Inakzeptable Demontage

Wenn man der Schweizer Bourgeoisie eine Eigenschaft nicht absprechen kann, dann ist es Sturheit. Dasselbe kann man jedoch nicht über den Respekt vor demokratischen Entscheidungen sagen.

Obwohl die Rentenreform AV2020 in der Abstimmung im Jahr 2017 klar abgelehnt wurde, trotz des Betrugs mit der bei Steuerreform und AHV-Finanzierung (STAF) 2019, bei der man uns versprach, dass im Austausch für ein skandalöses Steuergeschenk an das Kapital die Zukunft der AHV gesichert sei, beschloss die bürgerliche Mehrheit im Parlament die Reform AHV21. Diese Reform muss unbedingt abgelehnt werden. Die Zukunft unserer Renten hängt davon ab.
Die wichtigste Massnahme der Reform, die am 25.September zur Abstimmung kommt, ist die Erhöhung des Rentenalters der Frauen* von derzeit 64 auf 65 Jahre. Den Frauen* ein Jahr Rente wegzunehmen, ist gleichbedeutend damit, ihnen 1200 Franken pro Jahr zu stehlen. Die Hälfte der Frauen*, die 2019 in Rente ging, muss mit weniger als 1770 Franken AHV-Rente pro Monat auskommen. Fast ein Drittel der Rentnerinnen* erhält keine Rente aus der zweiten Säule. Und wenn sie eine erhalten, ist diese im Durchschnitt nur halb so hoch wie die der Männer*. In einigen Branchen, in denen Frauen überrepräsentiert sind, ist es üblich, dass die Renten aus der zweiten Säule zwischen 500 und 800 Franken pro Monat betragen.
Die sogenannten «Kompensationen» sind ein schlechter Witz. Die Zuschläge für Frauen*, die für niedrige Löhne gearbeitet haben, sind unzureichend. Die Möglichkeiten, vorzeitig in Rente zu gehen, werden in Wirklichkeit restriktiver. Und diese «Kompensationen» betreffen nur eine «Übergangsgeneration». Frauen*, die später in Rente gehen, müssen ein Jahr länger arbeiten, ohne jegliche «Kompensation».
Nun muss man daran erinnern, dass es der AHV finanziell gut geht – also weit davon entfernt von den katastrophalen Vorhersagen der Bourgeoisie, die jedes Mal von den Tatsachen widerlegt werden. 2020 wurden 1,9 Milliarden Franken in den AHV-Fonds eingezahlt. Das Vermögen des Fonds ist von 22,7 Milliarden Franken im Jahr 2000 auf 47,15 Milliarden Ende 2020 gestiegen. Eine Reform aus finanziellen Gründen ist also nicht notwendig. Und übrigens: Bestünde in der Schweiz der politische Wille, den Grundsatz «gleicher Lohn für gleiche Arbeit» durchzusetzen, würden die AHV-Beiträge so stark steigen, dass keine Reform nötig wäre.
Vor allem aber ist die AHV21 nur ein erster Schritt. Wenn sie durchkommt, wird es bald die Erhöhung des Rentenalters auf 66 Jahre und mehr für alle sein. Die Angriffe auf eine sozial gerechte Versicherung wie die AHV, welche im Grundsatz von der neoliberalen Rechte nie akzeptiert wurde, werden nicht aufhören. Ihr Ziel ist ein unsolidarisches Rentensystem, das dem Markt möglichst viel Spielraum lässt. Um in Zukunft die AHV ausbauen zu können, muss diese inakzeptable Demontage, welche die Reform AHV21 nun mal ist, abgelehnt werden.

Alexander Eniline, Co-Präsident der Partei der Arbeit der Schweiz

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