Für Frieden und Freundschaft

Redaktion. Die Partei der Arbeit der Schweiz hat eine ausführliche Stellungnahme zum Krieg in der Ukraine erarbeitet. Das Dokument trägt den Titel «Nein zum Krieg, gegen alle imperialistischen Staaten, für Frieden und Freundschaft unter den Völkern!». Wir veröffentlichen den zweiten und letzten Teil, der sich unter anderem mit der Frage «Was tun?» befasst.

Die PdAS ist absolut gegen jede Waffenlieferung, jede militärische Unterstützung, jede Entsendung von Truppen (regulär oder als Söldner*innen) und gegen eine Flugverbotszone seitens der Nato-Mitgliedsländer, erst recht seitens der Schweiz. Sicherlich ist die Ukraine als angegriffenes Land im Recht, wenn sie sich mit Waffengewalt verteidigt. Aber die direkte oder indirekte Verwicklung weiterer imperialistischer Mächte in diesen Krieg wird dadurch nicht legitim. Die faktische militärische Unterstützung der ukrainischen Kriegsanstrengungen durch die Nato-Mächte wird nicht von schönen Prinzipien diktiert. Diese wenden diese Mächte weder auf sich selbst noch auf die mit ihnen verbündeten Regime an. Die militärische Unterstützung ist vielmehr Teil einer interimperialistischen Konfrontation zwischen der Nato und der Russischen Föderation. Eine Konfrontation, die vermittels der Ukraine geführt wird, deren Schicksal den beteiligten imperialistischen Mächten sehr egal ist. Das Ziel dieser Einmischung ist nicht der Frieden, sondern die Niederlage der russischen Armee ? oder zumindest ihr möglichst hohe Verluste zu verursachen. Dies bedeutet eine Verlängerung des Krieges und noch grössere Zerstörungen und birgt auch das Risiko einer direkten Konfrontation zwischen Russland und der Nato, mit der realen Gefahr eines Atomkriegs.
Eine konsequente antiimperialistische Politik bedeutet, diese kriegerischen Pläne des Imperialismus entschieden zu bekämpfen und sich nicht dem Druck der «heiligen Allianz» zu beugen. Wir dürfen nicht vergessen, dass die Schweiz trotz ihrer offiziellen Neutralität de facto Teil des westlichen Lagers ist. Ihre Verbindungen zur EU und zur Nato sind keine Einbildungen. In dieser Hinsicht besteht unsere Hauptverantwortung darin, unseren eigenen Imperialismus zu bekämpfen und seine kriegstreiberischen Machenschaften zum Scheitern zu bringen, auch wenn er den jetzigen Krieg nicht ausgelöst hat und diese Position nicht immer einfach zu vermitteln ist.

Im Namen der Menschenrechte?
Die PdAS lehnt die Politik der einseitig von den westlichen Ländern verhängten Sanktionen ab. Wir verstehen zwar, dass die Handlungen des Putin-Regimes berechtigte Empörung hervorrufen. Aber man muss sich die Mühe machen, über diese Politik unter dem Gesichtspunkt ihrer Folgen und der tatsächlichen Ziele, die auf dem Spiel stehen, nachzudenken, und nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Moral. Wenn die westlichen Länder, die Sanktionen verhängen, dies tatsächlich im Namen der Menschenrechte und der Ablehnung des Krieges täten, müssten ausser Russland noch viele andere Staaten mit Sanktionen belegt werden: Saudi-Arabien, die Türkei, Israel, Marokko (das die Westsahara illegal besetzt) … angefangen mit den USA selbst, der grössten Bedrohung für den Weltfrieden. Andere Länder hingegen ? insbesondere Kuba und Venezuela ? werden mit einem, illegalen und kriminellen Wirtschaftskrieg überzogen. Dies, obwohl sie niemanden angegriffen haben. Der einzige Grund ist, dass ihre Völker einen Weg gewählt haben, der dem Imperium missfällt. Schweizer Unternehmen wenden diese illegalen Sanktionen de facto an, und die Eidgenossenschaft lässt dies unter Missachtung ihrer proklamierten Neutralität zu.

