) Menschen weiterhin und massenhaft in Kanonenfutter für die Ziele der dort herrschenden Eliten verwandelt. Das beständige Pochen auf territoriale Lösungen bedeutet Fortdauer von Kriegszuständen und immerwährende Vertreibung.
  • Weil die zionistische Vision der Schaffung einer homogenen, rein-jüdischen Heimstätte und ihre Strategie (militärische Invasion, Genozide, Vertreibung und Landnahme) auf Dauer aussichtslos ist. Zwar «erfreut sich» das zionistische Projekt derzeit seines strategischen «Triumphs» in der gesamten Region. Doch die Geschichte lehrt, dass Okkupation, Genozid und Vertreibung nur die Ausweitung von Gewalt und Krieg bedeuten. Denn auch nach mehr als 127 Jahren Gewalt, Krieg und Vertreibung ist eine homogene, nur für jüdische Menschen sichere Heimstätte immer noch eine reine Illusion, eine Fata Morgana. Denn auf demselben Gebiet leben immer noch ca. 50 Prozent nicht-jüdischer Menschen! Die Konsequenz daraus: Eine sichere Heimstätte für die dort lebenden jüdischen Mitmenschen kann nur in einer sicheren Heimstätte für alle der dort lebenden Menschen bestehen.
  • Weil gegen eigene Vernichtung und Vertreibung zu kämpfen bedeutet, auch gegen Vertreibung und Vernichtung anderer Mitmenschen Widerstand zu leisten.
    Die Generation des 21. Jahrhunderts in der Region Westasien, palästinensischer und anderer nicht-jüdischen Zugehörigkeit, kommt nicht umhin, sich die folgende Frage zu stellen: Wenn die Kriegsmaschinerie der USA und der NATO euch zur Verfügung stehen würde, wie würdet ihr euch gegenüber den 7 Millionen jüdischer Mitmenschen (davon ca. 50 Prozent arabischer Herkunft) auf dem 27 000 km²-Gebiet verhalten? (…)

From the river to the sea, citizens shall all be free:

  • Weil für die eigene Freiheit zu kämpfen heisst, zugleich für die Freiheit, die Gleichheit und das Lebensrecht der Mitmenschen ebenso entschieden einzutreten. Denn der lebensbejahende Widerstand der Unterdrückten zielt ausschliesslich auf die Aufhebung der Unterdrückungsstruktur. Die religiöse oder nationalistische Diskriminierung der anderen Menschen bedeutet dagegen nur die umgekehrte Fortsetzung der Unterdrückung. In diesem Kontext muss die Aufteilung der Menschheit in religiöse Zugehörigkeit verstanden und gesetzt werden. (…)

For life do we call, living together is the goal:

  • Weil die Produktion, die Versorgung und die Sicherstellung des täglichen Lebensbedarfs der Bevölkerung auf dem ganzen Gebiet von 27 000 km² miteinander verflochten/verknüpft sind. Die nicht-jüdische Bevölkerung (ca. 50 Prozent) ist trotz Diskriminierung in vielen Lebensbereichen (Wirtschaft, Bildung, Gesundheit, Dienstleistungen etc.) ein integraler Bestandteil der Lebensprozesse.
  • Weil das zionistische Projekt zunehmend eine existenzielle Bedrohung auch für die jüdischen Mitmenschen selbst darstellt. Zwar richtet sich die jüdisch-zionistische Staatsstruktur und deren martialische Gewalt – noch – vornehmlich gegen die nicht-jüdische Bevölkerung. Jedoch, das strukturelle Gewaltpotenzial richtet sich zunehmend auch gegen nicht-zionistische jüdische Menschen, gegen Individuen und Gruppen gleichermassen. Diese steigende Tendenz zeigt sich eindeutig nicht nur im Staatsgebiet sondern auch weltweit.
    Grosse Teile der global lebenden jüdischen Generation des 21. Jahrhunderts muss sich explizit die Frage stellen: Kann sie die rassistische Ideologie und Praxis des Zionismus, der Vertreibung und Vernichtung in ihrem Namen weiter gelten lassen? Die Antwort auf diese Frage wird zeigen, ob ein kooperatives Zusammenleben utopisch ist oder real möglich.
  • Weil grosse Teile der palästinischen Generation des 21. Jahrhunderts im täglichen Leben zunehmend erkennen, dass die Führungen politischer Bewegungen und Parteien unabhängig von ihren Ideologien (ob religiöse oder bürgerlich-nationalistisch) in der Regel ihre eigenen partikularen Interessen verfolgen. Dies zeigt sich auch deutlich in den immer wiederkehrenden gewaltsamen Machtkämpfen untereinander, die zu Fragmentierung der Gesellschaft führen. Dabei hat insbesondere die religiöse Vorstellung, der Islam sei die Lösung bzw. gläubige muslimische Menschen versus alle anderen Mitmenschen, fatale Folgen für die gesellschaftliche Vielfalt.
    Der andauernde Konflikt, die Verzweiflung und die Hoffnungslosigkeit der Menschen sind ein fruchtbarer Boden für solche Ideologien. Gerade wegen dieser verfahrenen Lage ist die Vision eines kooperativen Zusammenlebens aller als Ausweg alternativlos. (…)
  • Weil nur ein zukünftiges kooperatives Gesellschaftsmodell alle Formen von Hierarchien (wie ökonomische, soziale, politische, juristische, ethnische, religiöse) in den menschlichen und gesellschaftlichen Beziehungenabschaffen kann und das Überleben der Menschheit garantiert – erst recht in der Region Westasien!

