Immergleiche Medieneinöde
flo. Im Abstimmungskampf um das Paket zur Medienförderung geht es hoch her. Der Urnengang wird zur Schicksalsschlacht hochstilisiert. Die einen argumentieren mit «Medienfreiheit», die anderen mit «Medienvielfalt» – dabei ist keins von beiden in der Schweizer Medienlandschaft heute Realität.
Für die Unterstützer*innen des Pakets zur Förderung der Medien ist klar: Kommt es am 13.Februar zu einer Ablehnung, würde dies für zahllose lokale und regionale Medienbetriebe das Ende bedeuten. Diese verlieren laufend an Werbeeinnahmen. Das hat Folgen: Laut dem Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) wurden seit 2003 über 70 Zeitungen eingestellt. Die Profiteur*innen dieser Situation sind internationale Internetplattformen, bei denen die Werbeeinnahmen seit Jahren steigen.
Deshalb will der Bund bei regionalen und lokalen Printerzeugnissen die Zustellung preislich ermässigen und die Frühzustellung fördern. Auch lokale Fernseh- und Radiosender sowie Onlinemedien sollen gefördert werden. Insgesamt plant der Bund für die Unterstützung «lokaler Berichterstattung» wie auf der Homepage des Uvek geschrieben wird, 151 Millionen Franken ein. Dass die Ablehnung der Vorlage negative Folgen haben könnte, bestätigt im Gespräch mit dem vorwärts auch der Winterthurer Journalist Dominik Dusek: «Für Community-Radios wäre die Folge mindestens gravierende Planungsunsicherheit.» Dies liege daran, dass zwar abgestimmt wird, ob die Fördergelder generell erhöht werden, nicht aber darüber, wie genau die einzelnen Radiosender aus diesem Fördertopf unterstützt werden sollen. So könnten bei einem Nein empfindliche Kürzungen auf solche Radios wie Radio Stadtfilter, wo Dusek arbeitet, zukommen.
Doch kein Weltenende?
Obwohl also ein Nein Negativfolgen für seinen Betrieb haben könnte, glaubt Dusek nicht daran, dass das Thema bei einer Ablehnung ganz vom Tisch wäre: «Ich gehe davon aus, dass bei einer Ablehnung in absehbarer Zeit ein neuer Entwurf zur Medienförderung erarbeitet und zur Diskussion gestellt wird. In diesem Fall müsste man daran arbeiten, dass er eindeutiger wird und die grosse Medienhäuser noch weniger beteiligt.»
Dass deren Arbeitsweise durch die Vorlage nicht eingeschränkt würde, macht Dusek nämlich als eine ihrer grossen Schwächen aus. So mache man es den Gegner*innen und ihrer Polemik um «Medien-millionär*innen» allzu einfach. Dusek: «Auch ich als Linker sehe nicht ein, warum Konzerne wie Ringier oder Tamedia, die seit Jahrzehnten im Journalismus sparen – das heisst Leute entlassen und neue Leute, wenn überhaupt, dann zu Billiglöhnen einstellen – aber gleichzeitig Dividenden ausschütten, gefördert werden sollen.» Diese Art und Weise zu Wirtschaften würde durch den Abstimmungstext zwar eingeschränkt, aber nicht ausgeschlossen. Solche Massnahmen helfen laut Dusek der Branche nicht: «Gerade die jüngere Vergangenheit hat gezeigt, dass die grossen Medienhäuser nicht rasend viel zur Meinungsvielfalt und zur offenen Diskussion beitragen.»
Heuchelei bei den Gegner*innen
Insofern erscheint die Argumentationslinie der Gegner*innen-schaft noch weniger schlüssig. Es gelte gegen Medienmillionär*innen vorzugehen, die eine politisch gefärbte Meinungsbildung betreiben würden. Durch ein Ja würden diese «Staatsmedien» nur noch zusätzlich gestärkt. Dabei finden sich manche dieser «Medienmillionär*nnen», oder im Fall von SVP-Urvater Christoph Blocher «Medienmilliardäre», in den Reihen jener Parteien, die die Vorlage am vehementesten bekämpfen. Wo die Unterstützungsgelder vom Staat auch landen können, demonstrierte beispielsweise die Neue Zürcher Zeitung (NZZ), die im Zusammenhang mit der Covid-Pandemie staatliche Unterstützung bezog, um dennoch hohe Dividendenzahlungen an die Aktionär*innen vorzunehmen. Wer Aktionär*in bei der NZZ werden will, muss laut Satzung dem Freisinn angehören oder darf zumindest kein Mitglied einer anderen Partei sein und eine «freisinnige» Weltanschauung haben.
Medienbaron*innen sind eine Realität. Sie sind aber nicht Teil von polemisch als «Staatsmedien» abgekanzelten Zeitungen und Rundfunksendern, sondern sind über ihre Besitzanteile an grossen Schweizer Medienhäusern bequem eingerichtet, wenn es um die Meinungsbildung im Land geht. Die Mediendynastie Coninx hält so 73,73 Prozent der TX Group (ehemals Tamedia). Für ihre Beteiligung erhalten die Coninx‘, die auch im Verwaltungsrat des Konzerns einsitzen, seit zwanzig Jahren durchschnittlich 39 Millionen Franken an Dividenden.
Für eine unabhängige Arbeiter*innenpresse!
Dass der Zustand der Medien deprimierend ist, steht für Dominik Dusek ausser Frage: «Man hört als Journalist aus der Wirtschaftsetage ständig, wie wichtig ‹guter Journalismus› sei. Die Schritte, die gesetzt werden, sagen aber ganz eindeutig: Wichtiger als guter Journalismus ist die Höhe des Konzerngewinns.»
Schuld an der Misere ist ein Medienbetrieb der Werbeeinnahmen und Dividenden priorisiert und beim Journalismus spart. Dabei wäre kritischer Journalismus nötiger denn je: Die Abstimmung vom 13.Februar ermöglicht einigen Medienbetrieben solchen Journalismus zu betreiben. Das Paket zur Medienförderung wird aber nicht die grundlegenden Probleme der Schweizer Medienlandschaft lösen. Damit das gelingt, müssen Medienorgane her, die sich zum Sprachrohr unserer Klasse und ihrer Interessen machen.