Referendum gegen die Abschaffung der Stempelsteuer unterschreiben!

sit. Im Juni hat das Parlament die Emissionsabgabe auf Eigenkapital abgeschafft. Es ist der erste von drei geplanten Schritten, um die Stempelsteuer zu begraben und so den Unternehmen Steuerge-schenke von rund 2,75 Milliarden Franken zu gewähren. Das Referendum wurde ergriffen.

«Ich kann es nur wiederholen: Bei der Steuerpolitik wird der Klassencharakter des Parlaments immer besonders deutlich, wie das Vorhaben der Abschaffung der Stempelsteuer eindrücklich beweist», sagt Gavriel Pinson, Präsident der Partei der Arbeit der Schweiz (PdAS), auf Anfrage des vorwärts. «Während das Rentenalter für die Frauen* erhöht werden soll, winken den Vermögenden im Lande Steuergeschenke von rund 2,75 Milliarden Franken. Das müssen wir verhindern!», fügt Genosse Pinson hinzu. So hat das Zentralkomitee der PdAS an seiner Sitzung vom 26.Juni die Unterstützung des Referendums beschlossen.

Weitgehende Steuerbefreiung des Finanzsektors
Konkret geht es um Folgendes: Stempelabgaben sind Steuern, die auf die Ausgabe und den Handel mit Wertschriften erhoben werden. Der Bund kennt drei Arten von Stempelsteuern: die Emissionsabgabe, die Umsatzabgabe (Kauf und Verkauf von Wertpapieren) und die Abgabe auf Versicherungsprämien (Prämien von Haftpflicht-, Feuer-, Kasko-und Hausratversicherungen). Alle Stempelabgaben zusammen tragen jährlich rund 2,75 Milliarden Franken zum Bundeshaushalt bei.
Die Stempelsteuer wurden vor über 100 Jahren eingeführt, also in einer Zeit, in der tatsächlich zum Zeichen einer Bewilligung einen Stempel auf ein Dokument angebracht wurde. Die Stempelsteuer ist heute so etwas wie ein Ersatz für die ansonsten weitgehende Steuerbefreiung der Finanzbranche. Denn Grosskonzerne, speziell aus der Finanzbranche, sind unterbesteuert: Im Gegensatz zu Frankreich oder Italien kennt die Schweiz keine Finanztransaktionssteuer. Finanzdienstleistungen sind generell von der Mehrwertsteuer befreit und anders als zum Beispiel in Deutschland gibt es in der Schweiz auch keine Kapitalgewinnsteuer. Die Stempelsteuer stellt also sicher, dass Finanzkonzerne für ihre Transaktionen zumindest ein Minimum an Steuern bezahlen. Ihre Abschaffung wäre ein erster und entscheidender Schritt, die Finanzdienstleistungen von jeder Besteuerung auszunehmen.

In drei Etappen zum Ziel
Den eigenen Klasseninteressen entsprechend ist die Stempelsteuer den Kapitalist*innen, den Banken und Versicherungen ein Dorn im Auge. Seit Jahrzehnte versuchen sie, diese Steuer abzuschaffen. Bisher erfolglos. Ein Grund dafür war, dass bei einer Abstimmung Steuergeschenke an Banken und Grosskonzerne von mehreren Milliarden Franken kaum Chancen haben. So haben das Parlament und Bundesrat Ueli Maurer eine neue Strategie entwickelt, eine verschleierte Salamitaktik, wie sie im Bilderbuch steht. «Sie haben die Abschaffung in verschiedene Etappen aufgeteilt, die einzeln unter dem Radar durchgehen sollen», schreibt der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) treffend dazu in seiner Stellungnahme.
In der ersten Etappe soll die Emissionsabgabe auf Eigenkapital abgeschafft werden, was zu Steuerausfällen von rund 250 Millionen führt. Dies hat das Parlament im Juni beschlossen und dagegen hat die SP mit Unterstützung aus dem links-grünen Lager das Referendum ergriffen. Im zweiten Schritt soll dann die Abschaffung der Umsatzabgabe auf Obligationen sowie die Streichung der Verrechnungssteuer auf Obligationenzinsen erfolgen. Dabei geht der Staatskasse rund eine halbe Milliarde verloren. Und zum Schluss folgt dann die Kirsche auf der Torte: der Abschaffung aller übrigen Umsatzabgaben sowie – und vor allem – die Stempelsteuer auf Versicherungen, ein Steuergeschenk von gut zwei Milliarden Franken. Summa summarum 2,75 Milliarden Franken.