Verelendung
Die bisher von den westlichen Ländern gegen Russland verhängten Sanktionen sind weit davon entfernt, nur auf die Interessen des Regimes und der mit ihm verbundenen Oligarchen abzuzielen. Sie kommen einem regelrechten Wirtschaftskrieg gegen Russland und seine Bevölkerung gleich. Die Sanktionen haben zum Ziel, eine Hyperinflation und einen Zusammenbruch der russischen Wirtschaft zu verursachen. Die einzige Möglichkeit, die Sanktionen noch weiter zu verschärfen, wäre die Verhängung einer totalen Blockade. Dieser Wirtschaftskrieg wird die gegenwärtige Invasion nicht beenden. Er trifft die Ärmsten und wird die Armut verstärken und zur weiteren Verelendung der russischen Bevölkerung führen. Die Staats- und Regierungschefs der Nato-Länder räumen ein, dass die Wirkung der Sanktionen zeitlich verzögert ist und erst in einigen Wochen voll zum Tragen kommen wird. Das Regime und die Oligarchen werden sie überleben und ihre Privilegien durch eine verstärkte Ausbeutung der russischen Arbeiter*innenklasse aufrechtzuerhalten wissen. Die Auswirkungen auf die russische Arbeiter*innenklasse werden hingegen verheerend sein und diese ins Elend stürzen. Paradoxerweise könnte dies sogar das Putin-Regime stärken, das leichtes Spiel haben wird, den Westen für alles Übel verantwortlich zu machen und seine Diktatur durch ein Klima der «belagerten Festung» zu verschärfen.

Gefahr grausamer Auswirkung
Die Sanktionen werden in geringerem, aber spürbarem Masse auch den Menschen in Europa schaden – das tun sie bereits, durch die Preissteigerungen, die sie bewirken und bewirken werden. Am sichtbarsten sind derzeit die Auswirkungen auf die Öl- und Gaspreise.
Es ist nicht akzeptabel, dass diese Preissteigerungen an die Verbraucher:innen weitergegeben werden und die Profite der Monopole geschützt. Die erhöhten Preise treffen vor allem all diejenigen, die ein geringes Einkommen haben. Wir müssen uns mit allen Mitteln dagegen wehren, dass die Arbeiter:innenklasse die Rechnung bezahlen muss, und die Kaufkraft verteidigen. Die EU plant, bis 2027 ohne russisches Gas auszukommen, indem sie die Energiewende beschleunigt und wahrscheinlich auch die Kernenergie wiederbelebt. Wir dürfen auch nicht vergessen, dass es weiterhin notwendig ist, in absehbarer Zeit auf fossile Energien zu verzichten, und dass billiges Öl und Gas keine Lösung für die Zukunft sind.
Die Sanktionen beinhalten aber auch die Gefahr grausamer Auswirkungen auf die Völker der Dritten Welt, die absolut nichts für die Situation können. Der Rückgang der Getreide- und Düngemittelexporte aus Russland und der Ukraine und der massive Anstieg der Preise für Grundnahrungsmittel, wird für zu viele Menschen auf dem Planeten eine Frage von Leben und Tod werden.

Was ist sofort zu tun?
Es ist jetzt wichtig, die Kriegshandlungen aller Seiten entschieden anzuprangern, zu Frieden und Deeskalation aufzurufen, die Antikriegsbewegung sowie den Kampf der Arbeiter:innen in Russland gegen ihr Regime zu unterstützen. Wir müssen uns auch für einen Waffenstillstand und eine diplomatische Lösung des Konflikts einsetzen, die endlich die Einstellung der Kämpfe und eine Rückkehr zum Frieden ermöglicht.
Eine diplomatische Lösung ist nur denkbar, wenn sie die legitimen Forderungen nach Sicherheit und Souveränität erfüllt und solide Garantien bietet, und zwar für alle beteiligten Parteien, die Ukraine und Russland. Das bedeutet auch, dass die Nato ihre Politik der Eskalation und der Ostexpansion beenden muss. Ein neutraler Status der Ukraine könnte eine Lösung sein. Dies aber nur unter der Bedingung, dass die Souveränität und Sicherheit des ukrainischen Staates ebenfalls garantiert und respektiert wird. Eine politische Lösung erfordert schliesslich auch die Festlegung des Status der Krim sowie der Volksrepubliken Donezk und Lugansk, die den Willen der Menschen in diesen Regionen respektiert.
In der unmittelbaren Zukunft müssen wir uns für die bedingungslose Aufnahme von Flüchtlingen und für humanitäre Hilfe einsetzen. Der Bund hat sich dazu verpflichtet, und das ist gut so. Aber diese Solidarität sollte für alle Flüchtlinge gelten. Warum werden Menschen, die vor dem Krieg in Syrien, Kurdistan, Afghanistan, den vom Imperialismus verursachten Verwüstungen in Afrika… fliehen, hinter Stacheldraht, mit diskriminierenden und die Menschenwürde verleugnenden Massnahmen aufgenommen oder im Mittelmeer ertrinken gelassen? Es ist unsere Pflicht, dieser Festung Europa und dem institutionalisierten Rassismus ein Ende zu setzen.

