«Wir geben nicht auf!»

lmt. Die Klimaaktion von 2019 vor zwei Schweizer Grossbanken führte auf der einen Seite zu viel Aufmerksamkeit, auf der anderen Seite zu viel Repression. Der vorwärts sprach mit Frida Kohlmann, Mediensprecherin von Climate Justice, dem Kollektiv, welches zur Aktion aufrief.

Wie kam es zur Idee der Blockade?
Die Bankenblockaden, es waren ja zwei in Basel bei der UBS und in Zürich bei der CS, waren Teil der Aktion von 2019, die von Climate Justice aufgerufen wurden. Wir haben uns bewusst diese beiden Orte ausgesucht, weil wir wussten, dass zur damaligen Zeit diese beiden Banken Hauptakteurinnen des Schweizer Finanzmarktes waren in Bezug auf die Klimaerwärmung. Die UBS und die CS waren und sind massgeblich an der Finanzierung von fossilen Brennstoffen beteiligt. Milliarden wurden in Kohlekraftwerke investiert. Dies geht auch immer wieder mit Menschenrechtsverletzungen einher. Und das wollten wir der Öffentlichkeit auch zeigen. Auch damit man es sich zwei Mal überlegt, sein Geld wieder in einer dieser Banken anzulegen. Denn solange man über die Missstände nicht genau informiert ist oder diese nicht konkret zu Gesicht bekommt, ist es einfacher, ein Auge zuzudrücken.

Wie habt ihr die Räumung eurer Blockade vor der CS erlebt?
Die Räumung in Zürich kam relativ bald. Wir haben auch verstanden, dass es tatsächlich darum ging, ihren Haupteingang freizubekommen. Denn die Blockade mit Menschen und Transparenten hat schon viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Aber es war erschreckend, dieses hohe Polizeiaufgebot mit Robocops und Sturmausrüstung zu sehen. Im nächsten Moment sah es so aus, als hätte die Polizei die perfekte Blockade errichtet. Sie waren deutlich mehr als wir und hatten ein Durchkommen völlig verunmöglicht. Ich weiss noch, dass ich dachte: Ähhh, wieso genau machen sie das jetzt? Denn diese Bilder werden um die Welt gehen. Es war dann tatsächlich auch so. Sogar in der New York Times wurde darüber berichtet. Dabei ist sicher ein erheblicher Imageschaden entstanden. Denn man sieht nicht so häufig wie schwarz gekleidete Robocops vor der Bank friedliche Leute umzingeln und dann wegtragen. Verstörend war, dass die Leute 48 Stunden in Gewahrsam gehalten wurden. Das war aus meiner Sicht für diese Form von Protesten zur damaligen Zeit untypisch.

Was ist deine Meinung zum Prozess und den Urteilen?
Ganz klar, dass dieses Rechtssystem die falschen Leute verurteilt. Die systematische Zerstörung von Lebensgrundlagen wird geschützt, als Status quo angesehen und der Protest dagegen ist das Problematische. Es ist festzuhalten, dass die Grundrechte wie eben das Recht auf Versammlungsfreiheit und das Recht auf freie Meinungsäusserung unter Druck geraten. Das ist etwas, was man aus meiner Sicht immer klarer sieht. Die Mächtigen kommen nicht klar damit, dass die Klimabewegung und andere Proteste immer stärker werden. Wir erleben in ganz Europa und auch dort, wo die Zerstörung wirklich stattfindet, dass die Proteste nicht nachlassen. Mehr noch: Man findet immer neue Wege des Widerstands, da das Problem weiterhin besteht und nicht angegangen wird. Und die Reaktion unseres Rechtssystems darauf ist, die Grundrechte noch stärker einzuschränken. Das ist hochproblematische. Eine Demokratie ist eben auch, dass Menschen auf die Strasse gehen können und den Alltag oder das Alltagsgeschehen blockieren oder stören können, damit Aufmerksamkeit generiert wird. Erst recht, wenn auf ein Problem hingewiesen wird, welches Angst macht. Wenn das nicht mehr möglich ist oder wenn Menschen sich Sorgen machen müssen, dass die Konsequenzen des Protestes zu hart sind, dann sind das gefährliche Entwicklungen.

Wie geht es der Klimabewegung heute?
Ganz allgemein hat sie sich seit 2019 sehr gut weiterentwickelt. Also vielleicht sind es gerade nicht mehr die grossen Demos, die unsere Präsenz zeigen, aber es ist ganz viel anderes geschehen. In den internen Strukturen hat sich viel vernetzt und schön aufgebaut. Ich glaube, das wird noch weitergehen und es wird sehr spannend sein, zu sehen, mit welchen Mitteln, auf welchen Strassen, für welche Ziele gekämpft wird. Gleichzeitig muss man auch schweren Herzens sagen, dass viel Verzweiflung da ist. Menschen sterben jede Sekunde an den Folgen globaler Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten und das Klima ist ein Aufhänger, an dem das alles besonders stark sichtbar wird. Und wir hier in unseren privilegierten Ländern haben viele Mittel und Möglichkeiten – und trotzdem tut sich fast nichts.

Was kann jetzt noch für die Klimagerechtigkeit getan werden?
Am schwierigsten ist es, wenn eine Ohnmacht oder Resignation entsteht. Das Gefühl mag ich gar nicht. Dagegen hilft, sich mit Menschen zu treffen, die Zusammenhänge erkennen und immer wieder eine Möglichkeit zur Umgestaltung sehen. Das ist essenziell, um die Widerständigkeit aufrechtzuerhalten. Es ist auch wichtig, vielleicht mal eine verrückte Idee zu haben und auszuprobieren. Viele gute Ideen sind da. Meine Hoffnung ist, dass diese klugen und kreativen Köpfe, die eine bessere Welt für alle schaffen wollen, sich zusammenschliessen. Und dass wir vielmehr miteinander reden, uns austauschen und Visionen entwickeln, die so eine Strahlkraft haben, dass sie die Gegenerzählung bilden. Wir müssen aufzeigen, dass es Möglichkeiten gibt und nicht alles in die falsche Richtung läuft.

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