Together – unified – no genocide!

  • Weil die Vision eines kooperativen Zusammenlebens den Menschen in der ganzen Region und darüber hinaus auch eine Zukunftsperspektive eröffnet und Menschen weltweit, unabhängig von ihren spezifischen Zugehörigkeiten, im Widerstand und im Aufbruch vereint. (…) Für den Aufbau eines weltweiten Netzwerkes, in dessen Zentrum gemeinsame palästinensisch-jüdische Widerstandstrukturen stehen: One land for all – kooperatives Zusammenleben!

Aufruf in voller Länge und weitere Infos: www.onelandforall.org
Instagram: onelandforall

Wir, eine kleine Gruppe in Zürich, lancieren den Denkanstoss zu einer kooperativen Lösung und hoffen damit, eine zielgerichtete Diskussion auszulösen. Die Vision «One Land for all – Kooperatives Zusammenleben!» wird nur dann Wirklichkeit, wenn immer mehr Menschen sie aktiv unterstützen.

Wir laden euch zur Teilhabe ein, zum Beispiel durch: Öffentlich wie privat klare Haltung zur Vision einnehmen; den Focus auf die gemeinsame Gestaltung der Zukunft legen; Diskussionen und Workshops organisieren; für breite Vernetzung in den sozialen Medien sorgen; konkrete Aktionen und Projekte durchführen und so weiter.

Wir verfügen über keine materiellen Ressourcen von Dritten.

Global Action – One land for all.
Cooperative Living Together!
Zurich Group

 

Fragiler Waffenstillstand

Grégoire Lalieu. Ein Gespräch mit dem französischen-algerischen Sozialwissenschaftler, Dozent und Aktivist Said Bouamama über die Lage im Nahen Osten, die möglichen Zukunftsszenarien und Donald Trump. Bouamama ist unter anderem auch der Autor des «Strategischen Handbuchs für Palästina und den Nahen Osten».

Fünfzehn Monate haben die Vereinigten Staaten Israel bedingungslos unterstützt. Warum drängten sie jetzt auf eine Waffenstillstandsvereinbarung?
Zunächst zeigt diese Vereinbarung, dass die Grossmächte nicht machtlos sind, wenn sie handeln wollen. Wir sehen, dass die Vereinigten Staaten, wenn es in ihrem Interesse liegt, durchaus in der Lage sind, genügend Druck auf Netanyahu auszuüben, damit er einer Vereinbarung zustimmt, die zuvor abgelehnt wurde » Weiterlesen

Der Krieg im Libanon und das Schweigen der Schweiz

sit. Zahlreiche Opfer und über eine Million von Vertriebenen ist die schreckliche Horrorbilanz drei Tage nach Beginn der Bodenoffensiven der israelischen Armee im Libanon. Während die offizielle Schweiz und die grossen Parteien nichts zu vermelden haben, verurteilen die Friedensbewegung und die PdA die militärische Offensive.

Mittwoch, 2.Oktober, 11.52 Uhr, Live-Ticker der Tageszeitung Blick: «Die israelische Luftwaffe greift weiterhin Ziele im Libanon an, darunter erneut Orte südlich der Hauptstadt Beirut. (…) In mehreren Orten im Süden, im Zentrum sowie im Nordosten des Landes setzte Israels Militär seine Angriffe fort, unter anderem nahe der Küstenstadt Tyros und mit schweren Angriffen im Ort Nabatäa.»

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Von der Schweiz bis Palästina für den Frieden

sit. Mehrere Tausende Menschen haben am 5. Oktober in Basel ihre Solidarität mit dem palästinensischen und libanesischen Volk bekundet und ein sofortiges Ende des Kriegs im Nahen Osten gefordert. Die kämpferische Demonstration bewies, dass sich der Widerstand nicht brechen lässt.

Der De-Wette Park in Basel, gleich beim SBB-Bahnhof, ist um 14 Uhr gut gefüllt. Hunderte von Palästina-Fahnen sind zu sehen unter den mehreren Tausend Personen. Vom Kind im Kinderwagen bis zur rüstigen Rentnerin, sie alle vereint die Forderung: Gerechtigkeit für Palästina.

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Eskalation im Nahen Osten

dom. Gegen Palästina, gegen den Libanon, gegen den Jemen. Israel führt einen Mehrfrontenkrieg. Das Regime des israelischen Premierministers Benjamin Netanjahu scheint nicht zu stoppen zu sein – auch nicht von den USA, die sein Überleben garantieren.