Steuersenkungsorgie
Wer davon profitiert, liegt auf der Hand. Bereits 2005 musste der damalige FDP-Bundesrat Hans-Rudolf Merz – beileibe kein Linker – als Antwort auf eine FDP-Motion einräumen, dass von einer Abschaffung der Emissionsabgaben auf Eigenkapital die Falschen profitieren würden: «Die Nutzniesser wären in erster Linie bei den multinationalen Unternehmen, den Banken, Versicherungen und Holdinggesellschaften zu suchen, nicht aber bei den KMU. Als Massnahme zur Förderung der Wettbewerb- und Innovationsfähigkeit der KMU vermag die vorgeschlagene Teilaufhebung der Emissionsabgabe nicht zu greifen».
Seit Mitte der 1990er-Jahre wurden die Steuern für Gutverdienende und Vermögende in zahlreichen Schritten gesenkt. Die Kantone haben die Einkommenssteuern deutlich reduziert. Die Vermögenssteuern für Millionär*innen wurden in vielen Kantonen sogar halbiert. In der Zentralschweiz liegen die Sätze heute mittlerweile bei 1 bis 2 Promille. Der SGB spricht dabei zurecht von einer «Steuersenkungsorgie für Vermögende und Kapitalerträge». Und er weist gleichzeitig darauf hin, dass «die Abgabenlast für Normalverdienende hingegen gestiegen» ist. Zusätzlich gab es eine Reihe von Entlastungen spezifisch für Kapitaleinkommen: 1997 schaffte der Bund die Kapitalsteuer ab. Die Unternehmenssteuerreform II im Jahr 2008 senkte die Steuern fürs Kapital jährlich um 1,5 bis 2,2 Milliarden Franken. Dies durch die Einführung des Kapitaleinlageprinzips, die Teilbesteuerung von Dividenden von 70 Prozent (Bund) bzw. 50 Prozent (Kantone) und die Anrechnung der Gewinnsteuer an die Kapitalsteuer auf Kantonsebenen. Und durch die Unternehmenssteuerreform III (STAF) 2019 sanken die kantonalen Gewinnsteuern insbesondere für Banken und Versicherungen.

Wir bezahlen die Zeche
Die Rechnung für die Steuerausfälle bezahlen wir alle: Fehlen plötzlich jährlich wiederkehrend 250 Millionen Franken Steuereinnahmen, gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder jemand anders stopft das Loch in der Kasse – nämlich wir alle über höhere Einkommenssteuern. Oder der Staat kürzt seine Leistungen. Beides trifft vor allem die breite Bevölkerung. Denn von Kürzungen bei der Prämienverbilligung oder vom Abbau des Service public sind Menschen mit mittleren und tiefen Einkommen am stärksten betroffen.
So kann die Abschaffung der Emissionsabgabe auf Eigenkapital nicht einzeln für sich betrachtet, sondern muss in einem gesellschaftlichen Kontext gestellt werden. Dabei kommt dann auch die laufende AHV-Revision ins Spiel. Bekanntlich sieht sie die Erhöhung des Rentenalters der Frauen* vor, obwohl Frauen* weiterhin ein Drittel weniger Rente als Männer* erhalten. Laut den bürgerlichen Parteien ist die AHV-Reform nötig, um das Sozialwerk auch in Zukunft finanzieren zu können. Was für ein Hohn, wenn man gleichzeitig Steuergeschenke für die Unternehmen und die Kapitalist*innen von 2,75 Milliarden Franken beschliesst. Noch was: Bei der AHV-Revision ist eine «Ausgleichszahlung» für die ersten sechs Jahrgänge der von der Erhöhung des Rentenalters betroffenen Frauen vorgesehen. Der Höchstbetrag dieser «Ausgleichszahlung» beträgt 150 Franken im Monat, 1800 Franken im Jahr. Vergleicht man nun diesen höchst bescheidenen Betrag mit jenen Millionen, welche die Unternehmen an Steuer einsparen können, wird wohl allen klar, woher der Wind weht.

Die hässliche Fratze des Kapitalismus
Zusammengefasst: Die Steuer- und Abgabepolitik hat die Einkommensschere über die Jahre 2000 bis 2019 verstärkt. Die Topeinkommen wurden steuerlich entlastet. Die tieferen Einkommen hingegen leiden durch die immer stärker steigenden Krankenkassenprämien, die steigenden Mietkosten sowie der Sparpolitik der Kantone. Wie schon erwähnt: Besonders in der Steuerpolitik zeigt sich der Klassencharakter des Parlaments, der nicht im Namen des Volks, sondern im Interesse der Vermögenden und der Unternehmen handelt.
Und dies alles in einer Zeit, in der wegen der Corona-Krise Tausende Arbeiter*innen ihre Steller verloren haben oder von Lohnkürzungen betroffen sind. Einmal mehr zeigt der Kapitalismus seine wahre, hässliche Fratze. Es liegt an uns, die Steuergeschenke an die Vermögenden und Mächtigen zu verhindern. Unterschreibt alle das Referendum!

Infos und Unterschriftenbögen unter
www. stempelsteuer-bschiss.ch

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