Renaissance des Militarismus
Der Krieg in der Ukraine ist auch ein Grund ? oder vielleicht ein bequemer Vorwand ? für die Wiederbelebung des Wettrüstens und des Militarismus in ganz Europa. Wenn es Putins Ziel war, keine bis an die Zähne bewaffnete Nato mehr vor seiner Haustür zu haben, dann hat er genau das Gegenteil erreicht. Viele Länder haben beschlossen, ihre Militärbudgets substanziell zu erhöhen. Die Ukraine, Moldawien und Georgien haben einen Antrag auf EU-Mitgliedschaft gestellt, und Schweden und Finnland könnten der Nato beitreten. Deutschland, mit einer SPD-geführten Regierung, hat beschlossen, seinen Militärhaushalt erheblich zu erhöhen. Die russische Invasion in der Ukraine hat die psychologischen Ketten gesprengt, die bisher eine Renaissance des deutschen Militarismus verhinderten, was nicht ohne Grund besorgniserregend ist. Und die EU könnte die Gelegenheit nutzen ihren Zusammenschluss qualitativ zu verändern und sich mit einer eigenen Armee auszustatten. Die Mitgliedsländer trafen sich am 11.März in Versailles, um darüber zu diskutieren. Aus diesem Gipfel ging wenig Konkretes hervor. Trotzdem ist klar, dass die EU den Weg zu einer stärkeren Vereinheitlichung, einer stärkeren Zentralisierung und einer sich entwickelnden Militärmacht beschreitet. Eine politisch geeinte EU mit einer gemeinsamen Verteidigungspolitik, die über ein grösseres Gewicht und eine grössere Unabhängigkeit auf der internationalen Bühne verfügt, wäre ein weiteres Imperium, das seine eigenen Interessen notfalls mit Waffengewalt verteidigt. Es gibt keinen ernsthaften Grund für die Annahme, dass die EU der Monopole und Eurokraten ein besseres oder friedlicheres Imperium als andere wäre. Wir stellen uns diesem imperialen Projekt entschieden entgegen. Auch dies ist ein Grund mehr, uns dagegen zu wehren, dass die Schweiz ihr Schicksal allzu sehr an das neu entstehende Imperium EU bindet.

Militärische Agenda auch in der Schweiz
Die tragische Situation in der Ukraine wurde auch für ein Comeback des Militarismus in der Schweiz ausgenutzt: Forderungen nach einer Erhöhung des Budgets und der Truppenstärke der Armee, Druck auf den Rückzug der Initiative gegen den Kauf der F-35 wurden laut. Vereinzelte Stimmen sprechen sich sogar für einen Beitritt der Schweiz zur Nato oder zumindest für eine verstärkte Zusammenarbeit mit diesem Militärblock aus. Die Politik in unserem Land wird offensichtlich noch eine Weile von dieser sicherheitspolitischen, reaktionären und militaristischen Agenda beherrscht werden. Wir müssen uns diesem Wettrüsten, das die Kriegsgefahr nur erhöht, entschieden widersetzen, sowie eine Politik des Friedens und der Neutralität (in Ermangelung eines besseren Begriffs) verteidigen.
Auch sollte über den schrecklichen, entsetzlichen Rückschritt nachgedacht werden, in den die Zerstörung des Sozialismus die ehemaligen sozialistischen Sowjetrepubliken geführt hat. Denn die Tragödie dieses Krieges zeigt in aller Deutlichkeit, an welche Abgründe die Restauration des Kapitalismus diese Länder geführt hat.

Teil 1 ist in der vorwärts-Nr. 09/10 zu lesen und befasst sich mit einer ausführlichen Analyse der Situation.

Share

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Zur Sicherheit untenstehende Aufgabe lösen * Time limit is exhausted. Please reload CAPTCHA.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.