Der Nahost-Konflikt hat sich zum Flächenbrand ausgeweitet. Israel eskaliert und führt inzwischen Krieg an mehreren Fronten. Zwar meinte der israelische Verteidigungsminister Yoav Gallant, Israel habe «kein Interesse daran, den Krieg auszudehnen» und «kein Interesse an zusätzlichen Fronten» – doch die Taten der israelischen Armee sprechen eine andere Sprache.

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Eine weitere unbrauchbare Konferenz

dom. Die Schweiz soll zum Austragungsort einer weiteren «Friedenskonferenz» werden. Das ist wichtig – zwar weniger für die Vorbereitung eines tatsächlichen Friedens – aber zumindest, um den Schein einer neutralen Schweiz zu wahren.

Zeiten des Kriegs sind auch Zeiten mehr oder weniger brauchbarer «Friedenskonferenzen». Das ist für vermeintlich neutrale Staaten wie die Schweiz wichtig, bieten diese Konferenzen doch die Gelegenheit, sich als Friedensstifterin zu inszenieren. So geschehen im Sommer dieses Jahres, als die Schweiz zur Ukraine-Konferenz auf dem Bürgenstock eingeladen hatte.

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Der palästinensische Kampf in Israel selbst

Reem Hazzan (rechts im Bild) bei einem Protest in Haifa.
Bild: Hadash

Redaktion. Im aktuellen Krieg laufen die Palästinenser:innen, die in Israel selbst leben, Gefahr, vergessen zu werden. Sie erleben derzeit eine Welle der Unterdrückung durch den Staat, dessen Bürger:innen sie sind. Marcel Cartier von «People’s World» führt ein Gespräch mit Reem Hazzan, der Internationalen Sekretärin der Kommunistischen Partei Israels, die bei den arabischen Israelis besonders fest verankert ist. Wir veröffentlichen eine leicht gekürzte Fassung.

Etwa 20 Prozent der Bevölkerung Israels sind Personen, die offiziell als «israelische Araber:innen» bezeichnet werden. Sie identifizieren sich oft selbst als «Palästinenser:innen von 1948». Eine der dominierenden politischen Kräfte für diese Palästinenser:innen war lange Zeit die Kommunistische Partei Israels (CPI). » Weiterlesen

Ein falsches Zeichen!

sit. Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) hat die finanzielle Unterstützung israelischer und palästinensischer Nicht-Regierungsorganisationen suspendiert. Davon betroffen sind auch Partnerorganisationen von Medico International Schweiz.

«Wir sind konsterniert über den Entscheid des Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA), seine finanzielle Unterstützung für elf palästinensische und israelische NGOs auszusetzen», schreibt die Organisation für Entwicklungszusammenarbeit Medico International Schweiz in seiner Medienmitteilung vom 27.Oktober.

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Die Massen im Kreuzfeuer

Bild: hosnysalah_pixabay

flo. Am 7.Oktober durchbrachen etwa 1500 Militante der Hamas die Sperranlage rund um den Gazastreifen an mehr als 20 Orten. Es folgten mehrere Massaker an schutzlosen Zivilist:innen. Und auch in Gaza wird unter den Vergeltungsschlägen vor allem die Zivilbevölkerung leiden.

Der Kibbuz von Be‘eri hat aufgehört zu existieren. Die landwirtschaftliche Gemeinschaft, die nur wenige Kilometer vom Gazastreifen entfernt liegt, wurde bei den Angriffen der Hamas auf Israel am 7.Oktober besonders schwer getroffen. Bei einer Bevölkerung von gerade einmal 1200 Personen wurden mindestens 112 ermordet. Noch schlimmer gegen die Bevölkerung wütete die Hamas bei ihrem Angriff einzig beim Musikfestival Re‘im, bei dem sie das opferreichste Massaker in der Geschichte Israels verübten. Dort wurden nicht weniger als 270 Menschen ermordet. Zu weiteren Massakern kam es in Kfar Aza, Netiv HaAsara, Nir Oz sowie Ein Hashloa.

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Der letzte Brief

Klaus Petrus. Omar Khaled Lufti al-Khmour, 14 Jahre alt, wurde am 16.Januar 2023 durch einen Schuss eines israelischen Scharfschützen in den Kopf getroffen und erlag noch am selben Nachmittag seinen Verletzungen. Den bewegenden Abschiedsbrief an seine Mutter hatte er bereits geschrieben.

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Plötzlich wankt er

flo. Der Niedergang von Benjamin Netanjahus Regierung war kein überraschender Befreiungsschlag, sondern ein Crash mit Ankündigung. Doch dem kommenden Sturz des unter Beschuss geratenen Premierministers von Israel wird eine nur
minimal bessere Situation folgen.

In seinem vermutlich letzten Jahr im Amt ist für Benjamin Netanjahu so wirklich ziemlich alles schief gegangen. Schon ab 2016 wurden gegen den Premierminister Prozesse wegen Korruption aufgenommen. Und schon damals demonstrierten kleine Gruppen von Menschen gegen Netanjahu. Doch seit gut einem Jahr und drei Monaten haben die Proteste gegen ihn Fahrt aufgenommen.

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